Kirby Air Ride - Test, Plattformer, GameCube

Kirby Air Ride
19.03.2004, Mathias Oertel

Test: Kirby Air Ride

Seit 1992 geistert der Geleeball Kirby durch zahlreiche Spiele und hat sich neben Mario und Pikachu als drittes Maskottchen im Nintendo-Stall etablieren können. Und nachdem Big N bereits auf dem N64 einen Racer rund um Kirby geplant, dann aber wieder fallen gelassen hat, startet er nun auf dem GameCube durch. Doch kann sich Kirby Air Ride als Alternative zu Mario Kart Double Dash präsentieren? Die Antwort erfahrt ihr im Test!

Die Voraussetzungen für Kirby Air Ride hören sich eigentlich recht interessant an: Eine einfache Steuerung, die nur einen Knopf verwendet, drei Spielmodi, die unterschiedlicher kaum sein können und nicht zuletzt der Ruf, den Kirby als Nachwuchs-Maskottchen bei Nintendo genießt, sollen die Grundlage für unkomplizierte Renn-Unterhaltung bilden.

Fun-Racer minus Fun?

Doch genau wie bei euch wahrscheinlich auch, haben sich bei mir Zweifel bezüglich der "Ein-Knopf-Steuerung" gebildet. Ein Knopf für einen Fun-Racer, der mit Kurvenslides und diversen Power-Ups für Anforderungen auf den Kursen sorgt? Kann das funktionieren?

Kirby Air Ride ist zwar flüssig und schnell, aber grafisch insgesamt kurz davor, in N64-Gefilde abzudriften!


Vollautomatische Spielspaßbremse?

Es funktioniert – zumindest weitestgehend. Das Geheimnis ist schnell gelöst: Ihr braucht euch niemals um das Gasgeben kümmern. Euer Fahrzeug beschleunigt gemäß seiner Eigenschaften automatisch, während ihr euch nur auf das Lenken konzentrieren müsst.

Die dritte Funktion, die der Knopf erfüllt, ist das "Aufsaugen" von neutralen Gegnern auf der Strecke, von denen viele auch eine Power-Up-Funktion haben, die euch dann z.B. das Schießen von Feuerbällen, Raketen, Bomben oder das Schwingen eines Schwertes im besten Zelda-Stil (samt fescher Link-Kappe) ermöglichen.

Und wofür dann der Knopf? Der erfüllt eine Mehrzweckfunktion. Zum einen dient er dazu, in den Kurven zu sliden, um mit einem nur minimalen Geschwindigkeitsverlust auch engste Ecken oder Haarnadeln durchfahren zu können.

Gleichzeitig dient er als Turbo. Je länger ihr drückt, desto stärker ist der Schub, den euer Fahrzeug gewinnt.Allerdings zu einem Preis: denn während ihr den Turbo vorbereitet, werdet ihr automatisch langsamer.

Im Zusammenspiel mit dem Sliden gewinnt der Turbo allerdings an Bedeutung, da es euch so gelingen kann, aus den Kurven hinauszuschießen wie ein geölter Blitz.

Der Top Ride-Modus weckt Erinnerungen an Micro Machines und sorgt mit mehreren Spielern für nette Unterhaltung!

Und genau an diesem Punkt schießt sich das "Ein-Knopf-System" selbst ins Bein. Viele Attacken, vor allem mit dem Schwert, werden automatisch ausgeführt, so dass gezielte Angriffe kaum möglich sind. Und hat man mal die Möglichkeit, selber die Feuerbälle zu verschießen, kollidiert das eigentlich gute Prinzip der einfachen Steuerung mit dem Slide- und Turbo-System.

Ein Knopf, sie zu knechten

So bleibt unter dem Strich ein schaler Beigeschmack zurück, da gezieltes Vorgehen im Umgang mit den Extras selten möglich ist.

Dreierlei Kinderbrei

Der Eindruck, dass mit der einfachen Steuerung vorrangig ein jüngeres Publikum angesprochen werden soll, wird durch die drei Spielmodi noch verstärkt.

Denn sowohl der Air Ride ("normale" Rennen) als auch der unterhaltsame Top Ride (Ansicht von oben im Micro Machines-Stil mit leicht veränderter Steuerung) als auch der City Trial, in dem ihr erst durch die Stadt fahrt, um Gimmicks und Powerups einzusammeln, um schließlich im Stadion anzutreten, bieten kindgerechte Unterhaltung, die für ältere Spieler kaum reizvoll scheint.

Wenigstens ein amüsanter Vier-Spieler-Modus (wahlweise auch per LAN) wurde integriert.

Doch das wird durch die zahlreichen Herausforderungen, die ihr in jedem Modus bewältigen könnt, wieder weitestgehend ausgeglichen. Was für Anforderungen ihr erfüllen müsst, erfahrt ihr auf der Checkliste erst nach und nach. Mit jeder erledigten Aufgabe, werden die angrenzenden Felder geöffnet, so dass ihr nachschlagen könnt, was als nächstes erledigt werden muss.

Natürlich lassen sich auch alle Modi mit bis zu vier Spielern angehen, was im Endeffekt weitaus unterhaltsamer ist als die Solo-Rennen. Wer die Gelegenheit hat, vier Freunde samt GameCube, Breitband-Adapter und eigenem Fernseher zusammen zu trommeln, sollte die angebotene LAN-Möglichkeit nutzen.

Doch dies ist für Einzelspieler eigentlich schon die einzige lohnenswerte Aufgabe.

Multiplayer mit LAN-Unterstützung

Insgesamt zwar mit einer ansprechenden Geschwindigkeit versehen und durchweg flüssig, glänzt das Rennabenteuer des Gelee-Helden nicht gerade mit Details. Die Animationen gehen zwar in Ordnung, doch sowohl Figuren als auch Umgebung protzen weder mit gigantischen Polygonzahlen noch mit detaillierten Texturen. Vor allem die Bodentapeten wirken extrem verwaschen.

Denn mit eigenem Großbild ist der Unterhaltungswert deutlich höher als bei dem kleinen Bildausschnitt im Splitscreen-Modus.

Doch auch hier stellt sich nicht der gleiche Spielspaß ein wie bei den Kollegen von Mario Kart, das mit etwas Eingewöhnung auch der Kirby-Zielgruppe weitaus mehr bietet als der Luftritt des Geleeklumpen.

Schnell, aber detailarm

Selbst wenn man nicht wüsste, dass die HAL Laboratories früher schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, einen Kirby-Racer auf dem N64 zu veröffentlichen, wird dieser Verdacht durch die grafische Gestaltung gefördert.

Angesichts der allgemein guten Präsentation, deren Menüaufbau an Super Smash Bros. Melee erinnert und des abwechslungsreichen Streckendesigns wirken die Detailschwächen umso stärker. Denn um mit der hauseigenen Konkurrenz Mario Kart DD mitzuhalten, fehlt doch noch ein ganzes Stückchen.

Die Strecken sind zwar grafisch unterschiedlich, haben aber alle einen unheimlichen niedrigen Detailgrad gemeinsam!

Im Hinblick auf die Akustik zeigt sich nur die musikalische Untermalung mit ihren stimmigen Kompositionen von ihrer Schokoladenseite. Die Effekte bleiben eintönig, unattraktiv und wiederholen sich ständig. Und dass man auch hier den GameCube-typischen Verzicht auf Sprachausgabe findet, wird wohl die Wenigsten überraschen.

Mager, aber hörenswert

Fazit

Nachdem ich in den ersten 30 Minuten fast schon gewillt war, Kirby die "Gurke des Monats" zu verleihen, muss ich eingestehen, dass sich mit zunehmender Spieldauer so etwas wie Spaß einstellt. Zwar dürfte sich der Luftritt vornehmlich an eine jüngere Zielgruppe richten, doch mit den zahlreichen Herausforderungen in jedem der drei unterschiedlichen Spielmodi sind auch die Älteren gefordert. Das "Ein-Knopf-Steuerungsprinzip" an sich ist zwar anfangs etwas abschreckend, aber eine gute Idee – wenngleich sie im Detail schlecht umgesetzt wurde und im Zusammenspiel mit den Power-Ups unausgereift wirkt. Grafisch punktet Kirby zwar nicht unbedingt mit Detailfreude und Texturqualität, bringt dafür aber das Geschehen jederzeit flüssig auf den Bildschirm. Anhänger von Fun-Racern sollten allerdings trotz allem lieber zu dem ausgereifteren Mario Kart Double Dash greifen, das in allen Belangen überlegen ist. Denn Kirby Air Ride haftet von Anfang bis Ende immer das Prädikat "kindgerecht" an – und diese Altersgruppe wird vermutlich sogar eine Menge Spaß mit dem rosa Geleeball haben.

Pro

  • unkomplizierte Steuerung
  • schnell und flüssig
  • viele Gimmicks und Extras freizuspielen
  • interessantes Streckendesign
  • kindgerechter Rennspaß
  • LAN-fähig
  • drei unterschiedliche Spielmodi
  • zahlreiche Fahrzeuge
  • 60 Hz-Modus

Kontra

  • schwache Sounduntermalung
  • Grafik geht Richtung N64-Niveau
  • Steuerungsmankos
  • für ältere Spieler kaum reizvoll

Wertung

GameCube