Tony Tough - Test, Adventure, PC

Tony Tough
18.12.2003, Bodo Naser

Test: Tony Tough

Einst gab es Point & Click-Perlen wie Monkey Island, Day of the Tentacle oder Simon the Sorcerer, die nicht nur die kleinen grauen Zellen zum Glühen brachten, sondern auch noch die Lachmuskeln beben ließen. Derart amüsante Spielchen sind leider selten geworden - einzig ein bebrillter Winzling namens Tony Tough (ab 11,66€ bei kaufen) hält einsam die Stellung.

Der Antiheld des Adventures ist ein kleiner, unansehnlicher Privatdetektiv, der stets in einem ausgebeulten Trenchcoat und mit einer viel zu großen Brille auf der Nase durch die Gegend läuft. In der Detektei seines Chefs ist er lediglich ein winziges Licht, was ihr schon daran erkennen könnt, dass sich sein ungemütliches Büro im Keller befindet.

Ausgebuffter Schnüffler?

Bei der gewissenhaften Spurensuche lässt Tony wirklich keine Mülltonne aus! 

Deshalb wird er auch von seinen hochnäsigen Kollegen übelst gemobbt. Die angewiderten Reaktionen seiner Umwelt kontert Tony jedoch mit furztrockenen Sprüchen, die sich nicht selten ziemlich klugscheißerisch anhören. Oder wisst ihr etwa, wie die exakte Definition des Dopplereffekts lautet?

Eigentlich wollte Tony am diesjährigen 31. Oktober mal wieder über seinen einzigen Fall sinnieren, den er schon jahrelang bearbeitet und bei dem Kindern vor Jahren an Halloween Süßigkeiten gestohlen wurden, als plötzlich sein rosaroter Tapir Pantagruel entführt wird.

Ein Fall für Tony Tough

Die Spur des Gekidnappten, den er übrigens für einen Hund hält, führt in einen heruntergekommenen Vergnügungspark, wo ihn 30 ziemlich skurrile Personen erwarten. Um sich dort nicht zu verirren, zeichnet Tony eine kleine Skizze mit.Dort trifft er z.B. einen Jungen namens Wally, der mit voller Blase seit Stunden vor dem einzigen Klo wartet, weil darin ein knurrendes Etwas lauert, das partout die Türe nicht öffnen will. Ganz klar ein Fall für Tony Tough, der aber zuvor ein paar klitzekleine Fragen des Jungen beantworten muss...

Anders als die ausgelutschten Attraktionen des Parks sind die Rätsel, die ihr mit Hilfe der Sachen aus eurem Inventar lösen müsst, nicht gerade von Pappe - weshalb auch zwei Schwierigkeitsgrade existieren. Die Kniffligkeit ergibt sich zum einen aus den -im positiven Sinne- ausgeflippten Ideen der Macher und zum anderen aus den vielen Gegenständen, die es zu finden gilt. Auf leichter Stufe existieren deshalb auch weniger Dinge. Keinesfalls einfacher wird das Ganze durch die Tatsache, dass ihr die Sachen auch noch miteinander kombinieren könnt.

Fordernde Puzzles

Mit Hilfe dieses simplen Interfaces könnt ihr alle Aktionen vornehmen.

Auch das Attribut "haarsträubend" ist im Fall von Tony Tough durchaus positiv zu verstehen, sind doch gerade die lustigen Multiple-Choice-Gespräche das Salz in der Adventure-Suppe. Im Verlauf der Dialoge entsteht nämlich fast nebenbei der Eindruck, dass ihr dabei wirklich etwas zu entscheiden habt.

Ein noch simples Beispiel: Um überhaupt in den Halloweenpark rein zu kommen, muss sich Tony verkleiden. Dafür braucht er ein Kostüm, wofür ihr mehrere Dinge verbinden müsst.

Haarsträubende Dialoge

Denn wie ihr euch gegenüber einem bestimmten Charakter verhaltet, so wird er auf euch reagieren. Verhöhnt ihr die bärtige Frau zusätzlich oder baut ihr sie auf? Wie man in den Wald hineinschreit, so hallt es bekanntlich auch wieder heraus, würde der neunmalkluge Tony wohl sagen! Bisweilen hakt die ansonsten intuitiv zu bedienende Maussteuerung aber ein bisschen, wenn ihr die Fragen auswählt.

Per Multiple Choice erzählt die Oma am Eingang noch einen Schwank aus ihrem bewegten Leben.

Obwohl das bunte Krimi-Adventure oberflächlich betrachtet vielleicht den Eindruck vermittelt, als sei es für die lieben Kleinen gemacht, ist es dennoch für Kinder ziemlich ungeeignet. Sie dürften nämlich viele der sarkastischen Späße schlicht nicht verstehen. Der eine oder andere Witz liegt zudem weit unterhalb der Gürtellinie, weshalb Tony Tough auch erst ab 16 Jahren freigegeben ist. Erzählt euch der knurrende Piratenkapitän von all seinen hässlichen Narben, wisst ihr auch warum. Eigentlich ist das Point & Click daher eher als hintergründige Unterhaltung für jung gebliebene Erwachsene gedacht.

Schwarzer Humor

Die nur in einer niedrigen Auflösung vorliegende 2D-Grafik ist natürlich keinesfalls mehr auf dem neuesten Stand. Im positiven Sinne ein Retro-Look also, was jedoch nicht viel ausmacht, da die Grafik wunderbar zum altmodischen Point & Click-Gameplay passt. Die an die 60 Schauplätze des Adventures sind daher auch so dargestellt, wie ihr es vielleicht noch von euren früheren Bildschirmabenteuern mit Larry Laffer, Simon the Sorcerer oder Fenimore Fillmore her kennt.

Passender Comic-Look

Einige der schrägen Figuren sind ganz schön deprimiert. Wie gut, dass Tony sie aufheitern kann!


Außerdem könnt ihr Tony im Grafik-Menü ein paar mehr Schatten verpassen, so dass er sich noch besser in die gezeichnete Umgebung einpasst. Im Spiel fehlen dann aber leider bisweilen die Zwischensequenzen, die es nur ganz gelegentlich gibt.

Comedians fürs Ohr

Ein großes Highlight von Tony Tough ist natürlich die deutsche Sprachausgabe, bei der wandlungsfähige Comedy-Stars wie Marco Rima oder Otto Waalkes ihr stimmlich Bestes geben.

Damit Lesefaule die vielen Texte erst gar nicht zu lesen brauchen, wurde wirklich jede Textpassage vertont: Sogar für die Kombinationen der Gegenstände, die nicht gehen (!), gibt Tony eines seiner stets witzigen Sprüchlein von sich. Obwohl ganz vereinzelt mal eine Tonspur zu fehlen scheint, kann man das Lokalisierungs-Team daher für seine Arbeit nur loben. Die Hintergrundmusik unterstreicht diese lustige Atmosphäre noch zusätzlich.

Fazit

Tony Tough von Prograph ist eine liebenswerte Hommage an das klassische Point & Click, welches die Adventure-Veteranen unter euch vielleicht noch von früher kennen. Das neue Abenteuer hebt sich angenehm von der Masse des Genres ab, was natürlich vor allem an dem erfrischenden und wirklich witzigen Humor liegt. Mit am lustigsten sind die abgefahrenen Dialoge, die der kleine Privatschnüffler mit den oberschrägen Figuren führt, die die bunte Comic-Welt bevölkern. Da treten die manchmal etwas übertriebenen Puzzles fast in den Hintergrund, die Rätselanfänger auch in der Light-Variante spielen können. Mit ein Kaufgrund ist die deutsche Sprachausgabe, die sicher zum Besten gehört, das es derzeit im Genre gibt. Einziger Schwachpunkt von Tony Tough ist die veraltete 2D-Grafik, die aber mit ihrem Retro-Look ins Bild passt. Zugreifen können daher all die Rätselfreunde, die auf tiefschwarzen Humor stehen!

Pro

  • klassisches Point & Click
  • im Stil von Monkey Island
  • skurriler Humor
  • schräge Figuren
  • Tonys Sprüche
  • zwei Schwierigkeitsgrade
  • fordernde Rätsel
  • simple Bedienung
  • tolle Sprachausgabe

Kontra

  • fast zu abgefahrene Puzzles
  • altbackene Grafik
  • Maussteuerung hängt

Wertung

PC

Tony Tough zeigt, dass Grafik nicht alles ist.