Zenless Zone Zero - Vorschau, Rollenspiel, Android, iPhone, PlayStation5, PC

Zenless Zone Zero
03.12.2023, Jonas Höger

Vorschau: Zenless Zone Zero

Die Action schmeckt hervorragend, also warum ist mein Teller so leer?

Nach der Fantasy-Welt von Genshin Impact und den unendlichen Weiten des Alls in Honkai: Star Rail wendet sich der chineische Entwickler HoYoverse mit Zenless Zone Zero nun einem urbanen Setting zu, bei dem postapokalyptische Kristallmonster auf asphaltierte Straßenzüge treffen. Erneut setzt man auf eine schicke Anime-Optik und eine Vielzahl unterschiedlicher Charakter-Designs, die den Geldbeutel zum Glühen bringen sollen. Schließlich handelt es sich bei Zenless Zone Zero wieder einmal um einen Free-to-play-Titel mit Echtgeld-Elementen und einer Reihe an Währungen, die das Umrechnen erheblich erschweren. In der geschlossenen Beta haben wir uns nun aber vor allem angeschaut, was der Titel spielerisch zu bieten hat und verraten nach einem ausgiebigen Ausflug in die Stadt New Eridu, ob Zenless Zone Zero zum aufsteigenden Stern am Action-Rollenspiel-Himmel werden oder in der Gacha-Hölle versinken könnte.

Zenless Zone Zero: Willkommen in New Eridu!

Mit den Zwischensequenzen können die Standbilder nicht mithalten, dafür sind die Zeichnungen hübsch und die Charaktere ausdrucksstark.
Auch wenn das Tempo später abflacht, beginnt Zenless Zone Zero zumindest erzählerisch mit einem Sprint: Die Chaostruppe Cunning Hares, Agentur für Allesmögliche und bestehend aus Billy Kid sowie Anby und Nicole Demara, haben sich mit ihrem aktuellen Auftrag ziemlich verzettelt und hetzen mit einem gestohlenen Tresor durch die engen Flure eines Hochhauses – die Handlanger der beklauten Red Fang Gang dicht auf ihren Fersen. Es folgt ein spektakulärer Sturz durch eine Glasfront, die das Trio auf den Boden der Tatsachen und inmitten eine Hollow-Zone befördert. Hier lauern die fiesen Ethereals: Menschen, die durch eine Naturkatastrophe in Monster verwandelt wurden und die neben schwarzer Löcher an der Stelle ihres Kopfes auf kristallharte Körper bauen.

Der Auftakt von Zenless Zone Zero wird, genau wie der Rest des Spiels, größtenteils wie in einem Comic erzählt: Standbilder und vertonte Sprechblasen lassen es mitunter etwas an Dynamik mangeln, punkten aber mit gelungenen Zeichnungen und wechseln sich noch dazu mit überaus lebhaft animierten Zwischensequenzen ab: Die Bewegungen der Charaktere sind mit viel Liebe zum Detail umgesetzt worden, hier ist von den Finger- bis in die Haarspitzen alles durchchoreografiert. Auch sonst lässt die Präsentation HoYoverse-typisch kaum Wünsche offen: Menüs sind schlicht, aber schick, wenn auch inhaltlich überladen, und die Umgebungen setzen die halb zerstörte Metropole New Eridu gelungen in Szene.

Kommen einfach nicht zum Punkt: Die Charaktere in Zenless Zone Zero sind ziemlich mitteilungsbedürftig und ergeben sich endlosen Gesprächsergüssen.
Die Action wird derweil mit einer ordentlichen Portion Humor und einer Prise Intrigen gewürzt, woraus sich eine angenehm spannende Geschichte entwickelt, die aber unter Pacing-Problemen und langgezogenen Dialogen leidet. Immer wieder führen Charaktere endlose Gespräche über kleinteilige Missionsdetails, bei denen meine Finger unruhig am Gamepad zucken, weil sie nur den A-Knopf betätigen dürfen, um zum nächsten Satz zu springen. Immerhin sind alle Charaktere gekonnt vertont und wahlweise auf Englisch, Japanisch, Koreanisch oder Chinesisch zu hören, sodass das Erleben der Story abseits der Zwischensequenzen nicht zu stumpfer Lesearbeit ausartet.

Galantes Gemetzel

Fertig zur Abreise: In Nicoles Koffer befindet sich ein schweres Geschütz, bei dem ihre durchlöcherten Gegner einpacken können.
Im Gegensatz zu dem rundenbasierten Kampfsystem von Honkai Starrail dürft ihr euch in Zenless Zone Zero wieder ganz den Echtzeit-Keilereien hingeben. Leichte und schwere Angriffe sowie ein Ausweichmanöver, das mit dem richtigen Timing kurz die Zeit verlangsamt: Fans von Action-Rollenspielen dürften sich hier schnell zuhause fühlen und alle Attacken gehen schnell und smooth von der Hand. Damit euch mit den drei Aktionen nicht langweilig wird, könnt ihr zwei weitere Charaktere mit aufs Schlachtfeld nehmen und beliebig zwischen ihnen hin- und herwechseln. Erfolgt das Austauschen genau im Moment eines gegnerischen Angriffs, triggert ihr je nach Kämpfer ebenfalls eine Ausweichrolle oder Parade.

Darüber hinaus besitzt jeder Gegner eine sogenannte Daze-Leiste, die durch wiederholte Schläge gefüllt wird und letztendlich zu einer praktischen Betäubung führt. Trefft ihr dann mit einem schweren Angriff, könnt ihr eine Kettenkombi mit euren Verbündeten initiieren und die feindlichen Lebenspunkte durch eindrucksvolle Manöver spürbar schnell senken. Abgerundet wird eure Auswahl an Attacken dann durch eine Ultimative Fähigkeit, die verheerenden Schaden verursacht und euch mit einer wirklich eindrucksvollen Animation belohnt. Ohnehin sieht alles, was ihr auf dem Schlachtfeld austeilt, fantastisch aus: Links und rechts fliegen Funken und Patronenhülsen durch die Luft und verwandeln das Kampfgeschehen in ein dynamisches Gemälde mit knalligen Farben.

Jeder Charakter glänzt durch ein eigenwilliges Design und eine spezielle Waffe. Hausmädchen Corin kämpft beispielsweise mit einem überdimensionalen Pizzaschneider.
Weil das alles nicht besonders anspruchsvoll ist und für die meisten Fights reines Buttonmashing zum Sieg reicht, scheint man sich bei Zenless Zone Zero dem Motto Style over Substance verschrieben zu haben. Zumindest in meiner Zeit in der Beta ließen sich keine Möglichkeiten für komplexe Kombos erkennen, womit die Kämpfe recht oberflächlich abliefen. Dazu kommt, dass sich Standardgegner spielend leicht ohne große Gegenwehr erledigen lassen, auch wenn ein Bosskampf mit abwechslungsreicheren Verhaltensmustern Hoffnung auf mehr Herausforderung wecken konnte. Trotz dessen macht das Schnetzeln mit seinen sprühenden und funkelnden Animationen sowie dem gelungenen Spielgefühl einen Heidenspaß – doppelt schade also, dass es im Verhältnis zu anderen Gameplay-Elementen viel zu wenig davon gibt.

Von Kanal zu Kanal zappen

Hüpf, Meister Lampe: In den Missionen müsst ihr durch die Fernsehabteilung eines Elektronikmarkts navigieren.
Zenless Zone Zero ist nämlich deutlich menübasierter als gedacht: Abseits von einem kleinen Viertel in New Eridu, wo sich euer Basislager sowie einige angrenzende Geschäfte samt Nudelhaus und Café befinden, sowie den kleinen Kampfarealen während Missionen, bewegt ihr euch ausschließlich von Reiter zu Reiter und von Dialog zu Dialog. Das gilt überraschenderweise auch für die Haupt- und Nebenquests: Hier lauft ihr nicht etwa durch ein abgekapseltes Gebiet und kämpft ab und an gegen Monster, sondern bewegt euch mit einem elektronischen Bunny-Avatar namens Bangboo von Fernseher zu Fernseher. Auf eurem Weg befinden sich Schatztruhen; Kämpfe, für die es dann zurück in die 3D-Ansicht geht und ihr mit euren drei ausgewählten Charakteren zur Tat schreitet; sowie kleinere Rätsel.

Abseits der TV-Perspektive erinnert das schrittweise Fortbewegen an einen klassischen Dungeon-Crawler, der simpel startet und dann langsam aber sicher komplexer wird, wenn mehr Wege zur Auswahl stehen, Schalter betätigt und Ebenen gewechselt werden wollen. Echte Kopfnüsse haben sich daraus in der Beta nicht entwickelt, die würden das ohnehin schon entschleunigte Tempo aber auch vermutlich weiter drosseln. Prinzipiell ist das Hüpfen von Mattscheibe zu Mattscheibe ein interessanter Ansatz und trotz vieler Grautöne auch optisch ansprechend umgesetzt, während ihr über Funksprüche durch die jeweilige Mission gelotst werdet. Nur kommen angesichts der vielen Zeit, die ihr in Dialogen und mit der Bewegung durch die Fernseher verbringt, die spaßigen Kämpfe viel zu kurz, was nicht gerade wie ein sinnvoller Kompromiss erscheint.

Zwischen den Missionen könnt ihr euch die Beine vertreten und durch die Straßen New Eridus schlendern.
Seid ihr nicht gerade innerhalb der Fernseher unterwegs, könnt ihr frei durch New Eridu streifen, wo ihr, als Tarnung für eure illegalen Aktivitäten als Hacker und Informationsvermittler, einen Videoverleih betreibt. Hier erwarten euch kleinere Botengänge, Minispiele und kauzige Charaktere, die die modernen Straßen der Metropole besiedeln. Eine nette Kulisse, die in der Beta aber noch ein wenig zweckdienlich wirkt; die seltenen Stadtausflüge spielen nur eine untergeordnete Rolle. Kurioserweise orientiert sich Zenless Zone Zero hier auch an der Persona-Reihe: Ihr könnt mit Charakteren Zeit verbringen, um eure Beziehungen zu verbessern und müsst nach getaner Arbeit ins Bett gehen, um den nächsten Tag zu starten. Zumindest in der Beta sind diese Elemente aber kaum ins Gewicht gefallen.

Gacha-Gebrechen und Währungs-Wahnsinn

Tägliche Prämien fürs Einloggen? Na logisch, die Spieler müssen ja bei der Stange gehalten werden.
Und damit kommen wir zum Elefanten in New Eridu, denn wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei Zenless Zone Zero um einen Free-to-Play-Titel mit Gacha-Elementen. Ihr könnt völlig umsonst loslegen und gerade zu Beginn wirft euch das Spiel eine Reihe der unzähligen Währungen um die Ohren, damit ihr die ersten Lootboxen auspacken dürft, ohne echtes Geld in die Hand nehmen zu müssen. Doch dabei bleibt es natürlich nicht: Wer nach gewissen Charakteren giert oder seine Mannschaft auch im späteren Spielverlauf weiterhin aufleveln möchte, muss entweder sehr, sehr, sehr viel Zeit investieren oder zückt die Brieftasche.

Denn auch, wenn die Monetarisierung in der Beta noch nicht freigeschaltet war, ahne ich Böses: Orientiert man sich an den anderen Spielen des Studios, dürfte das Ziehen bestimmter Charaktere mit viel Glück und Zaster verbunden sein. Ein paar Kämpfer gibt es wie gewohnt geschenkt, danach dürft ihr euch das reguläre oder zeitlich begrenzte und spezielle Banner anschauen, wo ihr Begleiter, Kerne und Charaktere aus zufälligen Kapseln zieht. Bei letzterem stehen in der Regel einige besondere Figuren im Vordergrund, die dann mit höherer Wahrscheinlichkeit aus dem virtuellen Automaten fallen sollen – wobei diese Aussage mit extremer Vorsicht zu genießen ist, schließlich kommen bei Genshin Impact sagenhafte Dropraten von 0,6 – 0,7 Prozent zum Einsatz.

Fiese Wundertüte: Die speziellen Banner locken mit einer höheren Chance auf begehrte Charaktere, dürften sich aber auch als die reinsten Geldgruben entpuppen.
Hinzu kommen dann noch unzählige unterschiedliche Items, die alle verschiedene Effekte haben und sich natürlich in andere Währungen umtauschen lassen: Von Investigator Logs, über W-Engine Modules, bis hin zu Master Tapes, Filmen und Dennies – der ganz normale Gacha-Wahnsinn also. Auch für das Leveln der Charaktere braucht es wieder mehrere Ressourcen: Die einen sind für das bloße Erhöhen der Stufe, die nächsten für das Freischalten der nächsten Stufenschritte und damit das überhaupt funktioniert, muss auch noch das Inter-Knot-Level hoch genug sein: Verzahnte Systeme, wohin man schaut. 

Natürlich könnt ihr aus den Kapseln auch doppelte Gegenstände erhalten. Die werden dann in eine der zig Währungen umgetauscht, mit entsprechend miesem Wechselkurs.
Damit man deshalb nicht vorschnell das Handtuch wirft und auch ja ständig Glückshormone ausgeschüttet werden, gibt es für alles Mögliche Belohnungen: Mission abgeschlossen? Belohnung. Charakter gelevelt? Belohnung. Arsch abgewischt? Belohnung. Aber, und das muss man HoYoverse zugutehalten: Vermutlich lässt sich mit Zenless Zone Zero wieder mindestens im zweistelligen Stundenbereich Spaß haben, ohne Geld ausgeben oder sich tiefer mit all diesen Honigfallen auseinandersetzen zu müssen. Wann ihr selbst nach New Eridu reisen könnt, steht derweil noch nicht fest: Zenless Zone Zero hat noch keinen festen Release-Termin. Die zweite geschlossene Beta fand vorerst erneut nur auf PC und Mobilgeräten statt, die vollständige Veröffentlichung ist dann aber auch für Xbox und PlayStation geplant. Die Nintendo Switch dürfte leer ausgehen: Selbst das für den Handheld-Hybriden angekündigte Genshin Impact hat es bis heute noch nicht geschafft, auf der Plattform zu landen.

Ausblick

Fazit von Jonas:

Nach der kurzen Session auf der gamescom war ich ziemlich heiß auf Zenless Zone Zero und ging mit entsprechend hohen Erwartungen in die geschlossene Beta. Größtenteils wurden die auch erfüllt, obwohl mich ein paar unliebsame Überraschungen etwas aus der Bahn geworfen haben. Was die Präsentation angeht, hat mich mein Eindruck aber nicht getäuscht: Die Charakter-Designs punkten nach wie vor durch Abwechslung und Einzigartigkeit samt schicken Farben und schmucken Details, und die Story wird neben den etwas statischen Standbildern auch in grandios animierten Zwischensequenzen erzählt. Bei dem Kampfsystem überwiegen die positiven Seiten: Den angenehm unterschiedlichen Kampfstilen der Charaktere, dem gelungen Spielgefühl und den stylischen Effekten stehen lediglich ein Mangel an Komplexität und Herausforderung gegenüber. Etwas überrascht hat mich dann aber doch die reduzierte Anzahl an Auseinandersetzungen und die eingeschränkte Bewegung: Zenless Zone Zero ist ein sehr Text- und Menü-intensives Spiel und ich würde mir für die Vollversion wünschen, dass man in das viele Springen von Fernseher zu Dialog und umgekehrt ein bisschen mehr Action streut. Die grauenhaften Mikrotransaktionen mit Lootboxen und die vielen verwirrenden Währungen waren dagegen bedauerlicherweise keine Überraschung, dürften zumindest meinem persönlichen Spaß aber nicht im Weg stehen: Ich habe zum Release von Genshin Impact gute 35 Stunden in der Open World verbracht, ohne auch nur einen Cent zu investieren.

Fazit von Sören:

Zusammen mit Kollege Jonas hatte ich Zenless Zone Zero erstmals auf der gamescom gespielt und war damals von den temporeichen, mit Effekten nur so überladenen Kämpfen angetan. Die Beta holte mich aber schnell auf den Boden der Tatsachen zurück: Die Kämpfe sind zwar immer noch eine spaßige Angelegenheit, auch wenn sie bislang nur verhältnismäßig wenig Tiefe bieten, aber alles drumherum wirkt gebaut, um möglichst viel Spielzeit zu generieren. Man verbringt viel zu viele Minuten mit eher semi-interessanten Texten, Dialogen und einer Dungeon Crawler-ähnlichen Erfahrung, kombiniert mit häufigen Ladebildschirmen, anstatt die eigentlichen Stärken von ZZZ genießen zu können. Neben den Kämpfen ist das die zuweilen wirklich schicke Optik, die das ungewöhnliche Setting oft glänzen lässt, aber wenn man von Fernseher zu Fernseher springt, bekommt man davon gar nicht so viel mit, was ziemlich schade ist. Ebenso enttäuschend, wenn auch vollkommen erwartbar: Der stets präsente und für mich dann doch auf Dauer zu sehr abschreckende Fanservice- und Anime-Faktor: Bei Nicole muss viel wackeln und weibliche Charaktere im Hausmädchen- und Katzenlook (sprich Ohren und Schwanz) dürfen sowieso nie fehlen. Daran wird sich aber wohl so schnell nichts ändern.