DTM Race Driver - Test, Rennspiel, PC, PlayStation2

DTM Race Driver
22.03.2003, Paul Kautz

Test: DTM Race Driver

Rennspiele, gleich welcher Herkunft, waren bislang bar jeder Geschichte: man fuhr stur seine Rennen ab, und freute sich über erreichte Platzierungen - über die Menschen am Steuer erfuhr man praktisch nie etwas. Mit DTM Race Driver (ab 18,51€ bei kaufen) hat Codemaster einen neuen Weg in Richtung Rennen plus Nebenhandlung eingeschlagen. Mal sehen, ob´s funktioniert hat.

Vor 15 Jahren: der junge Ryan McKane sieht wie üblich seinem Vater beim Rennen zu. Alles läuft gut, der alte Herr liegt vorn. Doch auf der Zielgeraden wird McKane Senior auf einmal von einem Konkurrenten fies angerempelt, der Wagen überschlägt sich und explodiert schließlich in einem gleißenden Feuerball - der Vater stirbt vor den Augen des Sohnes.

Kindheitstrauma

Schnitt ins heute: Ryan und sein Bruder sind selbst Rennfahrer. Während Donnie schon eine bekannte Größe im Rennzirkus ist, muss sich Ryan erst seine Sporen verdienen. Jeder muss mal klein anfangen, also beginnen auch wir unsere DTM-Karriere bei einem mäßigen Team. All dies erfahrt Ihr aus zwei Intros, die beide in Spielgrafik dargestellt werden - allerdings einmal gerendert, einmal in Echtzeit berechnet. Dieser Mix zieht sich durchs ganze Spiel.

Denn als Besonderheit habt Ihr es hier nicht mit einer Rennspielserie und einem Wagentyp, sondern mit 13 Rennklassen (DTM, TOCA, Alfa Gtv Cup, Pacific Challenge, etc.) und satten 42 höchst unterschiedlichen Fahrzeugen zu tun: Toyota, Peugeot, Alfa Romeo, Saab oder Mitsubishi fahren sich grundlegend anders, und erfordern jedes Mal ausgiebige Testfahrten, bevor man sie sicher unter Kontrolle hat.

Auswahl en masse

Das stilvolle, in Echtzeit berechnete Hauptmenü lässt Euch die Wahl zwischen freier Fahrt und der Laufbahn. Mangels eines Tutorials empfehlen sich ausgiebige Proberunden im Modus »Freies Rennen«.

Ihr habt die Wahl unter pompösen 52 Rennstrecken, wobei es tatsächlich nur 38 sind - die restlichen sind nur verkürzte oder sonst wie abgeänderte Variationen. So oder so düst Ihr über sehr viel Abwechslungsreichtum: lange Geraden und fiese Haarnadelkurven auf dem A1-Ring, haarsträubend enge Straßenschluchten in Vancouver oder Drehwurmgefahr in Boston. Nicht alle der Strecken sind im Freies-Rennen-Modus von Anfang an verfügbar, viele müsst Ihr erst freispielen. Hier dürft Ihr außerdem unter verschiedenen vorgegebenen Lackierungen für Euren Wagen wählen (aber leider keine eigenen pinseln) und den Schwierigkeitsgrad einstellen, der im normalen Spiel nicht wählbar ist.

Die »Laufbahn« ist natürlich das Herz von DTM Race Driver. Nur hier könnt Ihr die Story verfolgen und eine echte Rennkarriere hinlegen: Zum Auftakt jeder Saison bekommt Ihr unterschiedliche Angebote von Rennteams, die mal mehr, mal weniger attraktiv sind. Mit diesen Angeboten kommen auch Geldboni als Zusatzanreiz, die Euch am Ende der jeweils sechs Rennen langen Saison ausgezahlt werden, wenn Ihr gewisse Bedingungen erfüllt: bestimmte Teams schlagen, unter die besten drei der Gesamtwertung kommen, etc. Das Geld wird allerdings erst später im Spiel benötigt.

Karrieremensch

Nach bestandener Saison beginnt das Spielchen von vorne, mit neuen Teams und neuen Angeboten. Habt Ihr außerdem eine bestimmte Anzahl Rennpunkte gescheffelt, stehen Euch die Tore in eine neue Rennklasse offen. Punkte erhaltet Ihr durch möglichst gute Platzierungen innerhalb der Rennen - nur die sechs besten erhalten die begehrten Zähler. Leider gibt es nur in einigen Serien ein Qualifying, sonst wird Euer Startplatz vom Computer ausgewürfelt. Das ist sehr ärgerlich, da gerade der Start sehr entscheidend ist.

Witziger Weise erhaltet Ihr zwischen den Saisons neben den Angeboten auch verführerische Telefonate von konkurrierenden Fahrern, die mit Euch um die Wette rasen wollen: eine Runde auf einem Parcours ihrer Wahl, wobei es wertvolle Autos zu gewinnen gibt.

Vor den Rennen habt Ihr die Möglichkeit, etwas an Eurem Wagen herumzuschrauben und Testfahrten zu starten. Allerdings wirken sich nur wenige der Einstellungen wirklich spürbar auf das Fahrverhalten aus: veränderte Federung oder Spoilereinstellungen merkt man überhaupt nicht, falsch eingestellte Bremsen aber sofort.

Das Recht des Stärkeren

Wie schon erwähnt, fährt sich jeder Wagen grundsätzlich anders: ob mehr Power, Front- bzw. Heckantrieb oder Bremskraft - es ist stets Gewöhnung nötig. Vor allem solltet Ihr Euch an den Gedanken gewöhnen, dass hier das Recht des Stärkeren gilt. Rüpelhafte Fahrer kommen sicher ans Ziel, was mehrere Gründe hat: zum einen wird bösartiges Fahrverhalten nicht bestraft, so dass nach Herzenslust gerempelt, gerammt oder von der Strecke geschubst werden darf - auch die KI-Fahrer machen das gerne. Zum anderen dürft Ihr beherzt durch Kiesbetten oder Schikanen abkürzen, was ebenfalls keinen interessiert, der Computer aber sein lässt. Das verschafft Euch willkommene Vorteile, denn die KI ist nicht ohne, und macht nur selten Fehler. Deswegen ist es wichtig, Euch gleich zu Beginn eine möglichst gute Position zu sichern.

Falls Ihr es mit der Rüpelhaftigkeit übertreibt, kann es übrigens durchaus passieren, dass nach dem Rennen ein aufgebrachter Konkurrent in Eure Werkstatt schneit und sich in einer Zwischensequenz lautstark beschwert.

Codemasters haben schon mit Colin McRae und der TOCA-Serie bewiesen, dass sie ein fähiges Händchen für schicke Grafik haben. DTM Race Driver toppt diese und alle momentan erhältlichen PC-Racer aber bei weitem: die Grafik ist schlicht phänomenal! Die realistischen Wagenmodelle spiegeln aus allen vier Kameraansichten die tatsächliche Umgebung, die Umgebungen strotzen vor Details und bestechen mit endloser Weitsicht - nicht das kleinste Pop-Up stört den Grafikfluss. Hochauflösende Texturen, saubere Animationen, verschiedenste Wettereffekte und coole Extras wie ein rasanter Verzerr-Effekt bei schnellen Bewegungen, sind die Sahnehäubchen auf der Optiktorte. Und natürlich das Schadensmodell, das Autoliebhabern das Wasser in die Augen treiben wird: verbeulte Motorhauben, schief hängende Türen, baumelnde Stoßstangen, splitterndes Glas - wunderbar! Und das beste an der Sache ist, dass trotz alledem die Grafik auch auf mäßig schnellen Rechner anstandslos und flüssig läuft. Kompliment!

Rasendes Schmuckstück

Apropos Zerstörung: Rambos werden sich freuen, weil Ihnen das Leben erstaunlich leicht gemacht wird. Denn abgesehen von Extremfällen wie sich verabschiedenden Reifen wirken sich Schäden nur optisch, aber nicht physikalisch aus. Und da Ihr keinerlei Schäden reparieren müsst, steht einer fiesen und rücksichtslosen Fahrweise nichts im Wege.

Bruderfehde, die geheimnisvolle Frau, der mysteriöse Tod des Vaters - nun ja. Nichtsdestotrotz ist eine lasche Story besser als keine Story, außerdem wird sie in schicken Zwischensequenzen mit gut animierten Figuren und lippensynchroner Sprachausgabe präsentiert. Leider sind nicht alle Sprecher erste Wahl: während Ryan beispielsweise glaubwürdig arrogant rüberkommt, machen andere Figuren eher einen lächerlichen denn überzeugenden Eindruck.

Soap auf Rädern

Das wirkliche Novum des Spiels, die Story, ist zwar eine tolle Idee, aber letzten Endes doch nichts weiter als »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« im Rennzirkus:

Musik gibt es nur selten, während des Rennens gar nicht, dafür sind die Soundeffekte umso besser: wie schon in der TOCA-Serie klingt jeder Wagen anders, jault bei hohen Drehzahlen und erschüttert die Boxen bei den spektakulären Crashs. Dazu erklingt noch viel Funkverkehr, der neben Rundenzeiten und sonstigen Durchsagen auch den einen oder anderen Tipp bereithält.

In Sachen Steuerung müssen wir dringend zu einem Lenkrad, idealer Weise mit Pedalerie raten! Zwar lassen sich die Wagen auch mit Tastatur oder Joystick steuern, darüber hinaus habt Ihr noch die Wahl zwischen zwei Realismusgraden, aber die teilweise sehr zickig reagierenden Karren habt Ihr nur mit einem Lenkrad sicher im Griff.

Das zahlt sich dann spätestens bei Multiplayermodus aus: neben einem Splitscreen-Modus für maximal vier Spieler bietet DTM Race Driver natürlich auch LAN- und Internetunterstützung. Momentan dürfen sich da acht Spieler durch die Gegend hetzen, per angedachtem Patch sollen es in Kürze 16 werden - zuschaltbare Bots inklusive.

Fazit


Huiiiii, was für eine Grafik - DTM Race Driver macht einem schon beim Zuschauen den Mund wässrig! Und auch spielerisch wird jede Menge geboten: viele Rennserien, viele Wagen, viel Spannung und Abwechslung. Und, so mau die Story auch ist, bringt sie doch einen ganzen Batzen Atmosphäre ins sonst so trockene Rennspielgenre. Sowas wollen wir in Zukunft bitte öfter sehen! Bei allem Enthusiasmus muss aber festgehalten werden, dass DTM Race Driver nicht gerade einsteigerfreundlich ist: schwankende KI, keine Tutorials, die Startposition ist nicht beeinflussbar und die Steuerung mit allem anderen außer einem guten Lenkrad extrem zickig. Aber wenn das Equipment stimmt (und es muss nicht mal ein High-End-Rechner sein), dann verbreitet das neue Codemasters-Produkt Fahrspaß und Nervenkitzel pur. Eine klare Empfehlung an alle Rennfreunde, die keine beinharte Simulation wollen.

Pro

  • <li>fantastische Grafik</li><li>moderate Hardwareanforderungen</li><li>massig abwechslungsreiche Strecken</li><li>gewaltiger Fuhrpark</li><li>motivierender Karriere-Modus</li><li>Story gut in Szene gesetzt</li><li>exzellente Steuerung</li><li>gut genutzte Lizenzen</li><li>abwechslungsreiche Rennklassen</li><li>spannende Rennen</li><li>fiese KI</li><li>cooles Schadensmodell</li><li>viele Herausforderungen</li><li>kurze Ladezeiten</li><li>gute Soundeffekte</li>

Kontra

  • <li>lasche Story</li><li>kein Tutorial</li><li>unausgewogene KI</li><li>wenig Tuning-Möglichkeiten</li><li>kein durchgehendes Qualifying</li><li>Cockpitperspektive kaum zu gebrauchen</li><li>begrenzte Speichermöglichkeit</li><li>nicht immer glaubwürdige Physik</li><li>Steuerung ohne Lenkrad gewöhnungsbedürftig</li>

Wertung

PC