Dead Island 2 - Vorschau, Action-Adventure, XboxOne, XboxSeriesX, PC, PlayStation4, PlayStation5

Dead Island 2
13.03.2023, Matthias Schmid

Vorschau: Dead Island 2

Dollars schützen vor Zombies nicht

Dead Island 2 (ab 19,00€ bei kaufen) erscheint am 21. April – wir konnten schon jetzt eine fast fertige Version des Zombie-Slashers einige Stunden lang spielen. In unserer Vorschau erfahrt ihr, wie eklig die Gewalt ist, wie sich Kampfsystem und Steuerung anfühlen und warum einen selbst Millionen von Dollars nicht davor bewahren, in L.A. zum schlurfenden Hirnfresser zu mutieren.

Hell-A, wie die pfiffigen Dudes von Dambuster ihre Version von L.A. nennen, liegt zwar am Ozean, ist aber eigentlich keine Insel. Trotzdem ist die von Untoten geflutete Glamour-Metropole der Schauplatz von Dead Island 2. Naja, wer fragt bei einer spielbaren Zombie-Apokalypse mit dem bisher detailliertesten Splatter- und Gore-System der Games-Geschichte schon danach, ob der bereits 2007 vom Serienerfinder Techland gewählte Name noch Sinn ergibt…

Niemand ist eine Insel, außer Los Angeles

Dead Island 2 ist in der Nahaufnahme extrem brutal - es geht noch deutlich ekliger als auf diesem Screenshot.
"Dead Island 2 sieht ganz ordentlich aus und spielt sich ganz ordentlich – doch insgesamt kommt mir die Schnetzelei vor wie ein Untoter, der ein paar Jahre zu spät vom Friedhof der gescheiterten Fortsetzungen zurückkehrt." So urteilte mein gestrenger Kollege Eike nach einer kurzen Anspiel-Runde im vergangenen August. Doch er räumte auch ein: "Aber natürlich reichen kurze 20 Minuten nicht aus, um wirklich etwas zur Qualität des Action-Rollenspiels sagen zu können.“ Und hier komme ich ins Spiel, denn sechs Monate später muss ich mich nicht mit einem kurzen Demo-Abschnitt am Santa-Monica-Pier zufriedengeben. Über sechs Wochen vor dem Release habe ich bereits das komplette Spiel auf der Platte meiner Xbox-Series X liegen – spielen darf ich zwar "nur" 9 (von 24) Story-Missionen, doch das sollte genügen, um einen bisschen konkreter zu werden, wie es sich anfühlt, Dead Island 2 zu spielen…

Abstecher ins Hotelgewerbe: Eine frühe Mission im Spiel lotst unsere Hauptfigur hierher – verlorene Koffer sind dann unser geringstes Problem...
Selbst erfahrenen Zombie-Jägern dürfte der Gewalt-Gehalt von Dead Island 2 an mancher Stelle Unbehagen bereiten: Denn die Entwickler haben nicht übertrieben, als sie herausposaunten, ihren virtuellen Untoten das bisher fieseste Gore- und Zerstückelungssystem auf den modernden Leib programmiert zu haben. Angeschlagenen Feinde kann man mit voller Wucht z. B. durch den brüchigen Schädel schlagen, Klingenwaffen säbeln den Kopf an mehreren Stellen entzwei oder amputieren Gliedmaßen. Und ja, das hört sich nicht nur ziemlich bestialisch an, sondern sieht auch auf dem Bildschirm so aus. Dazu trägt auch bei, dass das Spiel zwar grafisch nicht ganz AAA-Niveau hat, aber doch richtig gut aussieht. Und unter dem gleißenden kalifornischen Sonnenlicht stechen die Details dann gleich nochmal so drastisch ins Auge wie in einem Dead Space. Vermutlich werden Feinde in The Last of Us: Part 2 ähnlich fies in Einzelteile zerlegt, doch ist der Fokus bei Dead Island 2 einfach nochmal ein anderer. Speziell bei den vielen "einfachen" Zombies kann man das Zerhacken regelrecht zelebrieren – und wenn nicht gerade untoter Nachschub antanzt, auch im Nachhinein aus nächster Nähe bewundern. Viele Totschläger verfügen über spezielle Finishing-Manöver: Wenn man also einen Schlag gegen einen schon fast erledigten Feind ausführt, dann wird es richtig übel. Zudem verschwinden Leichen nicht, sondern können weiter malträtiert werden.

Gewalt ist eine Lösung

Natürlich hat Dead Island 2 unterschiedliche Finisher für die verschiedenster Waffen.
Geht das auch in Deutschland? Nein. Dead Island 2 erscheint hierzulande in einer leicht gekürzten Version, wo zwar prinzipiell alle Blood-und-Gore-Inhalte an Bord sind, jedoch genau der letzte Part, also das Verstümmeln von bereits getöteten Gegnern, nicht möglich sein wird. Die allermeisten Spieler würden mir wohl zustimmen, dass das nun auch wirklich nicht nötig ist – aber wir wissen alle, wie laut das "Dann für mich nur die PEGI-Version“-Getöse in Gamerkreisen dann wird. Publisher Deep Silver meint dazu: "Für die Spieler der USK-Version gilt: Sind die Zombies erst einmal zerhackt, zu Brei zermalmt oder flambiert, können sie ihnen keinen Schaden mehr zufügen – und warum auch? Schließlich gibt es genug umherstreifende Zombies, die nur darauf warten, zerlegt zu werden." Inhaltlich wäre ich eigentlich auf ihrer Seite, doch prompt rebelliert der selbstbestimmte Spieler in mir und poltert: Das möchte ich am Ende doch bitte selbst entscheiden dürfen, wenn die Entwickler es schon ins Spiel eingebaut haben!

Ballern mit dicken Wummen in Ego-Sicht geht auch, macht aber nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Spielerfahrung aus.
Im ziemlich coolen Intro werde ich zunächst Zeuge eines missglückten Fluchtversuchs: Die sechs wählbaren Helden schaffen es irgendwie an Bord eines Fluges, dem es gerade noch gelingt, aus dem zombiefizierten Los Angeles in den Nachthimmel zu starten. Doch natürlich ist ein Infizierter an Bord und dann schlägt auch noch eine Rakete im Heck des Passagierflugzeugs ein, im Nu geht es abwärts, die Maschine zerschellt am Boden. Mitten beim Kameraschwenk durch das auf dem Kopf liegende Wrack friert die Kamera ein – und ich kann mich zwischen einer von sechs Figuren entscheiden, die dann als einziger Überlebender aus dem Flieger klettern wird. Ich wähle die durchtrainierte Carla, eine Stuntfrau und rüpelhafte Draufgängerin – genauso gut hätten es aber die Paralympics-Athletin Amy oder der Playboy Bruno sein können...

Flucht aus L.A.

Die zwei einzigartigen Slayer-Fähigkeiten, die jeder Charakter hat (und von denen mir dann natürlich zehn von zwölf durch die Lappen gehen), tragen kaum zu meiner Entscheidung bei, weil ich zum Spielstart etwas überfordert bin von den vielen Charakterwertungen und Fähigkeiten-Karten. Die im Pulp-Comic-Stil gelayouteten Kärtchen sehen zwar schick aus, ich werde aber in den nächsten Stunden durch eifriges Suchen und das Erledigen von Story-Missionen noch viele weitere bekommen, mit denen ich meine Spielfigur in die eine oder andere Richtung entwickeln kann. Denn, wie schon in der letzten Vorschau beschrieben, steckt eine ordentliche Prise Rollenspiel in Dead Island 2 – dazu gibt es sackweise Beute auf dem Boden, in Schubladen und zahlreichen großen und kleinen Kisten. Kleinere Blessuren heile ich mit Proteinriegeln und Energy Drinks, die vielerorts herumliegen, natürlich gibt es auch Medipacks für die schnelle Regenerierung, und Werkbänke dürfen ebenso wenig fehlen. Dort pimpe ich meine Totschläger mit Griffen, Verstärkungen und Elementar-Gimmicks – Dead Island 2 ist nicht das erste und vermutlich auch nicht das letzte Zombie-Slasher-Game, wo es hilfreich ist, eine mit Stacheldraht und Elektroschock-Modul verstärkte Machete+2 in Richtung Zombieleib zu schwingen.

Überraschung: Die Hauptfigur entdeckt ihre untote Seite und teilt noch kräftiger aus.
Generell finde ich die Handhabung der Mordinstrumente recht gelungen: Zwischen  Schwungverhalten, Schlagfrequenz und Impact von Küchen-Hackebeil, Billard-Queue, Rohrzange oder Buschmesser gibt es deutliche Unterschiede – und natürlich heben sich auch die angerichteten Verletzungen und Finisher voneinander ab. Dead Island 2 bietet zwar so manche Schusswaffe mit eher wenig Munition an, generell liegt der Fokus aber ganz klar auf dem Nahkampf. Der funktioniert durch die Bank gut und man hat auch das Gefühl, die Zombieleiber mit Wucht zu treffen – generell finde ich das stundenlange Kämpfen in Ego-Sicht aber nicht so befriedigend wie in einem reinrassigen Shooter oder eben einem Third-Person-Hack’n’Slay à la God of War. Natürlich kann man blocken – die vors Gesicht gerechten Arme verdecken dann sogar realistisch die Sicht – oder einen sehenswerten Dropkick ausführen, der Untote umstößt, in puncto Manövervielfalt und Ego-Power-Fantasy kann das Spiel mit Dying Light 2 aber nicht mithalten.

Waffen, wir brauchen Waffen

Auch ohne Marvel-Lizenz gibt's ein paar Klingen im Wolverine-Look.
Ganz generell bin ich nach der langen und wegen des mehrfachen Studiowechsels sehr turbulenten Entwicklungszeit positiv überrascht vom polierten Gesamteindruck des Spiels, von der durchweg ansehnlichen Grafik und den vielen durchdachten Kleinigkeiten: Nach dem Hantieren mit dem praktischen Telekinese-Handschuh in Atomic Heart ist es war ein wenig mühselig, die vielen Loot-Items per Tastendruck aufzuheben, generell schnurrt die Dead Island 2-Mechanik aber wie eine gut geölte Maschine. Die RPG-Elemente und Spezialfähigkeiten als hübsches Kartendeck anzulegen bringt ein bisschen zusätzliche Motivation, das langsame Abnutzen, Reparieren und Pimpen der Schlaginstrumente, das Ablegen im Waffenschrank oder das Benutzen von Autobatterien und Benzinkanistern als Argumentationsverstärker (im Zusammenspiel mit Wasserpfützen oder funkensprühenden Waffen) – alles funktioniert so, wie man sich das vorstellt.

Mitch Buchannon und C.J. Parker irgendwo? Die Rettungsschwimmer von Dead Island 2 würden sich freuen...
Mit am meisten Spaß hat mir das voyeuristische Umherstreifen ist den Promi-Villen von Los Angeles gemacht: Das Spiel startet ja schon damit, dass selbst jenen Privilegierten, die noch einen Platz im letzten Flieger ergattern konnten, die Flucht aus der von Zombies überrannten Metropole nicht gelingt. Und am Boden geht der Horror in den Häusern der Reichen dann weiter, zwischen zwei blitzblank polierten Supersportwagen liegt ein verstümmelter Toter in seiner eigenen Blutlache – der wird seine PS-Monster ganz sicher nicht mehr spazieren fahren! Ich erkunde verlassene Pool- und Terassen-Bereiche, wo nur noch die Körperpflege-Produkte, Schnapsflaschen oder ein aufblasbarer Flamingo herumliegen, und verschaffe mir Zutritt zu luxuriösen Bars, Schlafzimmern und Spas. Sich dort umzuschauen ist klug: Neben nützlichem Loot finde ich dort vielleicht auch den Code für einen Safe oder eine Skill-Karte, die mir sonst durch die Lappen gegangen wäre.

Beverly Hills Cop

Wichtig: Nutzt Strom oder Feuer um Waffen zu schonen und Barrieren zu bauen.
Und während die spielbaren Figuren in Dead Island 2 mitunter betont cool sind – Eike nannte sie in seiner Vorschau zurecht "edgy" –, da gibt der traurige Rest der Schönen und Reichen Hollywoods fast schon eine sympathische Bande ab: Kurz nach dem Absturz komme ich in der Villa eines Filmsternchens unter, die fortan als Homebase fungiert. Dort nehme ich die ersten Missionen an, parliere mit den Hausangestellten, durchstöbere die Bonzenvilla nach nützlichem Kram und etabliere mich als Frau fürs Grobe. Denn der Rest der Bande vor Ort hält sich zwar für superschlau, gewieft oder wichtig – im Angesicht der schon am Gartenzaun nagenden Hirnfresser geht ihnen dann aber doch mächtig die Düse. Also bleibt es natürlich an mir hängen, das klemmende Gartentor zu reparieren oder mich zu einem Luxushotel durchzuschlagen, wo sich angeblich die letzte Bastion der örtlichen Behörden verschanzt haben soll. Und tatsächlich habe ich Lust, meinen Allerwertesten für diese Bande an liebenswerten Trotteln hinzuhalten und nebenbei ein paar Hundert Zombieschädel vor ihrem Rumpf zu trennen…

Ausblick

Bei der Gamescom-Ankündigung, dass dieser Wiedergänger doch noch seine fauligen Zähne in den Controller schlagen will, war ich wenig euphorisch. Schon wieder ein Zombiespiel mit Elektro-Machete, bei dem ich in Ego-Sicht Schädel spalten soll? Nach einigen Stunden mit Dead Island 2 bin ich aber deutlich zuversichtlicher, dass der Titel vielen Spielern spaßige Stunden in L.A. – pardon Hell-A – bereiten wird. Die Technik ist sauber, die Steuerung schnurrt und das Zerlegen der modrigen Leiber ist grafisch beeindruckend – völlig unabhängig davon, ob man es für erstrebenswert hält, das Zerstückeln von Videospiel-Feinden immer noch realistischer und ekliger auf den Bildschirm zu bringen. Der Humor im Spiel hat mir eher zugesagt – ich würde aber noch offenlassen, ob ich ihn über die komplette Spieldauer unterhaltsam finde. Das Beschaffen von Bauplänen, Sammeln von Ressourcen und Aufmotzen von Waffen ist genau null innovativ, funktioniert aber durchaus so, wie man es von einem derartigen Titel erwartet. Die vielen, mittels hübscher Karten präsentierten Zusatzfähigkeiten und Perks haben mich am Anfang eher überfordert als motiviert – und dass meine Figur natürlich gebissen wird, nur um dann eine Art Wut-Modus durch die Zombie-Infektion zu erhalten, fand ich zu offensichtlich. Gespannt bin ich außerdem, wie viel Spaß mir die Kämpfe gegen die härteren Zombievarianten im weiteren Spielverlauf bereiten – kommt hier die gewünschte Mischung aus Panik und Metzelspaß auf oder verkommt das endlose Hacken in Ego-Sicht irgendwann zur repetitiven Pflichtaufgabe?

Einschätzung: gut

Kommentare
Carmageddon

"ob man es für erstrebenswert hält, das Zerstückeln von Videospiel-Feinden immer noch realistischer und ekliger auf den Bildschirm zu bringen." Mortal Kombat? ;P Ich bin eher wieder enttäuscht als Erwachsender Mündiger wieder etwas geschnittenes vorgesetzt zu bekommen und wenn es nur die Leichen sind die aber das Onlinespiel mit anderen beeinflusst. Dann noch Epic exklusiv was ich wegen Multiplattform sogar noch verstehen kann. Bei Steam scheint das weniger lukrativ und Valve interessierts nicht.

vor einem Jahr
PhotoFox

Häufig werden solche Änderungen inzwischen proaktiv von den Entwicklern eingebaut, obwohl sie teilweise garnicht mehr nötig wären...
Nicht nur häufig. Immer. Die USK zensiert nicht, sie bewertet nur. Zensieren tun immer die Entwickler nach eigenen ermessen um eine Wunsch Bewertung zu erhalten. Die Entwickler können es auch lassen und das Spiel unzensiert veröffentlichen mit der entsprechenden Einstufung. Wollen sie aber nicht, weil es ihnen wichtig ist ein niedrigere Einstufung zu erhalten um mehr zu verkaufen.

Das wird immer wieder falsch verstanden und viel glauben die böse USK hat schon wieder Spiele zensiert. Dabei bewertet sie grob gesagt nur was man ihnen gibt.

vor einem Jahr
Smer-Gol

Als jemanden dem damals bei Half-Life noch Schrauben statt Blut entgegen geflogen sind, kann ich nur sagen: Damit kann ich gut leben. Oder besser gesagt, ich könnte damit leben. Meine eigene Zensur ist da inzwischen härter als die der USK. Dead Island 2 ist mir tatsächlich zu hart. Nicht der Gewaltgrad, sondern die händische "Auflösung" der Zombies. Sieht teilweise so aus, als würde man auf ein Marmeladenglas treten und nicht wie auf einen Untoten. Ist mir einfach einen Tick zu eklig. Aber jedem wie er´s mag.

vor einem Jahr
Herschfeldt

Hole ich mir 2024, wenn es dann für den PC erscheint, die Bugs gefixt sind und ein Uncensored-Patch verfügbar ist.
Dann habe ich keine Lust mehr, es zu spielen. Möchte es zu Release haben .... uncensored.

vor einem Jahr
Herschfeldt

Bin ich der Einzige, der das Gejammer Leichen nicht verstümmeln zu dürfen nicht versteht?

Muss mir mal jemand erklären wie viel Spielzeit das normalerweise - also neben einmal ausprobieren und denken „krass“ - so in Anspruch nimmt. Meine das ernst - ich versteh einfach nicht den Wert dieses Features.

Ich frag‘ mich eher ob das überhaupt sein muss. Also selbst in einer realen Situation mit einem Zombie käme ich nie auf die Idee mit den ekligen Resten rumzuspielen. Und auch in nem Game weiß ich nicht so recht.
Ich bin vollkommen bei Dir! Obwohl ich Gegner von Zensur bin, frage ich mich, warum die Entwickler dieses kranke Feature überhaupt ins Spiel genommen haben.
Man nennt es Kaufanreiz für Gorefans!

vor einem Jahr