Legend of Dragoon - Test, Rollenspiel, PlayStation

Legend of Dragoon
17.01.2001

Test: Legend of Dragoon

Final Fantasy 8 ist schon eine Weile her, Final Fantasy 9 erscheint bei uns erst dieses Jahr. Sony Computer Entertainment nutzt die Lücke im epischen Fantasy-Futter für die Playstation und stellt seinen eigenen Thronanwärter für die Krone der epischen Konsolen-Rollenspiele vor. The Legend of Dragoon, mit 4 Disks nicht gerade klein, soll dem FF-Franchise Paroli bieten. Ob dieser Coup gelingt, lest Ihr in unserer Review und seht Ihr in den exklusiven Screenshots ...

Am Anfang war der göttliche Baum. Alles Leben fiel von seinen Ästen zur Erde und breitete sich aus. Das hunderfünfte Geschlecht, das dem Baum entsprang, waren die mächtigen Drachen. Ihr Geist und ihre Flugkraft beindruckte viele. Das hundertundsechste Geschlecht waren die Menschen. Sie lebten ein friedliches Landleben im Einklang mit der Natur. Aber das einhundertsiebte Geschlecht des göttlichen Baumes waren die Winglies. Diese geflügelten Menschen machten sich daran, große schwebende Städte zu bauen und alle Lebewesen zu unterjochen.

Die Story

Dieser Zustand konnte nicht andauern. Unterdrücker und Unterdrückte waren beide davon überzeugt, dass nur der Sieg über den Anderen ein dauerhaftes Überleben garantieren würde. Die Menschen erhielten die Unterstützung von Kaiser Diaz und sieben Menschen, die auf Drachen reiten konnten: den Dragoons. Mit ihrer Hilfe gelang es, die Winglies zu besiegen und fast vollständig auszurotten. Seitdem nennt man diese Zeit "die Zeit der Drachenkriege". Sie liegt jetzt zehntausend Jahre zurück...

Die Gegenwart: Serdio ist ein durch Familienstreitigkeiten zweigeteiltes Land. Der jüngere Bruder des früheren Königs, Fürst Doel, hat sich einen Teil des Landes unter den Nagel gerissen und ihn in Sendaria umgetauft. Der damals sechs-jährige Thronfolger Albert hatte dem nicht viel entgegenzusetzen. Er lebt jetzt in Indels Burg, der alten Hauptstadt, und nennt sein Land Basil. Leider reicht Doel seine Beute nicht mehr, und es sieht nach Krieg aus. Unser Held Dart kommt aus einem Grenzdorf, Seles, und gerät in die Wirren, als seine Jugendfreundin Shana von sendarischen Soldaten entführt wird.

Kein seichter Hintergrund, den Sony sich da ausgesucht hat. Legend of Dragoon geht schon in den ersten paar Stunden Gameplay ans Eingemachte und kann sich in Bezug auf originelle Gamewelt locker mit der FF-Serie messen. Wie sieht es aber mit der Gesamt-Umsetzung aus?

An der Oberfläche ist Dragoon dem FF-Gameplay sehr ähnlich: Auch hier sind Save-Punkte dünn gesät, auch hier wird in Runden gekämpft in einer grafisch sehr gut und abwechslungsreich gestalteten 3-D Arena aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Allerdings fehlen die Verkörperungen von magischen Attacken, welche die Kämpfe seit FF7 so bombastisch und lang machen.

Gameplay/Spielbarkeit

Im Gegenzug dazu ist der Spieler in Dragoon allerdings in der Lage, weitaus mehr Einfluss auf den Kampfverlauf zu nehmen als bei Square. Jeder Nahkampf ist von Kampf-Kombos geprägt, deren Gelingen allein von der Reaktionsschnelligkeit des Spielers abhängt. Es reicht auch nicht, sich eine bestimmte Reaktionszeit anzutrainieren, denn jeder Charakter hat sein eigenes Timing. Je mehr Erfahrung, desto mehr unterschiedliche Attacken stehen zur Verfügung, die bei Erfolg im Level und im Schaden steigen.

Außerdem ermöglichen diese gelungenen Spezialattacken auch die Verwandlung in die Dragoon-Gestalt bei einigen der Charaktere, sobald diese Option im Game erreicht wird. Sie beeinflussen dann auch die Dauer der Verwandlung. Man sollte also das Drücken des X-Knopfes ausgiebigst üben: Entweder in Kämpfen auf der Weltkarte, oder bei den In-Game-Tutorials, die besser als das Handbuch über die Kampftaktiken informieren. Ihr lernt den normalen Kampf bei Eurem alten Lehrmeister in Seles und sobald Ihr Rose trefft, zeigt sie euch die Dragoon-Attacken und die Dragoon-Magie.

Angriffsmagie ist für Nicht-Dragoons nur über bestimmte Gegenstände auszuüben. Aber selbst hier kann die X-Taste die Wirkung verstärken - ähnlich wie beim Guardian-Force Power-Up in FF8. Gibt es auch keine Guardian Forces bei Dragoon, so ist die Verwandlung in die Dragoon-Form doch bei jedem Charakter ähnlich abwechslungsreich und bombastisch dargestellt. Erfreulicherweise gibt es in der Konfiguration die Option, diese Sequenzen auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn man sich an ihnen satt gesehen hat.

Wie genre-üblich unterstützen verschiedene Gegenstände - die man kauft oder in Truhen findet - die Heilung der Charaktere (einzeln oder als Gruppe), allerdings ist die Begrenzung auf 32 Slots für nützliche Gegenstände (255 Slots für Ausrüstung) der gesamten Truppe etwas unglücklich gewählt, vor allem da jeder Gegenstand einzeln getragen wird. Die Gegner-Angriffe reichen von zuckersüß (Beserker Maus und Mychondio) zu ausgesprochen tödlich (Sendaria Elite), aber sie reichen in der Animation leider auch nicht an FF8 heran. Die meisten Gegner verpuffen in einer roten Wolke.

Von der Aufgabenstellung her ist Legend of Dragoon recht linear, wenn sich auch ab und zu Seitenquests auftun. Die Tatsache, dass auf der Weltkarte nur der Weg von einem Ort zum nächsten eingezeichnet und begehbar ist, verdeutlicht die lineare Struktur nochmals. Auf der anderen Seite muss man sich nicht fragen, ob man irgendeinen wirklich guten Gag verpasst hat =). In den einzelnen Screens ist es recht nützlich die Dauermarkierung der Ausgänge eingeschaltet zu lassen: in diesem Fall erscheint über dem Kopf des Hauptcharakters auch immer ein blaues Dreieck, das bei bevorstehendem Kampf seine Farbe von gelb zu rot verändert. Man kann damit den Kämpfen zwar genauso wenig ausweichen, wie man es in FF8 konnte, aber man kann sich rechtzeitig heilen, bevor ein Kampf beginnt.

Besonders viel Wert wurde auf den Dialog der Heldentruppe untereinander gelegt, und da muss Dragoon sicher nicht hinter FF8 zurückstehen. Das Melodrama kommt hier aus der Quest selbst und nicht aus der Liebesgeschichte Rinoa/Squall, was dem Spiel eigentlich nur gut tut. Aber solch kleine Juwelen - wie Lavitz, geliebter Sohn seiner geliebten Mutter, oder die Streiterei zwischen Dart und der inzwischen selbstständig gewordenen Shana, oder die Darstellung der Legende des Drachenkriegs als gestickter Wandbehang a la Bayeux-Tapestry - erfreuen das Herz des Rollenspielers und machen neugierig auf die weitere Entwicklung der Charaktere unter dem Druck der äußeren Umstände. Die Metzelei von Darts Geburtsort und die Gefangennahme von Shana werfen trotzdem immer einen Schatten über die Atmosphäre. Und das Auftauchen der geheimnisvollen und zeitlosen Dragoon Rose macht die Interaktion zwischen den beiden Jugendfreunden nicht einfacher.

Dragoon lässt sich am besten mit FF8 vergleichen: Beide Spiele haben Polygon-Charaktere vor Bitmap-Hintergründen, beide Spiel zeigen junge Erwachsene als Hauptcharaktere (Dabei sind die Dragoons etwas älter als die Seeds: Dart ist 24, Shana ist 18). Ein großer Teil Spielspaß hängt von der Einzigartigkeit der Charaktere ab: leider sind die Grafiker von Dragoon nicht so sorgfältig gewesen wie Square. Besonders bei den CG-Sequenzen innerhalb der Game-Engine fällt auf, dass die Gesichter kaum herausgearbeitet sind, und in Bezug auf Gestik im Kampf und außerhalb können Zell und Selphie Ringe um Dart und Shana rennen. Dafür liegt die Qualität der FMVs definitiv auf dem selben hohen Niveau, wie die Intro-Sequenz eindrucksvoll beweist (da verschmerzt man auch gern, dass der Text des Intros englisch geblieben ist).

Grafik/Sound

Beim Sound räumt Dragoon allerdings ab. Vom mystischen Ohrwurm der Intro-Musik bis zu den exotischen und dunklen Tönen der Gameworld und Kampf-Midis passt die Musik aufs Beste und überholt FF8 locker. Es fehlt nur ein "Eyes on Me"-Ohrwurm zum ultimativen Musik-Genuss.

Fazit

Mit The Legend of Dragoon ist Sony eine würdige Herausforderung des Square Rollenspiel-Franchise gelungen, wenn es FF8 auch grafisch knapp unterliegt und FF9 noch nicht in den Ring getreten ist. In jedem Fall sind die 4 CD-Roms allen Freunden epischer Konsolen-Rollenspiele auf der Playstation ans Herz zu legen, und mindestens bis zum Erscheinen von Final Fantasy 9 - auch in Anbetracht der recht guten deutschen Umsetzung (mit passenden Stimmen in den wenigen Sequenzen und Kampfattacken) - eine Kaufempfehlung wert.

Um Euch die Entscheidung leichter zu machen findet Ihr hier 90 exklusive 4Players-Screenshots, die Ausschnitte aus Intro, Gameplay, Kampf und CGs zeigen. Viel Spaß.

Wertung

PlayStation