Colin McRae Rally 3 - Test, Rennspiel, GameCube, PlayStation2, PC, XBox

Colin McRae Rally 3
27.11.2002, Mathias Oertel

Test: Colin McRae Rally 3

Wie kaum ein anderes Spiel hat die Colin McRae-Serie Fans und Presse gleichermaßen begeistert und Rallye-Spiele einer breiten Masse zugänglich gemacht. Und mit Colin McRae Rally 3 (ab 19,51€ bei kaufen) soll die Erfolgsstory auf der PS2 fortgeführt werden. Gespannt, ob Colin sich auf der Höhe der Zeit bewegt und der mittlerweile starken Konkurrenz die Stirn bieten kann, haben wir uns auf die Testfahrt begeben.

Bei Colin Mc Rae Rally 3 liegt das Hauptaugenmerk natürlich wie bei den anderen Teilen auch auf der Fahrphysik, die tatsächlich neue Maßstäbe setzen kann. Angefangen von den beweglichen Teilen am Fahrzeug, die sich genau so bewegen, wie man es erwarten könnte, bis hin zum Fahrverhalten lässt Colin die Konkurrenz Staub schlucken.

Meister aus Tradition

Wenn man sich die Geschichte der Rallye-Spiele anschaut, taucht in kontinuierlichen Abständen immer wieder die Colin McRae Rally-Serie von Codemasters auf, die sich permanent die Rallye-Krone unter den Nagel reißen konnte.

Dies ist vor allem der hervorragenden Fahrphysik zu verdanken, die zusammen mit der eingängigen Steuerung ein ums andere Mal für Begeisterung sorgen konnte.

Über Stock und über Stein

Aber warum muss man entscheidende Tuning-Möglichkeiten erst freispielen? Viele der angebotenen Optionen sind anfangs noch abgedunkelt und nicht einsetzbar. Erst nach Abschluss der Rallyes in den einzelnen Ländern bequemt sich Ford, Euch nach und nach mit neuer Ausrüstung zu beglücken.

Die Unterschiede zwischen den Fahrbahnuntergründen sind phänomenal spürbar und geben einem fast das Gefühl, wirklich über Sand oder Eis zu rutschen.

Auch die Tuning-Optionen sind nachzuvollziehen und geben Euch bei den Probefahrten neben den umfangreichen Telemetriedaten auch Hinweise, ob Ihr das Fahrzeug gut auf die Strecke abgestimmt habt oder nicht.

Der Spielumfang an sich ist ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. Zwar ist mit dem Abfahren der insgesamt 42 Wertungsprüfungen und Special Stages sowie dem Meisterschaftsmodus genügend Futter vorhanden, doch neben den insgesamt 800 Kilometern Strecke in WRC II Extreme wirkt die Auswahl geradezu mager.

Auf der einen Seite gewinnt man dadurch zwar Motivation weiterzuspielen, doch unter dem Strich überwiegt der Ärger, dass man seinen Boliden nicht von Anfang an so tunen kann, wie man will.

Kurzes Vergnügen

Apropos Autos: Insgesamt ist zwar eine stattliche Anzahl an Fahrzeugen vorhanden, doch die Meisterschaft kann man nur mit Colin und seinem Ford Focus abfahren. Was im Endeffekt die reichhaltige Auswahl wieder relativiert und sich störend auf die Langzeitmotivation auswirkt.

Und wieso kann man eine Rallye nicht mit mehreren Spielern fahren? Multiplayer können sich nur auf den erspielten (sprich: bereits gefahrenen) Strecken mit den bislang freigeschalteten Autos duellieren.

Trotz gelungenem und herausfordenden Streckendesign fehlt der diesjährigen Auflage von Colin aber ein wichtiger Punkt: die Seele. Permanent hat man das Gefühl, dass die zweifellos gute Technik im Vordergrund steht. Spannung ist dank der hart am Zeitlimit fahrenden Konkurrenz zwar immer vorhanden, doch nur selten hat man das Gefühl, am Rallye-Zirkus teilzunehmen. Selbst die Entscheidung, was in den Serviceparks repariert werden soll, wird einem vom Programm abgenommen.

Doch echte Hardcore-Fans wird dies wenig stören, denn im fahrtechnischen Kern ist Colin 3 eine adäquate Next-Generation-Fortsetzung einer nicht zu Unrecht als Referenz bezeichneten Serie.

Die Fahrzeuge, allen voran natürlich der Ford Focus von Colin, sind weitaus schöner als bei der bisher erhältlichen Konkurrenz und können mit Spiegelungen und glänzendem Lack überzeugen, der natürlich bei den entsprechenden Strecken nach und nach immer schmutziger wird.

Was in Erinnerung bleibt, sind harte Rennen mit einer phänomenalen Fahrphysik, einer gut gelungenen (aber fast Arcade-haltigen) Steuerung und einem ausufernden Schadensmodell, das es in dieser Form noch nicht gab.

Fast alles am Fahrzeug kann zerstört werden und hat spürbaren Einfluss auf das Fahrverhalten.

Wem das reicht, ist mit Colin 3 auch sicher gut bedient, doch insgesamt ist der Abstand zur Konkurrenz spürbar geschrumpft und kaum noch vorhanden.

Let it rain!

Grafik-Fetischisten werden an den Spezialeffekten ihre helle Freude haben. Nicht nur, dass das Schadensmodell optisch äußerst eindrucksvoll umgesetzt wurde - vor allem die Wettereffekte sind der Konkurrenz um Längen voraus.

Insbesondere die Cockpitkamera mit ihren an der Windschutzscheibe entlang laufenden Regentropfen oder die Scheibenwischer, die bei Schneetreiben wunderschöne Schneeränder ziehen, sorgen für Furore.

Die Spielgeschwindigkeit kann ebenfalls überzeugen. Selten hat ein Rallye-Spiel ein derart überzeugendes Geschwindigkeitsgefühl abliefern können. Aber wie schon beim Kollegen DTM Race Driver wird die Engine -obgleich sie stets flüssig läuft- von teilweise üblen Pop-Ups geplagt. Und das teilweise in Momenten, wo man es kaum erwarten würde.

Und so gut und durchdacht das Streckendesign und so gut die Versatzstücke, aus denen die Umgebungen zusammengesetzt wird, auch sind - alles wirkt etwas steril und gestückelt, frei nach dem Motto "hier packen wir noch eine Felsformation hin und hier passen eigentlich auch noch ein paar Bäume".

Oder wer hätte gedacht, dass bei einem grafisch nicht gerade beeindruckenden Rundkurs der Super Special Stages der Hintergrund vollkommen ohne Warnung vor einem aufpoppt und einen geradezu erschrecken kann?

Dass trotz des manchmal offensichtlichen Baukastensystems die Eigenheiten der sechs Länder recht gut eingefangen wurden, ist dabei um so erstaunlicher, zeigt aber, dass die Entwickler sich erfolgreich bemüht haben, grundverschiedene Ausgangspositionen zu schaffen.

Fans wissen seit Anbeginn der Serie die guten Ansagen des Co-Piloten zu schätzen, die so akkurat sind, dass man fast blind fahren kann. In Colin McRae Rally 3 wurde diese Tradition übernommen. Die Richtungsangaben sind durchweg gut, deutlich zu verstehen und weitaus sinnvoller als die eingeblendeten Symbole, die einen hin und wieder durcheinander bringen können.

Dafür kann die Engine bei Kleinigkeiten vieles wieder gut machen: So ist z.B. der aufgewirbelte Staub geradezu plastisch und in den Wiederholungen immer wieder einen Hingucker wert.

Und wer genau hinschaut, wird bei den gut animierten Piloten im Fahrzeug permanent feine Details entdecken - so etwa, wenn sich bei einem Überschlag der Co-Pilot an den Holmen des Überroll-Bügels abstützt.

Geradezu fantastisch umgesetzt wurde das Tuning: In einer Röntgenansicht des Autos könnt Ihr alle notwendigen Einstellungen vornehmen. Sieht klasse aus und funktioniert optimal.

Hui und Pfui

Die Motorengeräusche sind bei allen Fahrzeugen ebenfalls gut gelungen und variieren in Intensität je nach gewählter Kameraperspektive. Allerdings scheinen die Motoren insgesamt nicht so kraftvoll aus den Boxen zu schallen wie bei der Konkurrenz.

Die Aufprall- und Unfall-Geräusche sind über jeden Zweifel erhaben: Bei jeder Kollision scheppert es, dass einem Angst und Bange wird.

Bei den übrigen Streckengeräuschen kocht man jedoch auf Sparflamme. Die Untergrund-Wechsel nimmt man akustisch kaum wahr und auch Publikumsjubel sucht man an den Strecken vergeblich.

Die Musik ist zwar im Endeffekt nicht sehr abwechslungsreich, passt sich aber dem Präsentations-Stil an und sorgt in den Menüs für eine stimmige Untermalung.

Fazit


Teil 3 der ruhmreichen Serie bietet gewohnt gute Kost, die Fans der Serie absolut zufrieden stellen dürfte. Doch angesichts der harten Konkurrenz auf der PS2 muss man mehr auffahren als gute Grafik und Fahrphysik, um mithalten zu können. Trotz aller Vorzüge bleibt Colin McRae Rally 3 in vielen Punkten steril und bietet nur Hardcore-Fans Rallye-Feeling pur. Zwar wurde viel Wert auf Steuerung, Fahrphysik und Schadensmodell gelegt, doch das Drumherum bleibt meistens blass. Zudem ist die Streckenauswahl nicht gerade üppig und lässt -obwohl gut designt- den Wunsch nach mehr offen. Wem eine sehr gute Technik ausreicht, wird mit Colin McRae viel Spaß haben, denn das gewohnt gute Spielgefühl hat sich aus den Vorgängen hinüber gerettet. Wer allerdings eine echte Umsetzung des Rallye-Zirkus sucht, wird mit Colin nicht fündig werden. Im Kern ein durchdachtes Spiel, fehlt Colin irgendwie die Seele. Für Rallye-Fans trotzdem in jedem Fall einen Kauf wert.

Pro

  • <li>sehr gutes Geschwindigkeitsgefühl</li><li>ausgereifte Fahrphysik</li><li>detailliertes Schadensmodell</li><li>fantastische Wettereffekte</li><li>angenehme Steuerung</li><li>gutes Streckendesign</li><li>Telemetrie-Daten</li><li>witzige Bonus-Autos</li><li>passende Ansagen des Co-Piloten</li>

Kontra

  • <li>zahlreiche Tuning-Optionen müssen erst freigeschaltet werden</li><li>Pop-Up-Probleme</li><li>nur sechs Rallyes</li><li>Höhenunterschiede werden kaum genutzt</li><li>Karriere nur mit Colin/Ford möglich</li><li>Bonus-Cheats per 0190-Nummer</li>

Wertung

PlayStation2