Simon the Sorcerer 3D - Test, Adventure, PC

Simon the Sorcerer 3D
16.05.2002, Paul Kautz

Test: Simon the Sorcerer 3D

Was lange währt, wird… auch nicht jünger. Mit fast zwei Jahren Verspätung wurde Simon the Sorcerer 3D (ab 24,99€ bei kaufen) nun endlich veröffentlicht. Konnte Entwickler Headfirst den Witz und Spielspaß der Vorgänger in die dritte Dimension retten, oder hat der Zahn der Zeit zuviel des Guten abgenagt? Anhand der englischen Version können wir die gute Nachricht gleich vorneweg schicken: Simon ist immer noch Simon; mit allen Stärken und Schwächen.

Das Böse ist immer und überall: Der üble Magier Sordid ist immer noch da! Wie Kenner des Vorgängers wissen, tauschte er am Ende von Teil 2 den Körper mit Simon, so dass dieser an Sordids Stelle am Pranger stand. Im Intro erfahrt Ihr, wie die Geschichte weitergeht: Sordids dämlicher Helfer Runt hat eine Maschine gebastelt, in 

Schöner wird's nicht: Die Grafik ist nicht gerade Simons Stärke.
der die Seele seines Meisters nun ein kuscheliges Zuhause gefunden hat. Simons übrig gebliebener Körper wird dank Magier Calypso und einiger Helfer wieder mit seiner Seele verschweißt. Allerdings ist die Wiederherstellung noch nicht ganz komplett: Simon muss noch warten, bis ein geweihter Pfirsich genießbar ist, der die Verschmelzung besiegelt. Und an dieser Stelle kommt Ihr ins Spiel.

Die Rückkehr des Zauberlehrlings

Beruhten die Vorgänger noch auf handgepinselten 2D-Umgebungen, rätselt sich der neue Simon dieses Mal durch eine komplett dreidimensionale Welt. Wie schon bei Kollege Guybrush Threepwood in Monkey Island 4, bringt dieser Umstieg sowohl Vor- als auch Nachteile. Der größte Gewinn ist, dass die Puzzles gut an die neue Umgebung angepasst wurden, und dabei bewährt haarsträubend, aber meist logisch bleiben. Weiterhin haben die Personen eine ausdrucksstarke Mimik: Besonders Simon begnügt sich damit, viele Situation mit einem Augenzwinkern oder Wimpernzucken zu kommentieren, was auch beim wiederholten Male witzig aussieht. Leider ist alles andere einfach hässlich, womit wir beim größten Nachteil wären: Die grobklotzigen Figuren wurden aus sehr wenigen Polygonen zusammengesetzt, die Hände beispielsweise bestehen schlicht aus einem Würfel. Die Umgebungen sind sehr detailarm und nur spärlich texturiert - ironischerweise ruckelt das Spiel trotzdem ab und zu selbst auf High-End-Systemen. Berücksichtigt man noch die vielen Grafikfehler, stellt sich die berechtigte Frage, ob der Zugewinn einer Dimension kein reiner Selbstzweck war.

3D - ein Segen?

  

Dumme Sprüche am laufenden Band waren immer ein Highlight der Simon-Serie. Und auch im neuesten Teil kommen besonders Freunde schwarzen Humors voll auf ihre Kosten. Viele Wahlmöglichkeiten innerhalb der Multiple-Choice-Gespräche dienen einzig dazu, Simon entweder zu beleidigen, ihn jemanden beleidigen zu lassen oder einfach nur einen dummen Spruch abzugeben. Ganz besonders die Debatten zwischen ihm und

Simons Sprüche sind teilweise sehr witzig, die Figuren sehr durchgeknallt.
seiner getreuen Glücksfee enden meist in Lachern seitens des Spielers. Darüber hinaus haben sich die Entwickler scheinbar selbst nicht sehr ernst genommen, jedenfalls macht Simon massig Anspielungen - besonders auf sein Erscheinungsbild (das er später übrigens per Magie ein wenig verändern darf). Jede Textzeile wird in klar verständlicher englischer Sprachausgabe vorgetragen, wobei die Sprecher ihr Handwerk verstehen. Falls es jemandem doch zu schnell gehen sollte, lassen sich jederzeit Untertitel einblenden. Leider sorgt ein Bug in der englischen Version ab und zu dafür, dass es den Figuren die Stimme verschlägt - man kann nur hoffen, dass dieser Fehler in der deutschen Variante beseitigt ist.

Die Fee, Dein Freund und Helfer

Musikalisch schlägt das Abenteuer durchweg hörenswerte und atmosphärische Töne an. In bestimmten Situationen wird die Musik mal dramatisch, mal slapstickhaft oder auch rockig. Die Soundeffekte fügen sich unauffällig, aber passend in das harmonische Gesamtbild ein. Die Steuerung erinnert an Guybrushs viertes Abenteuer: Simon gehorcht den Befehlen per Tastatur mehr oder weniger brav, und bleibt gerne an Ecken und Kanten hängen. Neben drei Laufstufen (schleichen, joggen und sprinten) kann er auch in die Knie gehen, um Dinge in Bodennähe zu untersuchen. Falls es mal besonders deutlich werden soll, kann man auch zeitweise in eine Ego-Perspektive umschalten. Die Bedienung bleibt nichtsdestotrotz fummelig. Gerade das Kombinieren von Gegenständen im Inventar ist wenig intuitiv gelöst, genauso wie das langwierige »Durchblättern« von Simons Hab und Gut. Praktischerweise dreht unser Protagonist seinen Kopf automatisch auf interessant wirkende Dinge, die man sonst unter Umständen verpasst hätte. Leider muss er dazu teils sehr nahe an dem Gegenstand postiert sein. Unter Umständen steht Simon direkt vor einer Tür und kommt nicht hindurch, weil die sture Kollisionsabfrage ihren eigenen Kopf hat.

   

Im Laufe seines Abenteuers durchkreuzt Simon viele Schauplätze, unter anderem einen Sumpf, ein Goblin-Camp oder einen riesigen Wald, um schließlich am Ende in einem Computer zu landen. Um übertrieben lange Fußmärsche zu vermeiden, stehen an markanten Punkten Teleporter-Telefone in der Landschaft, die Simon in Windeseile von einem Punkt zum anderen befördern. Nichtsdestotrotz ist man im Laufe des Spiels gezwungen, viele Male zwischen den gleichen Punkten hin- und her zu rennen, was auf Dauer nervt. Dazwischen trifft man allerlei alte Bekannte aus den

Im Laufe des Spiels trefft ihr auf viele alte und neue Figuren.
beiden Vorgängern: Neben Runt, Sordid und Calypso wären da unter anderem die Rollenspiel-Nerds, die militanten Holzwürmer und natürlich der Sumpfling, der mittlerweile einen Öko-Krieg plant. Dazu gesellen sich viele neue und sehr skurrile Gestalten - beispielsweise ein Pizza-Mann, der weltweite Lieferung in weniger als einer Minute verspricht. Oder ein Bauer, der zu Kühen spricht. Nicht zu vergessen die schweigsame Barbarin, die Simon nicht nur das Leben rettet, sondern auch das erklärte Ziel seiner Libido darstellt - natürlich vergeblich.

Wiedersehen macht Freude

Die meisten Figuren können angesprochen werden, woraufhin sich ein mehr oder weniger hilfreicher Dialog entwickelt, in dem sich aber immer wieder Hinweise zur Lösung der teils harten Kopfnüsse finden. Ein Beispiel? Nur damit sich Simon schlafen legen kann benötigt er einen Zwergenhammer, mit dem sich ein Wagenheber besorgen lässt, der wiederum dafür sorgt, dass ein Schnarcher Ruhe gibt. Ferner dient ein Käse als Türstopper, ein Staubsauger als Enthaarungshelfer und ein Yo-Yo als Allzweckwaffe, wenn es Dinge zu stehlen gilt - noch Fragen? Hat man einmal die Lösung durch Nachdenken oder wildes Kombinieren von Gegenständen im Inventar schließlich gefunden, scheint sie zumeist ganz plausibel zu sein. Nichtsdestotrotz hat man die meiste Zeit keine andere Wahl, als um mindestens drei Ecken zu denken.

Harte Kopfnüsse

Zur Ablenkung gibt es immer wieder auch mal Action-Einlagen, die allerdings nicht purer Selbstzweck, sondern fürs Vorankommen unabdingbar sind: Gefangene Schmetterlinge bringen Geld, aufgesammelte Süßigkeiten lassen ein Hexenhaus erscheinen und wer beim Dart mal stark danebenschießt, heimst einen Pfeil ein. Da man uneingeschränkt speichern darf, und die Ladezeiten nicht allzu lang sind, verlieren diese Einlagen schnell ihren Schrecken. Praktischerweise gibt es im Spiel auch automatische Speicherpunkte, die immer vor besonders schwierigen oder gefährlichen Stellen postiert sind. Sterben kann Simon dadurch netterweise nicht, da er stets wieder am letzten Speicherpunkt materialisiert.

   

Fazit

Wer nicht von der schlechten Grafik abgeschreckt wird, bekommt mit Simon the Sorcerer 3D endlich wieder ein handfestes und sehr spaßiges Adventure. Dank der verrückten, aber meist doch mit etwas Gehirnschmalz lösbaren Puzzles, sitzt man sehr lange an dem Spiel, ohne sich zu langweilen. Exzellente Dialoge, skurrile Gestalten, abgefahrene Schauplätze und vor allem Simons trockener Humor schaffen es immer wieder, dem Spieler ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Wenn es Euch nichts ausmacht, ein gutes Abenteuer mit Ecken und Kanten zu bekommen, dem man deutlich ansieht, dass es schon lange auf Eis lag, dann seid Ihr bei Simon 3D goldrichtig.

Pro

  • witzige Dialoge
  • sehr gute Sprachausgabe
  • knifflige Rätsel
  • atmosphärischer Soundtrack
  • sehr umfangreich

Kontra

  • hässliche Grafik
  • gewöhnungsbedürftige Steuerung
  • teils konfuse Rätsel
  • viel unnötiges Gerenne
  • viele Bugs

Wertung

PC

Witziges, aber hoffnungslos veraltetes 3D-Adventure.