Dungeon Siege - Test, Rollenspiel, PC

Dungeon Siege
29.04.2002, Marcel Kleffmann

Test: Dungeon Siege

1997 brachte die relativ unbekannte Spiele-Schmiede Cavedog mit Total Annihilation eines der besten Echtzeit-Strategiespiele aller Zeiten auf den Markt. Verantwortlich für das absolut tadellose Gameplay war Chris Taylor. Dieser Star unter den Spiele-Designern arbeitet mittlerweile bei Gas Powered Games und hat gerade mit Dungeon Siege (ab 15,00€ bei kaufen) seinen neuesten Streich veröffentlicht.

Das Action-Rollenspiel versetzt Euch in das Königreich von Ehb. In typischer Diablo-Manier entbrennt in diesem einst so schönen Reich ein Krieg von unvorstellbarer Grausamkeit zwischen den Mächten des Guten und des Bösen. Denn die Ork-ähnlichen Krog sind dabei, sich das gesamte Land untertan zu machen. Doch ein ganz normaler Farmer wird den Lauf der Geschichte ändern, sich gegen das Böse auflehnen und wieder für Ruhe und Ordnung im Königreich sorgen. Wie der Zufall es will, übernehmt Ihr diese Rolle und bekommt einige Schritte vorm Feld gleich den ersten Auftrag von einem im Sterben liegenden Wanderer. Während dessen sammeln sich die Krogs, um Euer trautes Heim in Schutt und Asche zu legen...

Kurzgeschichte

Während Ihr Euch aufmacht, die erste Quest zu lösen, erklären Euch einige Tutorial-Texttafeln wie das Spiel funktioniert und kurz darauf dürft Ihr das neu erlangte Wissen einsetzen. Ein paar kurzfristige Probleme bereitet die komplett dreh-, zoom- und neigbare Kamera, doch nach einer kurzen Eingewöhnungszeit löst sich das Ganze in Wohlgefallen auf. Die meisten Spieler suchen sich eine übersichtliche Perspektive aus und fixieren diese Einstellung im Menü. So wechselt das Rollenspiel nur an manchen Stellen die Ansicht, wenn z.B. gerade ein Berg die Sicht auf die Helden verdecken würde.

Einführung

  

Dungeon Siege führt das Hack&Slay-Prinzip zur Perfektion: Im Laufe Eurer aus neun Kapiteln bestehenden Einzelspieler-Kampagne nehmt Ihr Tausenden von Gegnern das virtuelle Leben. Ihr klickt mit der Maustaste einfach auf einen Gegner und prompt läuft der Held schnurstracks dorthin und prügelt auf den Feind ein. Je nach den Charaktereinstellungen ändert sich auch der Kampftyp: Aggressiv eingestellt stürmt der Charakter automatisch von Feind zu Feind, während er passiv nur die Gegner attackiert, die ihn selbst bedrohen. Diese Einstellungen können im Nachhinein auf die gesamte Party übertragen werden.

Spielprinzip

Im Kampf- und Erfahrungssystem setzt sich Dungeon Siege ganz klar von der großen Konkurrenz Diablo ab. Während es bei Blizzards Spiel für jedes Monster eine bestimmte Anzahl an Erfahrungspunkten gibt, kommt es bei der Dungeon-Belagerung auf den Kampfstil an: Erledigt Ihr beispielsweise einen Gegner mit einem Schwert, steigt die Nahkampffähigkeit an. Geschicklichkeit und Intelligenz werden dafür bei Nahkämpfen nicht so stark gefördert. Bögen und Armbrüste hingegen erhöhen logischerweise den Reichweiten-Skill sowie die Geschicklichkeit des Spielers. Bei den Zauberern sieht das Ganze ähnlich aus, nur dass nach jedem erfolgreichen Spruch der Intelligenz-Level steigt und je nach Magietyp wird entweder die Natur- oder Kampfmagiefertigkeit in die Höhe getrieben. Die Entwicklung des Charakters passt sich also Eurem Kampfstil an und Misch-Charaktere wie Naturzauberer mit Nahkampffertigkeiten sind ebenso möglich wie Armbrust-Scharfschützen mit Kampfmagie. Bei Partykämpfen werden die Erfahrungspunkte in der Gruppe aufgeteilt.

Drei Klassen

 

Nahkämpfer müssen in den Schlachten hauptsächlich ein Auge auf die Gesundheit haben, um im Notfall schnell einen Heiltrank zu nehmen. Diese Tränke stellen, je nach Portionsgröße, einen bestimmten Teil der Lebensenergie wieder her. Dabei trinkt der Held nur so viel wie gerade benötigt wird. Die Zauberer müssen neben der Gesundheit noch auf die Mana-Energie achten, die zur Durchführung der Zaubersprüche unabdingbar ist. Um die Party richtig einzusetzen und die Gegner taktisch geschickt anzugreifen ist es häufig sinnvoll, das Spielgeschehen zu pausieren und dann in aller Ruhe die Befehle zu erteilen. Diese Funktion ist nicht nur schön anzusehen, sondern im hektischen Kampf mit den Endgegnern oft lebensrettend.

Stop it!

Im Kampf mit den Monstern wird Euer Inventar auf eine harte Probe gestellt, denn so gut wie nie reicht der Platz aus, um auch nur einen kleinen Teil der erbeuteten Gegenstände mitzunehmen und später in der nächsten Stadt zu verkaufen. Daher solltet Ihr genau auswählen, welcher Gegenstand es wert ist, mitgenommen zu werden. Neben normalen Objekten findet Ihr seltene oder sogar einzigartige Teile in Eurem Feldzug gegen das Böse. Jede Waffe und jeder Zauberspruch hat einen bestimmten Schadenswert und dieser wird in Relation zu den Charaktereigenschaften berechnet. Daher haben Nahkämpfer logischerweise einen deutlich stärkeren Schlag mit einer Axt als ein Magier, der meistens nicht einmal die Axt halten kann.

Sammelleidenschaft

Rüstungen, Helme, Handschuhe und Stiefel liefern den Verteidigungswert des Helden und je stärker die Verteidigung ist, desto länger hält er den gegnerischen Angriffen stand. Schwere Panzer-Rüstungen sind hierbei den kräftigen Nahkämpfern vorbehalten. Maximal vier Ringe und ein Amulett sorgen für zusätzliche Verbesserungen wie einen kleinen Bonus auf die Abwehr oder ein paar Zusatzpunkte auf das Fähigkeitskonto.

Jeder Gegenstand im Spiel ist unzerstörbar und hat häufig spezielle Zusatzwerte, die das Objekt verbessern. Bei Diablo gibt es das gleiche Phänomen, allerdings müssen diese Gegenstände bei Dungeon Siege nicht identifiziert werden, sondern geben Ihr Geheimnis direkt nach dem Aufheben preis.

Neue Zaubersprüche können entweder im Laden gekauft werden oder tauchen hin und wieder als Hinterlassenschaft der Monster auf. Die Sprüche teilen sich in Natur-Magie und Kampfzaubersprüche auf. Naturmagie setzt in erster Linie auf Blitz- und Eisangriffszauber sowie starke Heilsprüche und sogar einige Beschwörungsformeln.

Im Laufe der Einzelspieler-Kampagne gesellen sich immer wieder neue Charaktere zu Eurer Party. Manche schließen sich umsonst an, andere können in Städten rekrutiert werden und kämpfen dann an Eurer Seite. Durch einen Klick auf das Charakterlogo an der linken Bildseite kann zwischen den Protagonisten gewechselt werden. Die Ausstattung der Mitstreiter erfolgt genau wie beim Hauptcharakter und gestaltet sich vor allem im fortlaufenden Spielverlauf als sehr zeitaufwändig, aber äußerst unterhaltsam.

Der Esel und die Party

Bei der Vielzahl der Objekte, die Ihr im Spielverlauf findet, ist das Inventar sehr schnell überfüllt. Abhilfe schafft nur der Esel, den Ihr in fast jeder Stadt kaufen könnt und dermaßen viele Gegenstände mitnehmen kann, wie knapp sechs Teammitglieder. Angreifen, bis auf eine äußerst schwache Beißattacke, kann das Tragetier nicht und hält sich durch die gelungene KI meistens aus den Angriffen raus.

Das Kampfverhalten und die richtige Formation der Party kann ebenso eingestellt werden. Meistens ist es sinnvoll, dass die Nahkämpfer in der ersten Reihe stehen und die Bogenschützen unterstützt von den Magiern von hinten attackieren.

Die gigantische Welt von Ehb ist bis auf wenige Ausnahmen ziemlich linear gehalten - trotzdem ist es nicht nötig alle Quests zu erfüllen. Der schnurgerade Spielverlauf schickt den Spieler automatisch zu den wichtigsten Aufgaben und Schauplätzen. Zu Beginn startet Ihr in einem imposanten Wald, danach geht es in eine Stadt, später durch Minen und dann wieder in einen, diesmal verschneiten Wald. Einige Schritte weiter liegt eine atemberaubende Eis- und Kristallhöhle und das waren erst sechs Stunden aus Dungeon Siege. In den nächsten rund 22 Stunden werdet Ihr dermaßen viele, neue Schauplätze kennen lernen, dass alleine die Reise durch die Welt fesselnd genug ist, um bis zum Ende zu motivieren und das Ganze ohne störende Ladepause im Spiel.

Spielwelt

Grafisch brennt das Rollenspiel von Gas Powered Games ein Feuerwerk sondergleichen ab: Jeder Schauplatz ist ungeheuer detailliert, liebevoll und glaubhaft aufgebaut und gestaltet - besonders die dichten Wälder können auf Anhieb überzeugen. Highlights sind nicht nur die Eishöhle, sondern auch die Droog-Stadt sowie der Räuberwald. Die Zaubersprüche machen generell eine gute Figur und kein Spruch wirkt überdimensioniert oder zu protzig. Die Charaktere und Gegner sind hübsch animiert und sobald Ihr eine Spielfigur mit einem neuen Ausrüstungsgegenstand beglückt, ändert sich spontan das Aussehen der Figur. Wie schon bei Total Annihilation, ist der Soundtrack des Spiels einwandfrei und untermalt das Spielgeschehen prima, vor allem die Musik beim Endkampf ist klasse. Die sonstige Soundkulisse kann komplett überzeugen. Schade nur, dass nicht jeder NPC mit Sprachausgabe ausgestattet ist.

Grafik/ Sound

Die komplette Einzelspieler-Kampagne kann im Mehrspieler-Modus mit maximal sieben weiteren Mitspielern durchgespielt werden. Sollte dieses aber nicht mehr genügend Anreiz bieten, könnt Ihr Euch auf Ultrean Penincula vergnügen. Diese gigantische Mehrspieler-Welt ist wie ein konzentrischer Kreis aufgebaut und je weiter Ihr nach außen vordringt, desto stärker werden die Gegner. Teleporter verbinden dabei die wichtigsten Städte. Hat Euer Charakter dann Level 50 oder höher erreicht, kann das Gesamte noch einmal auf einem höheren Schwierigkeitsgrad durchgespielt werden.

Multiplayer

Pro:

  • riesige Spielwelt


  • süchtig machende Jagd nach Gegenständen


  • actiongeladene Kämpfe


  • zahlreiche Waffen & Zaubersprüche


  • Vielzahl an Gegnern


  • superbe Grafik


  • zahlreiche Details


  • packender Soundtrack


  • taktische Tiefe bei den Kämpfen


  • über 30 Stunden Spielspaß


  • keine Ladeunterberchungen


  • eigene Mehrspieler-Welt


  • gute Übersetzung


  • hervorragendes Balancing


  • Kontra:

  • schwache Story


  • Mechanikwelt wirkt unpassend


  • hohe Hardwareanfoderungen


  • manche NPCs ohne Sprachausgabe


  • mangelnde Motivation nach Abschluss des Einzelspielers


  • Vergleichbar mit:

    Gauntlet, Nox, Diablo

    Fazit

    Dungeon Siege sieht auf Anhieb wie ein Diablo 2-Klon aus, doch schon nach ersten Spielminuten macht sich ein deutlicher Unterschied im Kampf-Gameplay breit: Denn anstatt wilder Klick-auf-den-Gegner-Orgien agieren die Charaktere auf Wunsch nahezu alleine. Da jedoch Massenkämpfe auf dem Spielplan stehen, ist taktisches Vorgehen im Kampf unumgänglich und die Pause-Funktion ebenso unabdingbar. Die extrem dünne Story reicht gerade minimal aus, aber die spannenden Kämpfe und die unglaublich geniale Grafik kann im Zusammenhang mit der gigantischen Welt komplett überzeugen. Auch das intensive Ausrüsten der eigenen Party verschlingt nach längerer Betrachtung rund 15% der Spielzeit und macht mit der Jagd nach neuen Gegenständen ebenso viel Flair vom Spiel aus. Fans von Hack&Slay-Rollenspielen und Action-RPGs wie Diablo 2 können bedenkenlos zugreifen.

    Wertung

    PC

    Trotz automatisierter Kämpfe immer noch einen Abstecher wert!