Nightshade - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Nightshade
17.03.2004, Paul Kautz

Test: Nightshade

Vor knapp einem Jahr tummelte sich erstmal ein Schwert schwingender Ninja unter Segas traditionsbehaftetem Namen »Shinobi« auf der PS2. Das Abenteuer konnte uns weder spielerisch noch technisch sonderlich überzeugen. Neues Jahr, neues Glück: Kann ein weiblicher Ninja das Ruder wieder herumreißen, oder droht ihr das gleiche Mittelmaß-Schicksal wie dem vermummten Kumpel?

Auf den Tragflächen eines Flugzeugs beginnt euer Abenteuer.
Die Story schließt direkt an den Vorgänger an: Shinobi Hotsuma hatte es schließlich geschafft sein seelensaugendes Schwert Akujiki zu zerstören, die Teile gelten seitdem als hoffnungsvoll verschollen. Aber wie das mit Dingen so ist, die besser nie wieder gefunden würden: sie werden natürlich gefunden. Eine unheimliche Kraft hat sich der Schwertsplitter bemächtigt und erneut so genannte »Hellspawn«-Monster über Tokio hereinbrechen lassen. Die junge Ninja-Agentin Hibana ist die einzige Hoffnung angesichts der drohenden Vernichtung der Welt.

Das Schwert mal wieder

Falls ihr den Vorgänger nicht gespielt habt, empfiehlt sich ein Blick ins Holo-Tutorial, in dem ihr in hässlicher blauer Umgebung die verschiedenen Angriffstechniken verinnerlichen könnt. Ihr habt allerlei Möglichkeiten, euch eurer Haut zu erwehren: Grundsätzlich könnt ihr mit euren Schwertern um euch säbeln, mit den Füßen kicken oder Shuriken verschießen. Das alles lässt sich auch mehr oder weniger gut kombinieren, außerdem sind manche Attacken für spezielle Gegner besser geeignet als andere - mit dem Kick könnt ihr beispielsweise auf euch abgefeuerte Raketen zum Absender zurückschicken. Als letzte Möglichkeit bleibt euch mit dem »Ninjutsu« immer noch Zauberei. Davon habt ihr wie immer wenig, aber immerhin drei Wahlmöglichkeiten: Feuerball, kurze Unverwundbarkeit oder messerscharfe Windströme.

Der erste Spieleindruck: Hö, das kommt mir doch bekannt vor?! Nightshade (ab 52,99€ bei kaufen) ist im Grunde nicht viel mehr als eine Missions-DVD zu Shinobi: Waffen, Gegner, Spielprinzip, Texturflimmern - alles gleich bzw. nur leicht verändert. Ihr bekommt es mit Monstern, merkwürdigen Zackenrobotern und diversen Ninjas zu tun, die entweder aus dem Nichts auftauchen, aus Wänden kriechen oder plötzlich heranfliegen. Ihr kämpft immer in abgesperrten Bereichen, die das Weiterkommen erst erlauben, wenn eine bestimmte Zahl Gegnerseelen das Siegel öffnet - sprich: wenn ihr alle Angreifer erledigt

Per Dash rast ihr in Windeseile von einem Gegner zum nächsten.
habt. Was mitunter etwas dauernd kann, da teilweise bis zu vier Feindwellen pro Abschnitt über euch hinwegspülen. Tötet ihr mehr als vier Widersacher in einem kurzen Zeitraum, kommen wieder die berühmten »Tate« ins Spiel: Hibana packt ihre Kurzschwerter ein, lässt einen schnittigen Spruch vom Stapel und die Gegner zerfallen in mehrere Teile. Das Spielchen lässt sich sehr lange fortsetzen, wobei es abhängig von der Zahl der gefällten Feinde neue Animationen zu sehen gibt. Die zum großen Teil auf diese Aktionen bezogene Gewalt-Warnung am Anfang des Spiels ist übrigens Mumpitz: Angesichts der albern wirkenden roten Fleischtextur und der kleinen Blutpfützen, die genau wie ihre toten Besitzer schon nach kürzester Zeit verschwinden, sind Zwerchfell und Nervenkostüm das einzige, was hier gefährdet ist.

Altes Spiel, neuer Ninja

Am Ende jedes der 13 Levels erwartet euch ein extra-dicker Gegner. Aber keine Bange, er unterscheidet sich in Sachen Intelligenz kaum von seinen dumpfen Standard-Kollegen, und kann in den allermeisten Fällen durch simples Draufprügeln in kürzester Zeit zerhackstückt werden.

Hallo Matrix: Ihr könnt problemlos an Wänden entlang laufen.
Wie gesagt, gleicht die Nightshade-Grafik ihrem Vorläufer bis auf den blutroten Pixel. Der einzige offensichtliche Unterschied ist natürlich Hibana sowie die Abwesenheit des berühmten Flatterschals. Den vermisst man aber nur kurz, denn der neue Ninja trägt zwei flexible Zipfel an der Mütze, die ebenso weich animiert in Wind schwingen, einen langen Schweif hinter sich her ziehen und überhaupt keinen Nutzen haben. Die Texturen flimmern schlimm wie gehabt, die Figuren scheinen mit der Axt designt worden zu sein, die Level wirken trostlos und detailarm. Optisch tun sich nur die gut animierten Rendersequenzen hervor, aber erstens bestehen die zum Teil nur aus recycelten Szenen aus dem Vorgänger, und zweitens ist der Übergang von den sauberen Renderfilmen zu den fröhlich flimmernden Levels optisch grausam.

Oller Schleicher

Auch spielerisch gibt es keinen erkennbaren Fortschritt: Ihr könnt immer noch an Wänden entlanglaufen, zu einem praktischen Doppelsprung ansetzen oder per Dash in Windeseile von Gegner zu Gegner hetzen. So verläuft dann auch größtenteils das Spiel: Schlitz, Dash, Schlitz, Sprung, Dash, Schlitz, Dash, Schlitz - das ist auf Dauer genauso langweilig wie es klingt. Ärgerlich ist auch das Zielsystem: An sich ist es ja eine praktische Sache, dass sich Hibana automatisch auf den nächsten Gegner ausrichtet (das kann man auch manuell verändern), aber wieso wird sie dadurch langsamer? Wenn sie einen weit entfernten Gegner ins Visier nimmt, kann man entweder schneckengleich zum Ziel schleichen, oder sich per Sprung/Dash nach vorne kämpfen. Solltet ihr sterben, fangt ihr grundsätzlich am Anfang des Levelabschnitts an - es sei denn, ihr habt das Extra, mit dem ihr an einem festgelegten Rücksetzpunkt wieder belebt werdet. Gespeichert wird ausschließlich automatisch, und das auch nur zum Levelende.

Bonusfeatures ahoi: Hotsuma sollte Shinobi-Spielern bekannt vorkommen.
Der Lohn all eurer Mühen ist natürlich das Bonusmaterial: Zunächst könnt ihr durch das Aufsammeln von Clan-Coins neue Spielmodi wie »Time Attack« oder »Survival« freispielen. Außerdem gibt es natürlich wieder Bonusfiguren: Eine alternative, leicht bekleidete Variante von Hibana, den Ur-Shinobi Joe Musashi sowie Hibanas direkten Vorgänger Hotsuma. Der ist jedoch nur auf einem derart verknoteten Weg freizuschalten, dass kaum jemand in den »Genuss« kommen dürfte - warum auch, spielerisch macht's ja sowieso keinen Unterschied.

Zu viele Shinobis

Auch akustisch bleibt Nightshade größtenteils dem Vorgänger treu, allerdings ist die Musik dieses mal besser, wenn auch Lichtjahre von der Klasse der Mega Drive-Stücke entfernt. Die Wusch-Kling-Krach!-Soundeffekte tröpfeln wieder belanglos aus den Boxen, im Spiel kommentiert Hibana gelegentlich englisch den Fall ihrer Gegner: »Die!«, »Ashes to Ashes« oder »A waste of time«. Dialoge gibt es nur in den Cutscenes, dort lassen sich auch deutsche Untertitel zuschalten.  

Fazit

Okay, ich hab mich schon vor knapp einem Jahr von Shinobi veralbert gefühlt, jetzt setzt Nightshade locker einen drauf: Das Spiel ist im Grunde nichts weiter als ein Add-On mit weiblichem Protagonisten, und bietet genau null eigenständige Ideen. Alle Ärgernisse des Vorgängers sind auch hier enthalten: böse Grafik, langweilige Gegner, Kameraprobleme, einschläferndes Leveldesign. Spart euch das Geld, wenn ihr nicht gerade beinharte Shinobi-Fans seid. Ein Spruch Hibanas passt hier nämlich aufs Spiel wie der Katana in den Bauch: »A waste of time«.

Pro

  • schöne Kombinationsmöglichkeiten
  • allerhand freizuspielen
  • gute Rendersequenzen
  • brauchbare Ninjutsu-Effekte

Kontra

  • doofe Gegner
  • übel flimmernde Texturen
  • langweilige Levels
  • grob gehauene Figuren
  • auf Dauer stumpfes Spielprinzip
  • unspektakuläre Soundeffekte
  • fieses Speichersystem

Wertung

PlayStation2

Unnötige Fortsetzung des bereits unnötigen Shinobi.