Evil Genius 2: World Domination - Vorschau, Taktik & Strategie, PlayStation5, XboxOne, PlayStation4, XboxSeriesX, PC
Im Prinzip kann man sich Evil Genius 2 als strategisches Aufbauspiel nach dem Vorbild von Dungeon Keeper, Dungeons, Theme Hospital oder jüngst Two Point Hospital vorstellen. Der Erfolg des jüngsten Krankenhaus-Aufbauspiel war laut den Entwicklern bei Rebellion übrigens der Ausgangspunkt für Evil Genius 2. Als Superschurke mit eigener Insel baut man Räume mit speziellen Funktionen, trainiert Schergen, schließt verbrecherische Missionen auf der Weltkarte ab und stattet auch das Casino aus, wobei das Hauptaugenmerk ganz klar auf dem Bau der Basis und nicht der Glücksspieloase liegt.
Dr. Evil - sein Nachbar
Der Bau der Räume ist simpel. Man legt den Grundriss von Labor, Trainingslager, Arsenal, Kantine, Tresor und Co. fest, verbindet den Raum mit dem Flur und platziert die notwendigen Einrichtungsgegenstände. Später können noch Deko-Gegenstände wie Klimaanlagen, Kaffeemaschinen oder ein Tage-ohne-Unfall-Schild platziert werden, welche die Effektivität der Mitarbeiter im nahen Umkreis verbessern, was das Tutorial aber gekonnt verschweigt. Nachdem der Raum geplant ist, wuseln die Gefolgsleute im Gelbkittel an, hauen die Felsen weg und beginnen ihre Aufgabe. Die Gefolgsleute kann man nicht direkt steuern. Sie agieren selbstständig, sind jedoch nicht immer clever und zuverlässig, doch dazu später mehr. Selbst steuern kann man nur den Oberbösewicht mit seinen zwei Fähigkeiten und rekrutierte Super-Ganoven wie den Schwertmeister, den man in Japan aufgabeln kann.
Ein Bauwerk für die Bösen
Geld bekommt man entweder im Keller der mehretagigen Festung, wenn man das dortige Gold abbaut oder indem man seine Gefolgsleute auf Missionen in die weite Welt schickt. Auf der Weltkarte kann man also Geld machen oder durch Ablenkungsmanöver die Aufmerksamkeit reduzieren, die man in den Regionen erregt hat. Je nach Sendeleistung der eigenen Basis können mehrere Teams losgeschickt werden, was sich früher oder später als mäßig interessante Beschäftigung entpuppt. Zumindest können manchmal Leute entführt und in der Basis "befragt" werden, um neue Typen von Gefolgsleuten freizuschalten. Später soll es möglich sein, bekannte Objekte zu stehlen und in der Basis zur Motivation zur Untergebenen auszustellen, z.B. die Fackel der Freiheitsstatue. Die Weltkarte und ihre Missionen bieten sonst kaum Optionen, keine Überraschungen und wirken ein bisschen interaktiv- und belanglos. Mit den Missionen steuert man aber das Spieltempo, da man entscheiden kann, wie schnell die ungewünschte Aufmerksamkeit bei "Crime Lords" und den Agenten steigt.
Gemütlicher als gedacht
Zurück zur Basis des Bösen. Der Aufbau geht relativ gemütlich vonstatten und so dauert es, bis man spezialisierte Gefolgsleute bekommt und die ersten Agenten den Unterschlupf besuchen. Neben den Standard-Minions gibt es drei Kategorien von Gefolgsleuten. Wächter sind muskelbepackt und vermöbeln gerne Eindringlinge. Wissenschaftler helfen bei der Erforschung neuer Technolgien und Basis-Bausteinen. Diener sorgen für die notwendige Ablenkung. Man trainiert diese Spezialisten aus normalen Gefolgsleuten, die je nach Spindzahl in Schüben ankommen. Jeder der Bösewichte, bis auf den stark an Dr. Evil erinnernden Maximilian, ist auf einen Dienertyp spezialisiert. Ivan setzt auf Macht und die Muskelkraft seiner Handlanger. Bei Emma dreht sich alles um verdeckte Operationen und unauffälliges Vorgehen. Salika ist von Forschung und Technologie besessen. Die vier Villains und drei Inselschauplätze sollen für mehr Abwechslung in den Partien sorgen.
Apropos Abwechslung. Jeder böser Weltherrscher hat eine eigene Story-Kampagne, in deren Verlauf man ihre Spielmechaniken, Eigenarten und Weltuntergangsmaschine kennenlernt. Nach dem Abschluss wichtiger Ziele gibt es immer wieder Zwischensequenzen zu sehen, die leider recht abgehackt aneinandergesetzt wurden und Gesichtsanimationen vermissen lassen. Dabei scheint es Glückssache zu sein, ob die Sprüche (englische Sprachausgabe; deutsche Texte) und der zu gewollte schwarze Humor zünden oder nicht. Dafür entschädigen die witzigen Animationen, der coole Cartoonlook und ein famoser Soundtrack. Das Ambiente der 60/70er-Jahre wird gekonnt eingefangen und überall sind Anspielungen auf Agentenfilme versteckt.
Stimmiger Look und Fallen für Agenten
Ab und an statten die Mächte der Gerechtigkeit in Form von besonders auffällig schleichenden Agenten der Insel einen Besuch ab und versuchen mehr über die hinterhältigen Machenschaften zu erfahren - ein Timer oben rechts hilft den Überblick zu behalten. Mit den Agenten wird man erst nach einiger Aufbauzeit konfrontiert, da man erst eine Bedrohung aufbauen, seine Wächter-Schergen trainieren und Fallen platzieren muss. In den ersten fünf Spielstunden waren die Agenten eher eine störende Lachnummer, da man sie bereits von weitem sehen und zum Ablenken, Gefangennehmen oder Eliminieren markieren kann. Schleicht sich dennoch ein Agent an den Sicherheitskameras vorbei, weil dank doofer KI die Sicherheitsstation nicht besetzt ist, kann man auf die Fallen hoffe, die man in den Fluren platzieren kann. Mit Giftpfeilen, Box-Handschuhen, Laserfallen, Haifischbecken, Killerbienen, KO-Gas, Flammenwerfer oder einem Personenmagnet lassen sich Hindernisparcours für die lästigen Störenfriede vorbereiten, sofern sie sich nicht vorbeischmuggeln können. Zu Beginn sind die Agenten eher lästig als gefährlich. Später sollen besondere Agenten die Basis untersuchen und ggf. auch etwas Wertvolles stehlen ...
Bisher konnten wir nur Maximilian nach der Weltherrschaft trachten lassen und dabei fielen einige negative Punkte auf. Neben Wegfindungsproblemen, welche die Entwickler bis zum Verkaufsstart am 30. März noch beheben wollen, ist vor allem das Verhalten der Gefolgsleute oft ziemlich blöd - ähnlich wie beim Vorgänger. So passierte es häufiger, dass mehrere, wichtige Positionen in der eigenen Basis nicht besetzt waren, z.B. der Wachposten, das Labor oder die Sicherheitszentrale, von der aus die Kameras kontrolliert werden. Es waren stets genügend Gefolgsleute da, aber sie hatten immer etwas anderes zu tun, z.B. Essen oder Schlafen. Es war unklar, warum sie ihrer Aufgabe nicht nachgekommen sind und da es keine Möglichkeit gibt, Aufgaben oder Räumen klare Prioritäten zuzuweisen, sind dem Oberbösewicht in Sachen Personalplanung oft die Hände gebunden. Es können den Leuten in der Personalübersicht zwar etwas umständlich Räume zugewiesen werden, aber das bedeutet nicht, dass sie dort hingehen und ihre Aufgabe erledigen. Hier fehlt es an direkten Eingriffsmöglichkeiten und besseren Erklärungen. Da hilft es auch nicht, dass der künftige Weltherrscher seine Schergen erschießen kann, quasi als Bestrafung für ihre Inkompetenz. Die anderen Gefolgsleute sind dann kurzfristig eingeschüchtert und arbeiten härter. Natürlich passen diese Exekutionen in das Bild, das man von einem bösen Herrscher hat, aber im Spiel sind die Auswirkungen kaum nennenswert. Da die Untergebenen keine Moral haben oder sich nicht gegen den Bösewicht auflehnen können, fehlt es den Exekutionen an Sinnhaftigkeit.
Inkompetente Schergen
In der Welt der Superschurken ist kein Platz für Konkurrenten, meinen die Entwickler. Deswegen gibt es keinen Mehrspieler-Modus und man tritt auch nicht gegen einen anderen KI-Superschurken an. Neben den vier Kampagnen und einer Schnellstart-Funktion gibt es noch den Sandbox-Modus, in dem man frei von finanziellen Zwängen und ohne Freischaltung von Technologien seine Traumbasis bauen kann. Konsolen-Umsetzungen stehen derzeit nicht auf dem Plan. Der erste Teil erfreute sich durch die Mod-Unterstützung besonders langer Beliebtheit. Ob der zweite Teil ebenfalls Mods unterstützen wird, wollten die Entwickler nicht verraten, aber es sei möglich, dass später Mod-Tools veröffentlicht werden könnten.
Weltherrschaft nur für Solo-Spieler
Ausblick
Evil Genius 2 hat eine immens starke Grundidee, einen überaus stimmigen Stil und lebt von seinen vielen Anspielungen, sofern sie zünden. Der gemütliche Aufbau des Refugium des Bösen macht Spaß und bietet mehr Gestaltungsmöglichkeiten als gedacht. Zudem stellt sich ein wohliger Aquarium-Effekt beim Betrachten der Untertanen ein, wenn sie denn machen, was sie sollen - und das ist leider nicht immer der Fall. Ein Problem übrigens, das schon beim 17 Jahre alten Vorgänger auftrat. Es fehlt hier an direkten Eingreifmöglichkeiten, während die Agenten bisher eher Lachnummern waren und die Weltkarte in mäßiger Fleißarbeit ausartete. Klar, die ersten Spielstunden zeigten auch, welch großes Potenzial dieses Spiel hat, aber wenn die Untertanen es nicht schaffen, ihre Aufgaben ohne übermäßiges Händchenhalten auf die Reihe zu bekommen, dann wird das mit den eigenen Weltherrschaftsambitionen leider unnötig schwierig.