Silent Hill 3 - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Silent Hill 3
26.05.2003, Mathias Oertel

Test: Silent Hill 3

Wie in Hollywood ist auch aus der Spielewelt der Horror nicht mehr wegzudenken. Und wie in der Filmmetropole verlässt man sich weitestgehend auf bekannte Namen. Doch im Falle Silent Hill muss das ja wahrlich nicht schlecht sein, waren die ersten Teile doch locker in der Lage, mit Referenzen wie der Resident Evil-Serie mitzuhalten. Und nachdem die Abstecher nach Raccoon City der PS2-Vergangenheit angehören, sollte Silent Hill 3 (ab 19,20€ bei kaufen) eigentlich problemlos die Spitzenposition im Feld übernehmen können. Oder etwa doch nicht? Wir haben uns mit der Heldin Heather durch die Abgründe der menschlichen Seele gewühlt und sagen Euch im Test, wieso kein Genre-Fan an Silent Hill 3 vorbei kommt.

Ein herunter gekommener Jahrmarkt, menschenleer. Überall Stofftiere, deren Gesichter durch rote Farbe, die fatal an Blut erinnert, entstellt sind. Überall verschlossene Türen. Was tue ich hier? Egal, ich muss hier raus. Vorsichtig schleiche ich um die Ecke. Doch alles, was ich im Schein der Taschenlampe erkennen kann, sind Monster, für die ich keinen Namen finde. Wie soll ich mit einem Messer bewaffnet überleben? Auf die Achterbahn werden sie mir nicht folgen. Vorsichtig taste ich mich auf den Schienen vor. Ich spüre Vibrationen. Um mich herum nur Stille. Was ist das? Das kann doch nicht sein. Das Letzte, was ich spüre, bevor die Achterbahn mich erfasst...

Was ist real?

Wie bei allen Teilen der Serie dreht sich auch in Silent Hill 3 alles um die Frage nach dem wahren Ich, die Ihr dieses Mal für die 17 Jahre alte Heldin Heather beantworten müsst. Wir wollen hier auch nichts von der spannend erzählten und immer wieder überraschenden Geschichte vorweg nehmen, die von der Struktur her positiv an klassische Horror-Filme erinnert. Der Spieler weiß niemals mehr als der Hauptcharakter; die Existenz-Fragen, die sich Heather offenbaren, sorgen für viel Spannung und werden sehr schön aufgelöst, so dass am Ende ein Gesamt-Kunstwerk gebildet wird, das erzähltechnisch seinesgleichen sucht und weit über den blanken visuellen Horror hinaus geht, den Spieler an der Resident Evil-Serie schätzen. Wie die Vorgänger ist Silent Hill 3 ein schonungsloser Abstecher in die menschliche Seele, der gekonnt spannungsgeladene Momente, in denen sich Euch die Nackenhaare aufstellen, mit blankem Horror verknüpft.

... ist der Tisch, auf dem ich plötzlich aufwache. Alles nur ein Traum. Oder doch nicht? Wieso ist das Einkaufszentrum so leer? Und was meinte der Detektiv, als er sagte, dass er mit mir über meine Geburt sprechen muss.

Die Suche nach dem wahren Ich

Wie beim Vorgänger könnt Ihr sowohl im Action-Bereich als auch was die Rätsel betrifft, zwischen je drei Schwierigkeitsgraden wählen. Wer es eher rätsellastig mag, stellt die Action auf leicht und kann sich so auf die Puzzle-Elemente konzentrieren. Und wer eher auf Monster metzeln abfährt und dort seine Herausforderung sucht, kann sich das Spiel ebenfalls nach seinem Geschmack einstellen.

Die Wahl der Qual

Überhaupt muss man sagen -und dies ist der eigentlich einzige große Kritikpunkt- halten sich die spielerischen Unterschiede zum Vorgänger in Grenzen. Andererseits muss dies nicht schlecht sein, bedeutet das doch, dass die Rätsel durchweg logisch und die Monster durch die Bank eine ernsthafte Bedrohung für Euer Leben darstellen.

Doch zum Glück stehen Euch im Laufe des Spiels ein enormes Waffenarsenal sowie immer wieder auffindbare Gesundheits-Boni zur Verfügung, um die Monsterbrut auszurotten. Angefangen bei einem Messer über eine Pistole bis hin zur Stun-Gun und einem MG reicht das Programm der Zerstörung.

Da die Munition jedoch knapp ist, solltet Ihr Euch überlegen, wen Ihr angreift und an welchen Monstern Ihr Euch vielleicht vorbei schleichen solltet. Im Zweifelsfall könnt Ihr sogar Köder auslegen, um die Monster von Euch abzulenken. Doch so nett diese Idee auch ist, stellt sich das Ablenkungsmanöver meist als wenig hilfreich heraus.

Was leider auch ein wenig sauer aufstößt, ist die weitestgehende Linearität: Die Abschnitte sind zwar ansprechend umfangreich, doch von den vielen Türen, die Euch auf dem Weg zum wahren Ich begegnen, sind die meisten verschlossen, so dass nur ein Weg nach Rom führt. Andererseits ist dieser Weg jedoch so stark mit Grauen und Spannung gepflastert, dass man sich gar nicht mehr offene Türen wünschen möchte.

Die automatische Karte, auf der das Spiel selbsttätig wichtige Orte und verschlossene Türen markiert, kennt man ebenso aus den Vorgängern wie die übersichtliche Inventarführung und die gut reagierende Steuerung, die es Euch jetzt auch ermöglicht, Seitschritte durchzuführen, um den Gegnern zu entgehen.

Doch obwohl die spielerischen Parallelen zum exzellenten Teil 2 mehr als deutlich sind und erfahrenen Silent Hill-Spielern kaum Überraschungen bieten, dürften Genre-Fans und solche, die es werden wollen, kaum an Silent Hill 3 vorbei kommen. Zum einen gibt es kaum ernst zu nehmende Konkurrenz, zum anderen schafft es der erneute Abstecher in die Stadt des Grauens mit seiner durchdachten und überraschenden Geschichte voller Kehrtwendungen eine Atmosphäre zu schaffen, die der des Vorläufers absolut ebenbürtig ist.

Das Speichersystem an strategisch wichtigen Punkten kennt man ebenfalls.

Trotzdem muss Konami aufpassen, bei einer eventuellen Fortsetzung schon im Voraus darauf achten, dass man nicht die Austauschbarkeit der RE-Serie von Capcom erreicht.

Vorbei sind die Zeiten, in denen man vor lauter Nebel kaum noch die Hand vor Augen gesehen hat. In Silent Hill 3 wird schonungsloser Horror ohne Weichzeichner präsentiert. Dabei gestalten sich die Abschnitte als ebenso abwechslungsreich wie detailliert - und rufen einige Deja Vus hervor. Das Einkaufszentrum mit seiner (positiven) Sterilität beispielsweise erinnert immer wieder an George Romeros Klassiker Dawn of the Dead. Auch die anderen Gebiete, u.a. der im Traum auftauchende Vergnügungspark, (wieder mal) ein Krankenhaus und auch Silent Hill an sich wurden mit viel Liebe zum grausamen Detail gestaltet.

Horror - pur und ohne Weichzeichner

Ein besonderes Lob gebührt der exzellenten Kameraführung, die gekonnt den Spagat zwischen perfekter Übersicht und Spannungsaufbau schafft. Obwohl man nie sicher sein kann, was hinter der nächsten Ecke auf Heather wartet, die im Übrigen aussieht wie die Schwester des Protagonisten aus Teil 2 -James Sunderland-, hat man nie das Gefühl, dass die Kamera nur um Spannung aufzubauen einen unglücklichen Bildausschnitt präsentiert.

Und wie es sich für ein Spiel der Silent Hill-Serie gehört, wird nicht mit Schmutz und unterschwelligen Schockeffekten gespart, die einen immer wieder aufs Neue verstören und unwillkürlich fragen lassen, wie viel Düsternis man verkraften kann.

Auch in punkto Charaktergestaltung und Animation hat sich Konami ins Zeug gelegt und bietet feine Bewegungsübergänge, grandiose Gesichtsanimationen der Figuren und clever designte Monster, die durchaus der Feder von beispielsweise Clive Barker entsprungen sein könnten.

Neben der stimmungsvollen und blitzsauberen Grafik hat die Soundkulisse maßgeblichen Anteil an der bedrückenden Atmosphäre. Angefangen vom statischen Rauschen des Radios (das man aus den Vorgängern kennt) über die sehr gute Sprachausgabe bis hin zu den Soundeffekten und die perfekt eingesetzte Musik wird hier ein Klangteppich gezaubert, der die Gefahren rund um Silent Hill bedrohlich spürbar macht. Vor allem wenn man nachts oder in einem total abgedunkelten Raum spielt, steigert sich die Spannung ins Unermessliche und man traut sich kaum, in den nächsten Abschnitt vorzudringen.

Einzig die Kollisionsabfrage, die hin und wieder ihren Geist aufgibt, hätte ein wenig Überarbeitung vertragen können. Doch letzten Endes stört es im Spiel wenig, ob man jetzt ein oder zwei Mal klicken muss, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.

Stilles Grauen

Fazit

Auch wenn man spielerische Unterschiede zum exzellenten Vorgänger mit der Lupe suchen muss, bleibt Silent Hill 3 dank der Story, die letzten Endes den Ausschlag für den Award gab, ein durchweg gelungenes und stets spannendes Spielerlebnis. Die Geschichte überrascht einen immer wieder aufs Neue, die abwechslungsreichen und düsteren Locations ebenso. Vom ersten Moment an wird man von der düsteren und in späteren Abschnitten teilweise extrem verstörenden Atmosphäre gefangen genommen und kann das Pad nicht mehr aus der Hand legen. Und dass Konami mit der Silent Hill-Serie grafisch und akustisch immer wieder zu Hochform aufläuft, die in dieser Form weit und breit bei der Konkurrenz nicht zu finden ist, braucht wohl kaum noch erwähnt werden. Nicht nur für Genre-Fans ein gefundenes Fressen, das Euch zu einem Drahtseilakt zwischen gesundem Menschenverstand, gnadenlosem Horror und unerträglicher Spannung herausfordert.

Pro

  • <li>feine Grafik</li><li>sehr gute Kameraführung</li><li>spannende, vielschichtige Story</li><li>logische Rätsel</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>Survival-Horror vom Feinsten</li><li>düstere Atmosphäre</li><li>gut reagierende Steuerung</li>

Kontra

  • <li>kaum spielerische Unterschiede zu den Vorgängern</li><li>Kollisionsabfrage mit Problemen</li>

Wertung

PlayStation2

Wer sich mal wieder so richtig fürchten will, der ist mit Silent Hill 3 bestens bedient!

Kommentare
Hiri

Verglichen mit Teil 2 war 3 schlecht und langweilig. Verglichen mit den Teilen danach war 3 schon wieder gut.
Das Meisterwerk ist und bleibt Silent Hill 2.

vor 2 Jahren