Legaia 2: Duel Saga - Test, Rollenspiel, PlayStation2

Legaia 2: Duel Saga
12.12.2002, Jens Bischoff

Test: Legaia 2: Duel Saga

Erinnert sich noch jemand an das interessante, aber leider nur mäßig erfolgreiche PSone-Rollenspiel Legend of Legaia? Eidos liefert Fans klassischer Nippon-RPGs unter dem Fresh-Games-Label nun jedenfalls einen PS2-Nachfolger. Wirklich "frisch" ist Legaia 2: Duel Saga (ab 19,98€ bei kaufen) aber nicht unbedingt, schließlich ist der Titel in Japan bereits seit gut einem Jahr erhältlich und bietet technisch und spielerisch eher traditionelle Genrekost. Wir sind aber natürlich trotzdem für Euch nach Legaia gereist, um weitere Einzelheiten zu erfahren.

Inhaltlich hat Legaia 2 mit seinem Vorgänger eigentlich nichts gemeinsam. Ihr schlüpft in die Rolle des verschlafenen Antihelden Lang - oder wie immer Ihr heißen wollt - und schützt Euer vermeintliches Heimatdorf als frisch gebackenes Mitglied der örtlichen Bürgerwehr vor unliebsamen Eindringlingen. Kurz darauf taucht jedoch ein mysteriöser Bösewicht namens Gold Eyes auf, der den magischen Dorfstein raubt, um das Ende der Menschheit heraufzubeschwören.

Vom Morgenmuffel zum Weltenretter

Dass Ihr dies verhindern müsst, dürfte klar sein und das, obwohl Ihr selbst überhaupt kein normaler Mensch zu sein scheint, sondern ein so genannter Mystic - genauso wie Euer Gegenspieler. Das will Lang zwar lange Zeit nicht wahrhaben, aber sein Schicksal sollte sich von diesem Tag an schlagartig ändern. Und schon bald findet Ihr Verbündete, die Euer Schicksal teilen und der Kampf Gut gegen Böse nimmt seinen stereotypen Lauf.

Bis Lang seine wahre Identität akzeptiert und seine übernatürlichen Fähigkeiten nutzen kann, vertraut er jedoch zunächst einzig auf seine Schwertkünste, die auch im weiteren Spielverlauf eine gewichtige Rolle spielen.So kann er nicht nur einzelne Hiebe austeilen, sondern auch wuchtige Kombos und Spezialmanöver erlernen. Dies geschieht allerdings nicht automatisch, sondern hängt in erster Linie von Eurer Experimentierfreudigkeit bei Kämpfen ab.

Experimentelle Schwertkunst

Zwar ist das rundenbasierte Kampfsystem an sich eher simpel und unspektakulär, aber wie schon im Vorgänger dürft Ihr bei physischen Angriffen individuelle Schlagfolgen eingeben, wie Ihr sie sonst eher bei einem Beat`em-Up erwarten würdet. Zur Auswahl stehen zwar nur Schläge nach links, rechts, oben und unten, aber im Verlauf des Spiels lassen sich diese immer länger miteinander verknüpfen, wodurch sich unzählige Möglichkeiten ergeben.

Da es bei jedem der insgesamt fünf spielbaren Charakter andere Moves zu entdecken gibt, wird Euch das Austüfteln neuer Spezialattacken jedenfalls lange beschäftigen. Für manch einen vielleicht sogar zu lange, denn die meisten Experimente verpuffen in konventionellen, weniger Schaden verursachenden Schlagfolgen. Da der relativ hohe Schwierigkeitsgrad aber ohnehin immer wieder zum Aufleveln zwingt, stellen beiläufige Kombo-Experimente eine willkommene Auflockerung dar. Manche Moves könnt Ihr aber auch während Gesprächen oder anderen Ereignisse erhalten.

Ansonsten bietet das Kampfsystem die üblichen Möglichkeiten: Verteidigung, Flucht, Item- und Magieeinsatz, wobei Letzterer an die so genannten Origins gekoppelt ist, einem in jedem Mystic schlummernden Elementarwesen, das über individuelle Zauberkräfte verfügt. Auf Wunsch könnt Ihr Eurer maximal dreiköpfigen Party auch vorgegebene KI-Scripts zuordnen und sie CPU-gesteuert in den Kampf schicken. Zu Konfrontationen mit Gegnern kommt es übrigens nach dem klassischen Zufallsprinzip wie man es etwa von der Final-Fantasy-Serie her kennt, während die Aktionsreihenfolge vom Agilitätswert der Beteiligten abhängt.

Abseits des im Vordergrund stehenden Kampfgeschehens reist Ihr von Schauplatz zu Schauplatz, folgt der vorhersehbaren Story, tratscht mit anderen Charakteren oder frönt Einkaufsbummeln und abwechslungsreichen Minispielen wie Wetthüpfen, Messerwerfen oder diversen Glücksspielen. Hin und wieder lernt Ihr auch neue, in Ausrüstungsgegenständen schlummernde Skills, schmiedet effektivere Waffen und Rüstungen oder bereitet aufputschende Speisen zu. Item- und Skill-System sind jedenfalls überaus facettenreich ausgearbeitet und laden wie das Kampfsystem zum ausgiebigen Kombinieren und Experimentieren ein.

Abwechslungsreicher Spielverlauf

Selbst bei Dialogen dürft Ihr oft zwischen völlig unterschiedlichen Antworten oder Fragen wählen. Den Spielverlauf beeinflusst dies zwar nicht, aber den Gesprächsverlauf schon. Für besondere Gespräche, Leistungen und Aktionen bekommt Ihr zudem Spitznamen verliehen, die Euch unter anderem Zugang zu speziellen Gebieten verschaffen können. Manchmal kommt Ihr hingegen nur durch die Nutzung Eurer Origins weiter, die zum Beispiel imstande sind, Geröll aus dem Weg zu schaffen oder Kletterpflanzen wachsen zu lassen.So wird das Gameplay im Verlauf des Spiels immer komplexer, ohne jedoch überladen zu wirken. Für die nötige Übersicht sorgen dabei spielbegleitende Tutorials sowie eine jederzeit aktivierbare Hilfefunktion mit nützlichen Erklärungen. Diese wurden allerdings, wie übrigens das gesamte Spiel, nicht übersetzt, so dass für ein umfassendes Verständnis solide Englischkenntnisse nötig sind.

Was Präsentation und Technik betrifft, ist Legaia 2 eher eine Enttäuschung. Die grafische Gestaltung wirkt mit ihren relativ klobigen Spielfiguren, schwachen Texturen, teils staksigen Animationen und der fehlenden Kantenglättung alles andere als zeitgemäß. Die wichtigsten Charaktere wurden zwar liebevoll gestaltet, aber weniger wichtige Spielfiguren kommen über den Charme von Marionetten nicht hinaus. Auch die eigentlich abwechslungsreiche und idyllische Spielwelt bietet wenig fürs Auge. Ärgerlich auch, dass Euer Protagonist trotz mehrstufiger Analogsteuerung recht träge durch die Pampa stapft und sich die zahlreichen und oft langatmigen in Spielgrafik präsentierten Zwischensequenzen nicht abbrechen lassen. Aber zumindest gibt es ausnahmsweise mal keine PAL-Balken zu beklagen.

Innen hui, außen pfui

Die Soundkulisse geht in Ordnung, bleibt aber weitestgehend unspektakulär. Sprachausgabe gibt es äußerst selten und wenn, dann nur auf Englisch. Die Sprecher haben während ihrer kurzen Auftritte jedoch gute Arbeit geleistet, um die Atmosphäre akustisch aufzuwerten. Den Spielstand kann man übrigens nur auf der lediglich zur Ortswahl dienenden Weltkarte sowie an speziellen Speicherpunkten sichern. Letztere sind allerdings fair verteilt und beliebig oft verwendbar. Was man hingegen vermissen könnte, ist eine Automap. Die Levels sind zwar nicht allzu weitläufig, aber eine Orientierungshilfe wäre manchmal durchaus sinnvoll gewesen.

Fazit


Auch wenn Legaia 2 der führenden Genrekonkurrenz technisch teils hoffnungslos unterlegen ist, ist das Gameplay durchaus konkurrenzfähig. Zwar muss man auch hier auf den ein oder anderen Komfort sowie grundlegende Innovationen verzichten, aber die verwendeten Zutaten fügen sich vor allem im späteren Spielverlauf zu einem schmackhaften Rollenspiel-Cocktail alter japanischer Schule zusammen. Sowohl das Kampf- als auch das Item- und Skill-System laden zu motivierenden Experimenten ein und auch sonst wird es dank auflockernder Minispiele, angenehmer Handlungsfreiheit und skurriler Charaktere trotz ausgelutschter Story so schnell nicht langweilig. Der Schwierigkeitsgrad setzt allerdings geduldiges Aufleveln und die fehlende Lokalisierung solide Englischkenntnisse voraus. Wer rundenbasierte Fernost-RPGs mag und bereit ist, bei Präsentation und Spielkomfort Abstriche in Kauf zu nehmen, wird jedenfalls gut unterhalten und das sogar ohne die ansonsten üblichen PAL-Balken.

Pro

  • <li>keine PAL-Balken</li><li>interessantes Kampfsystem</li><li>angenehme Handlungsfreiheit</li><li>abwechslungsreiche Minispiele</li><li>sympathisches Charakterdesign</li><li>komplexes Item- & Fertigkeitssystem</li>

Kontra

  • <li>nicht lokalisiert</li><li>keine Kartenfunktion</li><li>abgedroschene Story</li><li>recht hoher Schwierigkeitsgrad</li><li>angestaubte Technik & Präsentation</li><li>Zwischensequenzen nicht abbrechbar</li>

Wertung

PlayStation2