Grabbed by the Ghoulies - Test, Action-Adventure, XBox

Grabbed by the Ghoulies
18.11.2003, Mathias Oertel

Test: Grabbed by the Ghoulies

Nachdem sich Nintendos ehemalige Haus- und Hofschmiede Rare nach glorreichen N64-Zeiten und Titeln wie Goldeneye auf dem GameCube eher unrühmlich mit Starfox Adventures verabschiedet hat, wartet nun das erste Xbox-Spiel auf die Fans. Doch statt dem eigentlich zuerst angekündigten Kameo wird dem als "Familientitel" propagierten Grabbed by the Ghoulies die Ehre der Premiere zuteil. Wir haben der Ghoul-Jagd auf den Geisterzahn gefühlt und erzählen euch im Test, ob Rare auf dem neuen System zu alter Form auflaufen kann!

Es geht doch nichts über einen romantischen Ausflug mit der Freundin. Doch Cooper, der Held aus Grabbed by the Ghoulies, ist kein geschickter Kartenleser und prompt verlaufen sich die beiden. Die Situation wird auch nicht gerade besser, als ein Gewitter naht. Doch zum Glück (Rocky Horror Picture Show lässt grüßen) gibt es ein nicht auf der Karte verzeichnetes Herrenhaus, das den zwei Turteltauben Schutz vor dem Unwetter bietet.

Rares Mansion

Ärger in der Waschküche.


Doch es kommt wie es kommen muss: Das Haus wird von einem bösen Buben und unzähligen Monstern bewohnt, Coopers Freundin wird gekidnappt und urplötzlich steckt unser unfreiwilliger Held im tiefsten Schlamassel.

Um die Freundin aus den Fängen des Bösen zu befreien, müsst ihr Cooper Raum für Raum durch das finstere Gemäuer führen. Und wie es kaum anders zu erwarten war, müsst ihr in jedem Zimmer bestimmte Aufgaben erledigen. Allerdings beschränken sich diese meist auf das Plätten von Gegnern.

Spielerischer Einheitsmarathon

Schrecken lauern überall.


Das hingegen wurde steuerungstechnisch gut umgesetzt: der linke Stick kontrolliert Cooper und mit dem rechten Stick führt ihr eine Attacke in die gedrückte Richtung aus.

Dabei scheint Cooper von allen möglichen Kampfstilen inspiriert zu sein. Denn fiese Tritte, Kinnhaken oder aus dem Wrestling entliehene Elbow-Drops sind nur die Abrundung eines breit gefächerten Arsenals. Dummerweise kann man sich die Bewegungen nicht selbsttätig aussuchen, sondern ist darauf angewiesen, dass das Spiel die hoffentlich richtige Variante aus dem Ärmel schüttelt – was leider nicht immer der Fall ist.

Abwechslung naht hier nur in Form bestimmter Voraussetzungen: Angefangen von einer vornherein festgelegten Anzahl an Gesundheitspunkten über Monster, die ihr nicht treffen dürft bis hin zu einem teils deftigen Zeitlimit reicht das Programm. Vor allem das Zeitlimit kann einem böse zu schaffen machen.

Die Schultertasten dienen zur Kontrolle der Kamera, die leider auch immer wieder nachjustiert werden muss, wenn man nicht die Übersicht verlieren will.

Plagegeister werden mit einem Stuhl schnell entzaubert.


Denn ist die Uhr auf Null gelaufen, taucht der Sensenmann höchstpersönlich auf, um euch zu holen. Und ist es einmal so weit, könnt ihr das Pad eigentlich schon aus der Hand fallen lassen, denn ihm zu entkommen ist nahezu unmöglich.

Was die Gegnervielfalt betrifft, lässt sich Rare nicht lumpen. Einfache Ghoule in verschiedenen Variationen, Skelette, Piraten und vieles mehr wartet auf euch. Dabei sind auch einige Gesellen zu finden, die eine bestimmte Taktik erfordern: Mumien lassen sich beispielsweise nur mit Feuer besiegen und ein Quasimodo-Verschnitt ist nur mit Frontalangriffen in die Knie zu zwingen. Und trotzdem verkommen die permanenten Kampfeinlagen auf Dauer zu einem Einheitsbrei, der kaum zum Weiterspielen reizt.

Auch die Möglichkeit, Gegenstände aufzunehmen und als Waffen einzusetzen, ist nicht mehr als ein nettes Gimmick. Zwar gibt es hier auch eine immense Vielfalt (über 100 Gegenstände von Hamburgern als Wurfgeschossen über Billard-Queues bis hin zu Stühlen), doch im Endeffekt bleibt alles monoton.

Das wiederum ist aber manchmal einfach nicht genug, so dass ihr auch auf einen Haufen Glück angewiesen seid. Denn obwohl das Autotargeting an sich eine nette Idee ist, kommt es viel zu häufig vor, dass ihr vor einem Gegner fliehen wollt und die Zielhilfe einen anderen Feind erfasst, der sich euch dummerweise von hinten genähert hat.

Und so spannend und motivierend das absolut lineare Marschieren durch die Räume und die scheinbar interessanten Aufgaben und minimalen Rätselelemente anfänglich auch sind, so schnell nutzen sie sich ab.

Spätestens nach ein bis zwei Stunden kann euch nichts mehr überraschen und von diesem Moment an geht die Motivation auf Talfahrt.

Probleme über Probleme

Zudem ist der Schwierigkeitsgrad mehr als unausgewogen. Während ihr durch manche Räume nahezu im Schlaf durchmarschieren könnt, fordern andere euer ganzes Können.

Gegen Feuerteufel hilft nur der Löscher - eine von mehr als 100 Waffen.

Daher kann man Grabbed by the Ghoulies absolut nicht als Familienunterhaltung bezeichnen. Es sei denn, man dehnt diesen Begriff so weit aus, dass ältere Familienmitglieder den jüngeren immer wieder unter die Arme greifen müssen, bevor sie vollkommen frustriert das Pad an die Wand schmeißen.

Doch auch die Älteren werden häufig genug einen Hassklumpen aufsteigen spüren und dem Drang nachgeben, das Ghoulie-Gemäuer zu verfluchen.

Wieder einmal auf der Flucht!


Alles bleibt erstaunlich eintönig, die Kämpfe sind auf Dauer zu uninspiriert, es gibt keinerlei Upgrades und die nutzlose Karte gaukelt euch vor, dass ihr eine Wahl hättet, wohin ihr als nächstes gehen könnt.

Und an diesem Punkt geschieht das Unmögliche: Ich wünsche mir wieder einen Ausflug in Luigis Mansion, das zwar auch weit davon ist, perfekt zu sein, doch mit einem ähnlichen Spielprinzip um einiges frischer und abwechslungsreicher umgeht.

Schade eigentlich, denn die Spannung und der langsam ansteigende Schwierigkeitsgrad zu Beginn deuten auf nette Unterhaltung hin.

Auch die schon angesprochene Linearität hilft nicht gerade, die Laune zu verbessern. Zudem ist viel zu viel vom Zufall abhängig.

Ich mach dich fertig, Kleiner!


Und die paar Mini-Games, die ihr freispielen könnt, wenn ihr bestimmte Gegenstände einsammelt, helfen auch nicht gerade, die Langzeitmotivation auf ein akzeptables Niveau zu heben.

Prachtvoll

So sehr Rare beim Gameplay geschlampt hat, so sehr hat man sich bei der grafischen und akustischen Gestaltung ins Zeug gelegt.

Mit einem vollkommen eigenständigen Cel-Shading-Stil wird eine schöne Comic-Atmosphäre geschaffen, die auch durch die Präsentation der Zwischensequenzen als animiertes Buch unterstützt wird. Im Detail gibt es zwar ab und an Probleme, doch egal ob Hauptfiguren, Gegner oder Umgebungen: alles wirkt wie aus einem Guss und macht einfach Spaß zuzuschauen.

Beim Sounddesign geht man ebenfalls die bekannten Rare-Wege: die Sprachausgabe besteht aus einem Wirrwarr und wird untertitelt, unterstreicht dadurch aber nur noch mehr den Comic-Charakter des Spieles.

Die Musiken und die übrigen Soundeffekte wurden perfekt aufeinander abgestimmt und sorgen für eine spannende Untermalung eines in sich wenig überzeugenden Spiels.

Fazit

Und ich dachte, Rare hätte nach Starfox Adventures schon den spielerischen Tiefpunkt erreicht. Zugegeben: Anfangs macht die Geisterjagd noch eine Menge Spaß – zumindest, wenn man die nicht gerade leicht zugängliche Steuerung verinnerlicht hat. Doch spätestens nach einer Stunde hat man so ziemlich alle Spielelemente gesehen. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Motivation rapide ab. Abwechslung naht nur durch den teilweise unfair schwankenden Schwierigkeitsgrad, der das Spiel für eine jüngere Zielgruppe zum reinen Frusterlebnis werden lässt. Grabbed by the Ghoulies beweist in erster Linie eines: Rare ist immer in der Lage, eine Konsole grafisch und akustisch auszureizen und eine stimmige Atmosphäre zu schaffen. Spielerisch hingegen ist man weit von den Großtaten der Vergangenheit entfernt. Selbst das bei weitem nicht perfekte und ähnlich gelagerte Luigis Mansion auf dem GameCube stellt die Ghoulie-Hatz in den Schatten. Nett, belanglos und auf Dauer immens langweilig. Hoffentlich stellt sich im Nachhinein heraus, dass Grabbed by the Ghoulies nur ein voreiliger Schnellschuss war, um das Weihnachtsgeschäft mitzunehmen, und Rare seine ganze Schaffenskraft auf das viel versprechende Kameo konzentriert.

Pro

  • schöne stimmungsvolle Grafik
  • Rätseleinlagen
  • gute, aber gewöhnungsbedürftige Steuerung
  • feine Akustik
  • Interaktion mit Umgebung möglich
  • Mini-Games
  • über 100 Waffen

Kontra

  • - linear bis zum Gehtnichtmehr- auf Dauer äußerst eintönig- unausgewogener Schwierigkeitsgrad- sinnlose Karte- Kameraprobleme

Wertung

XBox