IronStorm - Test, Shooter, PC

IronStorm
22.10.2002, Marcel Kleffmann

Test: IronStorm

Mit Unreal Tournament 2003 und Battlefield 1942 stehen momentan zwei Action-Schwergewichte in den Läden, die hauptsächlich auf den Mehrspieler-Modus ausgelegt sind. Einzelspieler-Fans sind bei diesen beiden Titeln nicht so richtig auf Ihre Kosten gekommen. Doch jetzt steht mit Iron Storm eine Alternative bereit. Was sich hinter dem Titel verbirgt, erfahrt Ihr in unserem Test.

Wir schreiben das Jahr 1964 und streifen als Soldat durch metallisch glänzende enge Gänge. Überall herrscht reges Treiben, Soldaten laufen an Euch vorbei, schnappen sich Waffen und stürmen in Richtung Front. Immer wieder fliegen dicke Hubschrauber über Eure Köpfe hinweg und in der Ferne hört Ihr Schüsse, Explosionen und sonstiges Kriegsgeschehen. Plötzlich kommt der Befehl: Schnappen Sie sich das Scharfschützengewehr und starten sie den Einsatz. Nach kurzem Spurt durch die Basis stehen wir vor unserem Ziel: dem Schützengraben. Nun bricht die Hölle los: Kameraden liegen im Sterben an den Seiten des Grabens, Hubschrauber nehmen die Feinde unter Beschuss und überall sind Gewehrschüsse zu vernehmen. Der Kollege neben uns wird getroffen und sinkt zu Boden. Jetzt heißt es, sich durchkämpfen und den feindlichen Scharfschützen erledigen - doch die Feinde sind uns hoffnungslos überlegen...

Szenario

In welchem Krieg spielt Iron Storm eigentlich? Der Vietnamkrieg fällt weg, da gibt es keine richtigen Schützengräben, dafür aber dicke Hubschrauber und der Zweite Weltkrieg fällt auch weg, weil es hier keine Hubschrauber gab, aber Schützengräben. Ganz zu schweigen von der Tatsache dass der Krieg zu diesem Zeitpunkt schon seit 20 Jahren vorbei war. Iron Storm spielt vor einem fiktiven Hintergrund in einem niemals zu Ende gegangenen Ersten Weltkrieg. Dieser nette, heitere Krieg -wie dieser so unpassend im Intro genannt wird- dauert schon seit über 50 Jahren an.

Paralleluniversum

Da allerdings der Erste Weltkrieg nicht so sonderlich viele Elemente mit sich bringt, um ein packendes Actionspiel zu entwickeln, ist das Programmier-Team davon ausgegangen, dass in dieser langen Kriegszeit viele neue Erfindungen in der Waffentechnik gemacht wurden. So findet Ihr nicht nur typische Elemente des Ersten Weltkrieges wie Stacheldrahtzäune, Minen, Schützengräben, Kampfgas und Scharfschützen, sondern auch Technologien, die es damals eigentlich noch gar nicht gab wie Hubschrauber, Radaranlagen, Panzer, Maschinengewehr und Flammenwerfer. Aber auch Computer, moderne Nachrichtensendungen und Helikopter sind mit von der Partie. Daher spielt sich Iron Storm eigentlich nicht wie ein Spiel im Ersten Weltkrieg, sondern entfaltet ein ganz eigenes Flair.

In diesem ziemlich ungewöhnlichen Szenario kämpfen die europäisch-amerikanischen Truppen gegen die russisch-mongolischen Einheiten. Die Grenze der beiden Territorien verläuft zufällig genau entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und teilt Deutschland wieder in zwei Hälften. Deswegen findet Ihr auf der russisch-mongolischen Seite auch einige deutsche Landsleute. Die böse russisch-mongolische Streitmacht steht unter der Führung des durchgeknallten Nikolai Alexandrowitsch Ungenberg und verzeichnet einen Sieg nach dem anderen. Und als die Schurken eine neue Superwaffe entwickeln, spitzt sich die Lage zu…

Wer gegen wen?

Nach drei ausführlichen Videosequenzen schlüpft Ihr in die Rolle von John Anderson. Ihr sollt nun alleine hinter die feindlichen Linien vordringen, Euch in ein geheimes Forschungslabor in der Nähe von Wolfenburg einschleichen, die neue Superwaffe stehlen und danach alles in die Luft jagen. Klingt einfach, ist es aber nicht, denn das Forschungslabor ist gut geschützt und liegt zudem noch weitgehend unter der Erde.

Missionen

Zunächst steuert Ihr den Helden aus der Schulter-Perspektive - ein Schlag auf die Return-Taste reicht aber aus, damit Ihr das Geschehen aus der Ego-Sicht angehen könnt. Ein ganz kurzes Tutorial bringt Euch bei, wie man Leitern benutzt und Waffen aufsammelt. Ansonsten werden in den Missionen über Funk noch einige Tipps angepriesen. Nachdem der gute John sich einige Waffen und das Scharfschützengewehr gekrallt hat, geht es in die Schützengräben. Erst kämpft Ihr in den Gräben und danach auf der Oberfläche. Wobei im Freien in der Regel dicke Bunker mit stationären Hochgeschwindigkeits-Maschinengewehren und gemeinen Scharfschützen vorzufinden sind.

Der Weg, den Ihr in Spielverlauf beschreiten müsst, ist streng linear. Hin und wieder gibt es zwar zwei Wege zur Auswahl, doch der andere Weg führt dann immer in eine Sackgasse oder ein Item-Versteck. Wenn Ihr aber denkt, nach dem ersten Schützengraben habt Ihr das Schlimmste schon überstanden, seid Ihr auf dem Holzweg, denn dann geht es erst richtig los. In engen, dunklen Gängen einer geheimen Basis werdet Ihr mit Giftgas konfrontiert und mehrere Ecken weiter wartet wieder ein dicker MG-Posten. Ganz zu schweigen von den scheinbar nicht enden wollenden Gegnermassen. Später geht der Kampf dann in einem feindlichen Zug, dem Forschungs-Labor und im Reichstag weiter, wo der Oberboss residiert.

Eingeleitet werden die Missionen meistens durch ein In-Game-Video, das ähnlich wie bei C&C: Renegade optisch überarbeitet wurde - jedenfalls bei den Charakteren. Danach geht es direkt in der Spielgrafik weiter. Erfreulich sind auf jeden Fall die relativ kurzen Ladezeiten. Zu Beginn jedes der insgesamt sechs umfangreichen Abschnitte im Spiel startet Ihr wieder mit der 3rd-Person-Perspektive, mit der Ihr sehr schön sehen könnt, welche Waffen der gute Held alle auf dem Rücken trägt. Spielerisch sinnvoll ist diese Ansicht allerdings weniger, so lange Ihr Euch nicht auf den Boden legt.

Aufbau

Die Missionsziele in den Einsätzen sind nicht so breit gefächert und gestalten sich eher altbacken im Vergleich zu aktuellen Konkurrenzspielen. So gibt es praktisch keine Schleich-Missionen und Team-Einsätze sind eher zufällig, dennoch weiß das Szenario zu überzeugen und die Story zu fesseln. Jedes der sechs Szenarien ist sehr umfangreich gestaltet und dauert von knapp einer Stunde bis länger.

Haudrauf-Rambos schaffen die Levels meistens am schnellsten, aber auf der höchsten Schwierigkeitsstufe muss eher mit Bedacht vorgegangen werden. Damit kommt das Spiel auf eine durchschnittliche Spiellänge von knapp zehn Stunden. Einige nette geskriptete Einsätze und immer wieder auftauchende eigene Soldaten sorgen für Überraschungen und ein gutes Mittendrin-Gefühl.

Die geskripteten Ereignisse lassen das Spiel weitgehend lebendig erscheinen, dennoch verbirgt es nicht die Schwachstellen der Künstlichen Intelligenz. Unsere eigenen Team-Mitglieder haben oft nur Stroh im Kopf und wirken eher wie Pazifisten als gut ausgebildete Soldaten und sind im Kampf oft nicht zu gebrauchen. Falls Eure Kollegen dann mal einen Schuss abgeben und sogar treffen sollten, könnt Ihr schon fast drei Kreuze im Kalender machen. Die KI der Gegner gestaltet sich durchwachsen: Einige formierte Attacken und Manöver der Feinde sind prima, dennoch macht es manchen Kerlen überhaupt nichts aus, wenn man seinen Nebenmann umnietet - andere Gegner merken es allerdings auch, wenn der Kumpel umfällt. Granaten werden oft gegen Euch eingesetzt, wobei ein Treffer schon fast Glücksache ist. Trotzdem sind deutliche Verbesserungen im Vergleich zur Beta-Version zu bemerken.

Künstliche Intelligenz

Iron Storm ist ganz klar auf die Einzelspieler-Kampagne ausgelegt, denn der Mehrspieler-Modus wirkt wie eine gezwungene Zugabe. Auf ganzen vier Deathmatch-Karten könnt Ihr Euch wahlweise alleine oder im Team gegenseitig den Garaus machen. Capture the Flag und die dem ähnliche Spielvariante Isolation Case kann auf fünf Karten zelebriert werden. Mehr Optionen stehen im Multiplayer nicht zur Verfügung.

Mehrspieler

Ähnlich wie die Künstliche Intelligenz ist auch die Grafik ein zweischneidiges Schwert. Die Außenwelt sieht relativ gut aus und das Team der 4x Studios hat sich wirklich Mühe gegeben eine lebendige Kriegs-Spielwelt zu erschaffen. An vielen Stellen lässt die Qualität der Texturen zwar zu Wünschen übrig, aber dann überrascht die Engine mit phänomenalen Licht- und Explosionseffekten.

Grafik & Sound

Ein großer Schwachpunkt liegt jedoch bei den Charakter-Modellen, die sich ganz leicht abgehackt bewegen und aus sehr wenigen Polygonen bestehen. Daher bleibt der Eindruck der Optik eher im guten Mittelfeld.

Die Soundkulisse hingegen ist extrem eindrucksvoll und man hat vor allem am Anfang das Gefühl mittendrin zu sein. Sowohl die Effekte als auch die Sprachausgabe kann sich hören lassen. Musikalische Untermalung gibt es leider nicht.

Fazit


Den größten Pluspunkt bezieht IronStorm aus dem unverbrauchten und interessanten Szenario sowie dessen einwandfreier Umsetzung. Vor allem der Sound und die netten, geskripteten Ereignissen lassen ein Mittendrin-Gefühl aufkommen, das ich das letzte Mal bei Medal of Honor: Allied Assault bemerkt habe. Die schöne Level-Gestaltung kann sich auch sehen lassen, aber die Schwankungen der Künstlichen Intelligenz und die eckigen Charakter-Modelle lenken von der schönen Atmosphäre ab. Die Einzelspieler-Kampagne ist durch das Szenario und die Story zwar fesselnd, setzt aber in Sachen Missionsziele, Linearität, Waffen und Abwechslung eher auf altbackene Genre-Elemente. Innovationen sind im Gameplay nicht vorhanden. Warum das Entwickler-Team noch den Mehrspieler-Modus eingebaut hat, ist mir schleierhaft, denn die vier Spielmodi mit den neun Karten sind definitiv zu wenig und zudem oft schlecht gestaltet. Wenn Ihr in Zeiten der Mehrspieler-Shooter lieber solo spielen möchtet, dann solltet Ihr Iron Storm eine Chance geben.

Pro

  • <li>geniale Atmosphäre</li><li>interessante Story</li><li>neues, innovatives Szenario</li><li>actionreiches Gameplay</li><li>gutes Missions-Design</li><li>hohes Mittendrin-Gefühl</li><li>teilweise schöne Grafik</li><li>klasse Sounduntermalung</li><li>gute Untertitelübersetzung</li><li>schöne Zwischensequenzen</li><li>kurze Ladezeiten</li>

Kontra

  • <li>für Hardcore-Actionspieler zu kurz</li><li>linearer Spielverlauf</li><li>Schwankungen bei der KI</li><li>altbackene Missionsziele</li><li>teils schwache Grafik-Texturen</li><li>wenige Polygone bei den Charakteren</li><li>keine musikalische Untermalung</li><li>schwacher Mehrspieler-Modus</li><li>teilweise hoher Schwierigkeitsgrad</li><li>14 altbackene Waffen</li>

Wertung

PC