Metroid Prime - Test, Action-Adventure, GameCube, Switch

Metroid Prime
28.03.2003, Jörg Luibl

Test: Metroid Prime

Metroid Prime (ab 449,90€ bei kaufen) - ein Spiel, auf das Fans lange gewartet haben, das in Fachkreisen hochgelobt wurde und das die Charts gerade im Sturm erobert. Hat Nintendo tatsächlich das Action-Meisterwerk abgeliefert, das derzeit in aller Munde ist? Wir sind in die High-Tech-Anzüge von Samus Aran geschlüpft und haben uns bis zum großen Finale durchgekämpft. Ob die Kopfgeldjägerin den Award erobert, verrät der Test!

Kopfgeldjägerin Samus Aran hat noch eine Rechnung offen: Die Weltraumpiraten haben sich von ihrem letzten Schlag erholt und planen ein gefährliches Comeback. Auf dem Planeten Tallon IV experimentieren die Schurken mit einem mächtigen Rohstoff namens "Phazon".

Mysteriöser Planet

In riesigen Laboratorien mutieren harmlose Tiere zu gefährlichen Alptraumwesen, die schon bald in den interstellaren Kampf ziehen sollen. Doch zwei Sachen gehen schief: Erstens brechen einige Kreaturen aus, und zweitens landet Samus Aran schwerbewaffnet auf Tallon IV. Die Jagd ist eröffnet...

Ein Raumschiff landet, Samus Aran steigt aus, das Spiel beginnt - obwohl Metroid Prime eine Menge erzählerisches Potenzial bietet, lässt Nintendo alle Metroid-Neulinge erst mal ins kalte Wasser springen. Denn wer die Vorgeschichte nicht kennt, deren Wurzeln bis ins Jahr 1986 zurückreichen, wird zunächst Identifikationsprobleme haben: Wer bin ich? Was mache ich hier? Ein erklärendes Intro, das die Hauptfigur und ihr Ziel näher beschreibt, hätte Abhilfe geschaffen. So muss man sich alles mühsam aus dem Handbuch und den Infofetzen des Spiels zusammenreimen.

Fragen über Fragen

Aber trotz fehlendem Story-Einstieg und vieler offener Fragen wird man von der ersten Sekunde an gefesselt: Denn die pompöse Kulisse erzeugt im Zusammenspiel mit den sphärischen Klängen eine knisternd düstere Atmosphäre, die an H.R. Gigers Kultfilm Alien erinnert. Es gibt keinen einzigen Dialog, keine Sprachausgabe, einzig und allein die erstklassigen Melodien, die drohend im Hintergrund fließen. Das letzte Spiel, das ohne Worte dermaßen begeistern konnte, war das weltweit ausgezeichnte <4PCODE cmd=DGFLink;name=ICO;id=2008> - und in derselben Liga spielt Metroid Prime.

In der Atmosphärefalle

Fast ehrfürchtig erkundet man in der Egoperspektive die verwinkelten Gänge des verlassenen Raumschiffs - überall dampft, leuchtet und lauert es. Zwischendurch bekommt man wertvolle Steuerungshinweise, sammelt erste Story-Indizien und findet nach einigen Lasergefechten schließlich eine riesige Parasitenkönigin, die sich geifernd in einem haushohen Bassin windet.

Hat man das Ungetüm besiegt, muss man gegen die gnadenlos tickende Uhr flüchten, verfolgt von Horden schleimiger Kreaturen. Erreicht man endlich das Freie, explodiert das Raumschiff in einer riesigen Feuerwolke - Wahnsinn! So intensiv sind sonst nur die letzten Minuten eines Spiels, hier sorgt gleich der Prolog für Atemnot.

Kaum hat man das düstere Labyrinth aus Rohren, Fahrstühlen und Terminals verlassen, wird die Hintergrundmusik freundlicher und man findet sich in einer grünen Pflanzenwelt wieder, mit kleinen Seen und verwinkelten Höhlen. Auch wenn nicht alle Texturen brillant sind, beeindruckt die Szenerie mit rauschenden Wasserfällen und harmonischen Farben.

Action-Biotop für Genießer

Und wenn sich riesige Bäume in den Himmel schrauben, während Dutzende Schmetterlinge umherschwirren, bleibt man schon mal staunend stehen. Schaut man dann nach oben, tropft es plötzlich aufs Visier und das Nass perlt langsam am Visier ab - fantastisch!

Später geht es durch Ruinen, Minen und verwinkelte Gänge und Schächte, die tief in das Planeteninnere führen. Und spätestens, wenn man das erste Artefakt der Einheimischen gefunden hat, kommt auch der Story-Zug in Fahrt. Man hat wirklich das Gefühl, einen fremden Planeten mit einer bizarren Flora und Fauna zu erkunden, denn es gibt nicht nur unterschiedliche Klimazonen, sondern über 80 Lebewesen und Pflanzen, von harmlosen Flechten über Giftpilze bis hin zu Stachelkäfern, Erdwürmern und Riesenwespen. Alles kann analysiert und ins Logbuch aufgenommen werden, das sich schon nach wenigen Stunden wie ein bizarres Lexikon liest. Hier und da vermisst man dann doch etwas Sprachausgabe, denn mit fast Hundert Einträgen wird das Ganze sehr textlastig.

Ist der Prolog spielerisch noch sehr linear, verzweigen sich die Erkundungsmöglichkeiten im Laufe der Spielzeit enorm und stellen Euch vor immer neue Herausforderungen. Fahrstühle verbinden die Abschnitte der Oberwelt mit den Chozo-Ruinen, den Magmoor-Höhlen und den Phazon-Minen. Die Übersicht wird durch eine herrliche 3D-Karte garantiert, die sich drehen und zoomen lässt sowie nützliche Icons für Missionsziele und Speicherpunkte zeigt. Zwar sind diese meist so positioniert, dass Ihr vor schweren Bosskämpfen sichern könnt, aber das Fehlen von Kontrollpunkten kann bei langen Erkundungsmärschen nerven, weil man im Todesfall alles wiederholen darf.

Entdecker gesucht

Obwohl das Spielprinzip denkbar einfach ist und sich mit seiner Mischung aus Kämpfen, Erkunden, Schalter suchen und Bossmonster besiegen nicht vom NES-Debüt aus dem Jahr 1986 unterscheidet, schürt die beeindruckende Kulisse den Entdeckerdrang.

Kampfarm und Supersprung

Dass sich Samus Aran bisher so erfolgreich durch die Videospielgeschichte gekämpft hat, liegt auch an ihrem beeindruckenden Waffenarsenal: von der schnellen Lasersalve über den durchschlagskräftigen Power-Beam bis hin zur Rakete ist alles vorhanden.

Der Kampfarm lässt sich im Laufe des Spiels mit verschiedenen Geschoss- und Waffenmodellen aufrüsten, die je nach Gegner andere Wirkung zeigen - allerdings muss man die nützlichen Upgrades erst mal finden. Je nachdem, wie viele Items Ihr sammelt, gibt`s übrigens leicht unterschiedliche Endsequenzen. Wer alle 100 Gegenstände findet, bekommt das ausführlichste Finale mit einem interessanten Wink auf die Zukunft - mehr sei hier nicht verraten.

Neben einer Vielzahl an alienartigen Weltraumpiraten und Schleimkreaturen warten etwa ein Dutzend große und kleine Bossmonster auf Euch - von Elite-Piraten über Geister und unsichtbare Dronen bis hin zu bildschirmfüllenden Tentakel-Monstren. Leider stellen sich nicht alle Gegner intelligent an: in Deckung gehen oder im Team angreifen zählt nicht gerade zu den Stärken bewaffneter Zweibeiner. Diese kann man sogar einfach umkreisen und kurze Zeit im Rücken attackieren. Die tierischen Widersacher stellen sich wiederum sehr klug an, graben sich z.B. ein und greifen plötzlich wieder an. Und spätestens in den Bosskämpfen ist die richtige Wahl der Waffe genau so entscheidend wie die frühzeitige Analyse der Schwachpunkte, denn hier kann man schnell ins Schwitzen kommen.

Auf dem Weg zum großen Finale gibt es aber nicht nur viel Laserfutter und Schaltersuche, sondern auch abwechslungsreiche Akrobatik, die sofort den Charme des alten 2D-Metroid versprühen: eingestürzte Deckenteile, Abgründe und jeden Menge Plattformen laden zu gut getimten Sprüngen ein. Außerdem halten Euch Selbstschussanlagen auf Trab, die man mit gezielten Raketenangriffen ausschalten kann.

HighTech-Lady in Top-Form

Und die Anzüge der Kopfgeldjägerin stecken voller technischer Finessen: Mit dem interaktiven Visier kann sie z.B. Gegenstände scannen und direkt analysieren - so finden sich Schalter oder Schwachpunkte eines Monsters. Ein Laserhaken lässt sich zur High-Tech-Liane umfunktionieren, um hohe Plattformen zu erreichen. Außerdem sind spätere Outfits Hitze- bzw. Kälte-resistent, so dass sich bis dato unzugängliche Regionen erforschen lassen.

Und das Sahnehäubchen ist natürlich die Verwandlung in den Morphball, der nicht nur das Erkunden enger Gänge oder die Aktivierung bestimmter Schalter ermöglicht, sondern auch ideal zum Ausweichen gegen eine Übermacht geeignet ist. Hat man die Kugel entsprechend aufgerüstet, kann man zu Supersprüngen und Boosts ansetzen oder explosiven Bereichsschaden anrichten.

Obwohl die Steuerung zunächst gewöhnungsbedürftig ist, weil sie ein wenig von der typischen Shooter-Belegung abweicht, verdeutlicht sie nach wenigen Spielminuten ihre Stärke: Man muss sehr oft nach oben oder unten schauen bzw. zielen, so dass die vertikale Fixierung mit der rechten Schultertasten Sinn macht.

Intelligente Steuerung

Auch das Anvisieren der Gegner ist komfortabel, weil der Analogstick erstens sehr gut reagiert und zweitens per linker Schultertaste eine automatische Fixierung von Feinden möglich ist - sind die Schurken einmal im Visier, kann man übrigens sehr schön strafen. Auf einen Knopfdruck hat man zudem Raketen abschussbereit, die Karte aktiviert oder sich in einen Morphball verwandelt.

Fazit

Wieso scheitert Metroid Prime so deutlich an der 100-Prozent-Marke? Ganz einfach, weil das Storypotenzial nicht ganz ausgeschöpft wurde, die Gegner-KI ab und an schwächelt und das Speichersystem nerven kann. Das sind jedoch alles kleine Krümel auf einem köstlichen Spielspaßkuchen, den es so gebacken wohl nur bei Nintendo gibt: Ein scheinbar simpler Mix aus Kampf und Erkunden mutiert dank einzigartiger Atmosphäre, die Auge und Ohr von der ersten Sekunde an fesselt, zum komplexen Spielerlebnis. Das grafische und spielerische Niveau ist so hoch, dass man sich vom Prolog bis zum großen Finale in einer lebendigen und in sich stimmigen Welt fühlt - ein riesiges Action-Biotop für Genießer. Unterm Strich bleibt für Samus Arans Ausflug daher nicht weniger übrig als ein glänzender Award und ein begeisterter Tester, der sich der Euphorie aller anderen Magazine jubelnd anschließt. Ich sehe weit und breit kein einziges Spiel, das auch nur ansatzweise an dieses Science-Fiction-Kunstwerk rankommt.

Pro

  • <li>edles Interface</li><li>klasse Soundkulisse</li><li>hervorragende Grafik</li><li>packende Bosskämpfe</li><li>sehr gutes Leveldesign</li><li>komfortable Bedienung</li><li>angenehme Spielbalance</li><li>einzigartige Atmosphäre</li><li>schöne Aufrüstmöglichkeiten</li><li>abwechslungsreiche Spielwelt</li><li>erstklassige Hintergrundmelodien</li><li>hervorragende 3D-Umsetzung eines Klassikers</li>

Kontra

  • <li>etwas textlastig</li><li>kein Story-Einstieg</li><li>nerviges Speichersystem</li><li>teils schwache Gegner-KI</li>

Wertung

GameCube

Mit diesem packenden Abenteuer haben sich die Retro Studios im Action-Olymp verewigt!