Ghost Recon - Test, Shooter, PC, XBox, GameCube, PlayStation2

Ghost Recon
02.02.2003, Mathias Oertel

Test: Ghost Recon

Nach Splinter Cell schickt Ubi Soft ein weiteres Tom Clancy-inspiriertes Spiel in den Xbox-Einsatz. Dieses Mal handelt es sich um das bereits PC-bewährte Ghost Recon, welches den Xbox-Fans das populäre Genre der Taktik-Shooter schmackhaft machen soll. Ob die Spielspaß-Granate auch auf der Microsoft-Konsole zünden kann, erfahrt Ihr im Test.

Wir schreiben das Jahr 2008: Russland ist in der Hand von Ultranationalen, die den eisernen Vorhang wieder aufbauen wollen. Konflikte sind vorprogrammiert. Als Russland die Anrainerstaaten Georgien und die Baltenrepubliken wieder einnehmen will, tritt die Nato in die Kriegswirren ein und schickt die Ghost-Eliteeinheit der US-Armee ins Krisengebiet, um den russischen Vormarsch aufzuhalten.

Geister in der Zukunft

Wer beim Begriff Shooter bislang nur an Halo und Unreal Championship dachte, wird umdenken müssen. Denn im Gegensatz zu den endlosen Action-Schlachten der beiden Spiele ist bei Ghost Recon Taktik, Finesse, geschickte Planung und Voraussicht angesagt. Ansonsten werdet Ihr die 15 anspruchsvollen Einzelspieler-Missionen wohl kaum erfolgreich beenden können.

Taktik statt Action

Das beginnt schon bei der Missionsbeschreibung, die Euch kurz erklärt, was auf Euch zukommt. Zwar könnt Ihr die Erzählung auch überspringen, doch wer ein wenig Geduld aufbringt und sich den ganzen Text anhört, kriegt neben den Missionszielen auch nützliche Hinweise, wie man am effektivsten an Euer Ziel kommt.

Danach geht es an die Teamauswahl: Insgesamt stehen Euch sechs Ghosts in zwei Gruppen zur Verfügung, die Ihr aus anfänglich zwölf Soldaten auswählen könnt. Weitere Spezialisten können durch Erfüllen der Sekundäraufgaben freigespielt werden. Allerdings solltet Ihr darauf achten, dass Eure Teams für die bevorstehende Aufgabe gewappnet sind. Und obwohl Ihr auch von der CPU die Aufstellung automatisch vornehmen lassen könnt, solltet Ihr selber entscheiden, wen der sechs Gewehrträger, zwei Sniper, zwei Sprengstoffexperten und zwei Unterstützungs-Spezialisten Ihr mitnehmt. Denn die Auto-Auswahl stellt Euch nicht immer die besten oder sinnvollsten Mitstreiter zur Seite und nutzt auch nicht die Möglichkeit, Eure Einheiten mit Erfahrungspunkten aus erfolgreichen Missionen aufzuwerten.

Für Anfänger ist dies zwar unheimlich praktisch, da ein schneller Einstieg gewährleistet ist, doch wenn selbst in späteren Missionen die Spezialisten mit ihren Standardwerten antreten, beginnt man, die Verbesserungen zu vermissen und legt selbst Hand an.

Im Einsatz steuert sich Ghost Recon genau so wie ein herkömmlicher Shooter, hat jedoch einige Finessen, die dem Spiel einen realistischen Touch geben. Zwar könnt Ihr nicht springen, doch dafür habt Ihr die Möglichkeit, verschiedene Positionen einzunehmen, um in Deckung zu gehen.

Spannender Einsatz

Leider haben es die Entwickler aber nicht geschafft, eine KI ganz ohne Fehler zu entwickeln, was sich vor allem in Gebäuden bemerkbar macht. Denn hier passiert es hin und wieder, dass Euch Eure eigenen Mannen den Weg blockieren oder nicht mehr aus einem Raum herauskommen, weil sie zu zweit durch die Tür wollen.

Weiterhin könnt Ihr auch nicht so aus dem Handgelenk Waffen wechseln oder nachladen, sondern müsst wertvolle Sekunden warten, bis Ihr wieder einsatzfähig seid.

Obwohl die KI sowohl bei Euren Team-Mitgliedern, die sich getreu Euren Anweisungen verhalten, als auch bei den Gegnern einen guten Job abliefert, habt Ihr jederzeit die Möglichkeit, auf einen beliebigen anderen Spezialisten umzuschalten.

Ein weiterer Unterschied zu den herkömmlichen Shootern sind die realistischen Trefferzonen. Denn unter Umständen kann ein Schuss reichen, um Euch aus dem Verkehr zu ziehen, was wiederum gewaltige (An-)Spannung verursacht und Euch permanent unter Druck setzt.

Obwohl die Möglichkeit des Team-Managements an sich vielversprechend wirkt, bleibt die Umsetzung etwas hinter den Erwartungen zurück. Denn außer in bestimmten Momenten, in denen Ihr z.B. auf den Sprengstoffexperten schalten müsst, um eine Sprengladung anzubringen, ist es durchaus möglich, sich durch 70% der Missionen quasi solo mit einem Sniper durchzuschlagen, während Euer Team Sperr- oder Deckungsfeuer abgibt.

Glücklicherweise könnt Ihr jederzeit abspeichern, so dass Ihr nicht immer wieder an den Anfang der Mission zurückkehrt, wenn Ihr scheitern solltet.

Doch im System-Link und per Xbox Live geht es richtig ab: Neben zahlreichen Spieltypen, angefangen von Last Man Standing über Hamburger Hill bis Domination, die sowohl solo als auch im Team gespielt werden können, steht Euch eine wahre Flut an Optionsmöglichkeiten zur Verfügung, um das Spiel Euren Wünschen entsprechend zu konfigurieren.

Hier wäre sicherlich mehr möglich gewesen, doch letzten Endes tut dieses kleine Manko dem Spielspaß keinen Abbruch.

Multiplayer Furioso

Obwohl man sich mit der Einzelspieler-Kampagne recht lang beschäftigen kann, werden die meisten wohl schnell auf den Multiplayer-Modus umsteigen, der sowohl Splitscreen als auch System-Link und vor allem Xbox Live unterstützt.

Im Splitscreen-Modus stehen Euch drei Modi zur Verfügung, von denen der Koop-Modus nochmals in drei Spieltypen unterteilt ist und für gehörigen Spaß sorgen kann.

Allerdings solltet Ihr Euch davor hüten, mehr als acht Spieler für Euer Match zuzulassen.

So wird z.B. das Snipern zur absoluten Glückssache, was den Spaß deutlich mindert. Mit einer Idealeinstellung jedoch erzeugt Ghost Recon so viel Spaß wie Spannung und ist als einer der besten und abwechslungsreichsten Multiplayer-Shooter auf der Xbox durchweg empfehlenswert.

Denn obwohl bis zu 16 Spieler möglich sind, kommt es zu gewaltigen Lag-Problemen, die sich nicht nur auf die Voice Communication beziehen, sondern dank auf- und wegpoppender Figuren auch stark spielbeeinflussende Wirkung zeigen.

Im Vergleich zu den anderen Xbox Live-Spielen muss man sich jedoch an die Methode der Voice Communication gewöhnen. Statt permanent offener Kanäle müsst Ihr während des Sprechens eine Taste drücken. Doch auch das hat man schnell im Griff, so dass der Spaß losgehen kann. Und vor allem diese nicht geskripteten Ausrufe der Mitspieler oder Gegner ziehen einen immer weiter in das Spiel hinein und sorgen für eine Menge Stimmung.

So spannend und motivierend die Einzelspieler-Missionen und vor allem die Multiplayer-Schlachten auch sind, die Grafik hat keinen großen Anteil daran, dass man Ghost Recon immer wieder aus dem Schrank holt. Denn hier wird größtenteils nur guter Durchschnitt geboten. Die Figurenmodelle sind zwar schön anzuschauen und bewegen sich auch geschmeidig, doch sobald irgendwelche Modelle in den teilweise extrem groß angelegten Abschnitten auftauchen, hört die Schönheit auf und macht ziemlich einfallslosen Texturen und unschön anzuschauenden Blöcken Platz.

Gerade mal Durchschnitt

Zudem hat die Engine mit Fade-Ins, Pop-Ups und Nebelbildung zu kämpfen. Letzteres ist besonders ärgerlich, denn häufig kann es passieren, dass Ihr aus der Nebelbank heraus unter Beschuss genommen werdet, obwohl Ihr den Gegner noch nicht einmal sehen könnt.

Doch das, was Ihr zu hören bekommt, ist schlichtweg famos und sorgt für eine gigantische Atmosphäre. Und in der teilweise gespenstischen Stille, die über Euch hereinbricht und nur von Euren Schritten, Wind und gelegentlichen Durchsagen Eurer Team-Kameraden unterbrochen wird, werden die plötzlich auflodernden Feuergefechte vollkommen überraschend in den Mittelpunkt gerückt und versetzen Euch auf der Stelle mitten ins Kriegsgebiet.

Weiterhin schafft es die Engine nicht, eine kontinuierliche Bildrate zu halten, was sich aber nicht negativ auf das Spielgefühl auswirkt.

Trotz aller Schwächen schafft es das Grafikgerüst aber im Zusammenspiel mit der Soundkulisse eine schöne Atmosphäre aufzubauen, die immer wieder für Spannung sorgt und das Adrenalin in Wallung bringt.

Schweigen im Walde

Wer von den üblichen Shootern eine imposante Soundkulisse gewöhnt ist, wird von Ghost Recon vermutlich anfangs enttäuscht sein. Denn während der Missionen gibt es keine Musik und auch die sonstigen Soundeffekte werden äußerst sparsam eingesetzt.

Und wer zu Hause über ein 5.1-System verfügt, kann die kernige Atmosphäre sogar noch stärker genießen.

Fazit


Hat man sich erst einmal an die Steuerung gewöhnt, entfaltet Ghost Recon seinen ganzen Reiz: Die abwechslungsreichen und fordernden Einzelspieler-Missionen bilden mit ihren taktischen Elementen und der notwendigen vorsichtigen Herangehensweise eine willkommene Abwechslung zu den actionbetonten Kollegen wie z.B. Halo. Mit den zahlreichen Multiplayer-Möglichkeiten -vor allem über Xbox Live- holt Ghost Recon jedoch zum erfolgreichen Rundumschlag aus. Allerdings nur solange man nicht mit mehr als acht Spielern zur Sache geht. Denn ansonsten rutschen die Lags gefährlich nahe an den Rand der Unspielbarkeit. Die stimmige und äußerst dezent eingesetzte Soundkulisse sorgt für ein weiteres Ansteigen der Atmosphäre. Nur die wenig opulente Grafik kann einem das Spiel ein bisschen verleiden. Doch unter dem Strich ist die Xbox-Umsetzung der PC-Serie ein gelungener Versuch, Taktik-Shooter auf Konsolen zu etablieren.

Pro

  • <li>mit wenigen Ausnahmen gute KI</li><li>realistischer Taktik-Shooter</li><li>geniales Multiplayer-Game</li><li>abwechslungsreiche Missionen</li><li>gutes Tutorial</li><li>spartanische, aber durchweg hervorragende Soundkulisse</li><li>übersichtliche Karte</li><li>Speichern jederzeit möglich</li>

Kontra

  • <li>gewöhnungsbedürftige Steuerung</li><li>bei großen Multiplayer-Spielen gewaltige Lags</li><li>grafische Schwächen</li><li>Team-Management kann nicht überzeugen</li>

Wertung

XBox