Rocky - Test, Sport, PlayStation2, XBox, GameCube

Rocky
06.12.2002, Mathias Oertel

Test: Rocky

Bisher gab es für PS2-Boxer nur Knockout Kings. Doch jetzt kommt mit Rocky (ab 28,99€ bei kaufen) eine Film- und vor allem Xbox-bewährte Alternative. Gespannt, ob sich der gute Eindruck, den wir nach der Xbox-Fassung hatten, auch auf der PS2 fortsetzen kann, haben wir uns in den Ring begeben und den Meister aller Klassen einem harten Test unterzogen.

So findet Ihr z.B. neben den großen Kontrahenten der Filme wie Apollo Creed, Clubber Lang und Ivan Drago auch zahlreiche andere Fighter, deren Namen man zumindest im Film gehört hat. Zwar erfüllen Dipper Brown und Spider Rico auch im Spiel nur die Rolle eines Sandsacks, den es zu plätten gilt, doch die authentischen Boxer verleihen dem Spiel eine außergewöhnliche Atmosphäre.

Nah am Film

Angefangen beim stimmungsvollen Intro, das Ausschnitte aus allen Rocky-Filmen zeigt, bis hin zur grafischen Umsetzung der Charaktere strömt dem Boxspiel mit großem Namen Filmatmosphäre aus allen Software-Poren.

Im Zusammenhang mit dem Training fällt auch wieder die Präsentation ins Auge, die sich akribisch an die Filme hält. In Euren ersten Sandsack-Trainingphasen seid Ihr z.B. in der Fleischer-Halle unterwegs, um die Rinderhälften zu bearbeiten. Weiterhin wechseln die Trainer den Filmen entsprechend, so dass Ihr mit Mickey anfangt, dann in Teil 3 von Apollo gecoacht werdet und schließlich nach seinem Ableben mit seinem Ex-Trainer vorlieb nehmen müsst.

Mach mir den Rocky

Die gute Stimmung wird durch den Hauptspielmodus, in dem Ihr Rocky Balboa von seinen Anfängen in Film Nr. 1 bis hin zum Kampf gegen Tommy Gunn in Teil 5 begleitet, noch weiter ausgebaut.

Natürlich geht es in erster Linie nur darum, seine Gegner so gut und gezielt wie möglich auf die Bretter zu schicken. Aufgelockert wird die Karriere durch Trainingseinheiten, die fünf verschiedene Statistikwerte verbessern können.

Wahlweise habt Ihr hier die Möglichkeit, ein Auto-Training durchzuführen, was sich in fünf gewonnenen Punkten niederschlägt.

Übernehmt Ihr die Aufgaben selber, könnt Ihr in den Geschicklichkeitsübungen bis zu zehn Punkte abstauben, was sich im nächsten Kampf äußerst positiv auswirkt.

Befindet man sich im Kampf, wird deutlich, dass die Entwickler sich nicht nur auf die Lizenz verlassen, sondern auch ein stimmiges Spielerlebnis schaffen wollten. Und das ist ihnen voll und ganz gelungen, denn Rocky ist spielerisch auch auf der PS2 das bis dato beste und -so weit man das sagen kann- realistischste Boxspiel.

Einfache Schlagvielfalt

Im leichtesten der drei Schwierigkeitsgrade reicht es zwar, wie ein Wilder auf den Knöpfen herumzuhämmern, doch ab dem normalen Modus müsst Ihr auf der Hut sein, auch mal nach hinten ausweichen, um wieder Energie aufzuladen und dürft Euch auch nicht davor scheuen, die gut gelungene Blockfunktion zu nutzen. Denn nur wer überlegt kämpft, wird in den höheren Schwierigkeitsgraden eine Chance gegen die klug und vorsichtig agierende KI haben. Ein Beispiel: Habt Ihr einen Gegner am Anfang einer Runde fast vor dem K.O., nutzt er die ganze Ringfläche, um Euch auszuweichen und seine Energieleiste wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Steuerung ist spielend einfach zu erlernen, gibt dem Spieler aber genügend Mittel in die Hand, um die Kämpfe taktisch führen zu können.

Zudem gibt es die Möglichkeit, den Gegner zu verspotten, was im richtigen Moment angewendet dafür sorgt, dass sich die Energie spontan auflädt. Jedoch seid Ihr in diesen Momenten auch besonders anfällig für Schläge, weswegen dieses Mittel nur bei ausreichendem Sicherheitsabstand eingesetzt werden sollte.

Passiert das Ganze kurz vor Ende der Runde, kann es hingegen vorkommen, dass er wie ein wilder Stier auf Euch zukommt und versucht, zumindest noch ein paar Schläge zu landen.

Wie in keinem anderen Boxspiel kommen unheimlich spannende Kämpfe zustande, die vor allem mit mehreren Spielern richtig Spaß machen. Denn zum einen ist es durch die taktischen Variationen möglich, sich kurz vor einem K.O. noch zu retten und kurz darauf den Gegner fast auf die Matte zu legen. Zum anderen sind wie nie zuvor spannende Duelle möglich, die in einem Punktsieg enden können.

Megafun zu zweit

Doch trotz aller Vorzüge, die Rocky zweifellos und vor allem für Mehrspieler-Sessions bietet, hätten Verbesserungen hier und da den Spielspaß noch verlängern können. Allerdings sind davon hauptsächlich Einzelspieler betroffen. Denn der Movie-Modus ist nach etwa drei Stunden beendet und bietet danach nur noch die Motivation eines neuen Schwierigkeitsgrades.

Es ist nicht alles Gold...

Wenn man hier zum Beispiel eine Aufgabe gestellt hätte, zwölf Runden durchzuhalten, hätte man sich zum einen weiter an die Filme angenähert und zum anderen den Spieler für eine durchaus motivierende und spielerisch willkommene Variation begeistern können.

Weiterhin hält sich der Movie-Modus zwar vom Ablauf an die Filme, doch ein wenig spielerische Abwechslung mit anderen Aufgaben hätte nicht geschadet und auch der Film-Atmosphäre weitergeholfen.

Denn am Ende von Rocky 1 hat Rocky nicht gegen Apollo Creed gewonnen, während Ihr im Spiel einfach über Apollo hinwegbügeln müsst.

Die Grafik-Abteilung von Rage hat mit der PS2-Version von Rocky eine weitestgehend überzeugende Arbeit abgeliefert. Vor allem die gut animierten Boxer mit ihren fein strukturierten Muskelpartien können überzeugen und stehen der Xbox-Fassung in nichts nach.

Sieht aus wie Stallone

Für ein Boxspiel enorm wichtig ist die Kollisionsabfrage. Die gibt zwar keinen Grund zur Klage und arbeitet mit wenigen Ausnahmen punktgenau, dafür tauchen jedoch immer wieder Clipping-Fehler auf, die wiederum das optische Gesamtbild mindern.

Auch der Wiedererkennungswert der aus den Filmen bekannten Athleten ist sehr hoch und lässt keinen Zweifel daran, dass Rage die Filmlizenz außerordentlich gut genutzt hat.

Und wie auf der Xbox sind die schön gestalteten Arenen auch auf der PS2 durchweg mit animierten Polygon-Zuschauern gefüllt. Gerade im Fall von großen Hallen hätte man dies nicht so ohne weiteres von der PS2 erwarten können.

Neben den Zurufen greifen die Zuschauer auch grafisch ins Geschehen ein, wenn sie etwa Gegenstände in den Ring werfen. Allerdings sehen die splitternden Flaschen nicht ganz so gut aus wie auf der Xbox, was man jedoch leichten Herzens verschmerzt.

Weniger schön ist da schon das fehlende Anti-Aliasing an den Ringseilen. Derart schöne Treppenbildung gab es selten zu sehen. Und dieses Manko können nicht einmal die sich bei Berührung realistisch bewegenden Ringseile aufwiegen.

Auch das latent vorhandene Interlace-Flacker stört den grafischen Gesamteindruck ein wenig, ist aber ein PS2-Problem, das die Entwickler scheinbar nicht in den Griff kriegen.

Jeder Boxer hat seine eigene Einmarschmusik, die bei den "No Names" aus einer beachtlichen Anzahl an Stilrichtungen zusammengesetzt wird. Und während das dominante "Gonna fly now"-Thema von Bill Conti für Stimmung sorgt, vermisst man schmerzlich, dass andere Songs und Musiken aus den Filmen wie z.B. "Eye of the Tiger" oder die Musik der Traningsequenz in Rocky 4 nicht lizenziert wurden.

Allerdings wird man durch die Rendersequenzen, die entscheidende Filmmomente nachstellen, wieder etwas versöhnlich gestimmt.

Sylvester in Englisch, wer auf Deutsch?

Zwar wurde das Spiel hervorragend lokalisiert, doch richtig Stimmung kommt nur auf, wenn man seine die englische Sprachausgabe wählt. Dann nämlich bekommt man Sprachsamples aus den Filmen zu hören.

Während der Kämpfe gibt es gut gelungene Aufprallgeräusche zu hören. Und auch wenn sich die Trainer genau so vornehm zurückhalten wie in der Xbox-Fassung (und damit deutliche Atmosphäre-Punkte verschenken), sind die Zuschauer weitaus aktiver und sorgen für merklich bessere Stimmung. Dafür allerdings klingen die Schrittgeräusche im Ring etwas künstlich.

Fazit

Auch auf der PS2 kann sich Rocky problemlos an der Boxspiel-Spitze platzieren. Spielerisch eine saubere 1:1-Umsetzung der gelungenen Xbox-Fassung machen die Ringschlachten auf Sonys Flaggschiff einen Heidenspaß. Allerdings nur mit mehreren Spielern. Denn die kurze Spieldauer für Einzelspieler wurde gleich mit übernommen. Und trotz Interlace-Problemen und vor allem im Fall der Ringseile äußerst störender Abwesenheit von Anti-Aliasing kann die Film-Umsetzung unter dem Strich auch grafisch mit guten Animationen und detaillierten Figuren überzeugen. Insofern gibt es für Boxspiel-Fans eigentlich keinen Grund, ruhigen Gewissens an Rocky vorbei zu gehen - vor allem, wenn sie häufiger Freunde zu Besuch haben.

Pro

  • <li>über 30 Boxer aus den Filmen</li> <li>zahlreiche Arenen</li><li>Soundsamples aus dem Film (engl. Fassung)</li><li>taktische Kämpfe möglich</li><li>Film-Atmosphäre wird sehr gut eingefangen</li><li>eingängige Steuerung</li><li>ansprechende Grafik</li><li>famoses Zwei-Spieler-Vergnügen</li><li>gute Lokalisation</li><li>gute KI (abhängig vom Schwierigkeitsgrad)</li><li>sehr gute Zuschauerkulisse</li>

Kontra

  • <li>wenig lizenzierte Musik</li><li>für Einzelspieler zu kurz</li><li>leichte Clipping-Fehler bei den Boxern</li><li>kleine Interlace
  • und Aliasing-Probleme</li>

Wertung

PlayStation2