BMX XXX - Test, Sport, PlayStation2, XBox

BMX XXX
18.12.2002, Paul Kautz

Test: BMX XXX

Momentan scheint der Glaube vorzuherrschen dass Trendsportspiele umso besser werden, je mehr es davon gibt. Und so schießen die Skateboard-, Inline-, Surf-, Snowboard- und natürlich BMX-»Simulationen« wie Pilze aus dem Boden. Wie kann man sich da noch von der Masse abheben? Ganz einfach wie im richtigen Leben auch: durch nackte Tatsachen. Ob »Sex sells« auch in der Spielebranche zieht, erfahrt Ihr im Test.

Das coole Introvideo macht klar, dass BMX XXX (ab 99,90€ bei kaufen) irgendwie anders ist als die Mat Hoffmans dieser Welt, besteht es doch aus einem rasanten Mischmasch von BMX-Stunts, bösen Stürzen und sich räkelnden Stripperinnen. Im durchgestylten Hauptmenü könnt Ihr Euch entweder gleich auf die Karriere stürzen, oder (empfehlenswert) zuerst Euren eigenen Biker zusammenschrauben: Im Editor dürft Ihr unter hunderten Einzelteilen wählen, um Euer Männlein oder Weiblein formgerecht auszustatten. Darunter befinden sich Hosen, Hemden, Schuhe, verschiedenste Gesichtsformen, Hautfarben, Mützen, Tattoos und etliches mehr. Nicht zu vergessen natürlich das »Bauch rein, Brust raus«-Feature, mit dem Ihr die Körbchengröße Eurer Bikerin zwischen »Laufstegmodel« und »Lara Croft« einstellen könnt. Entspricht das Alter Ego Euren Ansprüchen, ist es an der Zeit sich aufs Radel zu stürzen und loszulegen. Wem das alles zu viel Arbeit ist, der darf natürlich auch zwischen zehn vorgefertigten Pedalschwingern wählen.

Biker-Schnitzen

Euer »Abenteuer« beginnt in der Bronx, wo Ihr Euch mit den grundlegenden Spielmechanismen vertraut macht. Steuerungstechnisch bietet BMX XXX keine allzu großen Überraschungen: Tricks werden per Kombination aus Knöpfchendrücken und Richtungstaste gestartet, außerdem darf mit der Schultertaste ein wenig getweakt werden; Stunt-Kombinationen sind ebenso möglich wie diverse Grinds und Manuals.

Geister-Räder

Leider gibt es keine Möglichkeit, Pipe-Tricks mit Flachland-Manövern zu verbinden, wie es beispielsweise bei Tony Hawk's Pro Skater 4 oder Aggressive Inline problemlos möglich ist. Dafür dürfen am Boden leicht zu balancierende Tricks ausgeführt werden.

So weit, so unspektakulär - allerdings punktet BMX XXX mit einigen netten Ideen: Zum einen gibt es den »Geisterfahrer-Modus«, in dem Ihr vom Rad springt und es eine Weile herrenlos dahintorkeln lasst. Eigentlich sinnlos, aber witzig anzusehen, und wird außerdem in einigen Missionen benötigt - warum auch immer. Weiterhin ermöglichen Euch die Schultertasten ein »Skid«-Manöver, was Euch nicht nur eine schnelle Wende, sondern der Straße unter Euch schicke Bremsspuren beschert. Und zu guter Letzt ist hier das »Skitching«, also das Festhalten an fahrenden Autos sehr einfach gelöst und problemlos ausführbar.

Etwas schwieriger sind da schon die normalen Tricks: Beispielsweise ist das Tweaken eine gefährliche Sache, da man sehr oft den Überblick verliert, in welche Richtung das Rad nun eigentlich zeigt. Als ob das nicht genug wäre, müsst Ihr auch ziemlich gerade landen, da nur minimale Schräglagen sofort mit einer blutigen Nase geahndet werden - netterweise dürft Ihr übertriebene Ausflüge in die Pampa per Stall-Taste abfangen. Falls es doch mal in die Hose geht, »glänzt« die Physik-Engine mit einigen der merkwürdigsten Fall-Animationen, die man bislang in diesem Genre zu sehen bekam - seit wann bestehen Biker aus Gummi?

 

Die insgesamt acht nicht gerade kleinen Levels führen Euch von erwähnter Bronx zu einem Staudamm, nach Las Vegas und schließlich in eine verlassene Raketenstartrampe. Um die höheren Levels freizuschalten, müsst Ihr mindestens zehn der pro Areal 20 Aufgaben bewältigen. Diese sind natürlich ganz nach dem »es gibt keine Geschmacksgrenzen«-Credo von BMX XXX designt: Unter anderem sammelt Ihr Bierdosen für einen Penner, liefert Prostituierte bei Ihrem Zuhälter ab, fahrt Arbeiter mit Blähungen zu Wanderklos, versorgt einen Pyromanen mit Dynamit usw. Gelegentlich werdet Ihr auch von anderen Bikern zu einem kleinen Wettkampf herausgefordert, außerdem lauern überall Bonusmissionen, die mehr und längere Strip-Videos freischalten, aufsammelbare Fahradteile und vieles mehr. Zusätzlich gibt es auch zwei Wettkampf-Arenen im Spiel, in denen man eine Medaille einfahren muss, um weiterzukommen.

Missionen über Missionen

Die meisten Aufgabenstellungen sind schon zu Levelbeginn verfügbar. Ihr fahrt zu der betreffenden Person, quatscht sie an, und habt dann oftmals ein Zeitlimit, um das Werk zu vollenden - im eigentlichen Level könnt Ihr herumkurven, bis Ihr schwarz werdet. Leider kann man nicht direkt zur Aufgabe springen. Darüber hinaus ist es nicht möglich, sie innerhalb der Mission neu zu beginnen - etwa wenn man schon früh merkt, dass man sie nicht hinbekommt. Umständlich ist auch, dass man nach einem vergeigten Auftrag stets zum Aufgabensteller zurückradeln und sich den Sermon erneut anhören muss, bevor man die Mission neu beginnen darf. Außerdem ähneln sich die Missionsziele im Laufe des Spiels sehr stark.

Zu jeder Aufgabe gibt es auf Wunsch eine kurze Erläuterung, trotzdem bleiben oft viele Fragen offen. Insbesondere da man nur selten einen Hinweis bekommt, wo man eigentlich hin muss. Außerdem sind viele der teils sehr schweren Missionen erst verfügbar, nachdem man andere erledigt hat. Die logischen Brücken werden oft durch Filmsequenzen in Echtzeit gebaut, in denen teils recht witzige Ereignisse stattfinden, die weitere Missionen ermöglichen. Sehr oft habt Ihr auch Beifahrer, mit denen Ihr Stunts vollführen müsst: einen mit einer Promenadenmischung zu kreuzenden Pudel, Prostituierte oder ein dixi-Klo inklusive Arbeiter mit Darmproblemen - merkwürdigerweise üben die Passagiere keinerlei Einfluss auf Eure Fahreigenschaften aus. Ferner müsst Ihr bei allen Anhängseln aufpassen nicht zu stürzen, da die Mission sonst gleich noch mal versucht werden darf.

Blinde Passagiere

Überhaupt solltet Ihr sehr auf Eure Gesundheit achten: Bei jedem Sturz und bei jeder Kollision mit einem Auto oder Ähnlichem verliert Ihr eine bestimmte Menge »Lebensenergie«, die nur durch erfüllte Aufgaben wieder erneuert werden kann. Ist die Anzeige völlig entleert, hohnlacht Euch ein dickes »Game Over« entgegen. Allerdings ist das nicht so schlimm wie es klingt, da somit lediglich nicht abgeschlossene Missionen erneut gespielt werden müssen. Was uns dazu bringt, dass nicht frei gespeichert werden kann - lediglich nach dem Game Over oder nachdem Ihr das Spiel verlassen habt, darf ein Savegame angelegt werden. Stellt sich die Frage nach dem »Warum?«.

 

Grafisch merkt man BMX XXX deutlich den Einfluss des nun mittlerweile über ein Jahr alten Dave Mirra Freestyle BMX an. Ganz besonders die groben Spielermodelle wecken Erinnerungen, und passen irgendwie gar nicht in ein Spiel, das ausdrücklichen Wert auf Nackheit legt - da ist nichts rund. Kleingeister mögen sich überdies fragen, wieso ausgerechnet in BMX XXX kein vernünftiges »Bouncing-Boob«-Feature implementiert wurde; wenn es ein Game gibt, das geradezu danach schreit, dann ist das doch wohl dieses. Dafür sind die Animationen sehr schön geraten; ganz besonders die Interaktion zwischen Biker und Bike ist sehr glaubwürdig und fein ausgearbeitet. Bedauerlicherweise bekommt Ihr nicht immer Gelegenheit, die Bewegungen gebührend zu genießen, da keine der vier wählbaren Kameraperspektiven stets zuverlässig hinter dem Radler bleibt.

Hackebeil-Heroen

Die Framerate bleibt trotz weitläufiger Levels stets konstant, allerdings hat das Spiel mit bösen Pop-Ups zu kämpfen. Nur ploppen hier keine Häuser aus dem Nichts, sondern Personen! Viel schlimmer sind jedoch die allgegenwärtigen Clipping-Fehler, die nicht nur dafür sorgen, dass Arme, Beine oder Radteile schon mal in Wänden verschwinden. Vielmehr passiert es sehr häufig, dass Ihr in Verkehrsschildern, an Geländern oder einfach mitten in der Landschaft hängen bleibt, und nur selten die Möglichkeit habt, Euch wieder zu befreien. Addiert man noch das auf Dauer nervige Interlace-Flimmern und den nicht abschaltbaren, und bestimmt nicht jedermanns Geschmack treffenden Blur-Effekt, bleibt ein sehr mäßiger Grafikeindruck zurück. Die Strip-Videos sind in Sachen Qualität und Ästhetik nicht übel, leiden aber an einem vermutlich Stripclub-bedingten Blaustich, der dem ganzen einer eher unheimliche als erotische Note gibt - von den überhektischen Schnitten ganz zu schweigen.

Neben dem »Hardcore« genannten Karrieremodus lädt lediglich der Multiplayermodus zum weiteren Spielen ein, in dem sich zwei per Splitscreen getrennte Biker in drei Modi austoben dürfen: im Strip-Duell entkleiden Rekorde den Gegner, bis er ganz nackt ist. Das Skillz-Rennen ist nichts weiter als die Jagd nach Highscores, und im Paintball nehmt Ihr Euren Kontrahenten mit diversen Waffen ins Visier, um ihn vom Aufsammeln mehrerer Ghettoblaster abzuhalten - nicht eben berauschend.

BMX im Visier

Das gilt auch zu weiten Teilen für die Akustik: Die Musikuntermalung besteht aus einer rockigen Mischung aus 80er- und 90er-Bands wie Green Day, Motley Crue, De La Soul oder KRS-One, und ist als solche weder auffallend gut noch sonderlich ohrenvernichtend. Die komplett englische Sprachausgabe ist an sich nicht schlecht und glänzt mit einer Vielfalt kreativer Beleidigungen. Sie wiederholt sich allerdings an bestimmten Stellen wahnsinnig oft - bleibt man beispielsweise in einer Halfpipe und poliert dort ständig den Boden, bekommt man auch dauernd mit demselben Spruch zu hören, wie mies man doch sei. Für alle, die dem Englischen nicht so mächtig sind, sind die Aufgabenbeschreibungen deutsch untertitelt. Wobei nicht nur das Handbuch mit vermutlich unbeabsichtigt darin verbliebenen Korrekturhinweisen glänzt, sondern auch im Spiel Stilblüten wie »große Luft« einen »Big Air« nur bedingt hilfreich übersetzen. 

Fazit

Gleich mal vorweg: BMX XXX ist bei weitem nicht so dreckig oder sexistisch, wie man oder Acclaims Marketingsabteilung denkt. Dazu sind die Anspielungen zu flach, viele Gags schlicht pubertär und die Stripperinnen zu harmlos. Aber auch als reines BMX-Game ist »Dave Mirra 2 ½« nicht der Weisheit letzter Schluss: Massive Bugs, auf Dauer abwechslungsarme Missionen und im Vergleich zu aktuellen Genrekonkurrenten altbackene Grafik locken keinen Mat Hoffman hinterm Bike hervor. Und dennoch macht das Spiel irgendwie Spaß - man spielt es eine Weile, gackert ein bisschen und ist ein wenig glücklich. Doch das ist bei wahnsinnig vielen anderen Spielen genauso, die bieten darüber hinaus nicht ganz so viele Ärgernisse. So verbleibt nur ein weiteres BMX-Game im nicht ganz normalen Ambiente. Keine Katastrophe wie Toxic Grind, aber auch bei weitem kein Mat Hoffman's Pro BMX 2.

Pro

  • <P>
  • rasante Grafik
  • teils witzige Aufträge
  • guter Spieler-Editor
  • einfache Steuerung
  • interessantes Ambiente
  • qualitativ gute Videos</P>

Kontra

  • <P>
  • viele Bugs
  • grobe Spielermodelle
  • Personen-Pop-Ups
  • wenig Hilfe bei den Aufgabenstellungen
  • teils sehr schwere Aufträge
  • unzuverlässige Kameraführung
  • merkwürdige Sturz-Physik
  • umständliche Aufgaben-Auswahl
  • kein freies Speichern
  • Blur-Effekt nicht abschaltbar</P>

Wertung

PlayStation2

Ein BMX-Game, das im Grunde keiner braucht.