Star Wars: Knights of the Old Republic - Test, Rollenspiel, iPhone, XBox, PC, Switch, Android, iPad

Star Wars: Knights of the Old Republic
03.12.2003, Jörg Luibl

Test: Star Wars: Knights of the Old Republic

Auf der Xbox schlug Star Wars: Knights of the Old Republic (ab 1,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) ein wie eine Bombe: Euphorische Tests und Traumwertungen bescherten BioWare einen glänzenden Einstand auf Microsofts Konsole. Jetzt haben die Rollenspielmeister aus Kanada endlich die PC-Version des epischen Krachers vollendet.

Satte vier CDs und eine Installation von vier Gigabyte lassen gleich zu Beginn erahnen, dass ein Epos auf die Festplatte geschaufelt wird. Kein Wunder, wenn man z.B. an die komplette Sprachausgabe aller Texte oder die zwei bis drei Dutzend Stunden Spielspaß denkt, die in den Weiten der Galaxie auf euch warten. Warum man auf eine DVD-Version verzichtet hat, ist mir jedoch schleierhaft - gerade dieses Rollenspielschwergewicht hätte sich für das handlichere Format angeboten.

Fast perfekte Umsetzung

Zwar bietet die Charakterwahl nur ein Volk, drei Klassen und einige Portraits. Aber dafür können sich die inneren Statistikwerte sehen lassen.

Neben der besseren Lesbarkeit der Texte und Zahlen sowie der herrlich hohen Auflösung fallen die kürzeren Ladezeiten sofort positiv auf. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Die schon auf der Xbox monierten Ruckler werden manche selbst auf laut Handbuch mehr als ausreichenden Rechnern mit 512 MB Ram, 2 Ghz und GeForce3 bemerken. In diesem Fall müsst ihr in der Grafikabteilung Feintuning abwärts ansetzen sowie das Anti-Aliasing abschalten. Es soll jedoch auch Glückliche geben, die komplett ohne Slowdons losziehen. Die in einigen Foren bemängelten Abstürze und Grafikbugs haben wir auf unserem Rechner jedenfalls nicht bemerkt.

Schon die ersten Spielminuten beweisen, dass sich BioWare -im Gegensatz zu Konami im Fall von Pro Evolution Soccer 3- ansonsten vorbildlich um die Umsetzung des Konsolenhits gekümmert hat: Nicht nur das Handbuch und so manche Grafik wurden perfekt angepasst. Auch das gesamte Interface wurde optisch und technisch so gut auf die Maus- und Tastatursteuerung getrimmt, dass man gar nicht an die Xbox-Ursprünge denkt. Egal ob Kameradrehung, die Tastaturkürzel, die interaktive Karte oder die hilfreichen Pop-Ups - alles lässt sich komplett an euren Geschmack anpassen. Dieses Beispiel sollte Schule machen.Charaktererschaffung

Der Einstieg entfacht bei eingefleischten Rollenspielern auf den ersten Blick keine Euphorie, denn es gibt nur drei Klassen sowie eine bescheidene Figurengestaltung: Ihr habt die Wahl zwischen dem listigen Gauner, dem umsichtigen Späher und dem kampferprobten Soldaten. Danach könnt ihr zwischen männlichen und weiblichen Modellen wählen und ein Porträt aussuchen. Etwas mehr Gestaltungsfreiheit hätte sicher nicht geschadet.

Dafür offenbart der zweite Blick die Rollenspielseele, denn die Charaktererschaffung kann sich mit jedem Genre-Schwergewicht messen: Sechs Attribute wie z.B. Stärke, Geschicklichkeit und Weisheit, acht Fähigkeiten wie Computerkenntnisse, Tarnung und Bewusstsein sowie über ein Dutzend passive und aktive Kampftalente à la Kampf mit zwei Waffen oder Scharfschütze zeigen, dass BioWare hier kein Rollenspiel light abliefert.

Viele Fragen werden euch zu Beginn beschäftigen. Aber für Antworten bleibt zunächst wenig Zeit, denn euer Raumschiff wurde gerade gekapert...


Denn im Hintergrund sorgt ein modifiziertes D&D-Regelwerk dafür, dass sich die Statistiken akkurat in Echtzeit auswirken.

Allerdings sollte man spätestens als Jedi selbst Hand anlegen, denn hier kommen noch mal die drei Klassen Wächter, Hüter und Gesandter sowie über 40 delikate dunkle und helle Machtfähigkeiten hinzu: Lichtschwerter werfen, Gegner per Machtstoß niederschlagen, Wirbelstürme entfachen, Feinde würgen, betäuben oder einfach ängstigen. Bis zum maximalen Level 20 gibt es eine Menge fiese Kniffe zu entdecken.

Das ausgefeilte System sorgt schon beim ersten Aufstieg für die bittersüße Qual der Wahl, welche Fähigkeiten und Talente gefördert werden sollen. Unentschlossene können das auch automatisieren, so dass die wichtigsten Eigenschaften erhöht werden.

Die Story katapultiert Euch sofort mitten ins Geschehen: Als unbekannter Soldat müsst ihr von einem Schiff der Republik fliehen, das plötzlich von den dunklen Sith gekapert wird. Ihr erlebt den kampflastigen Weg von Eurer Koje bis zur Rettungskapsel in Form eines Tutorials, das Euch Schritt für Schritt in die Steuerungsfinessen einführt.

Ein Niemand mittendrin

Das Interface sieht zwar fast so aus wie sein Xbox-Vorbild, aber einige Menüs und  die Benutzerführzung wurden komplett an die Mausgewohnheiten angepasst.

Schon hier zeigt sich die Verwandtschaft zu Neverwinter Nights: Sobald es zum Kampf kommt, pausiert das Spiel, um Euch die taktische Wahl zwischen Schwert, Blaster oder Granate sowie Heilung, Tarnung oder Schild zu geben. Ihr könnt das Ganze auch in Echtzeit ablaufen lassen, dabei die Kamera drehen und begleitet von einem orchestralem Soundtrack den famosen Tanz aus Lasern, Funken und Explosionen beobachten.

Die Kämpfe sehen auf dem PC noch einen Tick besser aus, die Architektur ist abwechslungsreich, Nebelschwaden wabern bis ans Knie und die Figuren sind gut animiert. Das Leveldesign kaschiert allerdings mit geschickt platzierten Fels-, Baum- und Wandtexturen ein Korsett aus Wänden, das durch einen Blick auf die Minikarte entlarvt wird - ähnlich, wenn auch nicht so strikt wie in Final Fantasy X.

Gerade die ersten Stunden geht es recht linear voran und erst später hat man in Steppen, Katakomben und Wäldern etwas mehr Freiraum. Weil jedoch immer etwas passiert und hinter jeder Ecke eine neue Herausforderung lauert, stört diese Begrenzung nur beim wiederholten Erkunden.

Wenn ihr auf dem ersten Planeten Taris landet, dürftet ihr mit der intuitiven Bedienung keine Probleme mehr haben. Bis zu zwei Gefährten könnt ihr im weiteren Verlauf mitnehmen, darunter eine Schmugglerin, zwei Soldaten, zwei Droiden, ein Wookie und drei Jedi. Das Partymanagement ist vorbildlich: Ihr könnt Waffen, Rüstungen und Schilde einfach tauschen und im Kampf bequem zwischen den drei Figuren wechseln, um deren Talente klug einzusetzen.

Auf Taris entfaltet sich dann schnell ein Geflecht aus Gesprächen, Hinweisen und Quests, das dank der ständig aktualisierten Karte, der vorbildlichen Gesprächsaufzeichnung und des Tagebuchs immer überschaubar bleibt. Noch ist erzählerisch vieles unklar, Eure Rolle nebulös und auch Eure Gefährten sorgen mit ihren Geschichtchen für mehr Rätsel als Klarheit. Was wollen die Sith eigentlich? Welche Rolle spielen die Jedi? Was habt ihr damit zu tun?

Innerhalb einer Gruppe könnt ihr entscheiden, wen ihr steuert. Ist eine Tür verschlossen, empfiehlt sich der Wechsel auf einen Charakter mit Gaunerfähigkeiten.


Vom Kämpfer zum Helden

Aber spätestens wenn ihr Taris verlasst und auf Dantooine zum Jedi-Adepten aufsteigt, entfaltet die Story einen dramatischen Sog, der Euch immer stärker mit dem Schicksal der Republik verbindet. Hier beginnt eine Odyssee zwischen den fünf Planeten Dantooine, Tatooine, Kashyyyk, Korriban und Manaan. Sobald ihr auf Eurem Raumschiff seid könnt ihr entscheiden, wo es hingeht. Im Gegensatz zum starren Leveldesign begeistert hier die offene Spielstruktur. Natürlich liegt es auch an euch, ob ihr der hellen oder dunklen Seite folgt, denn in Dutzenden von Aufgaben müsst ihr Farbe bekennen: Gnade oder Härte? Kampf oder Gespräch?

Und obwohl das Star Wars-Universum von der typischen Gut-Böse-Grenze gespalten und keine Fraktionen und Gilden à la Elder Scrolls 3: Morrowind bietet, bestechen die meisten Quests durch Einfallsreichtum und raffinierte Winkelzüge, die die Entscheidungen erschweren.

Außerdem kann man sich auch gut in der Grauzone zwischen heller und dunkler Macht bewegen - man muss nicht entweder Heiliger oder Bösewicht sein. Diese Nuancen hätte man sich auch bei den Gesichtern der Gesprächspartner gewünscht, die sich einfach zu schnell wiederholen.

Funken sprühende Lichtschwertduelle sind eines der optischen Highlights. Trotz Granaten & Laser werden auch Nahkämpfer voll auf ihre Kosten kommen!

Abseits von Rettungsmissionen, Hol-und-Bringdiensten sowie Infiltrationen gilt es z.B. heikle Familienfehden zu schlichten, der dunklen Seite Verfallene zu überzeugen oder in bester Krimi-Manier einen Mordfall zu lösen - inklusive Zeugenaussagen, Indiziensammlung und Archivrecherche.

Hinzu kommen drei Minispiele, die mit einem rasanten Wettrennen, kleinen Weltraumgefechten zwischen den Planetenreisen und einer süchtig machenden Black Jack-Variante für Abwechslung sorgen. Letzteres ist nicht nur unterhaltsam, sondern bringt auch ein paar Credits in die Kasse.Schade für alle Gauner ist nur, dass man alle Kisten bedenkenlos plündern kann - selbst, wenn der Besitzer direkt daneben steht; Konsequenzen sind Fehlanzeige. Und ähnlich wie bei Neverwinter Nights werden kampflustige Naturen viel mehr Erfahrungspunkte sammeln als redefreudige und schleichende Gesellen.

Und wenn ein Droide vor den penetranten Einölungsorgien seiner menschlichen Herrin Reißaus nimmt, und euch aus lauter Verzweiflung bittet, ihn endlich zu zerstören, gerät auch das Zwerchfell in Wallung.

Das nagt zwar ein wenig an der Atmosphäre, aber wird durch die vielen Terminals wieder ausgeglichen. Hier könnt ihr Euch als Hacker betätigen und durch den geschickten Einsatz von Kameras und Stromausfall schon im Vorfeld Wachen ausschalten oder Türen öffnen. Wer genug Computersonden und -kenntnisse hat, kann sich so jede Menge Ärger ersparen.

Auf eurem Weg werdet ihr ständig von euren Gefährten beeinflusst, denn sie kommentieren eure Aktionen, provozieren euch, streiten sich untereinander oder machen einfach dumme Witze - und das nicht nur inklusive passender Mimik und Gestik, sondern komplett auf Deutsch.

Die Party lebt

Vor dem Kampf pausiert das Spiel, damit ihr Gegner anvisieren und die Angriffsart bestimmen könnt. So bleibt viel Raum für taktische Überlegungen zwischen Granate, Dauerfeuer und gezieltem Schuss.

Die schauspielerisch überzeugenden Sprecher haben jedem noch so kleinen Nebensatz und NPC akustisches Leben eingehaucht; sogar Aliensprachen erschallen im unverständlichen, aber dafür um so stimmungsvolleren Original. Wenn man die optionalen Texte ganz weglässt, kann man die filmreifen Gespräche am besten genießen. Auch die eigens komponierten Melodien gehören durch die Bank in die Kategorie filmreif.

Je nach Party-Konstellation geht es unterschiedlich zur Sache: Während sich Gaunerin Mission z.B. mit dem Wookie blendend versteht, geht sie der Jedi Bastila dermaßen auf die Nerven, dass sich die junge Jedi sogar zu einem Machtmissbrauch hinreißen lässt und die Quasselstrippe zu Boden wirft. Die Party-Interaktion ist einfach köstlich und trägt unheimlich zum Mittendringefühl bei.

Jeder Planet bietet andere Außenwelten. Auf Taris herrscht nüchterne Großstadtatmosphäre. Die Atmosphäre ist aufgrund scharfer Kontrollen jedoch sehr angespannt...  

Denn BioWare hat das Meisterstück vollbracht, die Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren dank lebensechter Charaktere und zeitloser Themen wie Hass, Liebe, Rache, Rassismus, Freiheit und Raffgier mindestens genau so interessant zu gestalten, wie den roten Faden der action- und aufgabenreichen Hauptquest. So muss das Rollenspiel der Zukunft aussehen!

Wer sich abseits von wortwitzigen Dialogen auch gerne in der Waffenkammer austobt, kommt ebenfalls auf seine Kosten: Erstens gibt es die sechs Gattungen Nahkampf, Blaster, Blastergewehr, schwere Waffen, Laserschwerter und Granaten. Ihr könnt bei entsprechendem Talent sogar mit zwei Blastern, zwei Laserschwertern oder einer eindrucksvollen Doppelklinge kämpfen. Hinzu kommen auf der defensiven Seite leichte, mittlere und schwere Rüstungen.

Waffensammelsurium

Das süchtig machende Highlight sind allerdings die zahllosen Aufrüstoptionen: Es gibt bestimmte Rüstungen und Schwerter, die ihr mit speziellen Zusätzen auf einer Werkbank noch effektiver machen könnt.Und natürlich lassen sich auch die Laserschwerter mit Kristallen so aufrüsten, dass sie z.B. betäuben, mehr Schaden anrichten oder die kritische Trefferchance erhöhen.

Ich habe noch nie so ein stress- und frustfreies Rollenspiel erlebt: Die Bedienung ist intuitiv, die Menüs sind gut strukturiert, die Karten sind übersichtlich - und auf dem PC geht das Ganze mit Maus und Tastatur noch angenehmer von der Hand. Regelpuristen können sich die Würfelergebnisse anzeigen lassen, Echtzeitfetischisten können die automatische Pausierung abschalten. Die Vielfalt an Optionen ist einfach herrlich.

Spielkomfort pur

Viel wichtiger ist aber, dass man nur dann nachladen muss, wenn alle Partymitglieder gestorben sind. Falls ein Gefährte den Kampf überlebt, rappeln sich die anderen kurze Zeit später wieder auf - zwar humpelnd und keuchend, aber nach ein paar Medipacks wieder frisch. Und wenn man größere Zwischenkämpfe nicht besteht, muss man entweder die Taktik oder die Gefährten wechseln.

Später kommen auch Wüstenabenteurer auf ihre Kosten - inklusive Dünenscharmützel und Großwildjagd.

Sehr komfortabel ist auch die Rückkehrfunktion: Ihr könnt fast von jedem Ort mit einem Knopfdruck zurück zu eurer Basis, um Lebenspunkte zu tanken oder Waffen aufzurüsten. Danach werdet ihr auf Wunsch wieder direkt zum letzten Ort katapultiert. Das erspart lange Wege und nervigen Leerlauf.

Fazit

So muss eine PC-Umsetzung aussehen! Ich kenne die Xbox-Fassung mittlerweile in- und auswendig, aber am Monitor entfacht BioWare tatsächlich noch einen Hauch mehr Rollenspielfeuer. Die Kämpfe sind etwas imposanter, die Texte besser lesbar und die Steuerung mit Maus und Tastatur ist einfach genial. Kurzum: Ich kann mir derzeit keine bessere Unterhaltung vorstellen. Hier gibt`s all das, was ein hervorragendes Rollenspiel ausmacht - abwechslungsreiche Quests, mehrere Lösungsmöglichkeiten, ausgefeilte Charakterentwicklung, packende Kämpfe und eine gute Story. Zwar ist auch die Jedi-Karriere auf dem PC nicht perfekt, kommt etwas schleppend in Gang und zeigt kleine Schwächen wie Ruckler, viele gleich aussehende NPCs und straffreie Kistenplünderung. Aber BioWare hat es nicht nur geschafft einen Star Wars-Muffel wie mich für George Lucas´ Universum zu begeistern, sondern treibt die schon in Baldur`s Gate 2 gefeierte Party-Interaktion zu bisher unbekannten Höhenflügen. Ich habe noch nie schauspielerisch dermaßen überzeugende NPCs in einem Rollenspiel erlebt. Erst durch das Leiden, Sticheln, Lieben, Hetzen und Philosophieren dieser Gefährten entsteht dieses herrliche Gefühl, mittendrin und gleichzeitig ganz weit weg zu sein - fantastisch!

Pro

  • gute Story
  • viel Wortwitz
  • sechs Planeten
  • nette Mini-Games
  • lebendige Dialoge
  • einfache Steuerung
  • sehr gute Spielbalance
  • taktisches Kampfsystem
  • neun lebendige Gefährten
  • famose Lichtschwertduelle
  • abwechslungsreiche Quests
  • erstklassige Party-Interaktion
  • sehr viele Aufrüstmöglichkeiten
  • neuer Planet mit Shopmöglichkeit (PC)
  • hervorragende deutsche Sprecher
  • stimmungsvolle Musik, klasse Sounds
  • viele Lösungsmöglichkeiten & Freiheiten
  • liebevolle Inszenierung des Star Wars-Universums

Kontra

  • einige Ruckler
  • Hardware-hungrig (PC)
  • viele gleiche Gesichter
  • magere Charaktererstellung
  • Kisten plündern ohne Konsequenzen

Wertung

PC

Episch, packend, actionreich - KotOR bietet Rollenspiel-Unterhaltung auf höchstem Niveau!