Der erste Kaiser: Aufstieg des Reichs der Mitte - Test, Taktik & Strategie, PC

Der erste Kaiser: Aufstieg des Reichs der Mitte
26.10.2002, Bodo Naser

Test: Der erste Kaiser: Aufstieg des Reichs der Mitte

Das historische China diente noch nicht oft als Hintergrund für Strategiespiele. Eine fremde Welt also, in die Ihr mit Sierras neuem Aufbau-Titel "Der erste Kaiser: Aufstieg des Reichs der Mitte (ab 24,99€ bei kaufen)" eintauchen könnt. Nach Rom, Ägypten und Griechenland wendet sich die Strategie-Reihe nun dem fernen Osten zu. Ob das altbewährte Spielkonzept, das seit dem dritten Teil von Caesar existiert, auch angesichts der übermächtigen 3D-Konkurrenz noch überzeugen kann, erfahrt Ihr aus unserem Test.

Am Spielprinzip der epischen Aufbau-Reihe von Impressions Games, das nun in fernöstlicher Verpackung ins Reich der Mitte transferiert wurde, hat sich nur wenig geändert. Auch in den sieben historischen Kampagnen und im freien Modus geht es um die immer bessere Versorgung einer wachsenden Zahl von Einwohnern, den Ausbau der Städte, den Handel mit fernen Städten, die Aufstockung der Finanzen sowie die Sicherung der Grenzen. Erstmals umfasst das Spiel aber auch einen Multiplayer-Modus, der leider wenig gelungen ist und fast die einzige wirkliche Neuerung blieb. Die übrigen Verbesserungen bewegen sich eher im Detail.

Kaum verändertes Prinzip

Beschäftigten sich die Vorgänger Caesar, Pharao und Zeus noch mit der abendländischen Antike, so ist dieses Mal die Historie Chinas dran. Ganze 3000 Jahre Geschichte von den sagenhaften ersten Königreichen der Xia um 2100 v.Chr. bis zum Einfall der Mongolen zu Beginn des 13. Jahrhunderts haben sich die Entwickler vorgenommen. Einen Höhepunkt bildet zweifellos die Herrschaft Qin Shi Huangdi`s, der als erster Kaiser 221 v.Chr. das chinesische Reich begründete. Während seiner Regentschaft wurden Großprojekte wie der Bau der Großen Mauer, der Kaiserkanal oder sein riesiges Grabmal in Angriff genommen, die im Spiel als Monumente vorkommen.

Viertausendjährige Historie

Wie schon in den Vorgängern, sind in den Kampagnen wieder bestimmte Ziele vorgegeben. Wenn Ihr eine Stadt für den Kaiser aus dem Boden stampfen sollt, sind beispielsweise Bevölkerung, Produktion und Diplomatie, die Ihr erreichen müsst, vorgegeben. Darüber hinaus ist oft gefordert, dass Ihr zusätzlich ein bestimmtes Monument errichten sollt, wie z.B. einen Teil der Großen Mauer, ein hünenhaftes Grab oder einen große Pagode. Schließlich kann Euer Auftrag auch darin bestehen, andere Städte zu erobern, was neuerdings auch möglich ist und für Abwechslung sorgt.

Abwechslungsreiche Missionen

Auf den ersten Blick verwirrt das neue Aussehen der Gebäude etwas, denn nun sieht eben alles chinesisch aus. Veteranen der Reihe werden jedoch schnell erkennen, dass die Gebäude im Kern noch dieselben geblieben sind. Der Getreidespeicher hat jetzt ein geschwungenes Dach, die taoistischen Tempel gibt es als Pagode und der Verwaltungssitz sieht ein wenig wie die verbotene Stadt aus. Auch Eure Lastenträger haben natürlich das Äußere von chinesischen Kulis, Priester und Mandarine gehen in kostbaren, bunten Seidengewändern von Haus zu Haus. Das neue Szenario hat natürlich auch bei den Handelswaren Niederschlag gefunden - dort findet Ihr Reis, Tee und Seide statt Olivenöl und Getreide.

Fernöstliches Ambiente

Dreh- und Angelpunkt des Spiels ist wie in der ganze Sierra-Reihe der Bau von möglichst attraktiven Wohnvierteln. Die Versorgung derselben mit Wasser, Feuerschutz sowie einer Vielfalt an Lebensmittel ist Grundvoraussetzung für das Gedeihen. Genug Unterhaltung, Religion und besonders die Gesundheit (Kräuterhändler, Akupunkteur) sind wichtig, damit sich Eure Häuser rasch verbessern und neue Bewohner anlocken. Doch Chinesen legen Wert auf mehr, denn dieses Mal sind Harmonie und Geschlossenheit eines Viertels entscheidend für einen möglichst hohen Feng Shui-Wert. Dafür müssen die Wohngebiete durch eine extra Mauer von Gewerbe und Handel getrennt sein, denn nur so lassen sich schlechte Einflüsse quasi aussperren.

Harmonische Wohnviertel

Auch in punkto Religion hat sich einiges verändert: Die Chinesen beten natürlich nicht mehr zu Zeus & Co, vielmehr gibt es vier große Glaubensrichtungen vom einfachen Ahnenkult über den Taoismus bis hin zu Konfuzianismus und der Lehre Buddhas. Diese Kulte sind natürlich erst ab der Dynastie vorhanden, in der sie historisch aufgetreten sind. So gibt es den Buddhismus erst in den späteren Kampagnen, da er im Reich der Mitte erst im 1. Jh. n.Chr. aufkam. Um die Gläubigen zufrieden zu stellen, müssen nur genug prächtige Tempel und Schreine errichtet werden. Denn wer beispielsweise seine ehrwürdigen Ahnen verärgert, riskiert Missernten und Naturkatastrophen.

Chinesische Philosophie

Neu seit Zeus ist das Auftreten von Helden, die in den Tempeln und Schreinen verehrt werden sollten. Nur mit genug Opfern lässt sich die chinesische Riege der Superhelden ködern. Wer eine Berühmtheit wie den teeversessenen Mönch Bodhidharma, den perfekten Kämpfer Sunzi, den göttlichen Bauern Shen Nong oder den ehrenwerten Philosophen Konfuzius in seiner Metropole zu Gast haben möchte, muss dafür schon gehörig in die Tasche greifen. Dann entfalten die Heden aber auch so nützliche Eigenschaften wie die göttliche Mutter Xi Wang Mu, deren Anwesenheit besonders den Jadeschnitzern und anderen Handwerkern zugute kommt und die Bauzeit von Monumenten verkürzt.

Heldenverehrung

Wie in den Vorgängern müsst Ihr wieder Großbauten hochziehen. Sogar die Große Mauer dürft Ihr errichten - natürlich nicht die gesamte, denn das würde zu lange dauern. In manchen Szenarien gilt es, einen Abschnitt des Großen Kanals oder der Mauer zu bauen. Auch das benötigt die ganze Aufmerksamkeit Eurer kleinen Wirtschaft, denn ein wahres Heer an Arbeitern, Handwerkern und Baumeistern ist dafür notwendig. Wie bei Pharao gibt es in den frühen Missionen aber auch kleinere Monumente, die Ihr wesentlich schneller bauen könnt. Wer einen Palast baut, der kann sogar einen kleinen Tierpark mit exotischen Viechern einrichten - einer von vielen kleinen Einfällen, die das Spiel noch interessanter machen.

Monumente für die Ewigkeit

Das Führen von Krieg spielt seit jeher eher eine untergeordnete Rolle in der Caesar-Reihe. In den Vorgängern kam es immer nur dann vor, wenn Ihr von Barbaren überfallen wurdet. Dieses Mal dürft Ihr ebenfalls den Eroberer spielen. Mit Euren Nachbarn könnt Ihr nicht nur Verträge über Handel und Allianzen schließen, Ihr dürft sie auch angreifen.

Diplomatie und Militär

Dafür braucht Ihr natürlich eine Armee, deren Aufstellung in den Forts kostspielig ist. Infanterie, Kavallerie, Armbrustschützen und Katapulte stehen als Einheiten zur Auswahl. Damit müsst Ihr übrigens auch die wilden berittenen Horden der Hunnen und Mongolen zurückschlagen, die Chinas Nordflanke seit jeher bedrohen.

Neben dem wohl ausgeklügeltesten Gameplay der bisherigen Impressions-Reihe fallen auch ein paar Dinge negativ auf: Zunächst ist es das Spiel im Internet, wofür sich auf den offiziellen Servern von Sierra leider kaum Partner finden lassen. Wer mit mehreren spielen möchte, sollte das im LAN tun oder sich die IP seines Mitspielers lieber so besorgen. Aufgrund der Komplexität und Länge der Partien kommt ohnehin nur bedingt Spielspaß beim Multiplayer auf.

Negativ aufgefallen

Darüber hinaus ist die Steuerung teils erschwert, so dass wichtige Bereiche wie das Management der Helden nicht per Maus betreten werden können. Insgesamt ist das Spiel aber sehr ausgegoren, was aber leider auch zu einem hohen Grad an Komplexität führt, der Einsteiger abschrecken dürfte. Die Tutorial-Kampagne dient eher den Profis, um ihnen das Handling nochmals vor Augen zu führen.

Die Engine wurde überarbeitet und die 2D-Grafik ist wesentlich detaillierter als etwa bei Zeus. So schindet eine komplett ausgebaute Stadt schon aufgrund ihrer schieren Größe, der ausfeilten, fernöstlichen Architektur und des Detailreichtums Eindruck. Ein gerendertes Intro führt in die fremde Welt ein.

Detailreiches Äußeres

Hinzu kommen die asiatische Musik und die alltäglichen Geräusche, die das Ganze wirklich als historische, chinesische Metropole erscheinen lassen. Per professionell klingender Sprachausgabe meldet sich sogar bisweilen der greise Konfuzius, um Euch eine seiner fernöstlichen Weisheiten mitzuteilen. Mit der speziellen China-Ausgabe des Brockhaus, die dem Aufbauspiel als Zugabe beiliegt, könnt Ihr Euren Horizont über das alte China erweitern.

Fazit


Natürlich halten sich die Neuerungen in Grenzen und sind wie der Multiplayer-Modus übers Internet teils nicht zu gebrauchen. Aufgrund seiner hohen Komplexität wendet sich das Echtzeit-Strategiespiel hauptsächlich an die Veteranen der Reihe, die schon einen Vorgänger gespielt haben und wie ich immer noch größten Spaß am Aufbau einer quirligen Metropole finden. Trotz des einstellbaren Schwierigkeitsgrades ist das Spiel daher nichts für Einsteiger. Wer aber kritisiert, dass er seine Arbeiter nicht einzeln, sondern nur indirekt dirigieren könne, dem sei gesagt, dass das seit jeher so ist bei Sierras Caesar-Reihe. Das altbewährte Gameplay überzeugt aber auch dieses Mal dank perfekter Einbettung in das völlig neue China-Szenario, dessen Änderungen eben nicht nur oberflächlicher Natur bleiben. Wer in ein fremdes Land oder eine ferne Epoche abtauchen möchte, dem ist Der erste Kaiser wärmstens zu empfehlen.

Pro

  • <li>unverbrauchtes Fernost-Szenario</li><li>sieben historische Kampagnen</li><li>hohe Komplexität</li><li>spielt sich sehr rund</li><li>eintauchen in eine fremde Welt</li><li>nette kleine Details</li><li>erstmals Eroberungen</li><li>detailreiche 2D-Grafik</li><li>asiatischer Soundtrack</li><li>nettes Intro</li><li>Kampagnen-Editor</li><li>beiliegender China-Brockhaus</li>

Kontra

  • <li>wenig wirklich Neues</li><li>für Einsteiger kaum geeignet</li><li>Multiplayer kaum zu gebrauchen</li><li>teils verpfuschte Steuerung</li><li>keine Zwischensequenzen</li>

Wertung

PC