Slam Tennis - Test, Sport, XBox, PlayStation2

Slam Tennis
06.08.2002, Mathias Oertel

Test: Slam Tennis

Tennis-Spiele gibt es ja mittlerweile eine ganz beachtliche Anzahl auf der PS2, doch ein ernsthafter Konkurrent für Segas Virtua Tennis-Serie hat sich dabei noch nicht blicken lassen. Das soll sich mit Slam Tennis (ab 17,89€ bei kaufen) von Infogrames ändern. Gespannt, ob eine Filzballhatz endlich das gute alte Virtua Tennis vom Thron stoßen kann, haben wir unser Test-Racket gespannt und eine scheinbar endlose Serie von Bällen über das Netz gejagt.

Obwohl es auch einen Arcade- und einen Schaukampf-Modus gibt, liegt der Schwerpunkt und auch die Langzeitmotivation deutlich im so genannten Championship-Modus: Hier steht Euch auf vier verschiedenen Pfaden anfänglich nur ein Spieler zur Verfügung, um die insgesamt 15 Aufgaben zu lösen. Diese sind baumartig angeordnet und geben dementsprechend die neuen Aufgaben erst frei, wenn andere Anforderungen erledigt wurden.

Der harte Weg zum Champion

Im "Sand, Sea & Serve" müsst Ihr z.B. eine Reihe von Bällen mit Eurem Aufschlag zerstören. Bei "Crazy Collapsing Columns" wird hingegen Euer ganzes Schlagrepertoire gefordert, wenn Ihr alle auf dem Court befindlichen Säulen zum Einsturz bringen wollt. Auch bei der "Bubble Bursting Bonanza" und dem "Rocking Ring Riot" geht es um Zielgenauigkeit, denn hier müssen Seifenblasen respektive Ringe in einer bestimmten Farbe getroffen werden - natürlich immer im Rennen gegen die gnadenlos tickende Zeit.

Neben normalen Matches gegen CPU-gesteuerte Gegner, die Ihr nach einem Sieg auch anwählen könnt, warten aber auch noch einige andere Herausforderungen auf Euch, die Ihr im Übrigen auch im Hauptmenü separat anwählen könnt, um diese zu trainieren.

Neben einer Auflockerung des "normalen" Tenniszirkus solltet Ihr diese speziellen Challenges als Training sehen, das Euch auf das weitere Spiel vorbereitet.

Doch so nett diese Spielchen anfangs auch sein mögen und so interessant sie den Ablauf der Championship-Pfade auch gestalten, das Wesentliche findet natürlich im Kampf gegen die insgesamt 16 Tennis-Stars statt. Neben unbekannten Tennis-Sternchen finden sich darunter auch namhafte Profis wie Carlos Moya oder Tim Henman, die natürlich alle über unterschiedliche Eigenschaften verfügen.

Zahlenspielchen

Auch an Spielplätzen wird nicht gegeizt: elf Arenen stehen zur Verfügung, so zum Beispiel in Rom, London oder Rio, die alle einen unterschiedlichen Bodenbelag haben. Doch auch außergewöhnliche Spielorte warten im Laufe des Spieles auf Euch, wie zum Beispiel ein Strandplatz, auf dem Ihr auf Sand spielt.

Spielerisch ähnelt Slam Tennis dem Genre-König Virtua Tennis, geht aber in Sachen Schlagauswahl und Technik einen Schritt weiter. So findet Ihr neben normalen Schlägen und Lobs auch Tasten, um die Bälle unterschnitten bzw. mit Top-Spin zum Gegner zurück zu bringen. Zusätzlich könnt Ihr den Ball auch noch mit den Schultertasten anschneiden, um ihm den letzten Feinschliff zu geben und den Gegner in Bedrängnis zu bringen.

Abwechslung ist Trumpf

Was sich anfangs als ziemlich kompliziert erweist (wenn man nur die Virtua Tennis-Spiele gewöhnt ist), wird nach kurzer Zeit zu einem taktischen Spielvergnügen, das nur daran krankt, dass man seinen Spieler wirklich haargenau zum Ball positionieren muss.

Ansonsten verpufft der sorgsam geplante Schlag zu einer Vorlage für den Gegner, die einen sofort in die Verteidigungsposition bringt. Doch selbst wenn man dieses Problem dank der im Großen und Ganzen gut reagierenden Steuerung weitestgehend in den Griff bekommt, wird man das Gefühl nicht los, dass einem das letzte Quäntchen Kontrolle fehlt. Vor allem in den späteren Matches der Championship-Serie passieren häufiger Fehler als einem lieb ist, die der stark agierende Gegner auch sofort ausnutzt.

Weiterhin neu und interessant ist die Möglichkeit, einen verheerenden Spezial-Schlag auszuführen. Mit jedem Schlag steigt die dafür vorgesehene Anzeige - je riskanter der Schlag, desto größer der Zuwachs in der Spezialleiste. Ist die Anzeige schließlich zum Bersten voll, könnt Ihr per Doppelklick den Schlag vom Stapel lassen. Aber Vorsicht: Solltet Ihr einen Ballwechsel verlieren, wird die Leiste wieder auf Null zurückgesetzt.

Weitaus weniger gravierender sind die kleinen Steuerungs-technischen Unzulänglichkeiten im Multiplayer-Modus, der mit bis zu vier Spielern immer wieder zu heißen Duellen auffordert. Hier fällt positiv auf, dass man zum einen komplette Turniere spielen kann, zum anderen auch nicht auf nur einen Satz festgelegt ist wie bei Segas Tennis-König. Bis zu drei Gewinnsätze lassen sich einstellen, wobei auch die Anzahl der benötigten Spiele, Tie-Break-Punkte usw. frei konfigurierbar sind, so dass jeder auf seinen Geschmack kommen dürfte.

Positives gibt es auch von der Ballphysik-Front zu vermelden: Der Ball springt je nach gewähltem Schlag und Anschnitt genau so auf, wie man es erwarten würde und lässt sich dadurch wunderbar berechnen.

Multiplayer-Fun?

Voller Entsetzen haben wir beim ersten Auftritt auf dem Platz auch das Schlimmste erwartet: Tennis in Cel-Shading. Aber glücklicherweise haben sich die Entwickler dazu durchgerungen, auf dem Spielfeld Realismus aufkommen zu lassen. Dies merkt man vor allem bei den durchweg gelungenen Animationen der Athleten, die im Übrigen über ein breit gefächertes Bewegungsrepertoire verfügen und das Zusehen zu einer wahren Freude machen.

Tennis mit Comic-Touch

In Sachen Präsentation hat man sich deutlich beim immer mehr in Mode kommenden Comic-Stil bedient und bietet übersichtliche Menüs, die einem die Navigation leicht machen.

Weniger Freude gibt es bei den Spielermodellen, die zwar passabel gestaltet sind, doch teilweise mit bemitleidenswerten Texturen versehen wurden. Vor allem die Bekleidung der weiblichen Spieler ist ein Schlag ins Gesicht jeder Tennis-Haute Couture: Platte Kleidchen mit einer jeder Beschreibung spottenden Farbauswahl tun den Augen weh.

Auch sonst stimmt die Präsentation auf dem Platz: Die Spieler hinterlassen auf den Untergründen ihre Spuren und der Ball hinterlässt auf Sand eine richtig schöne Staubwolke. Abseits des Spielfeldes hat man jedoch nicht diese Sorgfalt walten lassen, denn die Linienrichter bewegen sich sehr steif und bestehen bei näherem Hinsehen aus deutlich weniger Polygonen als die Spieler. Auch laufende Balljungen -so zum Beispiel wenn der Ball ins Netzt geht- sucht man vergeblich. Hier hätte man das Stimmungsbild ruhig noch deutlicher zeichnen können.

Auch das Drumherum ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Vor allem die Sandplätze mit ihrem grellen Rot sorgen für Augenschmerzen und lassen den Ball nur zu gerne verschwinden, wodurch sich manche Matches zu einem kleinen Glücksspiel entwickeln.

Auch die Zuschauer, die wie bei allen Sportspielen aus mäßig animierten Papp-Sprites bestehen, sorgen nicht für all zu viel Freude, geraten aber Gott sei Dank nur in den Wiederholungen ins Blickfeld.

Die Zeitlupen-Wiederholungen sind jedoch sehr gut gelungen und vermitteln TV-Atmosphäre. Bei kritischen Ballwechseln wird sogar zusätzlich noch ein Extra-Bild geöffnet, das genau darüber Aufschluss gibt, ob der Ball nun im Aus war oder nicht.

Die Zuschauer gehen jederzeit mit dem Geschehen mit und bejubeln ausgezeichnete Ballwechsel mit frenetischem und kaum enden wollendem Jubel, während Standard-Ballwechsel kaum Beachtung finden. Die Schiedsrichter sorgen mit ihren nüchternen Ergebnis-Ansagen allerdings für wenig Stimmung, die dafür von den sehr hingebungsvoll agierenden Linienrichtern mit ihren teilweise kaum verständlichen "Out"-Schreien zur Genüge geliefert wird. Bleiben noch die Ballgeräusche, die gut umgesetzt aus den Lautsprechern schallen.

"Deuce"

Während die Musik nur als schmückendes Beiwerk zu betrachten ist und dabei ihren Job zur vollsten Zufriedenheit erledigt, gilt unser Augenmerk vor allem den Zuschauern, den Ballgeräuschen und der Sprachausgabe von Schieds- und Linienrichtern.

Fazit

Während spielerisch fast die Klasse von Segas Virtua Tennis-Serie erreicht wird, sorgt vor allem die Grafik mit ihrer exorbitant schlechten Farbwahl und den ungenügenden Texturen für Stirnrunzeln. Doch da hierzulande der Release von Sega Sports Tennis immer noch in weiter Ferne ist, können Tennis-Fans unbesehen zugreifen. Der Singleplayer-Modus fordert immer wieder zu einem Spielchen heraus und wer gelegentlich Freunde zu Besuch hat, kann problemlos ein Spiel aufsetzen, das allen Geschmäckern gerecht wird. Da auch Ballphysik und Schlagvariationen besser sind als bei jedem momentan erhältlichen PS2-Tennis-Spiel, kann sich Slam Tennis trotz grafischer Unstimmigkeiten vollkommen verdient den Siegerpokal in den Trophäenschrank stellen. Und ob Segas PS2-Tennis schließlich diesen Pokal für sich beanspruchen kann, bleibt abzuwarten, denn Slam Tennis hat die Messlatte auf der PS2 deutlich nach oben gesetzt.

Pro

  • <li>motivierender Championship-Modus</li><li>interessante Mini-Games</li><li>16 Tennis-Spieler</li><li>elf Plätze</li><li>gute Sounduntermalung</li><li>sehr gute Ballphysik</li><li>exzellenter Multiplayer-Spaß</li><li>zahlreiche Schlagmöglichkeiten</li>

Kontra

  • <li>augenfeindliche Farbwahl</li><li>mäßige Spieler-Texturen</li><li>teilweise sehr schwer</li>

Wertung

PlayStation2

Game, Set and Match!