Splinter Cell - Test, Action-Adventure, PC, GameBoy, GameCube, XBox, PlayStation2

Splinter Cell
27.02.2003, Mathias Oertel

Test: Splinter Cell

Seit Monaten wird durch Screenshots und Videos die Vorfreude auf Ubi Softs Splinter Cell (ab 1,25€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) geschürt. Doch endlich ist das Warten vorbei und nach den Xbox-Spielern dürfen auch PC-User mit dem Schleicher durchstarten. Wir haben uns mit dem NSA-Agenten Sam Fisher erneut auf Terroristenjagd begeben und erzählen Euch im Test, wie es uns dabei ergangen ist.

Stille. Dunkelheit. Aber nicht dunkel genug. Ich muss aufpassen, dass mich der Wachmann nicht sieht. Gerade verschwindet er um die Ecke. Schnell das nächste Licht ausschießen. Verdammt! Er hat mich gehört. Aber er kann mich in der alles verschluckenden Finsternis nicht erkennen. Sein Pech. Denn dank meines Nachtsichtgerätes sehe ich alles wie am lichten Tage. Er ist nur noch wenige Schritte von mir entfernt. Ein Blick auf meinen Munitionsvorrat verrät mir, dass ich sparsam mit den Kugeln umgehen sollte. Kein Problem. Da es stockdunkel ist, kann ich mich sorglos an den armen Kerl heranschleichen und ihn mit einem gezielten Schlag ausschalten. Jetzt muss ich nur noch an der Überwachungskamera vorbei kommen...

Schatten an der Wand

Wir schreiben das Jahr 2004. Eine CIA-Agentin verschwindet spurlos bei einem Einsatz in Georgien. Als letzte Instanz soll die National Security Agency (NSA) helfen, die vermisste Agentin zu finden. Die ein Jahr zuvor gegründete Third Echelon-Abteilung schickt mit Sam Fisher eine ihrer besten "Splinter Cells", solo operierende Informationsbeschaffungs-Einheiten, um das Geheimnis zu lösen. Um dem Rätsel auf die Spur zu kommen, muss Sam gewaltig von der fünften Freiheit Gebrauch machen, die alle Aktionen rechtfertigt, um die anderen Freiheiten wie Religionsausübung und Redefreiheit zu gewährleisten. Der Kampf gegen den Terror kann beginnen.

Szenen wie diese werdet Ihr zuhauf in Splinter Cell erleben, das sich erfreulich von den hinlänglich bekannten Tom Clancy-Umsetzungen Rainbow Six und Ghost Recon unterscheidet.

Denn das Abenteuer um den NSA-Agenten Sam Fisher ähnelt vom Grundkonzept dem Mega-Seller Metal Gear Solid 2, geht aber in vielen Punkten darüber hinaus und gibt dem Stealth-Genre einige neue Impulse. Und die Story?

Third Echelon oder die fünfte Freiheit

Grundlegend geht es natürlich immer noch darum, in den großräumig angelegten Abschnitten möglichst unentdeckt zu bleiben. Doch während Solid Snake mit seinen heißen Feuergefechten immer wieder in den Action-Teil abdriftet, bleiben bleihaltige Auseinandersetzungen hier eher im Hintergrund.

Metal Gear Fisher

Dementsprechend sind die Rätsel auf die Fähigkeiten von Sam abgestimmt und erfordern neben einer genauen Kenntnis der Kontroll-Möglichkeiten auch eine Menge Geduld. Denn wenn Ihr vorstürmt wie weiland Rambo, landet Ihr schneller auf dem Heldenfriedhof als Euch lieb ist.

Überhaupt ist es bei Splinter Cell vorteilhafter, direkte Auseinandersetzungen zu vermeiden und zu versuchen, einen indirekten Weg zu wählen.

Damit Sam gegen die zahlreichen in den Abschnitten verstreuten Gegner und Sicherheitsanlagen eine Chance hat, steht ihm ein reichhaltiges Arsenal an Bewegungsmöglichkeiten und Gadgets zur Verfügung. Doch keine Panik: In einem ausgedehnten Trainingslevel könnt Ihr Euch an die Finessen der gut reagierenden und idealen Maus-/Tastatur-Steuerung gewöhnen. So solltet Ihr nach wenigen Minuten kaum noch Probleme haben, die Gegner auszuschalten, zur Mitarbeit zu "überreden", hohe Mauern zu erklimmen usw.

Weitaus sinnvoller ist es, im Schatten zu warten, sich die Patrouillen-Wege zu merken und dann gezielt entweder an den Wachen und Kameras vorbeizuschleichen oder ohne großes Aufsehen einen nach dem anderen auszuschalten.

Doch dann ja nicht vergessen, die Leiche aufzuheben und an einem sicheren Ort zu verstecken, denn ansonsten wird schnell ein Alarm ausgelöst, der unter Umständen das Ende der Mission bedeutet.

Nachtsicht, Spagat und Kamerafreiheit

Großes Lob gebührt auch der Kamera, die Ihr jederzeit frei postieren könnt, um so den bestmöglichen Überblick zu behalten. Und nur in Ausnahmefällen passiert es, dass die Kamera hinter einem Objekt verschwindet und somit Sams Wahrnehmung unangenehm beeinflusst.

Doch manchmal ist selbst Sams Fitness, die in einem Sprungspagat zwischen zwei Mauern gipfelt, nicht ausreichend, um das Ziel zu erreichen.

So kann unser Geheimagent z.B. Schlösser knacken, Computer benutzen oder ganz einfach mit einer Minikamera den nächstliegenden Raum auskundschaften ohne Angst haben zu müssen, entdeckt zu werden.

Mit dem sinnvollen Einsatz der Gadgets und Sichtoptionen erhält das Stealth-Abenteuer einen taktischen Touch, den man bei Kollege Solid Snake etwas vermisst.

Auch wenn einem die großen Abschnitte Bewegungsfreiheit vorgaukeln und generell auch abwechslungsreich aufgebaut sind, bleibt Splinter Cell streng linear: Die meisten Türen könnt Ihr nicht verwenden und erst, wenn Ihr bestimmte Aufgaben erledigt habt, wird die Pforte geöffnet, die in den nächsten Teilabschnitt führt.

Clever, schwer und linear

Doch auch so habt Ihr genug zu tun, um unbeschadet ans Ziel zu kommen. Allerdings laufen trotz oder gerade wegen der zahlreichen Möglichkeiten, die Ihr habt, die meisten Aktionen auf "Trial-and-Error" hinaus. Da das Programm Euch aber die Möglichkeit gibt, jederzeit abseits der regulären Kontrollpunkte abzuspeichern, wird der Frust bei einem mäßig gelungenen Versuch auf ein Minimum reduziert.

Verbockt man eine Aufgabe, kann man davon ausgehen, dass es an Unkonzentriertheit oder fehlender spielerischer Finesse gehapert hat. Trotzdem werden gerade Anfänger eher früher als später die Flinte ins Korn werfen - doch nur, um sich fünf Minuten später nochmals an den Anforderungen zu versuchen.

Der Schwierigkeitsgrad ist auf einem stets herausforderndem Niveau angesiedelt, das zwar häufig an der Grenze zu Unmut wandelt, diese aber nie überschreitet.

Die KI der Gegner befindet sich im Allgemeinen auf einem guten Niveau und bleibt -beabsichtigt oder nicht- bis zu einem gewissen Grad unberechenbar: Schmeißt Ihr in einer Situation eine Dose, um die Feinde abzulenken, kann es einmal funktionieren, beim nächsten Versuch jedoch keine Beachtung finden.

Hier können wir Entwarnung geben, denn bereits die empfohlene Mindest-Konfiguration mit einem 800 MHz-Prozessor und 32 MB-Grafikkarte bietet feine Grafik ohne Probleme mit der Engine zu verursachen. Wie immer bei grafikintensiven Spielen gilt natürlich: je besser Euer Rechenknecht ist, umso detaillierter könnt Ihr die Texturen, Schatten usw. konfigurieren.

Auch im Fall einer Entdeckung reagiert die KI unterschiedlich und ist immer für eine Überraschung gut. Während die einen mit gezückter Waffe auf Euch Jagd machen, holen die anderen erst einmal Hilfe oder lösen den Alarm aus.

Dadurch müsst Ihr stets wachsam sein und Eure Aktionen der Situation anpassen, was sich wiederum positiv auf das Spiel auswirkt.

Allerdings ist der Spaß im Endeffekt etwas kurz geraten: Neben dem Trainingsabschnitt warten nur neun weitere Missionen auf Euch - was sicherlich auch den anspruchsvollen Schwierigkeitsgrad erklärt.

Schattenspiele

Nachdem die Xbox-Fassung von Splinter Cell bereits gewaltig an der Grafikschraube gedreht hat, stellt sich natürlich die Frage, ob auch die PC-Fassung punkten kann, ohne allzu große Anforderungen an die Hardware zu stellen.

Allerdings gibt es auch kleine Kritikpunkte, welche die meisten jedoch angesichts der rundum gelungenen Atmosphäre verschmerzen werden. In manchen Momenten scheinen z.B. die Lichtspielereien etwas übertrieben und nehmen der Stimmung etwas Natürlichkeit.

Doch auch mit minimalen Details sieht Splinter Cell schon verteufelt gut aus.

Angefangen von den stets flüssigen Animationen aller Beteiligten, allen voran natürlich der Hauptfigur Sam Fisher, bis hin zum famosen Grafikdesign der Abschnitte haben die Designer einen durchweg gelungenen Job abgeliefert.

Besonderes Augenmerk verdienen jedoch die schon in den Bildern bewunderten Licht- und Schatteneffekte, die es in dieser Qualität noch nicht zu sehen gab und die zudem noch geschickt für das Gameplay eingesetzt werden.

Auch die Spezialeffekte wie die verschiedenen Sichtmodi sind durch die Bank fantastisch: Im Nachtsichtmodus spielen die Entwickler z.B. äußerst geschickt mit der Tiefenschärfe und sorgen so für eine fast plastische Atmosphäre.

Überhaupt wird Film-Flair groß geschrieben. Die gerenderten Zwischensequenzen machen da keine Ausnahme: Nachrichten im CNN-Stil klären Euch über den Fortgang der politischen Situation auf, in der Ihr Euch auf der Weltbühne bewegt.

An der Atmosphäre, die Splinter Cell aufbaut, hat die Soundkulisse einen gewaltigen Anteil. Die Musik, die sich dynamisch verändert, ist äußerst stimmungsvoll komponiert und sorgt genauso für Momente der Ruhe wie auch Spannung und Adrenalin, wenn irgendjemand über Euch oder Euren Schatten stolpert.

Spannung pur

In den Ruhephasen solltet Ihr auch tunlichst auf die durchweg gelungenen Soundeffekte achten. Denn nicht nur, dass die rauschenden Blätter und die je nach Untergrund unterschiedlichen Schrittgeräusche ebenfalls viel zur Atmosphäre beitragen - sie geben Euch auch Anhaltspunkte, wo sich eventuell Gegner nähern, so dass Ihr entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen könnt.

Die Sprachausgabe tut ihr Übriges: Die Sprecher, allen voran Martin Kessler -die deutsche Synchronstimme von Nicolas Cage-, liefern einen durchweg zufrieden stellenden Job ab und stehen der englischen Vorlage in nichts nach, so dass auch hier eine starke Atmosphäre aufgebaut wird.

Fazit

Nachdem die Xbox-Fassung bereits gewaltige Lorbeeren einheimsen konnte und zudem noch zum Xbox-Spiel des Jahres 2002 gekürt wurde, ist es nicht weiter verwunderlich, dass Splinter Cell auf dem PC ebenfalls mit zu den Spielen gehört, die eigentlich jeder ganz oben auf seiner Wunschliste haben sollte. Die Grafik ist schlichtweg eine Pracht, ohne all zu große Anforderungen zu stellen, die Soundkulisse ist absolut stimmig und spielerisch hat das durchdachte Abenteuer von Sam Fisher ja schon auf der Microsoft-Konsole bewiesen, was in ihm steckt. Zwar gibt es mit dem hohen Schwierigkeitsgrad und dem streng linearen Levelaufbau ein paar Punkte, die für Unmut sorgen, doch unter dem Strich wird Splinter Cell dem Hype absolut gerecht und dürfte sich als einer der herausragenden PC-Titel dieses Jahres etablieren. Und dabei schafft es der NSA-Agent sogar noch, Spielraum für seinen ärgsten Konkurrenten Solid Snake zu schaffen, der das Stealth-Genre auf dem PC demnächst komplettieren wird. Denn wo Snake zu roher Waffengewalt greift, werden bei Splinter Cell die Gehirnzellen und massive Geduld gefordert.

Pro

  • <li>geniale Atmosphäre</li><li>Rätsel auf Fähigkeiten abgestimmt</li><li>sehr gute Steuerung</li><li>stimmige Grafik mit herausragenden Lichteffekten</li><li>frei justierbare Kamera</li><li>abwechslungsreiche Locations</li><li>spannende Soundkulisse</li><li>gelungene Lokalisation</li><li>Speichern jederzeit möglich</li>

Kontra

  • <li>hoher Schwierigkeitsgrad</li><li>keine Item-Aufnahme von Gegnern möglich</li><li>lineares Leveldesign</li><li>KI mit Schwachstellen</li>

Wertung

PC