No Man's Land - Test, Taktik & Strategie, PC

No Man's Land
03.09.2003, Bodo Naser

Test: No Man's Land

Eigentlich gibt es schon genug 3D-Echtzeit-Strategiespiele, die alle nach Schema F ablaufen. Bei No Man´s Land von CDV bietet zumindest das Szenario Abwechslung, denn es spielt in einem fiktiven Nordamerika zur Zeit der Kolonisierung. Ob das optisch sehr gelungene PC-Spiel, das mancherorts schon als neue Genre-Referenz gepriesen wird, auch inhaltlich etwas zu bieten hat, verrät Euch der Test!

Viel hat sich getan, seit um 1500 n. Chr. die ersten spanischen Eroberer den Boden Amerikas betraten. Getrieben von ihrer unstillbaren Gier nach Gold und Macht, durchkämmten die berühmt-berüchtigten Konquistadoren schließlich auch Nordamerika, legten Stützpunkte an und gründeten Missionen. Später dann gingen unzählige englische Siedler von Bord, die das scheinbar öde Land für ihre Zwecke urbar machten. 1776 trennten sich die Kolonisten gewaltsam von der britischen Krone, um ganz neue Wege zu gehen.

Landnahme in Nordamerika

Schließlich half nach 1865 die aufkommende Eisenbahn den noch jungen USA dabei, auch den äußersten Westen des Kontinents zu erschließen. Ohne all zu viel geschichtliche Belehrungen spielt No Man´s Land in diesem historischen Rahmen. Freilich wird auch daran erinnert, dass die Kolonisierung letztlich auf Kosten der indianischen Ureinwohner geschah. Zwei der spielbaren Völker sind Indianer, die sich am Weißen Mann für das begangene Unrecht rächen wollen.

Schicksal der Indianer

Das Echtzeit-Strategiespiel umfasst drei abwechslungsreiche Kampagnen, die Euch einen kurzweiligen Überblick über 350 Jahren koloniale Auseinandersetzung geben. Sechs Völker sind dabei spielbar - Spanier, Engländer, Waldindianer, Prärieindianer, Patrioten und Siedler. Insgesamt erwarten Euch so 30 spannende Missionen, in denen es neben der Hauptaufgabe immer auch Nebenquests gibt.

Spielumfang

In der ersten Kampagne begebt Ihr Euch mit einem spanischen Sondergesandten auf die aufregende Suche nach den ausbleibenden Goldlieferungen. In der zweiten kämpft Ihr an der Seite der Indianer nach deren Vertreibung ums nackte Überleben. Und die letzte lässt Euch zunächst an der Ankunft der englischen Pilgerväter teilhaben, die in ihrer neuen Heimat nicht nur mit den Spaniern zu kämpfen haben. Später dann müsst Ihr als patriotische Siedler die Unabhängigkeit von der englischen Krone erkämpfen, wobei der Schwierigkeitsgrad stets individuell einstellbar ist.

Darüber hinaus umfasst das Spiel auch noch einen Modus, in dem Ihr eigene Spiele mit vorgegeben Karten machen könnt. Schließlich gibt es auch noch einen recht witzigen Multiplayer-Modus übers LAN, dazu aber später mehr.

Drei Kampagnen

Die zum Weiterspielen animierende Story der Kampagnen wird immer wieder von gekripteten Ereignissen in 3D-Spielgrafik weitergeführt, so dass eine regelrechte Einbettung des Geschehens in den spannenden Spielablauf stattfindet. Richtig mitreißend sind auch die gerenderten Intros, die gelungen in jede Kampagne einführen. Besser wurde eine Hintergrundgeschichte bisher wohl nur im Fall der Genreschwergewichte WarCraft 3 oder Age of Mythology integriert

Schön erzählte Story

Wenig innovativ ist hingegen der Aufbaupart von No Man´s Land, der sich ganz an klassischen Echtzeit-Vorbildern orientiert. Die Behausungen der Völker sind obgleich detailliert dargestellt wenig aufregend in ihrer Funktion: Ob Ihr Eure Truppen nun in der Kaserne, dem Zelt oder im Saloon aushebt, ist eigentlich nicht von Bedeutung. Mit den Rohstoffen Gold, Holz und Nahrung ist auch das Ressourcenmanagement recht überschaubar. In Euren Gebäuden könnt Ihr nützliche Ausbauten entwickeln, die z.B. Eure Truppen verbessern.

Zähe Aufbauarbeit

Eine Taste, mit der Euch mit einem Klick alle untätigen Arbeiter angezeigt werden, gibt es zum Glück. Oft sucht Ihr aber einfach Eure Arbeiter, da sie dummerweise hinter den Häusern verborgen sind, die nicht durchschimmern. Während der Kampagne ist es immer wieder notwendig, diese ziemlich zähe Aufbauarbeit zu leisten, da Ihr sonst nicht an die nötigen Truppen kommt, um Eurem Gegner richtig einzuheizen.

No Man´s Land lebt stark von den vielen Einheiten und deren Spezialfunktionen. Neben den stinknormalen Truppen wie Schwertkämpfer, Bogenschütze oder Pistolero gibt es auch spezielle Einheiten wie den Scharfschützen, der den Gegner mit einem Schuss abserviert. Ebenfalls sehr nützlich ist der Meuchelmörder, der eine Einheit Eurer Wahl ausschaltet. Schließlich gibt es noch die Helden, wie Francis Drake oder Magua, die kampfstark sind, überleben müssen und ganz spezielle Fähigkeiten besitzen. So hat der Anführer der Spanier gleich zwei Pistolen.

Vielfältige Truppen

Jedes Volk besitzt gewisse Eigenheiten: So heilen sich die Krieger der Indianer nach einem Upgrade selbst, die Schiffe der Spanier besitzen einen stabileren Rumpf und sind schwerer bewaffnet und die der Engländer schneller. Fast jede Einheit kann auch das Reiten erlernen. Für den Kavalleriestatus benötigt sie allerdings ein freies Pferd, das es im Stall gibt. Den Gaul eines abgeschossenen Gegners könnt Ihr übrigens für Euch zum Reiten verwenden.

Der Vielfalt der Truppen steht eine gewisse Einfalt bei deren Führung gegenüber, denn No Man´s Land besitzt in etwa den taktischen Tiefgang des ersten Teils von Age of Empires. Zwar gewinnt jede Einheit langsam an Kampferfahrung und es existieren auch Formationen für bestimmte Einheiten. Jedoch spielt das 3D-Gelände überhaupt keine Rolle in den Schlachten, so dass etwa Eure Indianer keine Vorteile im Wald genießen. Die Aggressivität bei Euren Soldaten ist kaum vorhanden, stehen sie doch oft nur blöd in der Gegend herum, anstatt den Feind zu attackieren. Die Wegfindung ist auch nicht berauschend, da Schiffe etwa nicht den Weg um eine kleine Insel herum finden.

Kaum taktische Tiefe

Der Multiplayerteil für bis zu vier Spieler hält neben bekannten Modi wie King of the Hill oder Eliminate Heroes auch den ganz neuen Eisenbahnwettbau bereit. Dabei müsst Ihr in einer stilechten Wildwest-Umgebung eine Eisenbahn schneller fertig stellen als Euer Kontrahent. Was sich wie eine Mission aus Railroad Tycoon anhört, ist in Wahrheit ein spaßiger Wettlauf, bei dem sich die Gegner mit Sabotageakten und Angriffen gezielt das Leben schwer machen. Derzeit gibt es aber keinen Mehrspieler übers Internet.

Witziger Multiplayer

In punkto Grafik reiht sich No Man´s Land ganz knapp hinter den derzeitigen Genre-Referenzen ein. Für ein Echtzeit-Strategiespiel ist die detailreiche 3D-Darstellung natürlich besonders überzeugend, sogar Schnee rieselt bisweilen vom weiten Himmel über der Prärie.

Tolle 3D-Optik

Besonders überzeugend gelingt hierbei die Darstellung einer Western-Stadt mit ihren typischen Holzhäusern wie Sheriff, Saloon oder Bahnhof. All diese Grafikpracht muss allerdings teuer erkauft werden, denn erst auf einem 1,2 GHz-Rechner mit mindestens eine Geforce 3 und 256 MB RAM läuft das Spiel einigermaßen reibungslos.

Überall gibt es wilde Tiere, die durch den Wald streifen und Gischt schlägt mit jeder Welle an den Strand, wie Ihr es aus Age of Mythology kennt. Auch die Gebäude und Einheiten spiegeln optisch immer die Eigenheiten des jeweiligen Volkes wider.

Stilechter Western-Sound

Die deutsche Sprachausgabe von No Man`s Land ist bisher auf wenig Gegenliebe in der Fachpresse gestoßen. Leider konnten wir die Lokalisierung nicht überprüfen, da wir nur ein englischsprachiges Testexemplar von Publisher CDV bekommen haben.

Dort ist die Sprache durchaus gefällig, da die englischen Sprecher sich viel Mühe geben, den Tonfall des jeweiligen Volkes nachzuahmen.

Sobald wir mehr über deutsche Sprache wissen, liefern wir es Euch nach. Über allen Zweifel erhaben sind die motivierenden Musikstücke, die genau den Stil der jeweiligen Epoche treffen, bisweilen aber aus unerfindlichen Gründen etwas holpern.

Fazit


Der finanziell angeschlagene Publisher CDV braucht ein gelungenes Spiel wie No Man´s Land derzeit wie die Luft zum Atmen. Es handelt sich sicher um ein gutes Echtzeit-Strategiespiel, das vor allem durch seine gelungene 3D-Optik und die drei tollen Kampagnen besticht. Der Aufstieg in die absolute Königsklasse bleibt dem kurzweiligen Historientitel dennoch verwehrt, da der Aufbaupart viel zu hausbacken ist und die Führung der Truppen taktisch recht wenig zu bieten hat. So gewinnen Eure Einheiten zwar an Erfahrung, sie bleiben aber oft passiv im Kampf. Alle Strategiefans, die sich nun mit den Gedanken tragen, sich das leicht zugängliche Nordamerika-Epos zu kaufen, sollten ihre Entscheidung nicht zuletzt vom gelungenen Multiplayer-Modus abhängig machen. Denn der bietet mit dem spannenden Wildwest-Eisenbahnwettbau fast ein Spiel im Spiel, das Ihr übrigens auch gegen den Computer spielen könnt.

Pro

  • <li>Kolonisierungs-Szenario: Nordamerika</li><li>drei abwechslungsreiche Kampagnen</li><li>kurzweiliger Historienunterricht</li><li>auch Indianer spielbar</li><li>schön eingebundene Story</li><li>vielfältige Einheiten</li><li>Meuchelmörder</li><li>Pferde zählen extra</li><li>Erfindungen kommen nach und nach</li><li>Einheiten gewinnen Erfahrung</li><li>Eisenbahnwettbau</li><li>detailreiche 3D-Grafik</li><li>stilechte Musik & Geräusche</li>

Kontra

  • <li>oft zäher Aufbauteil</li><li>taktisch wenig zu bieten</li><li>teils umständliche Bedienung</li><li>schwache Wegfindung</li><li>hohe Hardwareanforderungen</li><li>Sound holpert bisweilen</li>

Wertung

PC