Mike Tyson Heavyweight Boxing - Test, Sport, PlayStation2, XBox

Mike Tyson Heavyweight Boxing
09.08.2002, Mathias Oertel

Test: Mike Tyson Heavyweight Boxing

Nachdem selbst EAs Knockout Kings-Serie -immer noch an der Spitze stehend- langsam aber stetig Richtung Arcade tendiert, scheint die Box-Simulation ausgestorben zu sein. Von Codemasters ist jetzt jedoch ein neuer Anwärter auf den Titel aufgetaucht, der sich schnellem Gameplay verschrieben hat und zudem noch mit Mike Tyson im Titel für Furore sorgen möchte. Wir überprüfen in unserem Test, ob Mike Tyson Heavyweight Boxing (ab 38,36€ bei kaufen) mehr Power hat als der in letzter Zeit deutlich schwächelnde Iron Mike.

Auch wenn man von einem Boxspiel nicht gerade übermäßigen spielerischen Tiefgang erwartet, hätte die Auswahl an Spielmodi durchaus üppiger ausfallen können: Außer einem Schaukampf und dem obligaten Weg zum Titel wartet als außergewöhnlichster Spielmodus nur das Geschwindigkeitsboxen auf Euch. Hier müsst Ihr einen Gegner nach dem anderen so schnell wie möglich ins Reich der Träume schicken.

Spartanische Modi-Auswahl

Zwar gibt es auch einen sehr ausufernden Editor, der Euch das Erstellen eigener Boxer so einfach und umfangreich macht wie in keinem vergleichbaren Spiel, doch ein Training sucht man vergeblich. Die einzige Möglichkeit, die Fähigkeiten des selbst erstellten Fighters zu verbessern, ist das Hinzukaufen von Eigenschaften. Das Geld muss natürlich in den Kämpfen erst einmal schwer verdient werden.

Angesichts der überladenen Steuerung, deren Feinheiten erst nach einiger Spielzeit auffallen, wäre ein Training jedoch äußerst sinnvoll gewesen. Doch so sehr die Möglichkeiten zum Blocken, Kombos schlagen usw. auch vorhanden sind - man greift normalerweise nicht darauf zurück, sondern prügelt einfach auf sämtliche Buttons ein, die das Pad zu bieten hat; in der Hoffnung, dass die Schläge durchgehen und gehörigen Schaden anrichten.

Dieses Zufallsprinzip zieht sich jedoch durch alle Kämpfe, deren Schwierigkeitsgrad schnell und vor allem radikal ansteigt, wodurch erste Erfolgserlebnisse schnell relativiert und in herbe Frustmomente umgewandelt werden. Denn auch Continues in den Titelkämpfen müssen erst einmal mühsam gewonnen werden - verliert Ihr auch nur einmal, heißt es Game Over und Ihr könnt wieder von vorne beginnen.

Dabei haben sich die Entwickler wirklich bemüht, dem Standard vorhandener Boxspiele gerecht zu werden und neue Arcade-Elemente einfließen zu lassen. Bekannt sind zum Beispiel die beiden Energieleisten, die Eure Fitness und Power repräsentieren. Sinkt die Fitness-Leiste auf Null, geht Ihr zu Boden und müsst per "Knopf-Gehämmere" wieder aufstehen.

Vergebene Liebesmüh

Die Power-Leiste gibt quasi den Gradmesser für die Stärke des Treffers wieder, insofern er durch die Deckung gehen sollte. Doch die Power verpufft schneller als man schauen kann und baut sich nur quälend langsam wieder auf. Und komischerweise verbraucht Euer CPU-Kontrahent erstaunlich wenig und kann unter Umständen selbst klare Wirkungstreffer wegstecken, als würdet Ihr mit einem nassen Taschentuch nach ihm schlagen.

Aber als ob das nicht schon schwer genug wäre, wird durch willkürliche Wechsel des geforderten Buttons unnötiger Stress heraufbeschworen, der nur unnötig vom eigentlichen Ziel ablenkt.

Gut gelungen ist wiederum das Blocken, das über den rechten Stick erfolgt - zumindest im Ansatz. Denn während Ihr mit einer Schlagkanonade beschäftigt seid, habt Ihr kaum Zeit, auf den Stick zu wechseln, um Eurerseits die Angriffe Eures Gegners abzuwehren.

Auch das auf Knopfdruck abrufbare Kombo-System erweist sich zunehmend als überflüssig. Denn wenn Euer erster Schlag nicht trifft, gilt die Kombo bereits als beendet - hmm.

Eventuell hätte es geholfen, die gesamte Spielgeschwindigkeit zu reduzieren. Denn Arcade-Boxen hin oder her - den Begriff "schnell wie der Blitz" hätte man nun wirklich nicht so wörtlich nehmen sollen. Bevor Ihr wisst, was passiert, deckt Euch der Gegner mit Schlägen ein, als ob diese Box-Rasanz das Selbstverständlichste von der Welt wäre. Aber obwohl das Pad sehr gut auf Eure Eingaben reagiert, hat man Schwierigkeiten mit der geforderten Geschwindigkeit mitzuhalten. Was wiederum sehr stark an der Lust nagt, weiter spielen zu wollen. Schade eigentlich, denn ansonsten hätte sich Mike Tysons Ausflug in den virtuellen Ring durchaus als Alternative zu üblichen Beat´em Ups etablieren können.

Bleib doch mal stehen

Zu zweit fallen diese Mankos entsprechend weniger ins Gewicht, da beide Spieler mit den Problemen zu kämpfen haben. Aber da die Kollisionsabfrage auch nicht immer das Gelbe vom Ei ist, werden wohl des Öfteren Diskussionen aufkeimen, ob dieser Schlag nun wirklich daneben ging, geblockt oder schlicht und einfach nicht gezählt wurde.

Vor allem angesichts der guten Grafik bedauert man es um so mehr, dass das Gameplay dermaßen verhunzt wurde. Die Boxer sind detailliert gestaltet und bewegen sich im Ring sehr geschmeidig. Allerdings wird man das Gefühl nicht los, dass bei den schnellen Schlagfolgen die eine oder andere Animationsphase ausgelassen wurde. Dafür kann jedoch MTHB mit dem PAIN-System (Polymorphic & Interpolative Node-Mapping) hervorragende und überzeugende Gesichtsblessuren darstellen.

Nett anzuschauen

Auch die 20 Arenen in aller Welt sind gut gestaltet und erzeugen die notwendige Atmosphäre - inklusive sexy Nummerngirls, Ansager und Ringrichter. Dass die Zuschauer allerdings nicht so häufig gezeigt werden, ist nicht unbedingt als Nachteil anzusehen. Zwar bestehen die Schaulustigen aus Polygonen und heben sich dadurch deutlich vom Pappkameraden-Standard ab, sind dafür aber aus wenigen Polygonen zusammengesetzt und somit recht detailarm.

Auch in Sachen Sound liefert das Boxspiel einen grundsoliden Job ab. Das Aufeinandertreffen von Leder auf Hautpartien ist genau so überzeugend -wenn auch nicht herausragend- wie die gute (englische) Sprachausgabe. Da die Musikuntermalung gleichsam für Stimmung sorgt und nie nervt, kommt man wenigstens nicht in Gefahr, den Griff zum Lautstärkeregler durchzuführen.

Leder auf Haut

Fazit

Mike Tyson Heavyweight Boxing hätte ein richtig nettes Spiel für die gepflegte Prügelei zwischendurch werden können. Hätte, wenn man das Gameplay ein wenig verlangsamt und dazu noch mehr Taktik ins Spiel gebracht hätte. So verkommt das Geschehen im Ring zu einer endlosen Knopf-Klopferei, die nur noch marginal etwas mit Boxen zu tun hat. Selbst von einem Arcade-Boxen wäre mehr Tiefgang zu erwarten gewesen. Wenigstens Grafik und Sounduntermalung liefern den Beweis dafür ab, dass die Entwickler etwas von ihrem Handwerk verstehen. Jetzt muss man ihnen nur noch nahe bringen, dass Spieler mehr wollen als Standard-Spielmodi und Features, die man nur in den seltensten Fällen anwenden kann.
Das Spiel zu Iron Mike geht aber letzten Endes genau so zu Boden wie Tyson selbst unter den Fäusten von Lennox Lewis.

Pro

  • <li>16 Boxer</li><li>20 Arenen</li><li>sehr guter Editor</li><li>zu zweit ganz nett</li><li>zahlreiche Kombos möglich</li><li>passable Grafik</li><li>Polygon-Zuschauer</li><li>passende Sounduntermalung</li>

Kontra

  • <li>Continues müssen freigespielt werden</li><li>unfaire KI</li><li>letzten Endes nur Button-Gehämmere</li><li>viele verschenkte gute Ideen</li><li>Spielgeschwindigkeit zu hoch</li><li>Animationsphasen fehlen</li><li>mangelhafte Kollisionsabfrage</li>

Wertung

PlayStation2