Pitfall: Die verlorene Expedition - Test, Geschicklichkeit, PlayStation2, XBox, PC, GameCube

Pitfall: Die verlorene Expedition
11.03.2004, Mathias Oertel

Test: Pitfall: Die verlorene Expedition

Während sich Videospiel-Veteranen mit leicht wässrigen Augen an die Pitfall-Abenteuer auf dem Atari VCS 2600 erinnern, hat die jüngere Generation vermutlich die eher durchschnittlichen Hüpfereien im Kopf, die als Mayan Adventures und Pitfall 3D eher schlecht als recht das Erbe von Pitfall Harry antraten. Doch jetzt ist Harry wieder da und versucht mit Pitfall: Die verlorene Expedition sein Comeback zu feiern. Ob er die Sektkorken knallen lassen kann, verrät euch der Test!

Damals – das ist die Zeit, als Spieler noch nicht händeringend ihr Sparschwein plündern mussten, um sich die neueste Grafikkartengeneration anzuschaffen. Eine Zeit, in der man noch nicht einmal ansatzweise von einer Speicherfunktion innerhalb des Spieles träumen durfte. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, evtl. mit einem Passwort an einer fortgeschrittenen Position im Spielverlauf das Game wieder in Angriff zu nehmen.

Die gute alte Zeit

Natürlich setzt "Die verlorene Expedition" im Kern auch auf den Bekanntheitsgrad, den Harry seit damals angesammelt hat.

Stattdessen gab man sich damit zufrieden, in Pitfall 1 und 2 (die im Übrigen als Bonus enthalten sind) mit einem 1-Knopf-Joystick einfarbige Blocksprites über den Bildschirm zu steuern, sich an grobpixeligen Lianen entlang zu hangeln, für die Anti-Aliasing genau so fern scheint wie eine Mondreise. Und trotz harschem Schwierigkeitsgrad hat man den Klassiker immer wieder von vorne begonnen – ganz einfach, weil das Meisterwerk aus der Feder von Designer David Crane einen Mordsspaß macht.

Erinnerungen an die Klassiker werden wach. Doch es gibt noch zahlreiche andere Elemente, die Pitfall Harry auch für eine neue Spielergeneration interessant machen.

Dass Harry seit seinem ersten Auftritt schon annähernd 25 Jahre auf dem Buckel und in Pitfall: The Mayan Adventure seinen Sohn auf Entdeckungsreise schickte, merkt man dem forschen Archäologen auf seiner Action-Adventure-Reise in den peruanischen Dschungel nicht an.

(PS2)

Verjüngungskur

So werden Pitfall-Veteranen schnell Bekanntschaft mit Lianen, im Fluss schwimmenden Krokodilen und sich immer wieder öffnenden Löchern im Boden machen – allesamt Elemente, die auch anno 1982 für Freude gesorgt haben. Das kann sogar so weit führen, dass sich Pitfall-Kennern beim Schwung an einer Liane zwangsläufig der dröge 8-Bit-Sound des Originals wie ein Ohrwurm in den Gehörgang schleicht.

Dabei hat es das Team von Edge of Reality geschafft, klassische Pitfall-Elemente in eine moderne Jump&Run-Welt zu setzen.

Auch schöne Lichteffekte können nicht verschleiern, dass die Texturen im Detail etwas zu wünschen übrig lassen.

So gibt es z.B. zahlreiche Items, die es an den richtigen Stellen einzusetzen gilt, um die meist auf die Umgebung bezogenen Puzzles zu lösen. Obwohl euch eine gewisse Nicht-Linearität vorgegaukelt wird, ist es ratsam, sich an den vom Entwickler vorgesehenen Weg zu halten, der euch auf einer übersichtlichen Karte das nächste Ziel mit einem schönen großen "X" anzeigt. Denn geht ihr an einen anderen Ort, passiert es schnell, dass ihr nicht weiter kommt, da ihr einen bestimmten Gegenstand benötigt. Um z.B. eine Eiswand hinauf zu klettern, benötigt ihr einen Eispickel. Den wiederum bekommt ihr nur, wenn ihr mit einem Floß an einen bestimmten Ort reist usw.

(Xbox)

X markiert den Ort

Doch die enorm große 3D-Welt, die mehrere grafisch abwechslungsreiche Gebiete annähernd nahtlos verbindet, hat noch mehr zu bieten als Reminiszenzen an eine vergangene Software-Generation.

Auf der einen Seite hat man dadurch zwar nie das Gefühl, sich irgendwo festbeißen zu müssen und nicht mehr weiter zu kommen, aber ein bisschen mehr Offenheit der Gameplay-Struktur hätte sicherlich nicht geschadet, die insgesamt etwas kurz geratene Spielzeit zu verlängern. Profis werden die Kämpfe, Rätsel, Sprungeinlagen und Dschungel-Erfahrung in gut acht bis zehn Stunden bewältigt haben – Anfänger können etwa zwei bis drei Stunden drauflegen.

Krokodile sind immer noch ein geeignetes Mittel, um den Fluss zu überqueren. Und dies bleibt nicht die einzige Reminiszenz an die ersten Pitfall-Spiele.

Doch über die gesamte Dauer der Spielzeit sorgt "Die verlorene Expedition" für gute Unterhaltung – ein Prädikat, das bei weitem nicht alle derzeit erhältlichen Action-Adventures in Anspruch nehmen können. Einen großen Anteil daran hat die bis auf eine Ausnahme gelungene Steuerung. Die Aktionen sind intutitiv aufs Pad gelegt und auch die Gegenstand-Auswahl und –Benutzung über Digi-Pad und rechten Stick funktioniert wunderbar.

(Xbox)

Spaßfaktor ist da – Kameraprobleme auch

Wobei wir schon bei der angesprochenen Ausnahme wären: die Kameraführung. Obwohl ihr die Kamera jederzeit hinter euch positionieren könnt, werden sicherlich viele das Bedürfnis haben, sich hin und wieder auch einmal umzuschauen. Da allerdings der rechte Stick anderweitig belegt ist, lässt sich die Kamera nur mit den Schultertasten schwenken. Zwar gewöhnt man sich an diesen Umstand, doch in hektischen Situationen ruckt man unwillkürlich am rechten Stick herum, bevor man sich daran erinnert, die Schulterknöpfe zu verwenden – und wertvolle Zeit verpufft ins Nirgendwo.

So stimmig die Animationen der Figuren sind, so schlecht sieht leider auch das Wasser aus!

Dafür wurde allerdings nicht an Humor gespart. Mit einem selbstironischen Augenzwinkern nimmt Pitfall Harry sich, das Genre und einschlägige Filme aufs Korn, so dass man sich immer wieder bei einem Schmunzeln ertappt.

Zudem sorgt das Spiel immer wieder zum richtigen Zeitpunkt mit einem Wechsel des Gameplays oder dem Einschub eines Mini-Spieles für willkommene Abwechslung – auch wenn eigentlich kein Element wirklich neu ist.

Zusätzlich wird das weitreichende Bewegungsrepertoire immer wieder aufgestockt und bei einem Händler könnt ihr die gefundenen Schätze gegen nützliche Gegenstände und Boni eintauschen.

(PS2)

Klasse Charakterdesign, schwache Texturen

Obwohl die großen Welten an sich einen guten Eindruck hinterlassen und belebt wirken, bleiben im Detail leider ein paar Wünsche offen. So strahlen die Texturen auf Dauer erstaunlich blass und strotzen auch nicht gerade vor Abwechslung.

Ein ganz anderes Bild bietet sich hingegen in den Bereichen Charakterdesign und Animationen, die sowohl mit Qualität als auch Humor überzeugen können. Allen voran natürlich Pitfall Harry, der auf den ersten Blick allerdings ganz und gar nicht das Bild eines seriösen, wenngleich abenteuerlustigen Archäologen vermittelt. Denn der gute alte Harry ähnelt einer Mischung aus Bruce "Evil Dead" Campbell und Gummigesicht Jim Carrey. Dadurch wird allerdings der Humor, der sich durch das gesamte Spiel zieht, nochmals verstärkt.

Und das Wasser ist meilenweit davon entfernt, sich mit Kollegen wie Beyond Good & Evil messen zu können.

Die Gesichtsanimationen sind genauso wie die übrigen Bewegungen erste Sahne!

Und da Harry eine ähnlich umfangreiche Gesichtsmimik hat wie der Ace Ventura-Star, ist es auch nicht verwunderlich, dass die Grafikabteilung auf FMV-Sequenzen verzichtet hat und stattdessen die normale Engine zur Darstellung der Cut-Scenes verwendet.

Doch auch die anderen Figuren, egal ob Gegner oder Gefährten, wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet und mit einer feinen Prise Komik zu ansehnlich animierten Leben erweckt.

(Xbox)

Deutsch – gut - Punkt!

Auch die akustische Seite kann überzeugen. Jederzeit stimmige Melodien laufen unauffällig im Hintergrund, während passende Umgebungsgeräusche für Dschungelatmosphäre sorgen.

Und die gute deutsche Sprachausgabe tut ihr Übriges, um sowohl für den so häufig angesprochenen Humor als auch das i-Tüpfelchen einer durchweg gelungenen Sounduntermalung sorgen.

Fazit

Auch wenn Pitfall Harry auf der Suche nach der verlorenen Expedition kein spielerisches Neuland betritt, kann man das Dschungelabenteuer allen Genre-Fans guten Gewissens ans Herz legen. Die spielerische Mischung stimmt und ist auch durch kleinere Schwächen wie die manuelle Kamera und die unglücklich gelöste Kartenfunktion nicht kaputt zu kriegen. Dass die Texturen der großen und abwechslungsreichen Umgebungen im Detail zu wünschen übrig lassen, ist bedauerlich, wird aber durch die sehr guten und witzigen Animationen der Figuren wieder wett gemacht. Da auch Soundtrack und Sprachausgabe auf einem hohen Niveau liegen, ist es bedauerlich, dass der Umfang des Spieles und auch die Anforderungen an den Spieler zum Teil doch weit hinter dem Genre-Standard wie z.B. Beyond Good & Evil zurückbleiben. Dafür könnt ihr euch aber als Bonus der guten alten Zeit hingeben und euch an Pitfall 1 und 2 versuchen.

Pro

  • Mini-Games
  • Puzzle-Elemente
  • gute Steuerung
  • gelungene Action-Adventure-Unterhaltung
  • Pitfall 1 und 2 als Bonus
  • stimmungsvolle Menüführung
  • schöne Animationen
  • gute Lokalisierung
  • stimmige Akustik

Kontra

  • ungünstige manuelle Kamera
  • Kartenfunktion nicht optimiert
  • grafisch nicht immer überzeugend
  • im Kern nichts Neues

Wertung

PlayStation2

XBox