Ghosthunter - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Ghosthunter
25.12.2003, Mathias Oertel

Test: Ghosthunter

Eine verbesserte Primal-Engine, viel Action und eine gediegene Horror-Atmosphäre: das sind die Elemente, mit denen Ghosthunter (ab 19,99€ bei kaufen) auf sich aufmerksam machen will. Ob die Geisterjagd mehr zu bieten hat als eine feine Grafik, und ob man sich möglicherweise sogar auf einen Silent Hill-Konkurrenten einstellen muss, verrät euch der Test!

Eigentlich ist es eine Routine-Spur, der Lazarus Jones und Anna Steele vom Detroit Police Department nachgehen: In einer alten Schule, die Schauplatz eines Verbrechens war, wurden merkwürdige Geräusche entdeckt und das Duo macht sich auf, um den Ursprung zu finden. Doch was anfänglich nur wie ein Kinderscherz aussieht, entpuppt sich bald als Übel, das die ganze Welt bedrohen könnte: In seinem Leichtsinn betätigt Lazarus den Schalter einer Maschine und setzt Hunderte von Geistern frei, die von einem Professor der Schule festgesetzt wurden. Und zu alledem wird seine Partnerin Anna von einem ehemaligen Kreuzritter namens Lord Hawksmoor entführt. Doch damit nicht genug: Eine altkluge künstliche Intelligenz fordert Lazarus auf, alle von ihm befreiten Geister wieder einzufangen. Das Schicksal nimmt seinen Lauf...

Die Geister, die ich rief...

Ungefährliches Kinderspielzeug? Seid bloß vorsichtig, sonst reißt euch der Plüschbär den Kopf ab!

Der Einstieg in das auf Anhieb an eine Mischung aus Ghostbusters und Silent Hill erinnernde Action-Adventure ist famos inszeniert: die Dialoge der Charaktere sind glaubwürdig und sorgen sofort für eine enorme Identifikation mit den Figuren. Auch die Spannung und Atmosphäre, die beim Durchforschen der Schule (im Übrigen ein clever verpacktes Tutorial) entsteht, ist nicht von schlechten Eltern und lockt zum Weiterspielen.Dementsprechend freut man sich höllisch über die Waffen, mit denen man die Geister einfangen kann: mit einem Plasmagewehr gilt es, die Monster zu schwächen, bevor man sie mit einem gezielten Wurf der "Granate" (eine moderne Fassung der ghostbusterischen Fangvorrichtungen) wieder festsetzen kann.

Action statt Spannung

Charaktere und Gegner sind mit viel Fantasie designt und sorgen für viel Atmosphäre - die leider im Einheitsgameplay wieder verloren geht.

Leider erreicht Ghosthunter im späteren Spielverlauf nur selten nochmals diesen Spannungsbogen, sondern gleitet mehr und mehr in ein "normales" Third-Person-Actionspiel ab – ein gut inszeniertes zwar, doch im Endeffekt keine Konkurrenz zu Silent Hill und Co.

Die Momente der Anfangsphase, in denen man vorsichtig durch dir Flure schleicht, von überall merkwürdige Geräusche vernimmt und sich nicht sicher sein kann, was hinter der nächsten Ecke auf einen wartet, weichen Run-and-Gun-Elementen, die zwar mit zahlreichen Gegnern (allesamt mit eher schwacher KI) für Abwechslung und Adrenalin sorgen, aber Ghosthunter letzten Endes "nur" zu einem durchgestylten Action-Spiel mit einigen Horror-Elementen machen.

Wie es sich für ein Action-Adventure gehört, wird Abwechslung in Form von Rätseln geboten. Neben den üblichen Puzzles wie "Bringe Gegenstand A nach Punkt B, damit sich die Tür öffnet" habt ihr an bestimmten Stellen im Spiel die Möglichkeit, in einen Astralkörper zu wechseln.

Rätsel am Rande des Nervenzusammenbruchs

Der wiederum hat seine eigenen Fähigkeiten und kann dadurch an Orte gelangen, die Lazarus nicht erreicht. An sich eine gute Idee, ist die Ausführung leider in manchen Punkten misslungen. Denn häufig kommt man nur durch Ausprobieren auf die Lösung, was im Endeffekt eine Schwächung bedeutet.

Stimmungsvolle Landschaften, eindrucksvolle Lichteffekte: die verbesserte Primal-Engine bietet viel fürs Auge.

Doch auch so kann man Ghosthunter allen Action-Adventure-Fans empfehlen – vor allem, wenn sie eine Vorliebe für Horrorfilme haben: Die Steuerung ist gut (allerdings etwas gewöhnungsbedürftig) und das Spiel geizt nicht mit Zitaten und Anspielungen auf zahlreiche Grusel-Klassiker, was sich sowohl in der Wahl der Umgebungen als auch im Gegnerdesign widerspiegelt.

Schade eigentlich, denn die feine Story, die sich euch nach und nach im Spielverlauf erschließt, hätte mehr verdient als platte Action und Standard-Rätsel.

Vieles von dem, was Ghosthunter spielerisch an Atmosphäre vermissen lässt, zaubert die Grafik auf den Bildschirm: Von klaustrophobisch engen Räumen bis hin zu ausschweifenden Gegenden nutzt die Grafikabteilung alle von der aufgepeppten Primal-Engine zur Verfügung gestellten Mittel, um Stimmung aufzubauen.

Unter dem Strich wird man aber das Gefühl nicht los, dass Ghosthunter viele spielerische Möglichkeiten verschenkt, wenn es darum geht, die Atmosphäre und Spannung zu steigern.

Verbesserte Primal-Engine

Und das alles wird noch getoppt von dem durchdachten und jederzeit stimmigen Figurendesign. Egal ob der glaubwürdig animierte Hauptcharakter oder die zahlreichen Geistertypen: alles wirkt wie aus einem Guss, zeigt, dass die Entwickler viel Spielraum für fantasievolle Figuren hatten und sich einschlägige Filme genau angeschaut haben.

Mit dem Ergebnis, dasss prachtvolle Texturen, breite Nebelbänke und teilweise grandiose Lichteffekte das Auge erfreuen.

Einzig die Kamera sorgt hin und wieder für Unmut: Zwar verfolgt sie euch deutlich besser als in Primal, doch es kommt immer wieder vor, dass man die Perspektive manuell justieren muss, was in hektischen Kampfmomenten immer wieder für Frust sorgen kann.

Erinnerungen an Ghostbuster werden wach... Und an zahlreiche andere Horror-Klassiker.


Wie Primal verzichtet auch Ghosthunter auf gerenderte Videos, sondern treibt die Story mit Cut-Scenes in Spielgrafik voran. Angesichts der guten Umsetzung würde man auch sich gar nichts anderes wünschen.

Wie schon in punkto Grafik ist Ghosthunter auch im Akustik-Bereich allererste Sahne: feine Sprachausgabe, dynamische und abwechslungsreich komponierte Musik und jederzeit stimmige Soundeffekte sorgen für das letzte Atmosphäre-Sahnehäubchen, das die herkömmliche Gameplay-Struktur wieder aufwertet.

Klasse Lokalisierung

Fazit

Leider kann Ghosthunter nicht über die komplette Strecke des Spiels halten, was der fulminante und spannende Auftakt verspricht. Denn wo man anfänglich noch den Eindruck hat, dass sich Ghosthunter zu einer actionreicheren Variante von z.B. Silent Hill entwickeln könnte, wird die Geisterjagd recht bald zu einem weitestgehend herkömmlichen Action-Adventure. Spannungsmomente werden zielsicher, aber leider viel zu selten eingesetzt, um auf Dauer für Thrill sorgen zu können und stattdessen mit gut inszenierten Kämpfen ersetzt. Dass zudem bei den Rätseln viel zu viel Wert auf Trial-and-Error-Mechanismen gelegt wird, ist dem Spielspaß ebenfalls nicht zuträglich und verhindert eine höhere Wertung. Die durchweg gute Grafik mit teilweise herausragenden Lichteffekten und die saubere Akustik inklusive lupenreiner Lokalisierung machen das Abenteuer von Lazarus Jones trotzdem zu einem empfehlenswerten Titel für alle Genre-Fans.

Pro

  • klasse Grafik
  • vorbildliche Lokalisierung
  • schöne Story
  • zahlreichen Anleihen bei bekannten Horrorfilmen
  • gut inszenierte Kämpfe
  • feines Charakter-Design
  • freies Speichern
  • Thema „Geisterfangen“ relativ unverbraucht
  • zielsicher eingesetzte Spannung

Kontra

  • ab und an Kameraprobleme
  • wenig Interaktion
  • Puzzle-Lösungen nicht immer ersichtlich
  • lahme KI
  • starke Atmosphäreschwankungen

Wertung

PlayStation2