Mario Kart: Double Dash - Test, Rennspiel, GameCube

Mario Kart: Double Dash
29.11.2003, Mathias Oertel

Test: Mario Kart: Double Dash

Was braucht ein guter Fun-Racer? Liebenswerte Charaktere, feine Power-Ups, ein schönes Streckendesign und vor allem einen guten Multiplayer-Part. Und obwohl sich schon viele an dem Genre versucht haben, gibt es nur ein Spiel, das alle diese Anforderungen aus dem Handgelenk schüttelt und mit spielerischer Leichtigkeit vereint: Mario Kart. Seit der SNES-Premiere und vor allem dem famosen N64-Ausflug ist Mario Kart Synonym für Spitzenunterhaltung. Kann der rennfahrende Schnurrbart-Klempner fünf Jahre nach seinem letzten Auftritt immer noch für Begeisterung sorgen? Im Test erfahrt ihr die Antwort.

Mein Gott, waren das Zeiten! Unzählige Stunden hat Super Mario Kart für puren Multiplayer-Spaß gesorgt. Und dann kam Mario Kart 64, hat den Standard für Funracer neu definiert und gilt als Inbegriff für unkomplizierten Spielspaß, wenn man Freunde zu Besuch hat.

Die gute alte, neue Zeit?

Mario, Peach, Bowser, Wario usw. - die Duellanten sind bekannt!


Und Mario Kart Double Dash versucht alles Erdenkliche, um dieses Gefühl unverhohlener Freude auch auf dem GameCube zu entfachen.

Und damit eröffnet sich eine neue spielerische Dimension – zumindest ansatzweise. Denn jeder der insgesamt 20 liebenswerten Charaktere (16 anfänglich wählbare plus vier zum Freispielen) ist in diverse Gewichtsklassen eingeteilt. Da auch die fantasievollen Karts in verschiedene Kategorien eingeteilt sind, könnt ihr nicht mit jeder Kombination jedes Kart nutzen.

Zu zweit im Kart

Neben den bekannten und bewährten Elementen hat man das wesentliche neue Feature von Mario Kart DD schnell ausgemacht: Frei nach dem Motto "gemeinsam sind wir stark" sind zwei Fahrer pro Kart unterwegs.

Abgesehen von dem "Team-Feature" bietet sich jedoch ein mehr als konservatives Bild: Der Einzelspieler-Modus besteht aus den üblichen 50 ccm-, 100 ccm- und 150 ccm-Cups, die euch jeweils über zwölf Strecken führen. Weitere vier Strecken sowie gespiegelte Fassungen aller verfügbaren Tracks können freigespielt werden und müssen in der All Cup-Herausforderung zusammen mit den bekannten Strecken gemeistert werden, bevor die Mirror-Meisterschaft mit allen 16 gespiegelten Strecken auf euch wartet.

Da zudem jede Figur ein individuelles Power-Up hat, kommt hier noch ein weiteres taktisches Kalkül ins Spiel, das bei der Fahrerauswahl beachtet werden sollte.

Zu zweit im Kart bringt noch einen weiteren Vorteil: Ihr könnt zwei der begehrten Power-Ups aufnehmen, indem ihr per Z-Knopf einfach den Fahrer wechselt.

Déjà-vu-Erlebnis

Zwar ziehen ein paar Stunden ins Land, bis man am Ende angelangt ist, doch angesichts der insgesamt mageren Ausbeute an freispielbaren Goodies, Strecken und Charakteren bleibt ein unbefriedigendes Gefühl zurück. Schaut man sich zum Vergleich die GameCube-Inkarnation der Smash Bros. an, wird schnell klar, wie stark das Freispielen von Items usw. die Langzeitmotivation beeinflusst - im Falle von Mario Kart DD leider negativ. Hat man einmal alles gesehen, muss man händeringend nach Gründen suchen, um das Spiel für eine Einzelspieler-Session nochmals hervor zu kramen. Auch die Time Trials, die euch auf jeder Strecke zur Verfügung stehen, bieten zu wenig Motivation.

Knallbunt, spaßig, unterhaltsam - allerdings vorrangig im Mehrspieler-Modus.

Auf der Strecke an sich hat sich ebenfalls wenig getan: Die Power-Ups sind mit Ausnahme der figureneingenen Specials alle bekannt und auch die Hindernisse auf den Strecken bilden im seltensten Fall eine unerwartete Überraschung wie z.B. der Sandstrudel oder der Wirbelsturm.

Selbst das Streckendesign wirkt eigentümlich vertraut – und das obwohl die Tracks allesamt neu aufgebaut wurden und die meisten nicht mit Abkürzungen sparen. Doch letzten Endes ist das Design mehr als vorhersehbar und wird Mario Kart-Veteranen kaum in spielerische Verlegenheit bringen. Außerdem ist das so beliebte Springen der Schere zum Opfer gefallen ist.

Wo man auch hinschaut, hat man das Gefühl, alles schon einmal gesehen zu haben.

Der Held und seine Prinzessin: eine von zahlreichen Combo-Möglichkeiten.

Dafür wird ein größerer Stellenwert auf das Sliden gelegt. Zum einen optisch wesentlich spektakulärer als das normale Durchfahren, könnt ihr durch geschicktes Kurvenrutschen einen enormen Geschwindigkeits-Boost mitnehmen, der vor allem in den Rennen der 100ccm- und 150 ccm-Klassen enorm wichtig ist.

Versteht mich nicht falsch: Eigentlich alles, was man auf einer "Das-muss-in-Mario-Kart-sein"-Checkliste erwartet, ist enthalten. Aber leider auch nicht mehr. Denn auch die Team-Geschichte könnte man einfach ersetzen, indem man dem Spieler einfach so die Möglichkeit gibt, zwei Items aufzunehmen.

Andererseits darf man jedoch nicht vergessen, dass sämtliche Mario Kart-Spiele vorrangig auf Multiplayer-Fun ausgelegt waren – so auch Double Dash. Bis zu vier Spieler können an einem Würfel wahlweise solo oder auch als kooperativ agierendes Team in "normalen" Vs.-Rennen oder dem Kampf-Modus antreten, der euch drei Möglichkeiten bietet.

Gewohnter Multiplayer-Spaß

Den Balloon Battle werden die meisten Veteranen noch aus den bisherigen Mario Kart-Spielen kennen. Und auch der "Shine Thief" dürfte Rennspiel-Fans bekannt sein – wenn auch unter anderem Namen wie z.B. Chicken. Ein Stern ist in der Arena und wer immer den Stern für eine festgelegte Zeit halten kann, gewinnt.

Jederzeit flüssig, aber nicht gerade aufwändig texturiert.


Ebenfalls ein Garant für Spielspaß ist der Bob-Omb Blast, der eine ganz einfache Ausgangsposition bietet: einziges Power-Up sind die Bob-Ombs. Trefft einen Gegner und erhaltet einen Punkt, werdet getroffen und verliert einen Punkt.

Leider ist mit insgesamt sechs Karten, auf denen die Multiplayer-Feten steigen können, die Auswahl etwas mager ausgefallen.

Doch dies schadet dem Spielspaß nur unwesentlich. Denn bevor man sich versieht, entwickelt Double Dash die bekannte Dynamik, die schnell zur typischen "Ach-komm-eins-geht-noch"-Mentalität führt. Und eh man sich versieht, ist der Abend vorbei.

LAN statt online

Wer die Nase von Splitscreen-Duellen voll hat, bekommt mit dem LAN-Modus die Möglichkeit, bis zu acht Würfel zusammenzustöpseln und mit bis zu 16 Spielern acht Fahrerteams zu bilden.

Vorischt vor dem Wirbelsturm - eines der aufwändigeren Grafikelemente.


Da LAN sowieso nur über den Breitband-Adapter möglich ist, fragt man sich jedoch, wieso Nintendo nicht die Gunst der Stunde genutzt und gleich noch einen Online-Modus eingebaut hat, der das Ganze wesentlich interessanter machen würde.

Doch auch so bietet der LAN-Modus genügend Ansätze für Spielspaß. Mit einem Wermutstropfen: selbst wenn ihr nur zu zweit LANt, ist es nicht möglich, seine Fahrer auszuwählen.

Flüssig, aber sparsam

Grafisch kann Mario Kart Double Dash auf breiter Linie überzeugen. Na ja, so breit ist die Linie auch nicht. Aber eins nach dem anderen.

Wie es sich für einen Fun Racer und noch mehr für Mario Kart gehört, bieten die Strecken eine umfangreich angelegte Farbwahl, die nicht selten das Prädikat "Bonbon-Kolorierung" einfährt, aber dem Spiel unheimlich gut zu Gesicht steht.

Und noch viel wichtiger: die Geschwindigkeit stimmt. Gleichgültig, ob alleine, auf dem Splitscreen oder im LAN-Spiel bleibt die Geschwindigkeit konstant.

Auch am Vier-Spieler-Splitscreen bleibt das Spiel ruckelfrei.


Wie man es aus den Mario Kart-Spielen kennt, bieten die Strecken zahlreiche interaktive Elemente. Doch auch hier stellt sich wieder ein "Kennt-man-doch-schon"-Gefühl ein – selbst wenn z.B. der Sandsturm eindruckvoll aussieht.

Zudem beschränkt sich die Qualität der Texturen gerade mal auf das Nötigste. Alles sieht zwar gut aus und passt wunderbar zusammen, doch abgesehen von dem ruckelfreien Spielerlebnis scheint der GameCube kaum gefordert zu werden.

Auch die Figuren und Karts, so schön und liebevoll sie auch gestaltet sein mögen und so geschmeidig sie sich bewegen, sind nichts Weltbewegendes oder gar originell Neues.

Ist Mario Kart Double Dash grafisch einigermaßen auf der Höhe der Zeit, ist die Akustik zu N64-Zeiten stehen geblieben. Die Melodien, die ihr zu den Rennen zu hören bekommt, sind zwar zuckersüß und passen wunderbar ins Nintendo-Universum, doch die Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Hätte man nicht ein Orchester ins Studio zerren können, um die Musik einzuspielen anstatt den Spielern mit MIDI-Tracks die Ohren zu stopfen?

MIDI-Tracks (fast) ohne Sprache

Bei den Soundeffekten verhält es sich ähnlich: Sauber, aber ohne jede Inspiration oder gar Originalität werden die Effekte abgespult. Einzig die netten Sprachsamples der Charaktere ragen aus diesem Durchschnitts-Sumpf heraus, können die Soundabteilung aber nur unzureichend retten.

Klar, es passt. Doch hört man zum Vergleich die Akustik von z.B. Super Smash Bros. Melee an, werden die Unterschiede mehr als deutlich.

Dafür könnt ihr das Spiel aber auch in Dolby Pro Logic II genießen – in diesem Fall aber ein eher zweifelhaftes Vergnügen.

Fazit

Ist Mario Kart Double Dash ein gutes Spiel? Zweifellos - allerdings nur für Multiplayer-Sessions. Spieler, die vornehmlich alleine spielen, werden mit dem GameCube-Ableger von Mario Kart nur kurzfristig Spaß haben. Trotz der Möglichkeit, mit zwei Fahrern unterwegs zu sein, halten sich die Unterschiede zu Mario Kart 64 zudem so stark in Grenzen, dass auch alteingesessene Fans der Serie mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Spiel betrachten werden. Technisch einwandfrei hat man das erste Mal bei einer GameCube-Neuauflage einer erfolgreichen Franchise das Gefühl, dass man bei Nintendo kein großes spielerisches Risiko eingehen wollte. Als hätten die Entwickler eine Checkliste mit Features gehabt, die man in einem Mario Kart-Spiel erwartet, diese dann abgearbeitet und Angst gehabt, etwas Neues einzubauen - der magische Funke der alten Spiele ist einfach nicht mehr vorhanden. Zwar stellt sich (zumindest mit mehreren Spielern) umgehend der Spaß ein, den man mit der Serie assoziiert, doch der absolute Überflieger ist Mario Kart Double Dash leider nicht geworden. Da steckte in den GC-Neuauflagen von Zelda, Metroid und den Smash Bros. deutlich mehr drin. Trotzdem: Wer hin und wieder Freunde zu Besuch hat, die zudem noch TV und GameCube im Gepäck haben, wird lange Spaß haben.

Pro

  • 20 knuddelige Charaktere
  • 16 Kurse (plus gespiegelte)
  • LAN-Spiel mit bis zu 16 Spielern
  • Multiplayer-Spaß-Garantie
  • durchweg flüssig
  • individuelle Spezial-Powerups
  • nette Mehrspieler-Modi
  • sechs Multiplayer-Arenen
  • Dolby Pro Logic II-Unterstützung

Kontra

  • für Einzelspieler unbefriedigend
  • nur kleine Ausbeute an freispielbaren Gimmicks
  • Springen ist rausgefallen
  • langweiliges Streckendesign
  • keine Figuren-Auswahl beim LAN-Spiel
  • kein Aha-Erlebnis mehr

Wertung

GameCube

Ab zwei Spielern ein herrlicher Rennspaß.