Arx Fatalis - Test, Rollenspiel, PC, XBox

Arx Fatalis
18.01.2004, Paul Kautz

Test: Arx Fatalis

Vor gut anderthalb Jahren durften PC-Jünger erstmals in die schummrigen Gewölbe von Arx Fatalis (ab 19,48€ bei kaufen) abtauchen – dem Spiel, das seinem Ruf als inoffizieller Ultima Underworld-Nachfolger sehr gerecht wurde. Nun endlich dürfen auch Xbox-Abenteurer die düsteren Flure der Untertage-Welt erkunden. Ob immer noch prächtige Kerkerstimmung herrscht?

Die Bewohner der Welt Arx haben es nicht leicht: Vor einigen Jahren begann plötzlich die Sonne zu verlöschen, woraufhin die Menschen ihre Fähigkeiten in der Beherrschung von Schaufel und Spitzhacke wiederentdeckten und, mit Trollen und Goblins verbündet, ihre Welt unterirdisch wieder errichteten. Während oben langsam die Eiszeit einbrach, konnte die Zivilisation in einer verlassenen Zwergenmine weiter existieren. Dort leben nun alle einigermaßen friedlich miteinander, doch wie so oft ist auch diese Ruhe nicht von Dauer: Seit neuestem erschüttern Erdbeben die wackeligen Stollengewölbe, Menschen werden entführt, unaussprechliche Rituale praktiziert. Die Kriegerrasse der unheimlichen Ylsiden taucht immer wieder auf, richtet ein Massaker an, und verschwindet danach spurlos. Und zu allem Überfluss kommt ihr jetzt auch noch ins Spiel: Wie durch Zauberhand landet ihr in einem Kerker der Goblins, ohne die geringste Ahnung, wer oder was ihr seid, oder was ihr hier verloren habt. Und wie das so oft mit ahnungslosen Helden ist: Nur ihr allein könnt diese Welt noch retten.

Die Sonne verschwindet

Anfangs habt ihr es noch mit leichten Gegnern wie dieser Spinne zu tun - später folgen dann viel dickere Kaliber. (Bild: PC-Version)

Vor das Heldendasein haben die Designer aber die Steuerung gesetzt: In Arx Fatalis habt ihr neben der normalen Variante, in der ihr Dinge benutzen und mit Personen reden könnt, auch noch zwei weitere Möglichkeiten. Im Kampfmodus schwingt ihr eure Waffen unterschiedlich stark, abhängig davon wie lange ihr die Maus gedrückt haltet. Die Magie-Steuerung wurde auf dem PC ähnlich wie bei Black&White via Maus praktiziert, was sich so allerdings nicht auf die Xbox übertragen ließ.

Waffengeklirr und Hexerei



Ein Mitgefangener gibt euch übergangsweise den Namen Am Shaegar, was so viel heißt wie »der keinen Namen hat« - besser als nichts.

Auf dem PC wurde der Zauberspruch noch mit der Maus gemalt, auf der Xbox wählt ihr aus einer Liste oder gebt Richtungsanweisungen. (Bild: PC-Version)

Stattdessen wählt ihr in der Arcade-Variante entweder den bereits bekannten Spruch aus einer Liste aus, woraufhin er automatisch ausgeführt wird, oder ihr wirkt ihn in der normalen Version, indem ihr die für die korrekte Ausführung benötigten Richtungstasten drückt – ähnlich einem Tanzspiel. Die danach am Bildschirm gezogenen Runenformen hinterlassen nicht nur schöne Partikeleffekte, sondern bewirken auch einen von 50 Sprüchen - Selbstheilung, Feuerwand, magische Aura, Dämonenbeschwörung und vieles mehr. Welche Hexereien ihr benutzen könnt, hängt in erster Linie von den vorhandenen Runen ab. Diese (insgesamt 20) Steine könnt ihr kaufen, finden oder geschenkt bekommen; bestimmte Kombinationen ergeben dann einen Spruch, den ihr schließlich in eurem Magiebuch nachschlagen könnt. Einige davon dürfen auch zur schnellen Verwendung "gebookmarkt" werden.  

Der Einsatz von Magie kostet viel des knappen Manavorrats, deswegen ist im Kampf der kalte Stahl Argumentationsverstärker Nummer eins. Verteidigt ihr euch anfangs noch mit einem Knochen, könnt ihr später unter mannigfaltigen Waffen wählen: Schwerter, Äxte, Keulen, Dolche, Pfeil und Bogen in vielerlei Ausführungen lassen die Qual der Wahl. Manche Gerätschaften können nur ab einem bestimmten Stärkegrad benutzt werden, ebenso Rüstungen (von Leder bis Vollstahl-Ummantelung) oder Schilde. Was ihr an, beziehungsweise mit euch tragt, hängt in erster Linie von der Größe eures Geldbeutels ab: Eine Panzerrüstung kostet weit mehr als ein Lederhemdchen, ist aber auch wesentlich mehr wert. Auf Marktplätzen oder in Handelsstuben dürft ihr aufgesammelte Waren (Waffen, Kleider, Edelsteine, Gold, etc.) auch zu Schleuderpreisen verkaufen, um euren Goldvorrat aufzustocken.

Zu den Waffen!

Gekämpft wird in Echtzeit: Sind anfangs noch Ratten, doofe Goblins oder kleinere Spinnen euer Schwertfutter, bekommt ihr es später mit wieselflinken Rattenmenschen, wahnsinnigen Priestern oder bärenstarken Golems zu tun. Getötete Gegner können und sollen geplündert werden - meisten springen dabei Nahrung, Schlüssel, neue Waffen oder Zaubertränke raus. Letztere könnt ihr im späteren Verlauf des Spiels auch selbst mischen, und euch so gegen Gift wappnen, oder Lebensenergie beziehungsweise Mana wieder auffüllen. Gelagert werden alle Gegenstände in einem anfangs sehr knappen Inventar - erst im späteren Spielverlauf wird es erweitert, und ihr bekommt die Möglichkeit, euer Hab und Gut sicher zu verstauen.

Ihr kämpft in Echtzeit: Je länger die Schlag-Taste gedrückt wird, desto härter wird der Hieb.

Neben globalen Werten wie Stärke oder Intelligenz gibt es noch eine Reihe Unterpunkte, um die ihr euch ebenfalls kümmern solltet: Geschick (um beispielsweise Schlösser zu knacken), sechster Sinn (um Fallen oder Geheimtüren besser zu erkennen) oder Magie. Neu an der Xbox-Fassung ist überdies der direkt nach der Charaktergenerierung wählbare Schwierigkeitsgrad für den Nahkampf.

Was bin ich?



Die Charakterentwicklung wird in Arx Fatalis groß geschrieben. Anfangs sucht ihr euer Alter Ego unter vier Gesichtformen aus und verteilt Attributpunkte.

Im Laufe des Spiels gewinnt ihr natürlich an Erfahrung, und dürft so in unregelmäßigen Abständen eure Werte weiter verbessern. So entscheidet ganz allein ihr darüber, ob ihr lieber als tumber Rambo, vor Magie strotzender Hänfling oder irgendwas dazwischen durch die Gewölbe zieht. In jedem Fall haben euch die Entwickler größtmögliche Freiheit gegeben: Die Reihenfolge der Quests ist nicht festgelegt, außerdem könnt ihr die Aufgaben lösen, wie es euch am ehesten liegt - freundlich, clever oder mit Gewalt. Entscheidet selbst, ob und wann ihr bestimmte Gegenstände oder Personen findet, an einer Schatzsuche teilnehmt, Passwörter beschafft oder ein Geburtstagsgeschenk für einen einsamen Troll besorgt.

Ihr könnt eure Waffen entweder selbst reparieren oder bei einem Schmied richten lassen.

Falls Am Shaegar Hunger hat, könnt ihr Fische oder Fleisch braten oder aus Mehl und Wasser Brot kneten, welches dann über dem Feuer knusprig gebacken wird. Allerdings ist besonders Letzteres dank der Joypad-Steuerung und der etwas fummeligen Inventar-Bedienung eine Mischung aus Krampf und Geduldsspiel. Ihr habt auch leichten Einfluss auf die Story: Helft ihr dem Gefangenen oder dem König? Tötet ihr die Erd- oder Wassermenschen? Jede dieser spielentscheidenden Gabelungen wird im automatisch geführten Tagebuch niedergeschrieben, welches hier leider von gelegentlichen Bugs geplagt wird, die einzelne Wörter auf mehrere Seiten verteilen.

Der Bäcker im Helden

Dummerweise quillt das Buch auch im Laufe der Zeit vor allerlei unnützen Informationen (wie bereits erledigten Quests) über, so dass eifriges Blättern auf der Tagesordnung steht. Das gilt auch für die Massen an Büchern oder Aufzeichnungen, die ihr immer wieder finden werdet. Diese führen, neben Zwischensequenzen aus der Engine, die Story spannend weiter, sind gut geschrieben und geben immer wieder den einen oder anderen Hinweis. Die bekommt ihr auch von den überall herumlaufenden NPCs, mit denen ihr automatisch ablaufende Gespräche führen könnt. Nicht zuletzt dürft ihr euch auch gelegentlich am Glückspiel versuchen, um nebenher etwas Kleingeld zu verdienen. Um die Übersicht nicht dauernd zu verlieren, seht ihr eure Position auf der stets eingeblendeten Automap, außerdem dürft ihr jederzeit speichern.

Ihr befindet euch die ganze Zeit unter der Erde und durchquert aus der Ego-Perspektive düstere Verliese, unheimliche Höhlen, große Städte oder gefährliche Minen. Dabei ist praktisch kein Quadratzentimeter des Weges wirklich eben, überall liegen Steine oder wachsen Moose und Stalaktiten. Freund und Feind sehen durchgehend bemerkenswert aus: Wer beim Anblick einer schnell näher kommenden Riesenspinne cool bleibt, hat Nerven aus Stahl. Besonders die Gesichter der Menschen, Trolle oder Schlangenfrauen sehen sehr detailliert aus, dazu kommen gute Animationen.

Willkommen in der Unterwelt

Die Trolle wirken Furcht einflößend, sind aber im Grunde harmlos - solange man sie nicht nervt.

Auch die Partikeleffekte können sich sehen lassen: egal ob knisterndes Feuer oder magisches Geschoss - wenn es funkt, dann funkt es sehr ansehnlich. Die Xbox-Variante hat überdies noch den Vorteil des sehr ansehnlichen Wassers, das dank Shader-Effekte realistisch plätschert. Leider fehlt das Bump-Mapping der PC-Variante, das hier eventuell in vernünftiger Geschwindigkeit gelaufen wäre.

Im Gegensatz dazu stehen die hässlichen Waffentexturen und die sporadischen Ruckler. Besonders in der Stadt Arx geht die Framerate immer wieder in die Knie. Freunde des Splatters kommen im Spiel übrigens nicht auf ihre Kosten: Zwar spritzt das Blut in ordentlichen Mengen, aber die Körperteile bleiben da, wo sie hingehören.

In der Stadt Arx geht die Geschwindigkeit ein wenig in die Knie.

Die Sprachausgabe ist ganz klar ein Highlight von Arx Fatalis: Die teils sehr bekannt klingenden Sprecher verstehen ihr Handwerk und unterstreichen die Atmosphäre des Spiels ganz hervorragend. Die restliche Akustik ist ebenfalls nicht zu verachten: Die gute Musik hält sich die meiste Zeit verborgen und erwacht nur sporadisch bei besonderen Vorkommnissen, wie einem Angriff oder einem Erfahrungsanstieg. Die Soundeffekte passen wie das Schwert in den Goblin, wirken gelegentlich aber etwas überzogen - wenn Am Shaegar etwa in voller Rüstung joggt, klingt es, als würde er ständig einen Besteckkasten mit sich herumtragen.

Sprechen Sie Trollig?

Leider vermiesen vielerlei Bugs und unnötige Ärgernisse das ungestörte Spielvergnügen: Hier und da verschwinden Objekte einfach, wenn ihr sie auf den Boden legt. Das Physiksystem sorgt ab und zu dafür, dass weggeworfene Objekte in Tischen oder der Wand hängen bleiben. Aufgrund der elend langen Ladezeiten sollte man besser ein gutes Buch neben dem Computer liegen haben, doch immerhin bekommt man während dieser, von der Xbox gar nicht gewohnten Wartepausen, entweder hilfreiche Tipps, schöne Zeichnungen oder die umfangreiche Joypad-Belegung zu sehen. Die Pad-Steuerung hat hier auch den Vorteil des sehr großzügigen Autoaimings, mit dem gerade das Aufsammeln kleiner Gegenstände vereinfacht wird.

Fazit

Alte Ultima Underworld-Jünger dürfen zum Freudensprung ansetzen: Arx Fatalis ist ein würdiger inoffizieller Nachfolger der altehrwürdigen Saga. Grafik, Sound, Rätseldichte und vor allem Atmosphäre sind auf sehr hohem Level. Allerdings haben sich die Entwickler in Sachen Bug-Menge und nervende Kleinigkeiten wohl eher an Ultima 9 orientiert - ein wenig mehr Feinschliff hätte dem Spiel gut getan, auch wenn das Game lange nicht so verseucht ist, wie die ungepatchte PC-Variante. Außerdem finde ich persönlich es schade, dass man nie an die frische Luft kommt - klar, das Ganze spielt unterirdisch, aber dadurch bleibt die Zahl der möglichen Locations begrenzt. Aber genug gemeckert: Die ehemals so sträflich vernachlässigte Fraktion der Rollenspieler hat derzeit keinen Grund das Haus zu verlassen; in den düsteren Gewölben von Arx ist es sowieso kühler. Hardcore-Würfler sollten jedoch beachten, dass Arx Fatalis nur als Rollenspiel light durchgeht. Mit regeldurchsetzten Schwergewichten à la Baldur`s Gate 2 kann es sich nicht messen. Außerdem hat die Xbox mit Morrowind bereits einen sehr guten Konkurrenten zu bieten.

Pro

  • gute Grafik
  • sehr viel Handlungsfreiheit
  • schönes Wasser
  • sehr gute Sprachausgabe
  • interessantes Magiesystem
  • gute Story
  • herausfordernde Gegner
  • viele Quests
  • sehr umfangreich

Kontra

  • lange Ladezeiten
  • viele Bugs
  • wechselhafte Framerate
  • Umgebungen insgesamt abwechslungsarm
  • gewöhnungsbedürftige Steuerung
  • fummelige Inventar-Bedienung
  • Braten von Nahrungsmitteln sehr umständlich
  • Bugs im Tagebuch

Wertung

XBox