Deathrow - Test, Sport, XBox

Deathrow
06.10.2002, Mathias Oertel

Test: Deathrow

In der Zukunft wird kein Fußball oder Basketball mehr gespielt. Die Massen gehen nicht mehr zu Tausenden in die Baseball- oder American Football-Stadien. Stattdessen findet der Familien-Ausflug in die Blitz-Arenen statt, in der Mannschaften sich um eine Disk balgen und auch Verletzungen der Gegner bewusst in Kauf nehmen. Doch kann der deutlich von Speedball beeinflusste Zukunftssport, der uns in Deathrow präsentiert wird, langfristig fesseln? Reicht Gewalt alleine aus, um ein Spiel gut zu machen? Die Antworten auf diese und andere Fragen findet Ihr in unserem Test.

Doch nicht nur das: Auch Verletzungen der Spieler bis hin zum Knockout sind möglich und werden in Kauf genommen, um den Sieg zu erreichen. Denn solltet Ihr es innerhalb der Spielzeit schaffen, alle Spieler der gegnerischen Mannschaft K.O. zu schlagen, habt Ihr das Match ebenfalls gewonnen.

Das Runde muss ins Runde

Die Regeln der Blitz-Turniere in Deathrow sind denkbar einfach: Jede Mannschaft besteht aus vier Spielern, die versuchen müssen, während vier Spielabschnitten eine Scheibe durch das Tor des gegnerischen Teams zu werfen.

Doch was sich entfernt nach einer futuristischen Form von Basketball anhört, hat eine Besonderheit: Im Gegensatz zu den Korbspielereien früherer Zeiten ist Körperkontakt nicht nur erlaubt, sondern geradezu erwünscht.

Denn falls sich ein Verteidiger zwischen einem Spieler Eures Teams und der Scheibe bzw. dem Tor befindet, kann dieser ganz gezielt mit einem Wurf, Tritten oder Schlägen zu Boden gebracht werden.

Was sich auf dem Papier als recht einfach und effektiv anhört, gestaltet sich beim ersten Spielen als überaus hektische Angelegenheit. Denn ist man es von bisherigen Sportspielen gewöhnt, dass man mit geschicktem Pass-Spiel und ähnlichen Geschichten eine Abwehr aushebeln kann bzw. durch taktischen Wechsel der spielbaren Figur die eigene Verteidigung zu verstärken, ist bei Deathrow Umdenken angesagt: Denn wer wie wild auf der Suche nach dem Disc-nächsten Spieler durch das Team schaltet, wird schnell feststellen, dass die gegnerische KI Euch immer einen Schritt voraus ist.

Brachiale Hektik

Stattdessen ist es ratsam, sich über einen längeren Zeitraum auf einen Spieler zu konzentrieren und lieber ein paar der Gegner niederzustrecken, da die eigenen Mannen auch ohne Euer Zutun recht clever reagieren und auch die Taktik-Vorgaben, die Ihr während des Spieles verändern könnt, passabel verfolgen.

Doch obwohl dabei ein bisschen das Mannschaftsgefühl verloren geht, das man aus konventionellen Sportspielen kennt, hat man am Schluss trotz allem das Gefühl, das man Mitglied eines Teams ist - selbst wenn man nicht alle Tore selber erzielt oder alle Gegner selber verletzt hat.

Die Steuerung ist weitestgehend gut gelöst und reagiert gut auf Eure Eingaben. Gelegentlich kann es aber vorkommen, dass Ihr gerade dabei seid, einen Gegner zu vermöbeln und genau in diesem Moment einen Pass bekommt. Und während Ihr gerade einen Schlag oder Tritt ausführen wollt, werft Ihr die Scheibe ins Niemandsland und bekommt daraufhin einen gezielten Tritt verpasst - das muss nicht sein.

Wenig Substanz

Neben Einzelspielen gibt es natürlich auch so etwas wie einen Liga-Modus, der bei Deathrow mit "Conquest" bezeichnet wird.

Hier wählt Ihr Euch ein Team aus und müsst durch mehrere Ligen hindurch versuchen, Eure Mannschaft an die Weltspitze zu führen. Für jedes Tor, jeden Sieg, jede gegnerische Verletzung und jeden K.O. gibt es bare Münze.

Das Geld wiederum erfüllt mehrere Zwecke. So zum Beispiel könnt Ihr in den Viertelpausen verletzte Spieler kurieren oder nach den Matches auf die Anfragen anderer Spieler eingehen, die Euer Team verstärken können.

Von Zeit zu Zeit bekommt Ihr auch eine Nachricht, dass in einem Labor ein Serum angefertigt wurde, dass die Statistikwerte eines Eurer Spieler verbessert oder, dass Euch andere Teams außerhalb der Liga zu einem gewinnträchtigen Match herausfordern.

Doch diese Zufallsereignisse passieren zu selten, um langfristig für Abwechslung vom auf Dauer eintönigen Turnier ablenken zu können.

Letzten Endes läuft jedes Spiel nach dem gleichen Schema ab. Ihr kämpft um die Scheibe, im Normalfall jedoch eher gegen die Gegner und marschiert langsam und unaufhörlich der Weltspitze entgegen.

Auch die Power-Ups, die auf den Spielfeldern auftauchen, können nicht kaschieren, dass Deathrow sich auf Dauer als nicht gerade abwechslungsreich präsentieren kann.

In den Viertelpausen taucht eine weitere Ungereimtheit auf: Eine Uhr tickt unaufhörlich runter und vermittelt den Eindruck, als ob Ihr Heilungsprozesse und Auswechslungen unter Zeitdruck erledigen müsst. Weit gefehlt: Wenn die Uhr auf Null ist, könnt Ihr immer noch regenerieren und wechseln, was das Zeug hält - auch hier wäre mehr möglich gewesen.

Es gibt zwei unterschiedliche Spielansichten, von denen die Action-Kamera nur Profis zu empfehlen ist. Denn im Gegensatz zu Sportansicht, die Euch einen guten Überblick über das Spielgeschehen anbietet, ist in der Action-Perspektive die Kamera direkt hinter Eurem Spieler platziert und sorgt mit teilweise hektischen Positionssprüngen für Miss-Stimmung.

Mehrspieler-Prügelsport

Mit mehreren Spielern macht Deathrow leider auch nicht mehr Spaß als solo. Zwar ist es möglich, ein komplettes Team nur mit menschlichen Spielern zu füllen, doch am grundlegenden eintönigen Spielprinzip ändert sich dadurch nicht viel.

Zwar ist bei einer komplett aus menschlichen Spielern bestehenden Mannschaft eine hervorragende Kommunikation nötig, um siegreich aus dem Duell hervorzugehen, doch retten kann dies nicht mehr viel.

Passable Optik

Grafisch präsentiert sich die Mischung aus Prügler und Mannschaftssport durchaus solide und bietet auch kleine Highlights. Die abwechslungsreichen Animationen der Figuren sind durch die Bank weg gut gelungen und stimmig.

Auch das Aussehen der verschiedenen Teams, angefangen von den Convicts (einer Horde ehemaliger Häftlinge) bis hin zu den Black Dragons (ein Ninja-Clan) ist ansprechend.

Gleiches gilt für die zahlreichen Arenen, die aber mit zu wenigen Ausnahmen entgegen den Ankündigungen keine all zu großen Unterschiede aufweisen.

Bei bestimmten Prügelaktionen bekommt Ihr eine "Matrix"-Kamera spendiert, die Euch die Tat in Zeitlupe und Rundumsicht zeigt. Da eine solche Kamera nur bei Körperkontakt geschaltet wird und nicht zum Beispiel bei spektakulären Toren, zeigt schon, dass der Schwerpunkt deutlich auf die Prügelelemente gelegt wurde. Die aber sind nicht ausgefeilt genug, um das Spiel vor dem Durchschnitt retten zu können.

So breiig wie Spielprinzip und letzten Endes auch die Grafik präsentiert sich auch der Sound. Zwar gibt es saubere Sprachsamples, die Euch aus den Boxen entgegenschallen, doch auf Dauer ist man die Beschimpfungen der Gegner leid und regelt den Ton herunter. Denn auch die Soundeffekte, so brachial sie auch sein mögen, reißen nicht mehr viel.

Der Ton macht die Musik

Und dass in manchen Menüpunkten schlichtweg keine Musik zu hören ist, bringt das Fass zum Überlaufen. Dabei ist die Musik an sich gut gelungen, wird aber in unwichtigen Momenten verheizt.

Fazit


Die Idee hinter Deathrow ist innovativ. Auch die grafische Umsetzung ist durchaus gelungen. Und trotzdem will der Funke nicht richtig zünden. Vielleicht liegt es daran, dass man als Spieler deutlich merkt, dass die Entwickler sich unschlüssig waren, ob sie jetzt ein Sportspiel mit Prügelelementen oder einen Prügler mit Sportanteilen entwickeln wollten. Beides ist da, wird aber jeweils nur angekratzt. Und auch die Möglichkeiten, die im Liga-Modus stecken, werden nur ansatzweise genutzt.
Der ungezwungene Spielspaß, den man aus der Speedball-Serie kennt, ist weitestgehend verloren gegangen und wurde durch eine maue Prügelorgie ersetzt. Schade eigentlich, denn Deathrow hätte alles Zeug dazu gehabt, eine neue Ära von Sportspielen einzuleiten. So aber bleibt ein gerade mal durchschnittliches Vergnügen, dass ein unbefriedigendes Spielgefühl hinterlässt und den Wunsch nach mehr unbeantwortet lässt.

Pro

  • <li>ungewöhnliche Mischung aus Prügler und Sportspiel</li><li>saubere Grafik mit kleinen Highlights</li><li>gutes Tutorial</li><li>Zufallsereignisse</li><li>netter Liga-Modus</li><li>mit wenigen Ausnahmen gelungene Steuerung</li>

Kontra

  • <li>halbfertige Musikuntermalung</li><li>auf Dauer eintönig</li><li>Action-Kamera unübersichtlich</li><li>verschenkte Ideen</li>

Wertung

XBox