kill.switch - Test, Shooter, PC, XBox, PlayStation2

kill.switch
09.03.2004, Jens Bischoff

Test: kill.switch

Während die Solid Snakes und Sam Fishers dieser Welt immer lautloser werden und jeden unnötigen Schusswechsel zu vermeiden versuchen, wird in Namcos kill.switch nicht mit bleihaltigen Auseinandersetzungen gegeizt. Einzelkämpfer Nick Bishop ballert sich nämlich alles andere als unauffällig durch die Krisenherde dieser Welt und bietet seinen Gegnern dabei trotzdem kaum Angriffsfläche - ob das Spaß macht?

Zu Beginn wisst ihr nicht einmal, wer ihr seid, für wen ihr eigentlich arbeitet und warum ihr so willenlos gehorcht und tötet. Ihr wisst nicht einmal, ob ihr zu den "Guten" oder "Bösen" gehört. Zudem scheint euer Gedächtnis wie ausradiert und ständig werdet ihr von geheimnisvollen Stimmen und Flashbacks heimgesucht. Erst später wird euch eure schicksalhafte Rolle in einem gefährlichen Spiel aus Gedankenkontrolle, nuklearer Bedrohung und globaler Manipulation bewusst. Doch so interessant die Hintergrundgeschichte auch klingen mag, so knapp und beiläufig wird sie erzählt. Im Prinzip wirkt die schemenhafte Story sogar aufgesetzt und scheint lediglich Alibi-Charakter zu haben, um die gerade einmal fünf Einsätze Bishops irgendwie miteinander zu verknüpfen.

Held ohne Vergangenheit

Wirre Vergangenheitsbewältigung: Die undurchsichtige Hintergrundgeschichte wird anhand sporadischer Flashbacks erzählt.

Zwar sind die Aufträge in insgesamt 18 zusammenhängende Abschnitte unterteilt, aber die Kampagne ist dennoch viel zu kurz und wird lediglich durch den relativ hohen Schwierigkeitsgrad und die eingeschränkte Speichermöglichkeit in die Länge gezogen. Spielstandsicherungen sind nämlich stets nur am Ende eines Abschnitts möglich. Und dem zahlenmäßig weit überlegenen und äußerst aggressiv vorgehenden Feind ist man selbst auf dem leichteren der beiden zur Verfügung stehenden Schwierigkeitsgrade nur durch konsequentes Auswendiglernen sämtlicher Feinpositionen und -routen gewachsen - auf Übersichtskarten, Bewegungsmelder, Wärmesichtgeräte oder Ähnliches müsst ihr nämlich verzichten. Zudem werdet ihr schnell feststellen, dass die Gegner sehr zielsicher sind und schon wenige Treffer ausreichen, um euch in die ewigen Jagdgründe zu schicken.

Kurz und heftig

Enemy Down! - Die Animationen sind durchaus gelungen.

Da ihr also nicht sonderlich widerstandsfähig seid, euch niemand Rückendeckung gibt und ihr auch keine Superwaffen oder anderen Hightech-Schnickschnack im Gepäck habt, müsst ihr euch auf etwas anderes verlassen - und das ist in kill.switch die Deckung. Nick kann sich nämlich hinter jedem noch so ungeeignet erscheinenden Gerümpel nahezu kugelsicher verschanzen und blitzschnell das Feuer eröffnen. Egal ob umgekippte Sessel, unförmige Schutthäufen oder erhöhte Randsteine - Nick findet fast überall Unterschlupf und vermag sich seiner Umgebung millimetergenau anzupassen. Zudem besitzt er ein spezielles Nano-Implantat, das seine Wunden bis zu einem gewissen Grad selbstständig wieder heilen kann.

Gelenkiger Deckungskünstler

Auf der Mauer, auf der Lauer...: Allerdings habt ihr hier eindeutig die bessere Deckung.

Die einzelnen Spielabschnitte sind dabei sehr linear und kompakt aufgebaut, so dass ihr euch trotz fehlendem Kompass bzw. Zielwegweiser nur selten verlauft oder von hinten überrascht werdet. Dennoch versuchen euch die sehr offensiv agierenden Gegner unbemerkt in die Flanke zu fallen, durch Stellungswechsel zu irritieren, unter Sperrfeuer zu umzingeln oder mit Granaten aus der Deckung zu locken. Zum Glück ist Nick aber nicht nur ein wahrer Deckungskünstler, der heranstürmende Gegner selbst blind erledigt, sondern auch ein reaktionsschneller Bodenturner, der blitzschnell aus der Gefahrenzone oder ohne große Angriffsfläche von Deckung zu Deckung hechten kann. Komisch allerdings, dass er als Kletterer und Weitspringer überhaupt nichts taugt und Höhenunterschiede nur über Treppen und Fahrstühle sowie Abgründe nur über Planken oder Umwege überwinden kann...

Aggressive Widersacher

Im Fadenkreuz des Todes: Mit dem Scharfschützengewehr erledigt ihr Gegner aus sicherer Distanz.

Nicks Waffenarsenal reicht von realen Sturm-, Maschinen und Scharfschützengewehren über militärische Schrotflinten und Grantwerfer bis hin zu Hand-, Blend- und Haftgranaten und lässt sich unterwegs mit baugleichen Waffen gefallener Gegner beliebig aufstocken. Auch Geschützstellungen können gegen ihre eigentlichen Besitzer verwendet werden. Schade nur, dass eure Ausrüstung bei jedem Einsatz fix vorgegeben ist und ihr keine Extras wie Minen, Herzschlagsensoren oder Nachtsichtgeräte zur Verfügung habt. Dafür könnt ihr euch beim Schießen auf ein intelligentes Fadenkreuz stützen, das durch Änderung der Größe eure Zielgenauigkeit und durch Änderung der Farbe erfasste Ziele signalisiert. Den realistischen Rückschlag eurer Waffen müsst ihr mit möglichst kurzen Feuerstößen allerdings selbst in den Griff bekommen.

Vorgeschriebenes Waffenarsenal

Dynamische Ego-Perspektive: Selbst mit dem Auge am Zielfernrohr seid ihr nicht bewegungsunfähig.

Die Steuerung ist dabei überaus handlich und wird euch in einem speziellen Trainingsabschnitt kurz veranschaulicht. Selbst die aufrufbare Egoperspektive ist nicht völlig statisch und erlaubt gleichzeitiges Zoomen und Heranpirschen. Die meiste Zeit betrachtet ihr das Geschehen allerdings aus einer halbautomatischen Third-Person-Ansicht, die nur selten, aber dann oft tödlich zickt, indem sie in der Levelarchitektur verhängt und euch zur Aufgabe eurer Deckung zwingt. Ohne Schutz seid ihr dem Feind allerdings meist hoffnungslos aufgeliefert. Hin und wieder offenbart zwar auch die Gegner-KI eklatante Aussetzer, aber die meiste Zeit verhalten sich feindlichen Truppen realistisch und überzeugend: fallen Schüsse, gehen sie in Deckung, kennen sie eure Position, versuchen sie euch in die Zange zu nehmen und werden sie getroffen, schleppen sie sich aus der Schusslinie.

Alles im Griff

Unter Zeitdruck: Wenn die Uhr tickt, vernachlässigt man seine Deckung schon mal...

Zudem haben eure Gegner unterschiedliche Trefferzonen und sind genau wie ihr ordentlich animiert. Auch die Blend- und Taubheitseffekte bei Granatenexplosionen wirken glaubwürdig. Ansonsten ist die von Criterions Renderware-Engine auf Wunsch auch im Breitbildformat ausgespuckte Grafik aber eher zweckmäßig und die Präsentation ziemlich unspektakulär. Der Soundtrack versprüht kaum Dramatik, die authentischen Sound-FX machen hingegen eine gute Figur. Auch die deutsche Sprachausgabe kann sich hören lassen, obwohl die Qualität der Übersetzung stark schwankt. Auf Wunsch spricht Nick Bishop aber auch wie seine nicht synchronisierten Gegner englisch. Die Inszenierung ist übrigens von Haus aus unblutig, aber trotzdem nichts für Moralapostel: So werdet ihr etwa schon beim ersten Einsatz zum kaltblütigen Töten eines unbewaffneten und um Gnade flehenden Generals gezwungen...

Bröckelnde Atmosphäre

Blind draufhalten: Diese Methode ist zwar nicht besonders zielsicher, dafür bietet ihr den Gegnern aber auch kaum Angriffsfläche.

Überhaupt ist das Missions- und Leveldesign sehr geradlinig und eintönig. Handlungsfreiheit existiert nicht und spielerische Abwechslung ist Mangelware. So ballert ihr euch von einem Auftragziel zum nächsten, erledigt eine Angriffswelle nach der anderen, trotzt hin und wieder einem Zeitlimit und folgt der bruchstückhaften Story, die euch vom Mittleren Osten über eine Ölbohrinsel im Kaspischen Meer und eine nordkoreanische U-Boot-Werft bis ins Hauptquartier eures mysteriösen Auftraggebers führt. Anschließend könnt ihr Nick Bishop allerdings schon in den Ruhestand schicken, denn der Wiederspielwert des Einzelspielermodus tendiert gegen Null und Mehrspielermodi sind keine vorhanden, was angesichts der kurzen Solo-Kampagne besonders schwer wiegt.

Mangelnde Abwechslung

Rechtzeitig erwischt! Die herabfallenden Handgranaten waren sicher für uns gedacht.

Fazit

Auch wenn sich das deckungsfreudige Spielprinzip anfangs angenehm vom üblichen Military-Shooter-Einerlei abhebt, geht ihm aufgrund mangelnder Abwechslung und Spieltiefe schon bald die Luft aus. Das Missionsdesign ist linear und einfallslos, euer Equipment geradezu minimalistisch und die Story führt nur ein kümmerliches Schattendasein. Zudem sind Präsentation und Technik alles andere als zeitgemäß, die eigentliche Kampagne viel zu kurz und der Schwierigkeitsgrad teils frustrierend hoch. Trotzdem sollten Shooter-Fans nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, denn das facettenreiche Spiel mit der Deckung wirkt frisch und unverbraucht und die sehr offensiv ausgerichteten Gegner sind immer wieder für Überraschungen gut. Einzelkämpfer, die eine leicht spielbare und zugleich fordernde Kreuzung aus Metal Gear Solid und Time Crisis suchen, könnten an kill.switch also durchaus Gefallen finden - wenn auch nicht allzu lange.

Pro

  • einfache Handhabung
  • intelligentes Fadenkreuz
  • unterschiedliche Trefferzonen
  • meist überzeugende Gegner-KI
  • facettenreiches Deckungssystem
  • gelungene Animationen und Effekte

Kontra

  • recht kurze Kampagne
  • teils fatale Kamerahänger
  • aufgesetzt wirkende Story
  • keinerlei Mehrspieler-Features
  • sehr eintöniges Missionsdesign
  • keine Karten
  • oder Radarfunktion
  • schlichte Technik und Präsentation
  • unausgewogener Schwierigkeitsgrad
  • vergleichsweise mickriges Equipment

Wertung

PlayStation2