Steel Saviour - Test, Arcade-Action, PC

Steel Saviour
18.05.2004, Paul Kautz

Test: Steel Saviour

Contra habt ihr an einem Nachmittag mit nur einer Hand durchgezockt? R-Type Final könnt ihr selbst mit geschlossenen Augen ohne Lebensverlust beenden? Ihr versteht unter »Sprite« noch etwas anderes als eine klebrige Zuckerplörre? Ihr schreit nach mehr? Ihr wollt Balleraction der richtig alten Schule? Herzlichen Glückwunsch: dann ist Steel Saviour (ab 26,98€ bei kaufen) genau euer Fall!

Auf dem Monitor kracht und scheppert’s wie verrückt, vom durch Neugierde angelockten Volk hinter mir werden Sprüche wie »Kann es sein, dass das nicht direkt deine Art von Spiel ist?« geklopft – doch, ist es normalerweise schon! Schließlich rühme ich mich damit, diverse Thunderforce- und Contra-Teile eigenhändig durchgespielt zu haben, jawoll! Aber Steel Saviour kostet mich jede Menge Schweiß und Haare – doch fangen wir ganz am Anfang an: Klassische Horizontal-Shooter haben eine Hintergrund-Geschichte normalerweise so nötig wie Angela Merkel eine Halloween-Maske, doch Entwickler atlanteq konnte hier die Finger nicht ganz davon lassen: Viele Jahre nach »dem Krieg« steht der klägliche Rest der Menschheit vor dem Abgrund der endgültigen Vernichtung; Wassermangel und Ähnliches dezimieren die Bevölkerung. Wie es der Zufall will, entdeckt ein junger Mann eine »Maschine aus Stahl«, die nicht nur flugtauglich

Hilfe, wo bin ich? Die Übersicht geht gelegentlich flöten.
und bewaffnet ist, sondern ihn auch ins Innere der Erde befördert, wo merkwürdige Maschinenwesen schnell als Ursache des Übels ausgemacht sind. Den Rest kann man sich wohl denken – irem hat für R-Type etwas Vergleichbares in dem mittlerweile klassischen Satz »Blast off and strike the evil Bydo Empire!« verpackt.

Der ballernde Illuminatus

Sei’s drum: Euch erwarten fünf umfangreiche Welten, wobei die ersten vier thematisch nach den Elementen Wasser, Feuer, Erde und Wind geordnet sind. Der letzte besteht mehr oder weniger ausschließlich aus einem gigantischen Endgegner, gegen den ihr das lange und furiose Finale bestreitet. Wenn ihr denn so weit kommt: Denn der Schwierigkeitsgrad ist frisch aus der Hölle, was Oldschool-Triggerfingern natürlich die Freudentränen in die Augen treibt, den Otto-Normal-Zocker jedoch schon kaum mehr als den ersten Level sehen lässt. Aber wie so oft erscheint das Game nur auf den ersten Blick (bzw. die ersten Dutzend verbrauchter Leben) unfair, mit der Zeit lernt ihr Levels und Gegnerformationen kennen. Fairerweise vertragt ihr einige Treffer, bevor ihr euch in Molekülreste verwandelt - allerdings sind Kollisionen, egal ob mit Gegnern oder den Levelbegrenzungen, grundsätzlich tödlich. Etwas einfacher wird die Sache in Zusammenarbeit mit einem Freund: Dank Zwei-Spieler-Modus an einem PC habt ihr eure Feinde doppelt so schnell am Boden.

Steel Saviour bietet alles, was zu einem klassischen Horizontalscroller gehört: Gegner-Massen, allerlei Waffen und Power-Ups (Gatling-Gun, zielsuchende Rakete und Dreifach-Schuss), fette Smartbombs, die den Bildschirm kurz in ein Effektfeuerwerk tauchen, ein vertracktes Leveldesign sowie natürlich hammerharte Zwischen- und Endgegner. Diese dicken Zeitgenossen verlangen selbstverständlich nach spezieller Behandlung, so dass ihr zunächst ihren Schwachpunkt herausfinden müsst, bevor ihr eine Laserorgie auf sie loslasst. Aber auch die normalen Widersacher

Die Smartbomb ist besonders im Kampf gegen Zwischen- und Endbosse nützlich.
werden euch ordentlich auf Trab halten: Sie sind nicht nur ballerfreudig und offensichtlich in der überwältigenden Mehrzahl, sondern auch sehr bizarr designt: Am Besten stellt man sie sich als eine Mischung aus insektoiden Albträumen und Flugmaschinen vor.

Gute alte Schule

Im selben Stil ist auch der Rest der Grafik gehalten: Psychedelische, organisch wirkende Hintergründe, die einem LSD-Delirium zu entspringen scheinen, farbenfroh krachende Explosionen, gleißende Lichteffekte – wohlgemerkt alles in 2D. Nicht das geringste Krümelchen wird dreidimensional berechnet, selbst die Auflösung ist mit nicht veränderbaren 640x480 Bildpunkten erheiternd veraltet, was aber im Getümmel nicht im Geringsten auffällt oder gar stört. Lediglich das Helden-Raumschiff ist erstaunlich hässlich, und passt irgendwie nicht in das durchgestylte Psycho-Ambiente. Falls jemand auf das Heischen von Punkten Wert legt, kann er auch allerlei Bonus-Objekte aufsammeln, die den am Ende jedes Levels berechneten Highscore in die Höhe treiben. Noch mehr Zähler gibt es für Kombos, sobald ihr mehrere Gegner hintereinander abballert. Begleitet werdet ihr von einem erfreulich treibenden Techno-Soundtrack sowie krachenden, aber insgesamt unspektakulären Krawatz!-Effekten.     

Fazit

Bissspuren verzieren die Tastatur, die Nachbarn berichten verstört von gellenden Schreien in der Dunkelheit, der Aschenbecher quillt über – doch, Steel Saviour weckt Emotionen. Wer über die Mega-Mans, Contras und Ninja Gaidens dieser Welt nur müde hohnlachen kann, ist hier genau richtig. Oldschooliger geht’s eigentlich kaum noch, atlanteqs Baller-Farbrausch bleibt dem Erbe auf ganzer Linie treu: Jede Menge fetter Waffen, die man sich hart erkämpfen muss, fiese Gegner-Formationen und wundervoll dicke Obermotze – herrlich! Highscore-Jäger finden jede Menge Klimperzeug zum Aufsammeln, Grafikfetischisten bestaunen die abgefahrenen Level-Kunstwerke. Jedoch ist das Vergnügen ein kurzes: Reines Durchspielen erfordert weniger als eine Stunde. Allerdings ist das relativ, denn angesichts eines Schwierigkeitsgrades jenseits von Gut und Böse dürfte man normalerweise Tage, wenn nicht Wochen an dem Spiel knabbern. Wenn man aber von sich nicht gerade behaupten kann, ein Ballerprofi zu sein, sollte man ein großes, blinkendes »Frust-Warnung!!!«-Schild im Hinterkopf behalten – trotz des mit gerade mal zehn Euro recht niedrigen Preises...

Pro

  • herrlich oldschoolig
  • abgefahrenes Grafikdesign
  • schöne Spezialeffekte
  • sehr preiswert
  • guter Soundtrack
  • sehr sehr herausfordernd
  • monströse Endgegner
  • einfache Steuerung
  • Zwei-Spieler-Modus

Kontra

  • Mörder-Schwierigkeitsgrad
  • insgesamt recht kurz
  • unspektakuläre Soundeffekte
  • technisch ziemlich veraltet

Wertung

PC

Optisch abgefahrener, höllisch schwerer Horizontalscroller der alten Schule.

Kommentare
LeKwas

Gab vor wenigen Tagen übrigens nen Rerelease auf Steam für den alten Schinken.


Hab das Game seit es ner Heft DVD von irgendeinem (wahrscheinlich mittlerweile eingestellten) Gamingmagazin damals beilag, abseits davon war dieser obskure und PC-exklusive Shmup viele Jahre lang so ziemlich verschollen. Fies nach oldschool Art war, dass der letzte Speicherpunkt am Anfang des dritten Levels lag, d.h. man durfte das dritte, vierte und finale Level in einem Rutsch ohne Gameover durchdaddeln.
Soll übrigens ein geistiger Nachfolger zum Amiga-Horizontalshooter T-Zer0 sein.
https://www.lemonamiga.com/games/details.php?id=1603

Zuletzt bearbeitet vor 2 Jahren

vor 2 Jahren