Robin Hood: Defender of the Crown - Test, Taktik & Strategie, PlayStation2, XBox, PC

Robin Hood: Defender of the Crown
19.01.2004, Jens Bischoff

Test: Robin Hood: Defender of the Crown

1986 zündete Cinemaware auf dem Amiga mit Defender of the Crown ein Grafikfeuerwerk, wie man es bis dato noch nicht gesehen hatte - und auch spielerisch machte der Action-Strategie-Mix seinerzeit keine schlechte Figur. Heute wirkt die einstige Edeloptik natürlich hoffnungslos veraltet und das Gameplay geradezu primitiv. Trotzdem wagten die ehemaligen Entwickler mit dem aufgebohrten Remake Robin Hood: Defender of the Crown (ab 15,62€ bei kaufen) vor kurzem ein Comeback. Mit welchem Ergebnis, könnt ihr im Test nachlesen.

Robin Hood - allseits bekannt als dreister Samariter in Strumpfhosen. Aber Robin Hood als angelsächsischer Feldherr? Das ist selbst für Defender-of-the-Crown-Fans neu. Doch aus der einstigen Nebenfigur aus dem Sherwood Forest ist in der Neuauflage tatsächlich der alleinige Titelheld und militärische Einer des britischen Königreichs geworden. Grund dafür: Das Strategiespiel sollte mit einer heldenhaften Story noch spannender werden. Und wer könnte in diesem Zusammenhang einen besseren Helden abgeben als Robin Hood?

Held auf Abwegen

Mordsbegehrt: Der Sheriff von Nottingham und Guy von Gisbourne streiten darüber, wer euch töten darf (PC).

Dass die vermeintlich spannende Story aber nur künstlich aufgesetzt wurde, merkt man ihr leider deutlich an und die unterschlagene Charakterwahl des Originals macht sich schon zu Beginn negativ bemerkbar. So startet ihr stets vom gleichen Heimatschloss aus, verfügt immer über die gleichen Charaktereigenschaften und werdet ständig mit demselben Schwierigkeitsgrad konfrontiert. Letzterer ist dabei alles andere als einsteigerfreundlich und nervt darüber hinaus mit scheinbar allwissenden CPU-Kontrahenten. Als Ausgleich könnt ihr euch im obligatorischen Tutorial eine bessere Ausgangssituation verschaffen und jederzeit den Spielstand sichern.

Keine Alternativen

Lukrativer Hinterhalt: Der Überfall auf gegnerische Goldtransporte kann sich lohnen (PC).

Im weiteren Spielverlauf werden Gameplay-Hilfen nur noch als verschwommene Videosequenzen serviert, während die Handlung in hübschen Render-Sequenzen oder mit gesprochenen Dialogen fortgeführt wird. Die englischen Sprecher leisten jedenfalls gute Arbeit und die deutschen Text-Übersetzungen sind recht ordentlich. Zudem sorgt der orchestrale Soundtrack für die nötige Atmosphäre. Nichtsdestotrotz wirkt die Präsentation relativ nüchtern und unspektakulär. Vor allem grafisch erreicht man nicht annähernd das Niveau wie seinerzeit das Original. Zwar ist die Spielwelt wesentlich umfangreicher und detaillierter, aber alles andere als auf der Höhe der Zeit. Die Animationen sind recht dürftig, die Kulissen wenig imposant und die Effekte von der Stange. Auf der PS2 ärgert man sich zudem über verwaschene Texturen und lange Ladezeiten. Ansonsten sind die technischen Unterschiede abgesehen von der Auflösung minimal.

Unspektakuläre Präsentation

Zielsicherer Reiter: Um bei Turnieren Gold und Ländereien zu gewinnen, müsst ihr Pferd und Lanze gut im Griff haben (PS2).

Bei der Steuerung hat ebenfalls der PC leicht die Nase vorn, da manche Aktionen mit der Maus einfach etwas besser von der Hand gehen als mit dem Gamepad - vor allem, da es auf der PS2 keine invertierbare Y-Achse fürs Zielen gibt. Dennoch ist auch die Steuerung am PC alles andere als intuitiv und komfortabel. So wirken die meisten Minispiele nicht nur spielerisch, sondern auch steuertechnisch wie Relikte aus längst vergangenen Zeiten.

Hakelige Steuerung

Das strategische Grundgerüst ist zwar relativ zeitlos und wurde lediglich durch ein paar kleine Zusätze wie neue Einheiten, Ländereien, Munitionstypen und Aktionsmöglichkeiten erweitert, aber die übrigen Elemente wie Bogenschießen, Schwertkampf und Turnierreiten wiederholen sich ständig und machen nur wenig bis gar keinen Spaß. So beschränkt ihr Überfälle auf gegnerische Konvois und Burgen sowie Turnierteilnahmen auf ein Minimum und beschäftigt euch lieber mit dem Anheuern und Verlegen von Truppen, dem Errichten von Festen und Schlössern sowie dem Ausspionieren des Gegners und dem Zahlen von Lösegeld - denn schließlich wollt ihr nicht nur Prinz John vom Thron stoßen und andere herrschsüchtige Ritter in ihre Schranken weisen, sondern auch König Richard aus seiner Gefangenschaft in Österreich befreien.

Zeitloses Spielprinzip

Feuer frei! - Bevor ihr eine feindliche Festung stürmen könnt, müsst ihr die Burgmauern Stück für Stück mit Katapulten einreißen (PC).

Um dies zu erreichen und nebenbei auch eure Geliebte Maid Marian glücklich zu machen, besetzt ihr Runde für Runde angrenzende Ländereien, kassiert dafür Steuern, hebt mit diesen Truppen aus und versucht Britannien unter eurer Führung zu einen. Während ihr gegnerische Truppen im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Papier bekämpft, können Burgen und Schlösser nur durch mehrtägige Belagerungen vor Ort eingenommen werden. Dazu fahrt ihr Katapulte auf, mit denen ihr Mauern einreißt, Brände legt oder Seuchen entfacht, um die Gegenwehr zu schwächen. Anschließend werden auch hier die beteiligten Einheiten auf einem Stück Papier hin- und hergeschoben, bis eine Seite vernichtet ist oder aufgibt.

Kämpfe auf Papier

Für Papiertiger: Die Schlachten finden in abstrahierter Form auf einem aufgerollten Stück Pergament statt (PS2).

Taktik ist bei den Schlachten aber eher zweitrangig. Im Prinzip entscheidet wie im Original fast immer die Truppenstärke über Sieg bzw. Niederlage. Wer mehr Bauern, Bogenschützen, Fußsoldaten, Ritter und Katapulte hat, hat schon so gut wie gewonnen. Strategisches Vorgehen ist eher beim Aufstellen der Truppen, neuen Investitionen und bei der Auswahl der Ziele gefragt, denn die Steuereinnahmen sind je nach Land verschieden und manche Regionen verschaffen euch gar dauerhafte Vorteile wie günstigere Rekrutierungen oder reduzierte Baukosten. Zudem gibt es immer wieder Story- und Zufallsereignisse wie Unwetter, Entführungen, Überraschungsangriffe oder Fechtduelle, die sowohl eure als auch die Planungen eurer Rivalen durcheinander bringen können.

Der Stärkere gewinnt

Soul Calibur für ganz, ganz Arme: Die primitiven Fechteinlagen wirken technisch und spielerisch hoffnungslos veraltet (PS2).

Das Gameplay präsentiert sich dabei relativ originalgetreu, wenn auch sehr charakterbezogen - selbst verführerische Burgfräuleins warten wieder auf ihre Rettung. Ansonsten legt Robin lediglich bei Überfällen auf gegnerische Burgen und Handelsstraßen selbst Hand an. Die Truppenführung überlässt er Little John und die Verwaltung des Lösegelds Bruder Tuck. Sir Ivanhoe übernimmt hingegen die Errichtung von Festungen sowie die Teilnahme bei Turnieren und Maid Marian spioniert auf Wunsch hinter feindlichen Linien. Das ganze Geschehen läuft dabei nach wie vor rundenbasiert ab und ist nicht besonders tiefgründig oder umfangreich. Hat man Prinz Johns Schloss in Cornwall erst einmal erobert und den rechtmäßigen König zurück auf den Thron verfrachtet, tendiert der Wiederspielwert fast gegen null. Ein Mehrspielermodus hätte hier Wunder gewirkt und sicher auch über so manches Manko im Spielablauf hinwegsehen lassen.

Bekannte Gesichter

Fazit

Trotz aufpolierter Optik und erweitertem Gameplay merkt man dem Titel sein Alter deutlich an. Ob mit oder ohne Robin Hood, Defender of the Crown ist spielerisch einfach nicht mehr zeitgemäß und die grafische Aufmachung kein Vergleich mit der von damals. Zwar bietet das Spiel immer noch einen gewissen Unterhaltungswert, aber wirklich verbessert hat sich mit dem Remake eigentlich kaum etwas. So gibt es zwar neue Einheiten, mehr Territorien und Aktionsmöglichkeiten und sogar eine Story, aber spannender wurde der Titel dadurch nicht - ganz im Gegenteil: Irgendwie vermisst man die einstige Möglichkeit, mit verschiedenen Feldherren in die Schlacht zu ziehen und damit über den Ausgangsort und seine Charakterstärken bestimmen zu können. Jetzt ist man jedes Mal Robin Hood, was genauso schnell öde wird wie die sich ständig wiederholenden Minispiele mit ihrer vorsintflutlichen Steuerung und Spielmechanik. Zudem blieb der wohl größte Wunsch der Fans - ein Mehrspielermodus - nach wie vor unerfüllt. Diese Neuauflage hätte man sich wirklich sparen können...

Pro

  • nostalgisches Flair
  • ordentliche Soundkulisse
  • gute englische Sprachausgabe
  • Spielstand jederzeit speicherbar

Kontra

  • mäßige Technik
  • hakelige Steuerung
  • eintöniges Gameplay
  • kein Mehrspielermodus
  • nervige Ladezeiten (PS2)
  • kein variabler Schwierigkeitsgrad

Wertung

PlayStation2

PC