Beyond Divinity - Test, Rollenspiel, PC

Beyond Divinity
12.04.2004, Bodo Naser

Test: Beyond Divinity

Im Jahre 2002 konnte das Action-Rollenspiel Divine Divinity keine großen Lorbeeren einheimsen, da das Gameplay allenfalls durchschnittlich und die altbackene Grafik schlicht hässlich war. Jetzt ist Larians Nachfolger Beyond Divinity (ab 69,95€ bei kaufen) bei Ubisoft erschienen, der jedoch nicht an die ohnehin dürftige Fantasy-Story des Vorgängers anknüpft. Leider krankt auch das Sequel an den altbekannten Macken, wie euch unsere Review verrät.

Spielerisch erinnert Beyond Divinity stark an Action-Rollenspiele wie Diablo, Sacred oder Dungeon Siege, ohne aber deren Qualität zu erreichen. Es geht darum, mit eurer Zweimann-Party die sehr ausgedehnten Lande zu erforschen, möglichst viele Monster zu plätten und wenig einfallsreiche Quests zu lösen, was lästige Bugs bisweilen verhindern. Wählbar ist nur einen Charakter, den ihr aus den drei Klassen Krieger, Magier und Überlebenskünstler bestimmen könnt. Durchs Kämpfen und für erledigte Aufgaben erhalten eure Recken Erfahrungspunkte. Neben den typischen Eigenschaften wie Stärke, Schnelligkeit oder Intelligenz dürft ihr dabei noch spezielle Fähigkeiten ausbauen, deren Zahl für ein Rollenspiel dieser Art recht umfangreich ist. Ein Multiplayer existiert hingegen nicht.    

Typisches Gameplay

Das unfreiwillige Duo aus Held und Todesritter.

Die Hintergrundgeschichte von Beyond Divinity spielt zwar in derselben Welt wie der Vorgänger, stellt aber keine Fortsetzung dar: Durch einen Fluch wurdet ihr, der ihr eigentlich ein Streiter des Lichts seid, gegen euren Willen mit einem finsteren Todesritter verbunden. Da eure Seelen untrennbar miteinander verschmolzen sind, müsst ihr nunmehr als dynamisches Duo durch die verwirrend gezeichneten 2D-Dungeons streifen. Dieser unnatürliche Zustand kann natürlich nicht angehen, weshalb ihr auch als "Spaltläufer" durch die Dimensionen reist, um den Fluch zu bannen. Obwohl die Story einfallsreich ist, wurde sie im Spiel schlecht umgesetzt. Nicht einmal für einen Disput mit eurem verhassten Begleiter wie bei Knights of the Old Republic reicht es, wofür es schließlich genügend Anlass gebe.

Missliche Lage

Selbst auf der einfachsten Schwierigkeitsstufe ist der Start eine Herausforderung, denn ihr müsst zu zweit und ohne große Ausrüstung aus einem alptraumhaften Kerker voller Leichen entfliehen. Überall trefft ihr auf Wachsoldaten, Skelette und deren Anführer, die euch das Überleben schwer machen. Stirbt einer eurer Streiter, ist das Spiel sofort für beide vorüber. Leider hängt es oft vom Zufall ab, ob ihr im Gefecht siegt. Auch die Einnahme von rettenden Tränken ist alles andere als simpel, da sie rar sind und dafür zudem keine Kurztaste existiert. Da hilft oft nur ein Nickerchen im Heu, das euch wieder zu Kräften kommen lässt. Mit dem sehr praktischen Schlafsack ist das sogar fast überall möglich.



Kein leichter Einstieg

Gegner wie z.B. diese Skelette machen eurer Party das Leben schwer.

Die Bedienung des Action-Rollenspiels offenbart schon bei den ersten Kämpfen gegen die klassischen Monster, wie umständlich und darüber hinaus ungenau sie ist. Da eure Helden nicht immer gleich reagieren, wird der Ausgang der zahllosen Gefechte wie schon erwähnt oft zur Glückssache. Immerhin lassen sich die Maustasten frei mit Spezialattacken belegen. Darüber hinaus ist auch die Wegfindung nicht ausgereift, da eure zwei Einfallspinsel öfters in Sackgassen feststecken. Den Spieler verwirren zudem die kleinteilig gezeichneten Räume, in denen erst auf Tastendruck alle winzigen Gegenstände angezeigt werden. Auch im Inventar gehört mal ordentlich aufgeräumt! Zum Glück gibt es eine Pausenfunktion, bei der ihr in Ruhe Befehle geben könnt, was ein wenig mehr Ruhe bringt.

Furchtbare Wegfindung

Lobenswert sind jedoch die vielen Spezialeigenschaften, für die ihr bei jedem Levelaufstieg rare Punkte erhaltet. Hier könnt ihr beispielsweise die Treffsicherheit eures Kriegers für die einzelnen Waffengattungen verbessern oder eurem Dieb das Schleichen und Schlösser knacken beibringen. Auch höchst witzige Sachen wie "Tod vortäuschen" sind dabei. Mit das Beste daran ist aber, dass ihr die Auswirkungen der Spezialfähigkeiten antesten könnt, da sich diese ohne Problem löschen und komplett neu verteilen lassen. Hut ab, denn so etwas sucht man auch bei ausgewachsenen Rollenspielen wie Morrowind vergeblich. Ganz neue Fähigkeiten könnt ihr per Buch oder bei den wenigen Händlern erwerben. 

Spezialfähigkeiten erproben

Nach einem Levelaufstieg habt ihr die Qual der Wahl, um die wenigen Punkte auf  neue Fähigkeiten zu verteilen.

Einerseits offeriert Beyond Divinity viele nette Einfälle wie das ständige Hoppen zwischen den Welten (Spaltlaufen) oder die Beschwörungspuppen, was für Abwechslung aber auch noch mehr Verwirrung sorgt. Bisweilen fragt ihr euch deshalb, in welcher Welt ihr denn gerade kämpft, da auch das ans Lager aus Diablo erinnernde "Battlefield" nicht nur der reinen Erquickung dient. Auch hier warten monsterbestückte Dungeons auf ihre Erforschung. Darüber hinaus könnt ihr eure Heldentaten im Logbuch nachlesen, wo eure wichtigsten Endgegner in einer Trophäenschau aufgelistet sind. Andererseits besitzt die deutsche Version auch jede Menge Bugs, die einem das Spiel vergellen und bisweilen sogar zum Absturz führen. Wer seine Helden schlafen legt, verfällt dabei unversehens selbst in eine Art Kriechgang, der mit dem Kopierschutz in Zusammenhang stehen soll. Ein erster Patch für die deutsche Version schafft hier Abhilfe.

Gimmicks und Fehler

Man darf den Designern von Larian gratulieren, denn sie haben mit Sicherheit eines der derzeit unübersichtlichsten Rollenspiele geschaffen, die es gibt! Nicht nur das Inventar und die fitzeligen Gegenstände sind schwer zu finden, auch das umständliche Navigieren durch die Räume ist trotz Zoomfunktion alles andere als ein Vergnügen. Fast immer bleibt der höchst unbefriedigende Eindruck zurück, etwas Wichtiges übersehen zu haben. Warum die animierten 3D-Protagonisten in einer derart unschön dargestellten 2D-Welt ihr Dasein fristen müssen, ist eine weitere berechtigte Frage. Überzeugend ist allenfalls die düstere Atmosphäre, die durch Skelette, abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen der Gemarterten gekennzeichnet ist, die allerorten herumliegen. Das finstere Geschehen auflockernde Filmchen fehlen leider ganz.



Finstere Optik

Wenigtens die Zaubersprüche können die triste Grafik ein wenig auflockern.

Wer das lokalisierte Beyond Divinity spielt, wird abgesehen von der recht passende Musik und wenigen an den ersten Teil von Diablo erinnernden Geräusche kaum etwas vernehmen, denn das Action-Rollenspiel gibt sich weitgehend geräuschlos. Die teils skurrilen Dialoge, bei denen ihr die Antworten auswählen könnt, nur im Wort nachzulesen, ist nur halb so witzig und entspricht ganz sicher nicht mehr dem heute üblichen Stand der Dinge. Dass ein derart umfangreiches Rollenspiel über keinerlei deutsche Sprachausgabe verfügt, ist daher eigentlich ein Unding. Hoffentlich entschließen sich die belgischen Macher doch noch dazu, eine solche per Sprach-Patch nachzuliefern.   

Sprachausgabe vermisst

Fazit

Erstaunlich, wie wenig sich das Action-Rollenspiel gegenüber seinem mauen Vorgänger Divine Divinity verbessert hat. Obwohl die düstere Misch-Grafik neu ist, besitzt sie genau jenen amateurhaften Look, den auch schon die unschöne 2D-Optik des ersten Teils auszeichnete. Auch die eigentlich interessante Fantasy-Story wird sträflich vernachlässigt. Wir wagen gar nicht daran zu denken, was namhafte Rollenspielschmieden aus der Geschichte um den Helden und den Todesritter, die unfreiwillig aneinander gekettet sind, gemacht hätten. Spielerisch bietet die große Welt von Beyond Divinty allenfalls verbuggte Durchschnittskost, denn die immer gleichen Monstermetzeleien wollen nicht so recht Spaß machen. Dies liegt auch daran, dass man den Eindruck nicht los wird, dass der Ausgang der Kämpfe letztlich zufällig ist. Trotz beeindruckender Spezialfähigkeiten und Minikarten hinterlässt das Rollenspiel vor allem eines – Verwirrung! Denn ihr könnt nie sicher sein, wirklich den richtigen Weg eingeschlagen, alle winzigen Gegenstände entdeckt und im unübersichtlichsten Inventar aller Zeiten abgelegt zu haben. Daher muss Beyond Divinity auch niemand haben!

Pro

  • Action-Rollenspiel
  • große Fantasy-Welt von Divine Divinity
  • Spezialfähigkeiten jederzeit neu verteilen
  • Springen zwischen den Dimensionen
  • Maustasten belegen
  • teils witzige Dialoge
  • Pausentaste bringt Ruhe
  • Buch über Heldentaten
  • düstere Optik
  • passende Musik

Kontra

  • Story spielt keine Rolle
  • umständliche Steuerung
  • schlechte Wegfindung
  • unordentliches Inventar
  • teils winzige Gegenstände
  • unschöne Grafik
  • lästige Bugs
  • Sprachausgabe fehlt
  • kein Multiplayer

Wertung

PC

Eine packende Story, liebenswerte Charaktere und eine zeitgemäße Grafik - was will man mehr?