Aggressive Inline - Test, Sport, GameCube, PlayStation2, XBox

Aggressive Inline
20.09.2002, Mathias Oertel

Test: Aggressive Inline

Nach jahrelanger Dominanz wurde die Tony Hawk´s Pro Skater-Serie vor etwas mehr als einem Monat auf der PS2 von Aggressive Inline (ab 13,93€ bei kaufen) auf die Plätze verwiesen. Gute Voraussetzungen also für die GameCube-Fassung des Sportspiels, das sich vollkommen verdient unseren Award sichern konnte. Doch reicht der gute Ruf des Bruders, um auch auf Nintendos Würfel Erfolg zu haben? Wir haben uns eingehend mit der GameCube-Fassung von Aggressive Inline beschäftigt und verraten Euch in unserem Test, ob die Erfolgsserie auch auf dem Cube anhält.

Beginnen wir mit den Einzelspieler-Modi: Neben der Karriere, welche die Hauptspielzeit ausmachen dürfte, warten "Free-Skate" zum Erkunden der riesigen Areale und ein Zeitrennen auf Euch, in dem Ihr in zwei Minuten so viele Punkte wie möglich einheimsen müsst - so weit nichts Neues.

Alles drin

Die Entwickler von Z-Axis haben mit der Dave Mirra Freestlye BMX-Serie bereits zahlreiche gute Erfahrungen machen können, was man dem Spiel auch positiv anmerkt.

Zwar werden Genre-Fans zahlreiche bekannte Elemente entdecken, jedoch auch mit einigen kleinen Überraschungen versorgt.

Stattdessen gibt es eine "Juice"-Anzeige, die bei Null-Linie ein Level-Ende bedeutet. Doch mit jedem Trick und jeder Kombo, die Ihr erfolgreich beendet, steigt die Anzeige wieder und sorgt so für ein nicht enden wollendes Vergnügen, in dem man auch genügend Zeit hat, sich um die zahlreichen Aufgaben zu kümmern.Aufgabenflut

Auch die Karriere bietet auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches: In jedem der sieben Abschnitte, von denen jedoch nur einer anfänglich verfügbar ist, müssen Aufgaben erfüllt und Gegenstände eingesammelt werden.

Doch dies ist schon die einzige Gemeinsamkeit mit Tony Hawk und Kollegen. Denn im Gegensatz zu den Titeln von Activison hängt Euch kein knappes Zeitlimit im Nacken.

Dies kann durch mehrere Umstände passieren: So zum Beispiel entweder durch die Lösung einer anderen Aufgabe, durch Ansprechen von markierten Passanten, die Euch einen neuen Auftrag geben oder gar durch puren Zufall, wenn Ihr gerade eine bemerkenswerte Kombo auf bestimmten Geländeteilen durchgeführt habt.

Womit wir schon beim nächsten Unterschied wären. Nur eine Handvoll an Aufgaben ist zum Start eines Levels bekannt, die anderen müssen erst freigeschaltet werden.

Insgesamt gibt es bis zu 60 abwechslungsreiche Aufgaben pro Abschnitt zu bewältigen, von denen jedoch nur ein Bruchteil nötig ist, um einen neuen Level freizuschalten. Aber trotzdem lohnt es sich, immer wieder in die Levels zurückzukehren, denn nach und nach kann man neue Skater, neue Teile für den Editor und neue Ladebildschirme öffnen.

Dabei sind die die Abschnitte auch weitaus interaktiver, als man es von vergleichbaren Produkten gewöhnt ist. So könnt Ihr zum Beispiel im zweiten Level durch den Grind auf Kugelseilen die Kugel zum Absturz bringen, die daraufhin eine Schneise der Zerstörung durch das Level walzt und damit auch neue Abschnitte öffnet.

Zusätzlich gibt es in jedem Level noch "Juice"-Kanister, die Eure Saftanzeige auffüllen, Schlüssel, die neue Ebenen in anderen Abschnitten öffnen und zahlreiche andere Secrets, für die es sich immer wieder zurückzukehren lohnt.

Bei der Weiterentwicklung der Charakter-Statistiken geht man ebenfalls neue Wege: Anstatt sich auf irgendwelche Items zu verlassen, welche die Werte erhöhen, heißt es hier "Learning-by-Doing". Mit jedem Trick und mit jeder Kombo erhaltet Ihr für die zahlreichen Fähigkeiten wie Grind, Jump, Spin usw. Erfahrungspunkte, die entsprechend angesammelt, den Statistikwert erhöhen, was sich im Spiel als äußerst motivierend erweist.

Fahren und lernen

Wie schon mit dem fehlenden Zeitlimit trägt auch die überaus angenehme und gut reagierende Steuerung zu einem stressfreien Spielvergnügen bei: Dank einfacher und intuitiver Knopfbelegung, die Euch im sehr guten und ausführlichen Tutorial näher gebracht wird, habt Ihr Euren Skater jederzeit perfekt im Griff.

Denn mit den gesteigerten Werten sind wiederum Stellen in den Abschnitten erreichbar, die man zum Beispiel bei einem Grind auf Grund mangelnder Balance nicht erreichen konnte.

Easy going

Egal ob Grinds, Grabs oder Flips - alles geht total einfach von der Hand und selbst komplexe Kombos sollten nach kurzer Zeit kein Problem mehr sein. Einzig das Umdrehen das Skaters erfordert ein wenig Übung, denn dazu müssen beide Schultertasten gleichzeitig gedrückt werden - was sich im Ernstfall schon mal zum Stolperstein entwickeln kann. Doch sobald Ihr ein paar Runden gedreht habt, stellt dieser Umstand kaum noch ein Problem dar, so dass Ihr Euch wieder voll und ganz auf die Punktejagd konzentrieren könnt.

Eine besondere Aufgabe in der Steuerung kommt der X-Taste als Action-Knopf zu, der mehrere Aufgaben erfüllt. So könnt Ihr Euch zum Beispiel an Pfosten festhalten und daran schwingen (sowohl horizontal als auch vertikal), um mehr Speed zu bekommen oder Euch von Stange zu Stange schwingen, um höher gelegene Gebiete zu erreichen.

Besonders lobenswert ist jedoch die "Bail"-Funktion: Solltet Ihr feststellen, dass Ihr den Trick nicht mehr bis zum Ende ausführen könnt, bleibt Euch die Möglichkeit, mit dem "Bail" die verkorkste und blutige Landung abzufangen, was meistens auch gelingen dürfte. Allerdings muss man dafür Punktverluste in Kauf nehmen, was jedoch auf lange Sicht wesentlich angenehmer ist als ein Sturz, der Euch sämtliche Punkte kostet.

Extremsport-Puristen werden sich allerdings beklagen, dass es zu einfach ist, von einem Sprung zu einem Grind zu kommen, was sicherlich nicht von der Hand zu weisen ist. Doch dabei sollte man nicht vergessen, dass bei Aggressive Inline der ungezwungene Spaß definitiv im Vordergrund steht. Und der wird hier durch das alte Z-Axis-Problem -auch bei Dave Mirra war dieses Phänomen anzutreffen- eher noch verstärkt.

Lass mich mitmachen

Gibt es an der motivierenden Einzelspieler-Action bereits recht wenig auszusetzen, ist es nicht überraschend, dass auch der Multiplayer-Part gut gelungen ist.

Zwar vermisst man ein Pendant zum "Horse" bzw. "Loser"-Modus aus Tony Hawk, doch die fünf angebotenen Varianten reichen vollkommen aus, um die Spieler bei der Stange zu halten.

Während "Most Points" und "Best Trick" selbsterklärend sind und nur Standard-Varianten darstellen, können die drei übrigen Modi durchaus für Abwechslung sorgen. Vor allem "Animal Recue" gestaltet sich als sehr unterhaltsam. Denn hier geht es einzig und allein darum, versteckte Tiere zu finden, die sich nur akustisch bemerkbar machen, wenn Ihr in der Nähe seid. Doch auch "Egg Hunt" und "Twenty One", eine Skating-Variante von Black Jack, machen eine Menge Laune.

Wenn die sieben mitgelieferten Kurse nicht ausreichen, hat man dank des guten Editors alle Möglichkeiten an der Hand, seine eigenen Parcours zu bauen. Da die Bedienung hier genau so einfach ist wie die Kontrolle der Skater, braucht Ihr nur ein wenig Freizeit und ausreichend Fantasie und schon könnt Ihr in Eurem selbst entwickelten Park auf Highscore-Jagd gehen.

Allerdings stellt man nach einiger Zeit doch fest, dass die Multiplayer-Modi auf Dauer gegenüber der Einzelspieler-Erfahrung zurückstecken müssen - hier hätte ein Trick-Wettbewerb für mehr Motivation gesorgt.

Beruf: Skatepark-Entwickler

Auch die Interaktion mit der Umgebung kommt dabei nicht zu kurz: Passanten sind unterwegs, Autos drehen ihre Runden, überall liegen Schachteln und Papiere herum und Ratten, die man per Überfahren zu einem roten Haufen verwandeln kann, kreuzen Euren Weg.

Gute Grafik - aber...

Die sieben Abschnitte sind gut designt und jeweils mit einem eigenen Thema versehen. Von einem Filmstudio über eine Autofabrik bis hin zu einem Museum reicht die Palette.

Die Skater selbst sind allesamt hervorragend animiert, mit ansprechenden Texturen versehen und wenn Ihr Euch einen weiblichen Fahrer wählt und genau aufpasst, gibt es ein detailliertes "Boob-Bouncing" zu sehen, das selbst DOA 3 in den Schatten stellt.

Da man auch mit Licht- und Wettereffekten nicht spart, geht ein Lob an die Programmierer, die es geschafft haben, eine ruckelfreie Engine auf die Beine zu stellen.

Ein weiteres Lob geht an die Kameraführung, die nur in den seltensten Fällen ein Gefühl der Orientierungslosigkeit auslöst.

Doch im Vergleich zu den Geschwistern auf PS2 und Xbox muss die GameCube-Fassung deutlich zurückstecken: Über allem liegt ein Schleier, der die Grafik milchig und verwaschen aussehen lässt.

Und weil zudem noch deutliche PAL-Balken den oberen und unteren Rand des Bildschirms zieren, bleiben nur zwei Vermutungen übrig: a) der GameCube kann einfach nicht mehr (was ich jedoch bezweifle) oder b) die Umsetzung ist schlampig.

Doch trotz allem kann Aggressive Inline voll und ganz mit der GameCube-Fassung von Tony Hawk´s Pro Skater konkurrieren.

Hart muss es sein

Soundtechnisch gibt sich Aggressive Inline ebenfalls keine Blöße: Die Fahrgeräusche passen, die Umgebungsgeräusche ebenso und die (englische) Sprachausgabe der Passanten ist durchweg sauber.

Natürlich wird es wieder einige Spieler geben, denen der Soundtrack zu Gitarren-lastig ist, doch die Musik, unter anderem von Sublime, Boy Hits Car und Saliva passt -wie bei allen Genre-Vertretern- optimal.

Und wem die musikalische Untermalung dennoch zu brachial ist, der kann die Musiklautstärke im Optionsmenü runterschrauben.

Fazit

Auch auf dem GameCube hat sich Aggressive Inline den Award redlich verdient. Die im Vergleich zu den anderen Systemen schwächere Grafik wird durch das gewohnt gute Gameplay und den hohen Motivationsfaktor schnell kompensiert und lockt die Spieler immer wieder ans Pad. Insofern sollte jeder, der sich nur ansatzweise mit dem Genre anfreunden kann, schleunigst auf den Weg machen und das Spiel seiner Sammlung hinzufügen. Wer allerdings auch eine PS2 oder Xbox zu Hause stehen hat, wird auf Grund der Grafik-Mankos wahrscheinlich eher zu einer der anderen Versionen neigen. Doch trotz allem übernimmt Aggressive Inline auch auf dem GameCube den Spitzenplatz - auch wenn der Abstand zu Tony Hawk 3 nicht so groß ist wie bei den anderen Mitgliedern der Familie.

Pro

  • <li>sieben riesige Abschnitte</li><li>bis zu 60 Aufgaben pro Level</li><li>sehr gute, einfache Steuerung</li><li>kein Zeitlimit</li><li>gute Soundkulisse</li><li>interaktive Umgebung</li><li>zahlreiche Secrets und Boni</li><li>einfach zu bedienender Editor</li><li>gelungene Animationen</li>

Kontra

  • <li>Multiplayer-Modi hätten Überarbeitung vertragen können</li><li>Grind-Übergang sehr einfach</li><li>verwaschen wirkende Grafik</li><li>PAL-Balken</li>

Wertung

GameCube