Painkiller - Test, Shooter, XBox, PC

Painkiller
22.04.2004, Paul Kautz

Test: Painkiller

Durchladen, einatmen, abdrücken, ausatmen, und das Ganze noch mal von vorn – das nicht erst seit Serious Sam bekannte Shooterleben wird von Painkiller (ab 8,98€ bei kaufen) auf den neueste Stand der Technik gebracht. Aber können die großartige Grafik und die coole Physik erfolgreich vom simplen Spielprinzip ablenken? In der Review erfahrt ihr mehr.

Ein regnerischer Tag, eine nasse Fahrbahn, ein Moment der Unachtsamkeit, ein Krachen, ein Lichtblitz – und Daniel Garner findet sich in einer merkwürdig schimmernden Umgebung wieder; ohne eine Ahnung wo er sein könnte, und wie er herkam. Eine weißhaarige Gestalt klärt ihn auf: Herzlichen Glückwunsch, du bist tot, und nun in der Halbwelt zwischen Himmel und Hölle gefangen. Deine Frau, die ebenfalls im Auto saß und glücklicherweise eine reine Seele aufweisen konnte, zupft bereits an ihrer Harfe herum.

Ich bin ein guter Zombie: Hierzulande wird grün geblutet.
Warum du nicht auch? Oh, da wäre eine Kleinigkeit, die Er gerne von dir erledigt hätte, bevor du auch Flügel mit dir herumschleppst: Luzifer bereitet seine Armeen für einen Sturm auf den himmlischen Thron vor, und du hast Erfahrungen mit Schrotgewehren… wenn es also nicht zuviel Mühe macht?

Kein Tag wie jeder andere

In aller Kürze ist Painkiller ein Augen-zu-und-durch-Shooter – wie ihr später erfahren werdet, ist das durchaus wörtlich zu nehmen. Diese Art von Games braucht Stories normalerweise so dringend wie Ray Charles einen Führerschein, aber in diesem Falle ist die Geschichte in brauchbaren Renderfilmen nett erzählt. Im Endeffekt ballert ihr euch aus allen Rohren durch knapp 20 Levels gefüllt mit den absonderlichsten Kreaturen aus der Hölle. Und bevor jetzt wieder ein wachsamer Lauscher des Jugendschutzes Zeter und Mordio wettert: Das Spiel ist in der deutschen Version von allem Splatter befreit; außerdem bluten die braven Zombies jetzt grün statt rot.

Trotz seiner martialischen Wurzeln ist Painkiller in zweierlei Hinsicht ein außergewöhnlicher Krawumm-Shooter. Als Erstes habt ihr in jedem Level eine bestimmte Aufgabe, die ihr tunlichst erfüllen solltet. Das beinhaltet Anweisungen wie »Töte alle Monster«, »Zerstöre alle Gegenstände«, »Benutze nur eine bestimmte Waffe« oder »Sammle keinerlei Rüstung auf«. Schafft ihr diese Aufgabe, bekommt ihr am Levelende eine von 24 

Kein Problem dank Tarot-System: Mit den richtigen Karten habt ihr auch mit der größten Feind-Ansammlung leichtes Spiel.
Tarot-Karten geschenkt, von denen es zwei Sorten gibt: Die silbernen verbessern eure Fähigkeiten dauerhaft, die goldenen auf Knopfdruck für eine kurze Zeit. Ihr könnt bis zu zwei Silber- und drei Gold-Karten gleichzeitig benutzen. Im Endeffekt richtet ihr so mehr Schaden an, kassiert weniger Treffer, rennt schneller oder könnt die Zeit für eure Umgebung verlangsamen, während ihr gleiches Tempo beibehaltet. Ihr könnt die aktiven Tarot-Karten zwischen den Levels wechseln, allerdings kostet das Aktivieren immer etwas Geld. Das findet ihr in Kisten, Vasen und Ähnlichem – einmal draufhalten, schon klimpert es in der Kasse. Ihr könnt jederzeit eine Statistik aufrufen, die euch über euren Fortschritt auf dem Laufenden hält. So seht ihr, wie viele Gegner ihr bereits geplättet habt, wie viel Geld aufgesammelt, wie viele Geheimnisse entdeckt usw. 

Wo ist mein Tarot-Brett?

Ein weiteres ungewöhnliches Feature sind die Seelen: Jeder zerhackstückte Gegner hinterlässt diese grün schimmernde Essenz. Auf den ersten Blick scheint sie keine Funktion zu haben, aber sammelt ihr 64 davon auf, wird der Screen kurz, aber heftig verzerrt. Bei 65 dasselbe, und bei 66 schließlich sieht alles Schwarz-Weiß und unheimlich aus:

Weckt ihr den Dämon in euch, erscheint die Umgebung für kurze Zeit höllisch verzerrt.
Ihr seid für kurze Zeit ein übermächtiger Dämon, dem die Gegner reihenweise zu Füßen fallen – tot, versteht sich. Diese Eigenschaft lässt sich wunderbar taktisch einsetzen, wenn ihr das Einsammeln der Seelen so timt, dass ihr euch vor größeren Gegnerhorden verwandelt.

Das Spielsystem von Painkiller wird kaum Innovationspreise absahnen: Ihr habt fünf unterschiedliche Waffen, und haltet den Ballerfinger einfach so lange auf der Maus, bis eine Gegnerwelle nicht mehr steht. Danach kommt entweder die nächste oder ihr dürft weitermarschieren – was Serious Sam konnte, das können wir auch! So hangelt ihr euch von Friedhof zu Oper, von Irrenanstalt zu Bahnhof, von Militärstützpunkt nach Babel. Ärgerlicherweise haben die Levels an sich nichts miteinander zu tun: Manche (wie die Militärbasis) wirken sehr modern, andere (wie das verträumte Zombie-Städtchen) hingegen sehr mittelalterlich. Aber wer wird sich denn über Logikfehler den Kopf zerbrechen, wenn er statt fragen fraggen kann? Ein ungewöhnliches Setting erfordert ungewöhnliche Bewaffnung. Und so habt ihr hier als Standard-Knarre eine Art scharf geschliffenen Pürierstab, mit dem ihr euch ohne größeren Widerstand durch Gegnerhorden quirlen könnt. Auch die Pflock-Gun ist der Traum jedes Vampirjägers: Im Grunde eine vollautomatische Armbrust, doch anstelle der Pfeile gibt es solide, gut gespitzte kleinere Baumstämme – damit kann (und wird) man ganze Zombie-Hundertschaften wunderbar an Boden und Wand festtackern.

Kleine Elektroschocktherapie?

Auch die anderen Kanonen wie Shotgun, Shuriken-Werfer oder eine Raketenwerfer/Minigun-Kombination sorgen für jede Menge Feind-Matsch, spätestens dank der stets vorhandenen zweiten Feuerfunktion: Fangstrahl, Granatwerfer, Elektroschocker etc. In diesem Zusammenhang ist es inkonsequent, dass Munition und Rüstung nicht von Level zu Level transportiert werden – ihr beginnt immer mit einem Standard-Kontingent. Bei all der Daueraction sind gelegentliche Ruhepausen (um den rechten Zeigefinger zu entkrampfen) gern gesehen. Und so müsst ihr kleinere Puzzles lösen oder harmlose Jump-and-Run-Passagen bestreiten – keine Sorge, das ist nichts, was den Triggerfinger längere Zeit unbeansprucht lässt.

Hose voll: Die Endgegner sind riesengroß, schwer zu knacken und haben einen Mörder-Wumms.
Frisch aus der Hölle

Ihr wolltet euch schon immer mal mit Zombies, Höllenhunden, zwangsgejackten Verrückten, WW1-Skelettveteranen, Flammenwerfer-Teufelchen oder in Lack und Leder verpackten Revolverhelden anlegen? Da seid ihr bei Painkiller an der richtigen Adresse: Wie schon anno Serious Sam bekommt ihr es immer gleich mit mehreren Dutzend dieser Typen zu tun, die natürlich blöd wie Brot, aber dafür zahlenmäßig stark überlegen sind. Der knifflige Teil kommt mit den Zwischen- und Endgegnern: Zum einen sind sie groß. Wirklich groß. Verdammt groß. Wenn ihr dachtet, Ugh-Zan III aus Sams erstem Abenteuer sei groß gewesen, solltet ihr umdenken – die hiesigen Monster sind gigantisch! Als ob das noch nicht reichen würde, lassen sich nur die wenigsten davon durch pures Draufbolzen loswerden – in den meisten Fällen müsst ihr erst den Schwachpunkt der Riesen herausfinden bzw. die Umgebung in den Kampf einbeziehen. Klar, dass dabei schon mal die Hälfte des Levels zerbröselt wird.

 

Dankbarerweise dürft ihr jederzeit speichern, außerdem werden in regelmäßigen Abständen beim Überqueren von rot lodernden Pentagrammen automatische Savegames angelegt. Ihr habt die Wahl unter drei Schwierigkeitsgraden, wobei ein vierter (der schwerste) erst freizuspielen ist. Auf dem niedrigsten ist das Game mehr oder weniger ein harmloser Spaziergang, außerdem gibt es da kein Tarot-System.

Detaillierte Umgebungen und abgefahrene Gegner-Designs machen aus Painkiller einen 1A-Hingucker.
Licht und Schatten

Optisch haut euch Painkiller aus den Socken: Die Levels strotzen vor Details und sind teilweise atemberaubend schön designt. Die Gegner sehen wunderbar Furcht erregend, um nicht zu sagen völlig verrückt aus, und sind großartig animiert. Jede Menge Licht- und 3D-Effekte bringen den Grafikchip zum Kochen, und dabei läuft das Spiel auch auf Nicht-High-End-Systemen wie einem 2,4 GHz-Prozessor mit GF4 Ti4200 jederzeit super-schnell. Bemerkenswert ist noch der Einsatz der Havok-Engine für korrekte Physik: Zum einen dient sie dazu, zersprengte Teile der Umgebung realistisch auseinander purzeln oder Hängebrücken beim Drüberlaufen Besorgnis erregend schwanken zu lassen. Die wichtigste Aufgabe der Physik ist es jedoch, getroffenen Gegner herrlich überzogen das Fliegen in alle Windrichtungen beizubringen – eine gut platzierte Rakete lässt einen den Frust des Tages schnell vergessen. Optisches Low-Light sind dagegen die Rendersequenzen: Zwar im Grunde ganz nett anzusehen, aber es fehlt der Feinschliff - die Figuren sehen genauso steif aus wie sie sich bewegen.

Die Akustik besteht zum größten Teil aus Sprachausgabe: In den Rendersequenzen wird Deutsch geredet, während des Schnetzelns erwarten euch Gegrunze, Geschreie und Gestöhne. Dabei werdet ihr von schnellen und harten E-Gitarren-Riffs begleitet, die in Feuerpausen atmosphärischen Klängen Platz machen – und beim Nahen von Gegnern wieder erheblich an Tempo gewinnen. Die Effekte krachen herrlich, überall zerfällt, explodiert oder rumpelt etwas; mit entsprechender Hardware selbstverständlich auch in feinstem Surround-Sound.

Die Renderfilme sind weder technisch noch inhaltlich sonderlich prickelnd.
Mehrspielerwahn

Nach all der Solo-Aufregung ist es Zeit, die Multiplayervariante etwas genauer unter die Lupe zu nehmen: In Painkiller dürfen sich, abhängig vom Spielmodus, bis zu 16 Schmerztöter die Seelen abluchsen. Allerdings liegen dem Spiel für die Standard-Modi gerade mal sechs Maps bei, mangels Editor (der in näherer Zeit verfügbar sein soll) werden es in absehbarer Zukunft auch nicht mehr werden – das ist etwas mager, genau wie die Auswahl der möglichen Spielmodi, die nur wenig Überraschungen bergen. Neben Deathmatch für alle oder im Team gibt es noch »People Can Fly«, »Voosh«  und »The Lightbearer«. In Voosh hat jeder Spieler die gleiche, unendlich munitionierte Waffe, die in regelmäßigen Abständen gewechselt wird. Der Lightbearer ist der Spieler, der ein Quad-Damage aufsammelt – wer es am Ende der Runde trägt, hat gewonnen. Am innovativsten ist das 1 gegen 1 gespielte PCF: Die beiden Extra-Maps gehen nicht in die Breite, sondern in die Höhe. Beide Spieler haben nur den Raketenwerfer, und können sich ausschließlich in der Luft verletzen – gut, dass die Rocket Jumps hier so einfach auszulösen sind. 

Fazit

Painkiller ist höllisch cool! Wer Spiele wie Serious Sam mag, der findet hier ein Ballerfest erster Kajüte mit Hammer-Optik und jeder Menge Spielspaß. Allerdings nutzt sich der schöne Schein schnell ab, denn im Grunde könnt ihr den linken Mausbutton auch festnageln und Mittag essen gehen – sehr viel verpassen werdet ihr nicht. Das Spielprinzip ist also so hohl wie die Köpfe eurer Widersacher, aber das macht nichts; niemand hat hier einen neuen Deus Ex-Teil erwartet. Wenn ihr mit diesem Gedanken im Hinterkopf an das Game geht, werdet ihr nicht enttäuscht. Allerdings bekommt ihr auch dann nicht sehr viel mehr als launiges Dauerfeuer auf höchstem technischen Niveau geboten.

Pro

  • grandiose Grafik
  • tolle Spielbarkeit
  • sehr rasant
  • pausenlose Action
  • cooler Dämon-Modus
  • intelligentes Tarot-System
  • durchgeknallte Feinde
  • gigantische End- und Zwischengegner
  • abgefahrenes Szenario
  • rockiger Soundtrack
  • fetziges Physik-System

Kontra

  • Levels haben miteinander nichts zu tun
  • etwas lustlose Szenario-Springereien
  • abwechslungsarm
  • kein Koop-Modus
  • mäßige Renderfilme
  • lange Ladezeiten
  • wenige Mehrspielermaps

Wertung

PC

Kultige Zombiejagd mit erstklassiger Grafik- und Physikengine.