Sonic Heroes - Test, Plattformer, GameCube, PC, XBox, PlayStation2

Sonic Heroes
29.02.2004, Jens Bischoff

Test: Sonic Heroes

Bisher ließ sich Segas stacheliges Kult-Maskottchen auf den Next-Generation-Konsolen nur in mehr oder weniger gelungenen GameCube-Umsetzungen alter Dreamcast-Abenteuer blicken. Mit Sonic Heroes (ab 12,39€ bei kaufen) bekam der blaue Igel nun aber endlich ein komplett neues Spiel verpasst, das zudem auch PS2- und Xbox-Besitzer nicht länger außen vorlässt. Was Sonic und seine Freunde Neues zu bieten haben und auf welchem System sie sich am heimischsten fühlen, verrät unser Test.

Kaum ist Sonic zurück, muss er schon wieder die Welt vor Dr. Eggman und dessen Blechschergen retten. Im Schlepptau wie immer Smaragdhüter Knuckles und Propellerfuchs Tails. Doch dieses Mal ist das Sonic Team nicht das einzige Heldentrio. Ebenfalls mit von der Partie: Team Dark mit Chaos-Igel Shadow, Eggman-Roboter Omega und Fledermausdame Rogue, Team Rose mit Sonic-Verehrerin Amy, Angler-Kater Big und Chao-Häschen Cream sowie Team Chaotix mit Ninja-Chamäleon Espio, Kroko-Detektiv Vector und Blödelbiene Charmy.

Illustre Heldenriege

Leichter Einstieg: Das Team Rose richtet sich vom Schwierigkeitsgad an Sonic-Neulinge. (GC)

Je nachdem für welches Trio ihr euch entscheidet, ändern sich Storyverlauf, Levellänge, Gegneraufkommen und Aufgabenstellungen - und damit auch der Schwierigkeitsgrad. Prinzipiell sind die Spielabschnitte und Aufgaben allerdings identisch, denn die Levelfolge ist überall die gleiche und das Ziel einfach das Erreichen des jeweiligen Goal-Rings. Lediglich die Spürnasen vom Team Chaotix braten aufgabentechnisch eine Sonderwurst und müssen ausgefallenere Ziele erreichen: das Ausfindigmachen spezieller Objekte, das Ausschalten bestimmter Gegner oder das Infiltrieren feindlicher Anlagen - was eine ganz eigene Spielerfahrung bietet. Ansonsten richtet sich das Team Rose in erster Linie an Anfänger, das Team Sonic an geübte Spieler und das Team Dark an Fortgeschrittene, während die Handlung eher im Hintergrund steht.

Ein Team für jeden Geschmack

Feuchter Dschungel: Dem plötzlichen Wolkenbruch begegnet Kater Big mit einem übergroßen Cocktail-Schirmchen. (PS2)

Anders als in früheren Sonic-Episoden steuert ihr die einzelnen Charaktere eures Heldentrios übrigens nicht brav nacheinander, sondern alle auf einmal. Zwar habt ihr immer nur die Kontrolle über den momentanen Teamführer, aber dieser lässt sich jederzeit auf Knopfdruck wechseln - festen Boden unter den Füßen vorausgesetzt. Schade, denn ein Charakterwechsel im Sprung, Sturz oder Flug wäre weit dynamischer und oftmals auch die letzte Rettung vor dem sicheren Tod. Dieser ereilt euch nämlich oft schneller als erwartet, da Kollisionsabfrage und Kameraführung nicht immer auf eurer Seite sind.

Führungswechsel mit Bodenhaftung

Erster Bossfight: Eggman kommt euch mit seinem ausbaufähigen Fluggefährt noch öfters in die Quere.(Xbox)

Jedes Team besteht jedenfalls aus einer akrobatischen (blau), einer kampfbegabten (rot) und einer flugtauglichen (gelb) Spielfigur, die ihr je nach Spielsituation als Anführer bestimmen müsst, um entsprechende Hindernisse oder Gegner zu bewältigen. Die Wahl wird euch dabei allerdings sehr leicht gemacht. So weisen farbige Bildschirme darauf hin, welche Levelroute für welche Figur am geeignet ist, während farbige Schranken gleich auch den nötigen Wechsel für euch vornehmen. Diese Art von Bevormundung lässt man aufgrund des teils unglaublich rasanten Spieltempos und Schwindel erregenden Leveldesigns allerdings meist gerne über sich ergehen, da ein verpasster Führerwechsel schnell eines eurer Extraleben kosten kann.

Willkommene Bevormundung

Trügerische Strandidylle: Statt Sonnenbaden ist für Vector und Co. Krebssuchen angesagt. (GC)
 

Verpassen tut man hingegen ganz andere Sachen: Wie z.B. die im Vergleich zu den Vorgängern unglücklich platzierten und designten Rücksetzpunkte sowie eigentlich leicht zu erreichende Plattformen und Geländer, denn auch hier erlauben sich Kamera und Kollisionsabfrage oft gravierende Schnitzer. Auch auf die automatische Zielerfassung ist nicht immer hundert Prozent Verlass, was gerade bei luftigen Homing-Attacken und Light Dashs viel zu oft in bodenlosen Abgründen endet. Und gerade solche Patzer sind es, die einem trotz eigentlich handlicher Steuerung und überzeugendem Gameplay den Spielspaß immer wieder vergällen.

Schwache Rückendeckung

Indiana Jones lässt grüßen: Shadow flieht mit seinen Kameraden vor zwei heranrollenden Steinwalzen. (GC)

Schade auch, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Teams eher belanglos sind und sich der Wiederspielwert trotz Emblem-, A-Ranking-, Bonusetappen- und Emerald-Hatz weitestgehend in Grenzen hält. Lediglich die Sonderaufgaben des Team Chaotix laden zu Neubesuchen der bereits bekannten Spielabschnitte ein. So oder so ist der eigentliche Umfang nicht gerade sehr üppig und der mühsam freizuspielende Super-Hard-Mode eher einfallslos. Auch die Bonus- und Fahrzeugabschnitte sind nicht sonderlich originell und abwechslungsreich - das typische Leveldesign mit seinen Turbofeldern, Katapultfedern, Korkenzieher-Loopings und zahlreichen Alternativrouten hingegen schon.

Laue Extrahatz

Der schnellere gewinnt: Die meisten Mehrspielermodi bestehen aus verschiedenen Wettrennvarianten.(PS2)

Die nicht veränderbare Steuerung kommt trotz hohen Facettenreichtums mit erstaunlich wenig Tasten aus und geht auf allen drei Konsolen gut von der Hand - auch wenn das Auslösen der besonders verheerenden Team-Blasts bei Xbox-Besitzern ohne S-Controller nicht ganz so elegant vonstatten geht, und die nicht analog abgefragten Schultertasten von PS2- und Xbox-Pad nicht ganz so gefühlvolle, aber dafür um so flottere Kameraschwenks erlauben. Zusätzlich lässt sich mit dem rechten Stick auch in eine statische Egoperspektive umschalten, die aber leider weit weniger Übersicht als eine frei schwenkbare Kamera bietet und eigentlich an den Genre-Bedürfnissen vorbeizielt...

Handliche Steuerung

Die Bremer Stadtmusikanten einmal anders: Big schultert seine Begleiterinnen trotz Höhenangst. (PS2)

Ansonsten ist die Handhabung auf allen drei Systemen identisch und selbst die auf der PS2 kontra-intuitive Menüsteuerung der US-Version wurde in der PAL-Fassung ausgebessert. So rennt, hüpft, gleitet, fliegt und kämpft ihr euch bereits nach kürzester Einarbeitungszeit gekonnt durch die insgesamt 22 Spielabschnitte, nutzt Formationsvorteile und lasst individuelle Solo- und Team-Attacken vom Stapel, die sich neuerdings sogar in drei Stufen aufleveln lassen. Natürlich warten auch wieder Power-Ups, Ringe und Special-Items auf euch, aber Bildschirm füllende Zerstörungsorgien bieten nur fleißig aufgeladene Team-Blast-Attacken.

Schnelle Erfolge

Heldentrio im Anflug: In dieser Formation entgeht euch kaum ein Extra. (Xbox)

Wer zudem beim Emblem-Sammeln fleißig war, darf‘s auch im Mehrspielermodus krachen lassen. Zwar nur zu zweit, aber für zwischendurch bilden die sieben verschiedenen Wettlauf-, Ringsammel-, Seifenkisten- und Teamkampf-Duelle eine ganz nette Alternative zu den Solo-Missionen. Bei geteiltem Bildschirm leidet zwar hin und wieder die Übersicht, aber technisch ist der Splitscreen auf allen Plattformen sauber umgesetzt und eine gute Möglichkeit sich nicht mit vorgefertigten Rankings, sondern direkt mit anderen Spielern zu messen. Als Bonus gibt’s auf geheimen Tastendruck sogar metallisch glänzende Heldentrios. Einen kooperativen Story- oder Vier-Spieler-Modus sucht man aber nach wie vor vergebens.

Freispielbare Duellvariationen

Metallic Heroes: Per simpler Tastenkombination taucht ihr eure Helden in ein metallisches Glänzen. (GC)

Grafisch glänzt Sonic Heroes vor allem durch enormes Spieltempo, grenzenlose Weitsicht und Schwindel erregendes Leveldesign. Auf Xbox und GameCube stimmt darüber hinaus auch die Texturqualität, wobei der GameCube sogar ein paar Grafikspielereien mehr bietet. Die PS2-Fassung hat hingegen mit verwaschenen wabernden Texturen sowie fehlenden Grafik- und Sound-FX zu kämpfen. So gibt es auf der Sony-Konsole im Vergleich zu den beiden anderen Fassungen keine Echtzeitschatten, es fehlen Animationen und Objekte und auch bei den Geräuschen wurde dezent eingespart. Einen flotten 60Hz- sowie PAL-Balken-freien 50Hz-Modus bieten hingegen alle drei Versionen, wobei die Renderware-Engine ihren Dienst auf der Xbox am flüssigsten und auf dem GameCube am rasantesten verrichtet. Nennenswerte Slowdowns sind uns aber trotz mahnender Kollegen bei keiner Fassung aufgefallen. Mit unschönen Clipping-Fehlern und vereinzeltem Objekt-Popup müssen aber alle Spieler leben.

Da fehlt doch was...

Viva Las Vegas! Im Casino-Level dürft ihr mit eurem Heldentrio Flipper und Bingo spielen. (Xbox)

Die Soundkulisse ist wie bei fast allen Sonic-Titeln stark von eurem Geschmack abhängig. So klingen die in Dolby Digital bzw. Pro Logic II abgemischten Sound-FX zwar relativ altbacken, erfüllen ihren Zweck aber einwandfrei. Die englische Sprachausgabe wirkt hingegen arg gekünstelt und geht einem teils ziemlich auf die Nerven. Hier haben es Xbox-Besitzer gut, da diese als einzige über die Systemeinstellung den japanischen Originalsprechern lauschen können. Die musikalische Begleitung setzt sich aus vertraut rockigen Melodien und Arrangements zusammen, die zwar alles andere als zeitgemäß wirken, aber zu Sonic gehören wie die goldenen Ringe oder roten Turnschuhe.

Eine Frage des Geschmacks

Seifenkistenrennen: In diesem fahrbaren Rammbock hält euch so schnell niemand auf. (Xbox)

Die Bildschirmtexte werden auf Wunsch sogar in Deutsch ausgespuckt und sind prinzipiell ganz brauchbar übersetzt. Aber wer will schon lesen, wenn sein Heldentrio mit Affenzahn über Rampen schießt, von Bumper zu Bumper prallt, sich mit einer Staffel an Homing-Attacken über bodenlose Abgründe katapultiert oder halsbrecherische Gleiskonstruktionen entlang grindet? Zudem werden alle wichtigen Informationen auch gesprochen, während man sich die spielerischen Grundlagen in einem separaten Trainingslevel, der für das einsteigerfreundliche Team Rose sogar zum Pflichtprogramm zählt, beibringen lassen kann. Der Schwierigkeitsgrad ist prinzipiell recht ausgewogen und dank eines fairen Speichersystems darf man stets im zuletzt erreichten Level einen Neustart wagen sowie bereits freigeschaltete Levels für Highscore-Jagden und Time-Attack-Missionen direkt anwählen.

Keine Zeit zum Lesen

Konzert zum Fürchten: Jedes Team hat eine alles vernichtende Spezialattacke. (PS2)

Fazit

Auch wenn Sonic Heroes sich sowohl auf viele alte Serientugenden besonnen hat als auch stimmige Neuerungen bietet, scheint die dritte Dimension nach wie vor nicht so recht mit dem rasanten Gameplay zu harmonieren. Zu oft zickt die Kollisionsabfrage, hakt die Steuerung oder hinkt die Kamera - was immer wieder für unnötigen Verdruss sorgt. Zudem fehlt es dem originellen Charakterwechseln an Dynamik und den einzelnen Teams an Individualismus. Dennoch fasziniert der Titel mit seinem unverkennbarem Spieltempo und Leveldesign, das weit mehr an die Ursprünge der Serie erinnert als die beiden zuletzt erschienen Sonic-Adventure-Episoden. Wer es schnell und hektisch liebt, dürfte daher trotz aller Macken auf seine Kosten kommen. Schade nur, dass die Multiplayer-Möglichkeiten erneut nicht ganz ausgeschöpft wurden und die technische Umsetzung auf der PS2 ziemlich lieblos wirkt. Wer das System wählen kann ist mit der Xbox- oder GameCube-Fassung jedenfalls eindeutig besser bedient - wobei die Renderware-Engine auf der Nintendo-Hardware am flottesten und auf der Microsoft-Konsole am flüssigsten läuft, nur der GameCube alle Effekte und nur die Xbox japanische Sprachausgabe beherrscht.

Pro

  • 60Hz-Modus
  • pfeilschnelle Grafik
  • handliche Steuerung
  • alternative Levelrouten
  • originelles Team-Gameplay
  • individuelle Level- & Power-Ups
  • ein Dutzend spielbare Charaktere
  • abwechslungsreiches Leveldesign
  • wahlweise japanische Sprachausgabe (Xbox)
  • teamabhängiger Spielverlauf & Schwierigkeitsgrad

Kontra

  • relativ geringer Umfang
  • kein Vier-Spieler-Modus
  • fehlende Sound-FX (PS2)
  • leichte Ruckler (PS2 & GC)
  • teils recht hakelige Steuerung
  • ungeschickt platzierte Checkpoints
  • fehlende Grafikeffekte (PS2 & Xbox)
  • Teamwechsel nur am Boden möglich
  • immer wieder ungünstige Kameraführung
  • öfters Probleme mit der Kollisionsabfrage

Wertung

GameCube

XBox

PlayStation2