The Hulk - Test, Action-Adventure, GameCube, PlayStation2, PC, XBox

The Hulk
19.06.2003, Mathias Oertel

Test: The Hulk

Die X-Men sind gerade durch und Spider-Man lässt sich erst nächstes Jahr wieder blicken. Wer trotzdem nicht auf Superhelden-Kost verzichten möchte, findet mit dem demnächst startenden The Hulk neues Futter. Und natürlich gibt es auch ein Spiel zum Film. Ob der Aufwärtstrend der Film-Spiele, zuletzt mit Wolverine´s Revenge und Enter the Matrix im Gespräch, beibehalten werden kann, oder ob Bruce Banner nur zur Lizenzgurke statt zum grünen Monster mutiert, könnt Ihr im Test erfahren.

Die Geschichte setzt genau da an, wo der Film aufhört: Nach der Schlacht in San Francisco hält alle Welt Bruce Banner (alias Hulk) für tot. Doch er hat überlebt und ist seit einem Jahr auf der Suche nach einem Mittel gegen die Auswirkungen der Gamma-Strahlung. Er kehrt nach San Francisco zurück, um dort Hilfe zu finden. Doch alles, was ihm über den Weg läuft, sind das Militär und mutierte Geschöpfe, die ihn in die ewigen Superhelden-Jagdgründe schicken wollen. Zeit, den Hulk raus zu lassen...

Nach dem Film ist vor dem Spiel

Im Wesentlichen besteht The Hulk aus zwei Spielelementen: etwa drei Viertel des Spieles seid Ihr als Hulk unterwegs, um mit verheerenden Attacken und dem Einsatz der interaktiven Umgebung die auf Euch einstürmenden Gegnermassen zu vermöbeln. Und die verbleibenden 25 Prozent bestehen aus leicht Stealth-technisch angehauchten Abschnitten, in denen Ihr als Bruce Banner unterwegs seid, um bestimmte Einrichtungen zu infiltrieren. So weit hört sich auch alles noch einigermaßen passabel an.

Zweierlei Brei

Fangen wir mit dem Prügeln an: So spaßig es am Anfang auch ist, so ziemlich alles in den teils recht großräumig angelegten Abschnitten zu zerstören oder aufzunehmen, um damit zu werfen oder auf die Gegner einzuschlagen, so schnell wird es auch langweilig.

Einen guten Eindruck hinterlassen auch die ersten beiden Levels, die als Tutorial für die jeweiligen Elemente dienen und die Euch die eingängige und gute Steuerung näher bringen. Alles scheint sich zu einem kurzweiligen Spielchen zu entwickeln.

Doch dann hat die Gamma-Strahlung wohl irgendwie in den Entwicklungsprozess eingegriffen. Denn mit zunehmender Spieldauer werden die gewaltigen Schwächen, die beide Modi bieten, offenbart.

Denn letzten Endes seid Ihr nur damit beschäftigt, mit endlosen Knopfdrucktiraden nahezu willenlose Gegner ins Jenseits zu befördern. Und von den propagierten 45 "einzigartigen Attacken" sind viele abhängig von Gegenständen oder dem Einsatz Eurer Gammakräfte, so dass Ihr im Normalfall immer mit derselben Kombo über den Bildschirm rauscht und die Gegner plättet. Andererseits hat dieses Prinzip ja auch bei Klassikern wie z.B. Final Fight funktioniert. Wieso nicht hier?

Könnte beispielsweise daran liegen, dass Ihr häufig nicht einmal kämpfen müsst, um vorwärts zu kommen. Natürlich ist es sinnvoll (und vor allem auch spaßiger, so weit man das sagen kann), die Gegnerhorden zu dezimieren, da die Feinde beim Ableben häufig Items fallen lassen, die entweder Eure Gesundheitsanzeige oder Eure Wut-Anzeige füllen.

Doch wer es darauf ankommen lässt und sich darauf konzentriert, nur den richtigen Weg zu finden, wird immer wieder unsichtbare Grenzen passieren, an denen die Gegner verschwinden, die Euch eben noch verfolgt haben. So kann man mit einem Minimum an Kämpfen auch zum Ziel kommen!

Zumal die KI sich auch selber dezimiert. Angefangen von Abgründen, in die sich die Soldaten (vermutlich aus Langeweile) stürzen bis hin zu Raketen, die statt Hulk die vermeintlichen Kameraden der Feinde treffen, wird das ganze Spektrum an KS (Künstlicher Stupidität) abgegrast, sorgt aber wenigstens hin und wieder für einen Lacher.

Denn hier machen die Entwickler so ziemlich alles falsch, was einen Stealth-Faktor zum Spannungsfaktor macht. Die Kameraführung in diesen Sequenzen beispielsweise ist dermaßen schlecht, dass Ihr häufig keinen Überblick über die Position Eurer Gegner habt und dementsprechend eine Menge Glück braucht, um weiter zu kommen. Hier schlägt der Spaß schnell in Frust um, wenn man wieder einmal entdeckt wurde und keine Ahnung hat, wo der Gegner sich aufhielt.

Abwechslung bieten nur die sporadisch eingestreuten Boss-Kämpfe, die -wie üblich- immer nach der richtigen Strategie schreien, die man aber schnell herausgefunden hat.

Mit viel gutem Willen und zwei zugedrückten Augen kann man aber doch irgendwo ein Spaßpotenzial in dem stupiden Button-Gesmashe finden.

Splinter Hulk?

Was für die eingestreuten Stealth-Einlagen ganz und gar nicht gilt, in denen Ihr als Bruce Banner unterwegs seid, nicht gesehen werden und Euch auf keinen Fall in Hulk verwandeln dürft (wieso eigentlich nicht?).

Zudem sind häufig die Ziele in den Abschnitten so unklar, wie es nur gehen kann. Und da man keine Ahnung hat, wo man hin muss, läuft man mal hier hin, mal da hin und versucht nach dem "Trail-and-Error"-Prinzip ans Ziel zu kommen.

Angesichts des weitestgehend verkorksten und eintönigen Gameplays ist wenigstens an der Grafik zu sehen, dass die Entwickler ihr Handwerk verstehen. Obwohl eigentlich auf dem Film aufbauend, haben sich die Grafiker für einen extremen Comic-Stil entschieden, der dem Spiel aber außerordentlich gut zu Gesicht steht und sich auch wohltuend vom momentan populären Cel-Shading abhebt.

Hätte man den Stealth-Teil rausgenommen, wäre Hulk gar nicht so schlecht gewesen, doch die weitestgehend misslungenen Schleicheinlagen ziehen die Gesamtwertung ziemlich nach unten.

Da hilft es auch nicht mehr, dass man diverse Gimmicks und Modi wie beispielsweise Survival freischalten kann, denn die neuen Modi reißen auch nicht mehr viel.

Grüne Grafikpower

Zudem können sowohl Animationen als auch Leveldesign überzeugen und unterstreichen die Comic-Herkunft des Hulk sehr eindrucksvoll. Gut gelungen ist auch die Interaktion mit der Umgebung, die sich nicht nur in schönen Explosionen äußert. Säulen brechen formschön auseinander, Metallrohre verformen sich und Kisten zersplittern in ihre Einzelteile.

Ein kleines Manko bei der GameCube-Fassung ist das nicht immer ganz saubere Scrolling. Es ist zwar flüssig, doch bei schnellen Drehungen kommt die Engine nicht immer mit und produziert ein leichtes Tearing, bei dem sich die Objekte erst mit kleiner Verzögerung nachziehen.

Für ein Spiel, in dem Zerstörung im Mittelpunkt steht, sind natürlich die Soundeffekte extrem wichtig. Doch auch hier können wir Entwarnung geben. Denn was sich an Schlaggeräuschen, Explosionen, Schüssen usw. aus den Lautsprechern in Eure Gehörgänge schleicht, sorgt für eine Menge Stimmung. Zu schade, dass das Spiel insgesamt nicht mit der Technik mithalten kann.

Natürlich darf man bei der insgesamt stimmigen Grafik die bereits angesprochenen Kameraprobleme nicht vergessen, die nicht nur bei den Stelth-Elementen, sondern auch beim Kampf mit Hulk hin und wieder auftauchen.

Doch beim Kampf schlägt dieses Manko weitaus weniger zu Buche. Denn im Zweifelsfall erreichen die langen Arme Eures Superhelden auch Gegner, die außerhalb des Bildschirms stehen.

Abgerundet wird die feine Grafik durch kleine und größere Spezialeffekte, die zwar nicht weltbewegend sind, sich aber nahtlos in den Stil einfügen und so wenigstens optisch für Stimmung sorgen.

Brachialer Sound

Genau so gelungen wie die Grafik ist die Soundkulisse. Sowohl deutsche Sprachausgabe als auch Musik befinden sich auf einem hohen Niveau und sorgen für angemessene akustische Untermalung.

Fazit


The Hulk ist ein grandioses Beispiel, wie eine stimmige Technik dem Lizenzmüll geopfert wird. Dabei fängt alles gut an: die Prügeleien erinnern spontan an eine aufgemotzte 3D-Version von Final Fight und die Steuerung geht einem sofort in Fleisch und Blut über. Und selbst an die auf lange Sicht eintönige Knopfdrückerei gewöhnt man sich zwangsweise. Doch sobald man in die Stealth-Abschnitte abtauchen will, geht der Murks los: Statt Spannung entsteht durch die unfairen Kamerapositionen nur Frust und der Wunsch, sich vielleicht doch wieder Spider-Man oder Wolverine´s Revenge zuzuwenden. Da hilft auch das gute technische Gerüst nicht mehr, das sich in stimmiger Comic-Grafik und adäquater Sounduntermalung äußert. Denn unter dem Strich bietet mit Ausnahme von Superman fast jeder andere erhältliche Software-Superheld mehr Unterhaltung. Schaut Euch lieber den Film an.

Pro

  • <li>blitzsaubere stylische Comic-Grafik</li><li>einfache Steuerung</li><li>zwei Spielelemente (Prügeln/Stealth)</li><li>interaktive Umgebungen</li><li>gelungene Soundkulisse</li>

Kontra

  • <li>böse Kameraprobleme in den Stealth-Levels</li><li>eintöniges Knopfklopfen</li><li>Lizenzhascherei</li><li>KI-Probleme in den Kampf-Abschnitten</li>

Wertung

GameCube