Stitch: Experiment 626 - Test, Plattformer, PlayStation2

Stitch: Experiment 626
29.07.2002, Mathias Oertel

Test: Stitch: Experiment 626

Kaum ein Disney-Film bleibt ohne entsprechende Versoftung - so auch der momentan in den Lichtspielhäusern zu sehende Lilo & Stitch-Film. Ob die spielerische Vorgeschichte zum Film Stitch: Experiment 626 (ab 23,48€ bei kaufen) nur vom Ruhm des Kino-Vorbildes zehren will und ob Fans des kleinen blauen Ungetüms wirklich dieses Spiel brauchen, werden wir im Test klären.

Ihr folgt den Erlebnissen von Experiment 626, später bekannt als Stitch, der während eines Testlaufes auf Herz und Nieren geprüft werden soll. Neben seiner Vorliebe, alles in die Luft zu sprengen, was sich ihm in den Weg stellt, muss er noch für seinen Schöpfer, den wahnsinnigen Wissenschaftler Jamba die in den zahlreichen Abschnitten verborgenen DNA-Muster sammeln, damit sein Herr und Meister neue, noch bessere Kampfmaschinen herstellen kann.

Vor dem Film kommt das Spiel

Da die Geschichte von Stitch: Experiment 626 zeitlich vor dem Film angesiedelt ist, können auch Disney-Fans zum Pad greifen, die -aus welchen Gründen auch immer- den Zelluloid-Streifen nicht gesehen haben.

Zwar gibt es hier und da ein paar Feinde, die nichts Besseres zu tun haben, als sich Stitch in den Weg zu stellen, doch in etwa 80 Prozent der Fälle, in denen man die Waffe benutzt, feuert man auf unbewegliche Ziele, die nur selten mal einen Gegenstand oder einen DNA-Strang beinhalten.

Jump&Run oder Shooter?

So macht sich der kleine zerstörungswütige Stitch also durch die teilweise extrem großzügig angelegten Abschnitte auf, um für Jamba die nötige DNA zu finden - womit wir auch schon mitten im Spiel wären.

Der Jump&Run-Aspekt, den viele bei einem Spiel zu einem Disney-Film erwarten, ist zwar vorhanden, wird aber schnell von der destruktiven Kraft auf Seiten von Stitch in den Hintergrund gerückt.

Denn Stitch ist mit einem Laser ausgerüstet, den er zudem noch in vier Stufen aufrüsten kann, was wiederum eine höhere Feuerfrequenz und erhöhte Durchschlagskraft bedeutet.

Aber wer erwartet, dass Stitch auf seinen Reisen von Horden wild gewordener Gegner angegriffen wird, um sein Vorankommen zu stören, sieht sich getäuscht.

Bleibt noch der Jump&Run-Anteil: Der fällt zwar im Vergleich zur auf Dauer höchst eintönigen Action weitestgehend in den Hintergrund, fordert aber in entscheidenden Momenten um so mehr - und dass nicht, weil Stitch mit seinen Krallen-bewehrten Extremitäten in der Lage ist, Wände hochzuklettern, sondern weil die Kameraführung mit phänomenalen Problemen behaftet ist - doch dazu gleich mehr.

Dass die Sprungeinlagen für fordernde und vor allem frustrierende Minuten sorgen, liegt auch nicht am Leveldesign. Das wurde zwar recht großräumig angelegt und wer sich die Mühe macht, sich ein wenig umzuschauen, wird auch zahlreiche versteckte und schwer zugängliche Ecken entdecken, doch Steuerung im Zusammenspiel mit Kollisionsabfrage und der Kameraperspektive machen Sprungpassagen zu einem Glücksspiel.

Technische Defizite

Was besonders dann für Freude sorgt, wann man gerade von einer Wand zu einer Säule springen will, die Säule aber nur auf gut Glück erreichen kann, weil man selbst mit einer manuellen Justierung der Perspektive das Ziel der Begierde auf Teufel komm raus nicht ins Blickfeld kriegt - nein Danke!

Was eher früher als später zur Folge hat, dass man das Pad entnervt in die Ecke wirft.

Ein Beispiel: Es gibt -wie es sich für ein Jump&Run ziemt- immer wieder Plattformen, die Euch einen gigantischen Sprung ausführen lassen. Aber wieso in aller Welt zeigt Euch die Kamera alles Mögliche außer der möglichen Landeposition?

Noch schlimmer sind allerdings die Momente, in denen man an einer Wand entlang krabbelt: Hier verliert man permanent die Orientierung, da die Kamera sich nicht entscheiden kann, wie sie sich nun positionieren soll.

Dass die Kollisionsabfrage zudem noch äußerst ungenau, dafür aber extrem penibel arbeitet, wenn es um entscheidende Millimeter geht, setzt dem ganzen die Krone auf.

Nein - stimmt nicht ganz. Die goldene Zitrone geht eindeutig an die übersensible Steuerung, die ein exaktes Manövrieren der Spielfigur nahezu unmöglich macht!

Für ein Spiel, bei dem die Zerstörung von Gegenständen dermaßen in den Mittelpunkt gerückt wird, bleiben die Exlosionen und alle damit zusammenhängenden Spezialeffekte erstaunlich blass: das vollkommene Fehlen jeglicher Lichteffekte machen selbst die Detonation von Gegenständen zu einer erstaunlich sterilen Angelegenheit, die nicht einmal von den zahlreichen Partikeleffekten mit Leben erfüllt wird.

Grafisches Einerlei

Auch die eigentlich ganz nett anzuschauende Umgebung mit ihren Comicstil-angehauchten Texturen macht auf Dauer nicht viel her. Da auch hier jegliche Illumination fehlt und sich zudem die Texturen sehr schnell wiederholen, hat man wenig Gründe, einfach mal stehenzubleiben und sich an der Umgebung zu laben.

Bleiben noch die Charaktere. Zwar anständig animiert und offensichtlich auch aus Polygonen bestehend, lässt das Fehlen von Illumination auf den verwendeten Texturen das Gefühl aufkommen, dass man hier ein zweidimensionales Sprite durch die Gegend manövriert.

Unter dem Strich also eine Grafik, die auf der PSone sicherlich für ein kleines Staunen hier und da hätte sorgen können, aber auf der PS2 etwa so fehl am Platz ist wie Hackfleisch in einem Veggie-Burger.

Und das lässt nur zwei Vermutungen zu: A) Die Entwickler hatten keine Lust, mehr Arbeit zu investieren oder B) das Spiel musste einfach zum Spielstart fertig werden.

In jedem Fall wird hier ein grafisch unfertiges Produkt präsentiert.

Wenigstens hat man sich bei den seltenen Rendersequenzen Mühe gegeben, auch wenn nie das Niveau von Referenzprodukten erreicht wird.

Aliens auf Deutsch

Dank einer in Ordnung gehenden Komplett-Lokalisation kann man den wenig motivierenden und sich permanent wiederholenden Sprachsamples, die Stitch und Jamba von sich geben, auch auf Deutsch folgen - immerhin etwas.

Denn der Rest der akustischen Untermalung ist nur unwesentlich ansprechender als Grafik und Gameplay: Die Soundeffekte sind zwar sauber aber unglaublich eintönig und die Musik sorgt nur in seltenen Ausnahmefällen für Stimmung.

Fazit

Selbst eingefleischte Disney-Fans sollten einen weiten Bogen um Stitch: Experiment 626 machen. Die Jump&Run-Sequenzen dieses "Jump-Shooters" sind dank schlechter Kollisionsabfrage in Verbindung mit unglaublich unfähiger Kamerapositionierung und einer übersensiblen Steuerung nicht der Rede wert, während die Zerstörungssequenzen einfach nicht spektakulär genug sind, um langfristig bei der Stange zu halten.
Da sich die Abenteuer von Stitch zudem noch als grafisch unglaublich langweilig präsentieren und mit dem Fehlen jeglicher Details glänzen, sollten die Programmierer mit dem Spielen von Ms.Pac-Man nicht unter zehn Jahren bestraft werden.
Spart den Einkaufspreis lieber für ein paar ordentliche Disney-Filme auf DVD - ist wesentlich sinnvoller.

Pro

  • <li>auch für Spieler, die den Film nicht kennen</li><li>komplett lokalisiert</li><li>große Levels</li><li>nette Rendersequenzen</li>

Kontra

  • <li>übersensible Steuerung</li><li>katastrophale Kameraführung</li><li>mangelhafte Kollisionsabfrage</li><li>platte, eintönige Grafik</li><li>wenig motivierender Sound</li><li>monotones Gameplay</li>

Wertung

PlayStation2