Otogi: Myth of Demons - Test, Action-Adventure, XBox

Otogi: Myth of Demons
23.09.2003, Jens Bischoff

Test: Otogi: Myth of Demons

Mit Devil May Cry und Onimusha 2 befindet sich das Referenz-Zepter der virtuellen Dämonenjäger klar in Capcoms Hand. Kein Herausforderer konnte diese beiden Titel technisch und spielerisch bisher in Verlegenheit bringen - nicht einmal das hauseigene Devil May Cry 2. Nun wagt From Software mit Otogi - Myth of Demons die Vorherrschaft von Dante und Jubei in Frage zu stellen. Mit welchem Ergebnis, klärt unser Testbericht.

Die Geschichte von Otogi bzw. Held Raikoh ist schnell erzählt: Als eines Tages ein tausendjähriges Siegel zerbricht, befallen plötzlich Dämonen das Kaiserreich und löschen alles menschliche Leben aus. Ihr, ein ehemaliger Auftragsmörder des Kaisers, bekommt jedoch die Gelegenheit, in die Welt der Sterblichen zurückzukehren, die Dämonen zu vertreiben, das Siegel wiederherzustellen und Euch so von Euren vergangenen Missetaten rein zu waschen.

Manchmal kommen sie wieder

Dazu hält Euch eine mysteriöse Prinzessin in einem Zustand zwischen Leben und Tod gefangen. Ihre allgegenwärtige Stimme klärt Euch über Eure Lage und die des Kaiserreichs auf und gibt Euch Anweisungen, wie Ihr Eure Ziele erreichen könnt. Und während die wenig originelle Story einen auf Moral macht und Euch mit esoterischem Prinzessinnen-Geschwafel von Einsatz zu Einsatz lotst, tötet Ihr munter zahlreiche Dämonen, sammelt fleißig Gold und lasst Eurer Zerstörungswut freien Lauf.Destruktive Seelenjagd

Zwischen Leben und Tod

Letzteres dient übrigens nicht nur zum Abreagieren, sondern auch zum Lösen von Aufgaben, Freilegen von Abkürzungen und Befreien eingemauerter Seelen, die ihre Erlösung oft mit kleinen Geschenken quittieren. Die Seelen getöteter Dämonen bescheren Euch hingegen Erfahrungspunkte, womit Ihr Raikoh aufleveln könnt, und Gold, womit Ihr im Shop neue Waffen, Zauber oder Talismane erwerben könnt.

Die Einbindung solcher Rollenspielelemente motiviert natürlich weit mehr als nur eine reine Jagd nach Punkten und durch die Möglichkeit, bereits gesäuberte Gebiete beliebig oft wieder besuchen zu können, kann sich jeder so lange mit der Charakterpflege beschäftigen, wie er will bzw. es der Schwierigkeitsgrad verlangt. Der ist nämlich mitunter recht happig und nagt in Verbindung mit der nicht immer glücklichen Kameraführung und unflexiblen Zielautomatik immer wieder empfindlich an der Frustgrenze des Spielers.

Motivierende Charakterpflege

Erfreulich, dass Euch wenigstens die Steuerung keine Steine in den Weg rollt und sich genau so intuitiv wie präzise präsentiert. Neben dem Ausführen von leichten und schweren Hieben kann Raikoh auch problemlos springen, gleiten, sprinten und zaubern. Auch die Kamera lässt sich manuell nachjustieren oder auf Knopfdruck zurücksetzen. Die Angriffsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt und lassen nur wenige Kombinationsmöglichkeiten zu.

Alles unter Kontrolle

Geschick und Taktik ist daher eher bei der Wahl Eurer Waffen als bei deren Führung gefragt. Während Schwerter ausgewogenen Kampfcharakteristiken bieten, sind Lanzen in erster Linie für ihre Reichweite, Äxte für ihre Angriffskraft und Messer für ihre Schnelligkeit bekannt. Das Gewicht der Waffen spielt natürlich auch eine Rolle und je nach Gegner sind manche Waffengattungen mehr geeignet als andere. Zudem ändern sich je nach gewählter Waffe auch Eure Attribute wie Angriffs-, Abwehr- und Zauberkraft, wobei häufig verwendete Waffen regelmäßig repariert werden sollten, um nicht an Wirkung zu verlieren.Die Macht der Magie

Wohlüberlegte Waffenwahl

Auch Talismane und Zauber verändern Eure Attribute und Fähigkeiten. Die Wahl des Zaubers ist sogar äußerst wichtig, da Ihr immer nur einen Zauber mitführen und anwenden könnt. Welcher das sein soll, richtet sich in erster Linie nach den Gegnern des nächsten Spielabschnitts, die Ihr Euch fairer Weise vor dem Kampf näher anschauen könnt. So gibt es vier bzw. fünf Zauberschulen, die es geschickt gegeneinander auszuspielen gilt und je länger Ihr beim Zaubern die Zauber-Taste gedrückt haltet, desto verheerender ist anschließend die Wirkung.

Verheerende Wirkungen haben oft auch Schläge auf stützende Mauern oder Säulen. So könnt Ihr zwar ganze Gebäude zum Einstürzen bringen, aber die Gefahr, durch herabfallende Trümmer verletzt zu werden ist bei Euch genau so groß wie bei Euren Gegnern. Am elegantesten und sichersten ist es daher, einen Widersacher mit einem gezielten Kraftstoß gegen eine Wand zu katapultieren, so dass diese samt Decke einbricht und gleich eine ganze Dämonenschar unter sich begräbt, während Ihr aus sicherer Entfernung zuschaut.

Achtung, Einsturzgefahr!

Wer es besonders elegant mag, kann auch einen feindlichen Feuerball oder anderen Zauber abwarten und diesen mit einem gut getimten Schlag zurückschleudern, so dass sich der Absender selbst den Pelz verbrennt, ohne dass sich Eure Waffen unnötig abnutzen oder es Euch wertvolle Zauberenergie kostet. Diese ist in Otogi nämlich äußerst kostbar, da Euer Körper stetig von ihr zehrt und Ihr sie nur durch das Töten von Dämonen oder Finden von Zaubertränken wieder etwas auffüllen könnt. Und sollten Eure Magiereserven zur Neige gehen, verlässt auch das Leben langsam Euren Körper.

Feuer frei!

Das Gegner- und Leveldesign ist den Entwicklern trotz mäßiger KI-Routinen gut gelungen. Zwar sind die knapp dreißig Spielabschnitte recht kompakt und wiederholen sich später auch, aber die destruktive Suche nach versteckten Seelen oder Geheimgängen gleicht dieses Manko gekonnt aus und auch der Frust über den teilweise recht harschen Schwierigkeitsgrad hält sich dank der überschaubaren Areale in Grenzen. Schade nur, dass es so gut wie keine Rätselelemente gibt, denn auf Dauer verlieren die reinen Metzel- und Zerstörungsorgien doch an Reiz.Stimmungsvolle Optik

Keinerlei Denksport

Technisch ist das Niveau aber durchweg hoch und obwohl ein Effektgewitter das nächste jagt, kommt es zu keinen nennenswerten Slowdowns. Neben herrlichen Licht-, Wisch- und Partikeleffekten, wissen auch die Texturen und Animationen zu gefallen - und das auf Wunsch sogar mit butterweichen 60Hz. Hinzu kommt, dass die meisten Zwischengegner wirklich spektakulär in Szene gesetzt wurden und die mythologisch angehauchte Fernostkulisse stimmungsvoll präsentiert wird. Schade nur, dass dem Protagonisten kein einziges Wort über die Lippen kommt und die Story weitestgehend belanglos bleibt.

Dafür sprechen die meisten anderen Figuren mit äußerst atmosphärischer englischer Sprachausgabe und auch die übrige Soundkulisse sorgt für ein stimmiges Ambiente. An den eigenwilligen Soundtrack muss man sich zwar erst gewöhnen, aber irgendwann kann man sich die Dämonenjagd ohne krächzende Geigen, scheppernde Triangeln und stampfende Pauken gar nicht mehr vorstellen. Heimkino-Freunde dürfen sich zudem über eine implementierte Dolby Digital-Unterstützung freuen. Für eine Lokalisierung hat es hingegen nicht gereicht und so sind alle Texte und Dialoge im Spiel englisch gehalten.

Gewöhnungsbedürftige Akustik

Fazit


Zwar konnte Otogi das dämonische Capcom-Zweigestirn Devil May Cry und Onimusha 2 nicht stürzen, aber die Entwickler bewiesen dennoch, dass sie sowohl technisch als auch spielerisch durchaus konkurrenzfähig sind. Vor allem das unkomplizierte Gameplay und die motivierenden Rollenspielanleihen fesseln einen immer wieder ans Pad. Mit einem etwas ausgereifteren Kampfsystem, zusätzlichen Rätselelementen, einer intelligenteren Kameraführung und einem ausgewogeneren Schwierigkeitsgrad wäre die Capcom-Referenz womöglich sogar ganz schön ins Straucheln geraten. So bleibt Otogi jedoch eher ein Geheimtipp für frusterprobte Anhänger fernöstlicher Mythologie und effektgeladener Schwertkampf-Action, die nicht nur gerne scharenweise Gegner plätten, sondern am liebsten gleich ganze Spielabschnitte in Schutt und Asche legen oder einfach keine PS2 besitzen, um mit Dante oder Jubei auf Dämonenjagd zu gehen.

Pro

  • <li>60Hz-Modus</li><li>effektreiche Optik</li><li>handliches Gameplay</li><li>stimmungsvolles Ambiente</li><li>atmosphärische Präsentation</li><li>motivierende Rollenspielelemente</li><li>fast komplett zerstörbare Levelarchitektur</li><li>abwechslungsreiches Level- und Gegnerdesign</li>

Kontra

  • <li>nicht lokalisiert</li><li>belanglose Story</li><li>schwache Gegner-KI</li><li>keinerlei Rätseleinlagen</li><li>unausgereifte Zielerfassung</li><li>wenig facettenreiches Kampfsystem</li><li>oft sehr hektisch und unübersichtlich</li><li>teils recht happiger Schwierigkeitsgrad</li>

Wertung

XBox