True Crime: Streets of LA - Test, Action-Adventure, PlayStation2, XBox, GameCube, PC

True Crime: Streets of LA
05.12.2003, Mathias Oertel

Test: True Crime: Streets of LA

Auf Xbox und PS2 hat sich Activisions Action-Kracher True Crime: Streets of L.A. zwar nicht zum Stolperstein für Rockstars GTA-Serie entwickeln können, lieferte aber insgesamt runde Unterhaltung ab. Mittlerweile dürfen auch die GameCube-Spieler in die Fußstapfen Nick Kangs treten und in der Stadt der Engel für Ruhe und Ordnung sorgen. Wie die Fassung für den Würfel im Vergleich abschneidet, könnt ihr im Test erfahren.

Bereits zu Anfang der Entwicklung hat das Team von Luxoflux ein Ziel gehabt: einen deutlich vom Hong Kong-Kino inspirierten Action-Film zum Mitspielen auf die Beine zu stellen. Der Schauplatz: Los Angeles. Der Hauptdarsteller: Nick Kang, ein Polizist, der nach seiner Suspendierung auf Grund übermäßiger Gewaltanwendung bei der EOD landet (Elite Operations Devision). Und bereits sein erster Fall führt ihn in ein Wespennest, in dem Triaden und Russenmafia nur auf ihn warten. Und über all dem lauert zusätzlich noch der Schatten der Vergangenheit: Was ist mit Nicks Vater –ebenfalls ein Cop- passiert, der vor Jahren spurlos verschwand? Die Antwort warten in den Straßen von L.A.

Hollywood-Epos zum Mitspielen

Über 250 Quadratkilometer Los Angeles warten auf euch!

True Crime hat von Beginn an zwei gewaltigen Probleme: GTA 3 und GTA Vice City. Rockstars Kult-Serie hat es geschafft, den Begriff Genre-Mix und darüber hinaus den Standard für Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit in Spielen neu zu definieren. Und da True Crime in genau die gleiche Kerbe schlägt und dazu noch mit nahezu identischen Gameplay-Elementen überzeugen möchte, drängt sich bereits nach den ersten Spielminuten der Verdacht auf, dass Luxoflux nur vom Erfolg der GTA-Serie zehren möchte. 

GTA Los Angeles?

Zielgenaues Schießen: eines der zahlreichen Charakter-Upgrades.


Doch hat man diese Vorurteile erst einmal überwunden und sich mit den oberflächlich gesehen ähnlichen, aber im Detail deutlich unterschiedlichen Gameplay-Mechanismen vertraut gemacht, beginnt man True Crime zu schätzen.

Nehmen wir zum Beispiel die Story, die sich trotz aller Freiheiten beständig als roter Faden durch das Spiel zieht. Deutlich ausgefeilter, erzähltechnisch stärker und mit verschiedenen Enden versehen, könnte die Geschichte absolut als Drehbuch für einen Hollywood-Film durchgehen.

Filmreife Story

Natürlich wird auch in diesem Test GTA immer wieder als Gradmesser herhalten müssen. Umso erfreulicher ist es, dass True Crime es tatsächlich schafft, auch Vice City-gestählte Spieler zu überraschen.

Daher war es auch eine gute Wahl, bekannte Schauspieler für die Synchronarbeit zu gewinnen: u.a. haben sich Christopher Walken (King of New York, Pulp Fiction), Gary Oldman (Leon, True Romance), Michelle Rodriguez (Blue Crush), Michael Madsen (Reservoir Dogs) und Russell Wong (New Jack City, Romeo must Die) hinters Mikrofon begeben, um den Spielcharakteren den nötigen Tiefgang zu geben, der sich auch prompt im Spiel bemerkbar macht und für Stimmung sorgt.

Sämtliche zur Verfügung stehenden Spielelemente sind GTA-gestählten Zockern wohlbekannt, wurden von Luxoflux jedoch mit einem Twist versehen. Die Bewegungsfreiheit wurde z.B. massiv vergrößert: Das befahr- und belaufbare Stadtgebiet von L.A. umfasst mehr als 250 Quadratkilometer. In einigen Missionen habt ihr zwar ein Zeitlimit zu beachten, doch es gibt mehr als genug Gelegenheit, sich einfach mal einem Sightseeing-Trip hinzugeben. Dabei fällt auf, dass das Ambiente von L.A. gut eingefangen wurde. Egal ob Downtown, Beverly Hills, Century City oder Santa Monica: wer schon einmal in Los Angeles war, wird sich sofort heimisch fühlen. Manche Haus- und Landschafts-Texturen bleiben dabei zwar etwas blass, doch unter dem Strich hat die Grafikabteilung eine mehr als gute virtuelle Ausgabe der Stadt der Engel auf die Disc gepresst.

Stadtrundfahrt

In den imposant inszenierten Kämpfen kann die Umgebung zerlegt werden.

Kämpfen, Schießen usw. kennt man ebenfalls aus GTA. Aber auch hier hat Luxoflux Elemente eingebaut, die True Crime deutlich von der Konkurrenz abheben. Überall in der Stadt verteilt, finden sich Trainingmöglichkeiten, die eure jeweilige Fähigkeit verbessern. In der Polizeifahrschule könnt ihr euer Geschick am Steuer aufpolieren und im Lauf der Zeit neue Manöver lernen, die von Blitzstarts über 180 Grad-Turns bis hin zum Nitro reichen.

GTA und mehr

In den Dojos lernt ihr neue Griffe und spezielle Manöver, die ihr einsetzen könnt, wenn euer Gegner im Kampf betäubt ist.Und auf dem Schießstand schließlich könnt ihr euch neue Fähigkeiten wie genaues Zielen, schnelleres Nachladen sowie Waffenupgrades wie z.B. Lasersucher aneignen.

Max Payne lässt grüßen!


Diese Fähigkeiten sind später immens wichtig: Dass es einfacher ist, einen Scharfschützen mit einem gezielten Schuss auszuschalten, als immer nur wie wild auf ihn zu feuern, ist logisch.

Doch das Training ist nicht kostenlos. Die Währung, die euch auch ermöglicht, bei Apotheken eure Gesundheit aufzufüllen bzw. an Tankstellen euer Fahrzeug zu reparieren, sind Polizeimarken-Punkte. Mit jeder erfolgreichen Mission erhöht sich das Punktekonto.

Doch nicht nur die von der Story vorgegebenen Missionen sorgen für ein rasantes Ansteigen des Kontos: Während ihr durch die Stadt lauft oder fahrt, kommen über Polizeifunk immer wieder zufällig ausgewählte Aufträge, deren Erfüllung euch freigestellt ist.

Gut oder böse?

Das Angebot reicht dabei von normalen Straßenkämpfen bis hin zu Geiselnahmen. Wer dabei wild um sich schießend den Kampf auflöst oder den Geiselnehmer inklusive Geisel erledigt, bekommt zwar Punkte wegen erfolgreicher Verbrechensbekämpfung gutgeschrieben, muss aber dafür ein Absinken seines Cop-Ratings in Kauf nehmen. Wer hingegen die Verbrecher mit Schüssen in Arme oder Beine neutralisiert und die Opfer nicht mit ummäht, bekommt nicht nur mehr Verbrechensbekämpfungspunkte, sondern steht auch auf der guten Seite.

Gleiches gilt für die immer wieder auftauchenden Stealth-Missionen. Wer die Feinde mit Schlägen betäubt oder mit der Betäubungspistole erledigt, entwickelt sich zum Good Cop. Wer ihnen einfach das Genick bricht, wird zum Bad Cop und sieht zum Abschluss ein anderes der zahlreichen Enden der verzweigten Story.

Eines der schnelleren Fahrzeuge im Spiel!

Da die verschiedenen Elemente im Spiel etwa gleich gewichtet werden, sollte man alles so gut es geht trainieren. Doch auch ohne Upgrades kann man es mit entsprechendem Geschick schaffen, sich bis zum Ende vorzuwühlen – was wieder für das durchdachte Balancing spricht, das auch durch die automatische Speicherung an bestimmten Punkten unterstützt wird.

So sehr sich True Crime in punkto Charakterentwicklung und der Verbesserung der grundlegenden Spielelemente positiv von den GTA-Spielen unterscheidet, so sehr lassen sich auch zahlreiche Nachteile ausmachen. Allen voran die Spieldauer: Auch das immens große Stadtgebiet von Los Angeles kann nicht verhindern, dass man nach etwa 15 bis 25 Stunden das Finale gesehen hat. Denn im Endeffekt konzentriert sich das Spiel zu sehr auf die Story. Daran können auch die Zufallsmissionen nichts mehr ändern, die man allerspätestens dann außer Acht lässt, wenn man sich alle Upgrades antrainiert hat. Und von diesem Moment an saust man geradezu durch die Missionen. Und abseits von Story-Alltag und Polizeifunk gibt es wenig zu entdecken. Klar: Man kann Snoop Dog freispielen, wenn man alle 30 in der Stadt versteckten Knochen gefunden hat. Doch dies ist nichts im Vergleich zu den zahlreichen Goodies und Gimmicks, die man in den GTA-Spielen zur Verfügung hat und die schnell zu einer Spieldauer jenseits der 50-Stunden-Marke führen und Spieler immer wieder ans Pad ziehen.

GTA und weniger

Teilweise phänomenal sind die Zwischensequenzen in Spielgrafik: rasant geschnitten, mit schönen Kameraeinstellungen versehen und sauber vertont, hat man bei einem Actionspiel endlich mal wieder das Gefühl, einen clever inszenierten Film zu sehen und aktiv daran mitzuwirken.

Außerdem wirkten GTA 3 und Vice City in sich runder und abgeschlossener. Selbst wenn man in True Crime ausnahmslos alle Enden gesehen hat, bleiben ein schales Gefühl und der Wunsch nach mehr zurück.

Technisch ok

Da braucht nicht nur der Wagen eine Reparatur.

Auch die Atmosphäre, die bei den Fahrten und Märschen durch L.A. aufkommt, ist in sich stimmig und durchweg gut. Allerdings muss man auf Verkehrsstaus und überfüllte Highways verzichten: Die Straßen sind zwar immer mit Passanten und Fahrzeugen gefüllt, doch typisches Großstadt-Flair kommt selten auf.

Anscheinend war dies der Preis, den man für das immens große und ständig ruckelfrei in den Speicher strömende Stadtgebiet zahlen musste.

Während die Animationen der Figuren gut gelungen sind, gibt es abseits der Hauptcharaktere wenig Textur-Abwechslung. Die Einwohner L.A.s sehen aus wie aus dem Klonlabor und scheinen zudem noch alle beim selben Schneider Kunde zu sein – hier hatte GTA mehr zu bieten.

Zudem sorgen diverse Clipping-Fehler immer wieder für optische Unstimmigkeit und in einigen Fällen sogar für Frust – so z.B., wenn ich bei einer Verfolgsjagd abhebe und dann mitten auf der Leitplanke lande, die dann durch mein Fahrzeug clippt und die Kollisionsabfrage schließlich dafür sorgt, dass ich nicht mehr raus komme.

Vergesst Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer!

Zwar hat man nicht wie auf der Xbox bei ausufernden Highway-Fahrten mit Mip-Mapping-Problemen bei weiter entfernten Objekten zu kämpfen, doch das liegt vor allem daran, dass es kaum weit entfernte Objekte gibt. Stattdessen poppen auf den Highways Laternen u.ä. deutlich sichtbar nur wenige Meter entfernt auf und sorgen für Miss-Stimmung.Die Fahrzeuge sehen ebenfalls nicht ganz so eindrucksvoll wie auf PS2 und vor allem Xbox aus, was vor allem den stark eingeschränkten Spiegelungen zuzuschreiben ist.

Zwar gibt es keine Radiostationen wie bei den Grand Theft Autos, doch der mitgelieferte Soundtrack mit einer Songanzahl jenseits der 70 sorgt genau so für Vergnügen wie die musikalischen Ausflüge nach Vice City. Denn nicht nur der typische West Coast-Rap schallt euch entgegen – auch Heavy Metal und Pop gehören zum guten Ton.

Kein Radio, aber cool!

Und auf die hervorragende Sprachausgabe sind wir ja schon zu Beginn des Tests eingegangen. In diesem Zusammenhang müssen wir noch auf die deutsche Lokalisierung eingehen. Die Entscheidung, das Spiel im englischen Original zu belassen und nur mit Untertiteln zu versehen, ist gut und inhaltlich auch sauber umgesetzt.

Weniger überzeugen können die Fahrgeräusche, die bis auf wenige Ausnahmen alle gleich zu klingen scheinen und bei weitem nicht das Leistungsspektrum der Fahrzeuge widerspiegeln.

Störend ist dabei nur die Größe der Untertitel. Bei einigen der Zufallsmissionen poppt auf einmal ein Text auf, der durchaus mal die Hälfte des Bildschirms einnehmen kann und enorm beim Fahren stören kann.

Fazit

Die spielerischen Stärken der anderen Versionen sind auch auf dem GameCube zu finden: Die Story fügt die abwechslungsreichen Gameplay-Elemente Schießen, Fahren und Kämpfen gut zusammen und dank der Upgrade-Möglichkeiten findet man genügend Motivation, um sich bis zum Ende durchzukämpfen. Dass die allgemeinen Mankos wie die im Vergleich zur GTA-Serie kurze Spieldauer und das fehlende Großstadt-Flair ebenfalls zu finden sind, ist zwangsläufig. Höchst bedauerlich ist allerdings, dass es die Entwickler nicht geschafft haben, die Grafik wenigstens auf ein Niveau mit der Xbox zu hebeln: Pop-Ups, lahme Texturen und wenig Spezialeffekte zeigen, dass die Fähigkeiten des Würfels in der Grafikabteilung kaum beachtet wurden. Wer keine Möglichkeit hat, True Crime auf PS2 oder Xbox zu spielen, kann dennoch beherzt zugreifen. Denn unter dem Strich bietet die Stadt der Engel weiterhin gute Unterhaltung mit zahlreichen Filmzitaten von Lethal Weapon bis hin zu John Carpenter´s Big Trouble in Little China.

Pro

  • filmreife Story
  • cooler Soundtrack
  • über 250 Quadratkilometer Los Angeles
  • Zufallsmissionen
  • zahlreiche Upgrademöglichkeiten der Fähigkeiten
  • diverse Endsequenzen
  • durchdachte Steuerung
  • famose Sprachausgabe
  • Good Cop/Bad Cop-Rating

Kontra

  • Clipping
  • und Kamera-Probleme
  • sensible Steuerung beim manuellen Zielen
  • Untertitel extrem groß
  • Großstadt ohne Flair
  • böse Pop-Ups
  • vergleichweise schwache Texturen

Wertung

GameCube