Knockout City - Vorschau, Arcade-Action, XboxOne, PC, Switch, PlayStation5, XboxSeriesX, PlayStation4

Knockout City
23.02.2021, Matthias Schmid

Vorschau: Knockout City

Völkerball als Online-Sport

Der nächste Online-Mehrspieler-Spaß mit Fortnite-Look: Wie Ubisofts Roller Champions versucht sich auch Knockout City, ein neues EA-Originals-Spiel, an der Idee, Online-Versus-Action mit Sportspiel-Mechaniken zu paaren. Wir haben bereits ausgiebig Probe gespielt und verraten in der Vorschau, ob das Konzept Hand und Fuß hat.

"Warum hat das bisher noch niemand gemacht?“ Diese Frage wirft Velan-Studios-Gründer Karthik Bala bei der Präsentation seines neuen Projekts Knockout City in den Raum. Er meint damit, dass es doch eigentlich logisch wäre, das in vielen Ländern beliebte oder zumindest bekannte Konzept von Völkerball bzw. Dodgeball endlich mal als Basis für ein Videospiel zu verwenden. Natürlich nicht als klassisches Sportspiel, egal ob mit Arcade-Fokus oder Sim-Anspruch, wie es Technos mit Super Dodge Ball bereits Ende der 1980er vormachte. Sondern das Nutzen einer Ball-Werfen- und Ball-Fangen-Mechanik für teambasierte Online-Scharmützel, mit der auch die Generation Fortnite, Overwatch, Rocket League & Co. etwas anfangen kann.

Neues Studio, neue Idee

Velan-Studios-Chef Karthik Bala hat das Entwicklerteam 2016 zusammen mit seinem Bruder Guha gegründet.
Bevor ich auf die konkrete Mechanik von und mein Spielerlebnis mit Knockout City eingehe, ein paar einführende Worte zu dessen Machern. Karthik Bala und seine Velan Studios dürften nur eingefleischten Branchenkennern etwas sagen. Doch da steckt mächtig Expertise dahinter: Karthik und sein Bruder Guha Bala gründeten schon 1990, damals besuchten beide noch die Highschool, den Spieleentwickler Vicarious Visions, der später auf bis zu 200 Angestellte anwuchs. 2005 wurde das Studio von Activision erworben, hunderte von Spielen - sehr viele davon für Lizenztitel für GBA und DS sowie Umsetzungen großer Marken - wurden bei Vicarious Visions in Albany, nahe New York, programmiert. 2017 und 2020 erregten die top Neuauflagen Crash Bandicoot N. Sane Trilogy und Tony Hawk's Pro Skater 1+2 Aufsehen, zudem wechselte Vicarious Visions kürzlich die Seiten innerhalb von ActiBlizz und gehört seitdem offiziell zu Blizzard. Karthik und Guha beobachten das nur noch aus der Ferne, entließen sie ihr Baby (O-Ton Karthik Bala) doch bereits 2016 in die weite Welt, um mit Velan Studios ein neues Projekt aus der Taufe zu heben. Im letzten Herbst erschien mit Mario Kart Live: Home Circuit die erste Velan-Studios-Entwicklung, bekanntlich in Zusammenarbeit mit Nintendo.

Der Ball ist dezent überdimensioniert, lädt man ihn zum Wurf auf, glüht er gefährlich rot.
Für sein zweites Projekt sicherte sich Velan die Unterstützung eines weiteren Branchengiganten: Knockout City wird, wie zuvor u.a. Unravel, Sea of Solitude oder A Way Out, Teil von Electronic Arts’ Indie-Offensive EA Originals - und soll ab dem 21. Mai für Furore sorgen. Wir sind tatsächlich gespannt, ob Velan und EA damit den Nerv der Spielerschaft treffen oder wie mit Rocket Arena - einem ähnlich gelagerten EA-Originals-Titel - eine Bauchlandung erleben. Zumindest vermeiden sie den Fehler, für Knockout City zum Start Geld zu verlangen: Rocket Arena mutete an wie ein Free-to-Play-Titel, kostete aber 30 Euro - kaum jemand griff zu, schon zwei Wochen nach dem Start wurde der Preis auf fünf Euro gesenkt. Knockout City wird zum Start vollumfänglich gratis spielbar sein und erst irgendwann später - einen konkreten Termin lassen die Macher noch offen - 20 Euro kosten.

Mit EA an der Seite

In Knockout City tigern zwei Teams (rot und blau) durch fünf verschiedene Mehrspieler-Arenen und werfen sich sechs unterschiedliche Bälle in fünf Spielmodi zu. In der Praxis sieht das so aus: Man schaut seiner Spielfigur in Third-Person-Sicht über die Schulter und läuft bzw. rennt damit durch eine Online-Arena voller Rampen, Deckungen, Brücken, Abgründe und Sprungfeder-Panels. Man kann springen und durch einen zweiten Knopfdruck mit seinem Gleiter durch die Stage segeln. An mehreren Orten auf der Karte spawnt regelmäßig ein Ball, den man automatisch durch Darüberlaufen aufnimmt. Drücke ich den rechten Trigger, visiert mein Charakter automatisch das am nächsten stehende Mitglied des gegnerischen Teams an, lasse ich los, rauscht die Pille in Richtung Feind. Aufgeladene Würfe haben mehr Tempo, macht man kurz vor dem Wurf einen Spin- oder Flip-Move, dann fliegt der Ball in einer krassen Kurve zum Ziel. Das kann hilfreich sein, wenn das anvisierte Opfer gerade hinter einer Deckung steht.

Werfen statt Schießen

Knockout City ist ein semi-hübsches Kind seiner Zeit - mit hippen juvenilen Charakteren, die sich im Ingame-Shop neue Outfits und Frisuren kaufen.
Ein kurzer Druck auf den rechten Stick provoziert einen Fake-Wurf - mein Spieler tut also nur so, als ob er den Ball gleich schmeißen würde. Wozu das gut ist? Man möchte vermeiden, dass euer Ziel die geworfene Kugel fängt. Das klappt am besten durch hohes Wurftempo, das angesprochene So-tun-als-ob oder natürlich Bälle von der Seite oder von hinten. Zwar zeigt eine rote Bildschirm-Umrandung samt Richtungspfeil an, wenn ihr anvisiert bzw. gleich abgeworfen werdet, doch gut getimtes Fangen ist trotzdem sehr knifflig, wenn ihr den Werfer nicht im Blickfeld habt. Beim ersten Treffer ist man nur kurz benommen, beim zweiten folgt der K.o. und meine Spielfigur hinterlässt drei Diamanten, die das gegnerische Team aufsammelt. Und welches Team zuerst 30 Diamanten einsackt, gewinnt die Runde. Klingt simpel - und ist es irgendwie auch. Allerdings nicht so reizvoll wie „Abschuss bestätigt“ in Call of Duty, was laut Bala eine Inspirationsquelle für diese Spielvariante war.

Auf der bisher coolsten Karte der Preview-Fassung tummeln sich Autos, die einen überfahren oder als Deckung genutzt werden können.
Aber natürlich hat sich Velan Studios noch ein paar Feinheiten einfallen lassen: Zum einen gibt es an etlichen Stellen und je nach Spielmodus besondere Bälle, wie z.B. eine Bombe, deren rasches Ticken ankündigt, dass es sehr bald keine gute Idee ist, den Bombenball in Händen zu halten. Zudem kann man auf Knopfdruck ein Ramm-Manöver machen - das zieht dem Kontrahenten zwar keine Energie ab, kann aber dafür sorgen, dass man beim Sprint zu einem freien Ball Sieger bleibt oder jemandem die Pille aus den Händen haut. Natürlich kann man den Ball auch zu einem Mitspieler passen oder signalisieren, dass man die Kugel gerne hätte - beides war in den drei Stunden Probespiel aber mangels Erfahrung bzw. Teamgeist aller Beteiligten noch nicht so präsent, wie sich die Macher das vorgestellt haben. Viel Potenzial bietet diese Fähigkeit: Auf Knopfdruck kann man sich selbst zu einem Ball zusammenrollen und dann von einem Kollegen als Spielgerät genutzt werden. Dann ist ein Treffer sofort tödlich, allerdings kann der Gegner die Kugel natürlich auch fangen. Nun sollte man als vom Feind erbeuteter Ball schnell aufs Knöpfchen hämmern, bevor der einen in den Abgrund schleudert...

Das Spielprinzip geht tatsächlich sehr schnell in Fleisch und Blut über - und ähnlich wie Splatoon mit seiner Einfärbe-Mechanik entlockt Knockout City dem Prinzip Online-Versus-Action eine frische, unverbrauchte Facette. Einem Gegner, der einen Ball in Händen hat, gegenüberzustehen, abzuschätzen, wann er wirft, und dann vielleicht den Ball mit perfektem Timing zu fangen (das sorgt für einen Tempo-Boost), ihn zurückzufeuern und zu treffen - das ist schon sehr reizvoll. Und erinnert ganz leicht an mein liebstes Prügelspiel Power Stone, das seinerzeit auch erlaubte, Objekte auf den Gegner zu schleudern, die dieser dann fangen und zurückwerfen konnte. 

Prinzip reizvoll, Arenen so meh

Das Fangen der Bälle klappt am besten, wenn man dem Werfer frontal gegenübersteht - und sorgt für ein befriedigendes Gefühl.
Auch das Prinzip, selbst zum Ball zu werden, hat etwas - dann ist das Risiko zwar höher, aber man wirft tödlicher und umgeht eine Situation, wo gerade kein Spielgerät in Reichweite ist. Allerdings braucht es dazu ein eingespieltes Team, das zur Kooperation bereit ist und den Ball auch mal abgibt bzw. sich als einer zur Verfügung steht, möchte man nicht ständig selbst nur passiv als Pille herumgeschleudert werden. Etwas enttäuscht haben mich bisher die Arenen: Von einer SciFi-Stadt mit viel Verkehr abgesehen, finde ich weder den grafischen Look der Stages noch ihren Aufbau sonderlich geistreich. Natürlich können bei einem Online-Actiontitel zu viele grafische Details tatsächlich stören - aber da finde ich ein Overwatch, das kürzlich getestete Destruction AllStars oder sogar Rocket Arena doch optisch ein Stück reizvoller.

In meinen drei Stunden mit einer weit fortgeschrittenen Version - eine Public Beta auf PC folgt übrigens schon am 20. / 21. Februar - konnte ich auch andere Modi als die Klunkerhatz („Diamond Dash“) anspielen: Beim reinen Knockout-Kampf wo es nur ums Ausschalten der Gegner geht („Team KO“), ändert sich die Dynamik nur minimal. Bei Matches komplett ohne spawnende Bälle („Ball-Up Brawl“) ist das anders: Hier müssen sich Mitspieler aktiv selbst in Bälle verwandeln, damit man etwas zum Werfen hat. Im Nu verschiebt sich dann der Fokus in Richtung Teamsport.





Mehr Modi, mehr Accessoires

Je nach Map tummeln sich locker drei oder vier Spieler (von insgesamt) sechs an einem Hotspot - dort geht es dann ziemlich turbulent zu.
Wer gerade mal keine Lust auf Online-Partien hat (Offline-Versus-Matches oder Bot-Wettkämpfe werden leider nicht angeboten), der kann sich im Unterschlupf tummeln: Dort darf man das Fang-Timing an einem Wurf-Roboter trainieren, unterschiedliche Ballvarianten kennenlernen oder sich in eines von mehreren Tutorials stürzen. Und natürlich seinen Charakter personalisieren: Neben Gesicht, Frisur oder Brille verleihen vor allem die zahlreichen bunten Outfits eurem Ballsportler ein individuelleres Aussehen. Über Geschmack sollte man bekanntlich nicht streiten, aber mir persönlich sagt das Design der Jungs und Mädels nicht sonderlich zu, da sind Helden aus anderen Online-Titeln doch erheblich charismatischer. Besondere Fähigkeiten gibt es übrigens nicht, die Figuren haben keine Specialmoves und können sich spielerisch nicht weiterentwickeln. Auch die zahllosen freispielbaren Accessoires, Frisuren & Co. haben keinerlei Auswirkungen - damit schieben die Macher eventuellen Pay-to-Win-Mechaniken gleich einen Riegel vor. Sämtliche Items können entweder mit erspielter Ingame-Währung oder aber - wenn man ungeduldig ist - mit Echtgeld erworben werden. Die neun Wochen andauernden Seasons, die natürlich frische Ziele (Daily & Weekly Contracts), Outfits und auch neue Modi mitbringen sollen, sind laut Karthik Bala übrigens im Preis inbegriffen.

Ausblick

So sehr ich den sympathischen Velan Studios einen Achtungserfolg gönnen würde, bin ich doch skeptisch, ob sich das Konzept beim anvisierten Zielpublikum durchsetzen kann. Zum einen finde ich das beliebig wirkende Charakterdesign und die schmucklosen Arenen nicht sonderlich anziehend, zum anderen schätze ich den Markt an ähnlichen 3-vs-3- oder 4-vs-4-Konzepten als so gesättigt ein, dass ich befürchte, die frische Völkerball-Action-Idee reicht nicht aus, um eine größere Community langfristig zu gewinnen. Immerhin begeht das Team nicht den Fehler, Knockout City schon zum Start für zwanzig oder dreißig Euro anzubieten - für lau schauen sicher einige Interessierte vorbei und bleiben dann hängen. Den Spielablauf selbst fand ich in den drei Probestunden durchaus ungewöhnlich und unterhaltsam, das Werfen und Fangen ist ganz reizvoll, die verschiedenen Ballvarianten sorgen für Pfeffer. Trotzdem hält sich meine Lust auf weitere Runden in Grenzen - irgendwie fehlt mir so etwas wie ein Tor oder ein stärkerer Sportspiel-Fokus ohne die Hüpf- und Deckungsarchitektur in den Arenen.

Kommentare
4P|Matthias


Ich habe 7200h in Rocket League bisher...
7200h Rocket League??? Krass. Das würde bedeuten, 3-4 Stunden täglich (!) seit dem Release vor knapp 6 Jahren (!!).
Soll überhaupt nicht wertend sein, ich fände das nur sehr erstaunlich.

vor 3 Jahren
Carmageddon

Wie sie alle versuchen an den Erfolg Rocket Leagues anzuknüpfen, aber ich bezweifle, dass ihnen das gelingen wird. RL ist und bleibt einmalig.
Ich habe 7200h in Rocket League bisher bei 99% Puckmodus Solo Random Ein Haupterfolg bei Rocket League ist auch schlicht der Crossplattformübergreinde Onlinemodus. Das was z.B. aktuell auch Destruction AllStars direkt vor die Wand fährt. Schade drum.
Die Fragmentierung der Spieler ist eben weiterhin groß. Das sind heute alles Traumzahlen von gleichzeitig aktiven Onlinespielern. Das spürte ich auch in PUBG sehr schnell und bin überhaupt nicht begeistert von den ganzen neuen Maps die jetzt mit Bots gefüllt werden. Das merkt man auch bei Steam schnell, wie manche Titel mal eben sich an die Spitze katapultieren.
Bei Knockout City stört mich aber wie in einigen Spielen die letzte Zeit das sehr generische Artdesign. Das hat einfach keinen Charakter/Alleinstellungsmerkmal.

vor 3 Jahren
Sir Richfield

Naja der Punkt ist...
Halt nicht meiner.

Es ist leider inzwischen eine echte Gradwanderung zwischen einer frischen Idee, einer offensichtlichen Inspiration und dem Versuch, auf einer Welle zu reiten.
Da hilft auch ein irgendwie hingebogener "Indie" Anstrich nicht (Da ist EA mit im Boot).

Das KONZEPT liest sich erstmal frisch und nur weil ich nicht Zielgruppe bin (Online only und noch ist nicht so ganz klar, wie das Geschäftsmodell aussehen soll), bin ich noch nicht so zynisch, nur wegen der Comicgrafik "Fortnite Klon!" zu rufen.

Bei solchen Spielen ist aber extrem wichtig, dass man Spieler findet und dafür sollte das Spiel GUT sein.
Gut AUSSEHEN reicht nicht, wie diverse AAA Titel zeigen. (Oder zeigen sollten, aber ein paar Wale scheinen ja für Lebenserhaltende Maßnahmen zu reichen)

vor 3 Jahren
BMTH93

Richtig gefallen tut mir ja das Artdesign, das so garnicht nach Fortnite schreit.

//Edit: Angesichts der obigen Postings, meins inklusive, bin ich dafür, dass wir 4Players in "4GrumpyOldPlayers" umbenennen!
Ich würde mich mit 27 noch nicht als alt bezeichnen, aber warum nicht. Es gibt doch nichts besseres als andere von oben herab zu kritisieren.

Spaß beiseite. Ist ja nicht so als würde ich den Entwicklern keinen Erfolg gönnen, aber ich gehöre langsam aber sicher auch zu der Fraktion, die gerne wieder etwas neues sehen möchte anstatt dieses ständige kopieren und recyceln.

Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren

vor 3 Jahren
flopsy

Ein Online-Multiplayer Indie Game? So was funktioniert nur alle 100 Jahre einmal ...

vor 3 Jahren