RalliSport Challenge 2 - Test, Rennspiel, XBox

RalliSport Challenge 2
29.05.2004, Mathias Oertel

Test: RalliSport Challenge 2

2002 brachte das schwedische Team von Dice mit RalliSport Challenge ein Spiel für die Xbox, das mit seinem Arcade-Ansatz eine lohnenswerte Ergänzung zum simulationslastigen Colin McRae darstellte und mit einem großen Spaßfaktor die Fans auf seine Seite ziehen konnte. Nun, zwei Jahre später, steht die Fortsetzung an, um sowohl off- als auch online diesen Erfolg zu wiederholen und wenn möglich zu übertreffen. Im Test verraten wir euch, ob RalliSport Challenge 2 sein Geld wert ist.

Wer glaubte, dass mit dem gelungenen Vorgänger bereits das Nonplusultra in Sachen Arcade-Rallye gesetzt wurde, muss umdenken. Denn RalliSport Challenge 2 setzt genau da an, wo Teil 1 aufhörte und setzt in jedem Punkt eines drauf: Nehmen wir zum Beispiel den Karriere-Modus, der in vier Kategorien eingeteilt ist und in dem ihr euch nach und nach über 40 Fahrzeuge und über 90 Strecken freispielen könnt.

Schöner, größer, besser

Spannende Rennen gibt es sowohl on- als auch offline. Bei über vier Spielern ist allerdings nur das Fahren gegen Gittermodelle möglich.

Deutlich übersichtlicher als in Teil 1 seid ihr nicht an ein stures Abfahren in einer bestimmten Reihenfolge in jedem der Schwierigkeitsgrade gebunden, sondern schaltet in einem Baum gleich einen ganzen Haufen neuer Wettbewerbe frei, die bewältigt werden können. Da bei jedem der Events auch angezeigt wird, welche Belohnungen auf euch warten, könnt ihr euch gezielt die Rosinen aus dem Kuchen picken oder einfach eine Aufgabe nach der anderen in Angriff nehmen.

An Wettbewerbstypen innerhalb der Karriere warten mit den Rallye-Etappen, der Bergfahrt, den Eis-Rennen und der Gelände-Rallye mit ihren Kopf-an-Kopf-Rennen gegen andere Fahrer bekannte Renn-Arten auf euch, die durch den neuen Crossover-Typus ergänzt werden.

Zusätzlich warten noch die hinlänglich bekannten Zeitfahren- und Einzelrennen auf euch, die durch Multiplayer-Fahrten und den Online-Modus ergänzt werden, auf den wir später eingehen.

Für Abwechslung ist also gesorgt. Bedenklich stimmt allerdings, dass der Schwierigkeitsgrad selbst auf "Pro" erstaunlich niedrig gehalten ist. Rallye-Profis werden kaum in Bedrängnis geraten, irgendeinen Event zwei Mal fahren zu müssen. Auf der einen Seite kommt man dadurch zwar gut durch das Spiel und wird ansprechend unterhalten, doch ein bisschen mehr Anforderungen hätten schon gestellt werden können.

     Ähnlich der Gelände-Rallye fahrt ihr auch hier gegen ein anderes Fahrzeug. Allerdings führt die Strecke euch niemals zusammen, so dass Karambolagen wie im Gelände nicht möglich sind.

Wer trotz Riesenspoiler nach Tuning-Möglichkeiten sucht, wird ebenfalls gut bedient.


Arcade-Simulation pur

Doch Spielmodi und Renn-Arten hin oder her, was zählt, ist das Fahrgefühl! Und hier hält Dice nicht nur an der aus dem Vorgänger bekannten Mixtur aus viel Arcade und einem Schuss Simulation fest, sondern verfeinert dieses Prinzip.

Die Steuerung spricht wunderbar direkt an und gibt euch mit dem ersten Durchtreten des Gaspedals die totale Kontrolle über das Auto.

Trotz des klar im Vordergrund stehenden puren, schnellen Fahrspaßes kommt der Simulationsaspekt nicht zu kurz: auch wenn die Grundeinstellungen der Fahrzeuge, die im Übrigen deutliche Unterschiede im Handling spüren lassen, vollkommen ausreichen, um die Gegner in Grund und Boden zu fahren, gibt es umfangreiche Tuning-Optionen.

     

Insgesamt sind die Auswirkungen zwar nicht so deutlich zu spüren wie bei Simulationsmeister Colin McRae, doch um persönliche fahrerische Defizite aufzufangen, können Tüftler jedes Auto individuell für ihren Fahrstil optimieren und natürlich auch die Einstellungen abspeichern.

Über 90 Strecken, über 40 Boliden, sehr gute Steuerung und Arcade-Fahrspaß sorgen für grandiose Unterhaltung.

Das Schadensmodell, das optisch exzellent eingefangen wurde, hat im Gegensatz zur Colin-Serie fahrtechnisch nur wenige Auswirkungen. Erst wenn ihr es tatsächlich geschafft haben solltet, die Räder gewaltsam von der Achse zu entfernen, stellt sich eine spürbare Verschlechterung des Fahrverhaltens ein.

Als letztes Spiel der XSN-Serie in diesem Jahr, ist natürlich volle Xbox Live-Anbindung gewährleistet. Dies äußert sich nicht nur in Ranglistenduellen, sondern vor allem in heißen Rennen für bis zu 16 Spieler. Allerdings solltet ihr euch zwei Mal überlegen, ob ihr ein Rennen aufmacht oder in eines einsteigt, in dem mehr als vier Spieler fahren.

Doch angesichts des auf puren Rallye-Spaß ausgelegten Gameplays ist dies etwas, das nur die eingeschworene Simulations-Front stören dürfte.

Spaß über Xbox Live

      Die Gründe liegen auf der Hand: Um ein Kollisionsmodell sinnvoll zu verwenden, sind die Strecken einfach zu eng, da sie nicht für 16 Spieler konzipiert wurden. Und die Gittermodelle sind der Notnagel, den man verwenden musste, da die opulente Umgebungsgrafik und die famose Fahrzeugdarstellung bei 16 Boliden selbst die hoch gerühmten Grafikfähigkeiten der Xbox sprengen würde.

Denn zum einen gibt es bei über vier Spielern kein Schadens- bzw. Kollisionsmodell – bei bis zu vier Fahrern ist Schaden optional. Und zum anderen werden ab einem Spielerquartett alle Fahrzeuge außer eurem eigenen als Gittermodelle dargestellt.

Doch so merkwürdig die Fahrt gegen die Wireframe-Gegner sich auch anfangs darstellt, so viel Spaß macht sie auch. Und letzten Endes ist diese Möglichkeit immer noch besser, als eine Rallye zu fahren, in der die maximale Teilnehmerzahl z.B. nacheinander mit 30- oder 45-sekündigem Abstand startet.

Unübersichtlich? Keine Angst - ihr könnt euch auf die Ansagen des Co-Piloten fast blind verlassen!


Wer keine Xbox Live-Anbindung hat, kann mit bis zu vier Spielern auch offline antreten und spannende Duelle genießen - allerdings selbst auf PAL 60 mit einem seltenen kleinen Ruckeln.

Konnte der Vorgänger vor zwei Jahren bereits mit einer sauberen und vor allem schnellen Grafik überzeugen, legt das Team von Dice bei RalliSport Challenge 2 noch eine Schippe drauf. Die Umgebungen sind detaillierter und überzeugen mit schöneren Texturen und einer guten Weitsicht, ohne einen Geschwindigkeitsverlust hinzunehmen.

Prachtvolle Optik

Doch so schön die zusätzlichen Effekte wie Regen, Spritzwasser, herbstliche Sonneneinfälle usw. auch sein mögen, vermisst man etwas Bewegung an der Strecke.       

Die Stars der Überlandfahrten sind allerdings die über 40 Fahrzeuge, die nahezu fotorealistisch aussehend ihren Weg durch die Landschaft suchen. Auf Hochglanz poliert und mit schönen Spiegelungen versehen ist es fast schon schade mit anzusehen, wie auf staubigen oder verschneiten Strecken der Lack nach und nach mit einer Schmutzschicht bedeckt wird.

Zuschauer sind häufig nur am Start und Ziel zu finden und das gelegentlich von der Straße geschreckte Vogelpaar und aufwirbelnde Blätter zeigen, dass Bewegung auf bzw. an der Strecke sofort für zusätzliche Atmosphäre sorgt.

Winterstimmung!

Das Schadensmodell wird optisch ebenfalls gut präsentiert und lässt einen Autoliebhaber fast schon mitleiden, wenn die Stoßstange abreißt, die Scheiben zerspringen oder sich die Motorhaube in Wohlgefallen auflöst – gleichzeitig bedauert man die Mechaniker, die den Haufen fahrenden Schrotts am Ende des Rennens wieder zusammenflicken müssen.

Die Grafik zeigt sich schnell, flüssig und vor allem im Bereich der Fahrzeugmodelle stark verbessert.

Wenngleich bei einem Arcade-Racer nicht so wichtig, ist es um so erwähnenswerter, dass die Ansagen des Beifahrers nicht nur gut, sondern vor allem auch passend sind. Zwar fehlen ihm bei Crashs usw. Nuancen, wie sie bei anderen Spielen zu finden sind, doch den Richtungsangaben kann man nahezu blind vertrauen – und nur darauf kommt es an.

   "Eins links, zwei rechts, durch Tunnel"

Die Mischung aus Arcade und Simulation ist dem Team von Digital Illusions wieder einmal hervorragend gelungen.

Die Musik mit ihren vorrangig Heavy Metal-Rhythmen mag nicht jedermanns Geschmack sein und besteht aus Songs wenig bekannter Künstler, doch dafür könnt ihr eure eigenen Soundtracks importieren und wahlweise headbangend oder auch "entranced" über die Piste heizen.    

Der Rest der Akustik gibt sich ebenfalls keine Blöße: die Motorengeräusche sind in allen Drehzahlenbereichen von Fahrzeug zu Fahrzeug unterschiedlich, variieren abhängig von der gewählten Kameraperspektive und überzeugen von Anfang bis Ende.

Fazit

RalliSport Challenge 2 ist für Überlandrennen das, was Project Gotham Racing 2 für Straßenschlachten ist: ein Ausnahmeprodukt. Der Karrieremodus ist zwar mit wenigen Ausnahmen etwas zu leicht geraten, bietet aber mit seinen über 90 Streckenabschnitten und Hunderten Wettbewerben genügend Anreiz, das Pad immer wieder in die Hand zu nehmen. Fahrgefühl und Steuerung tendieren wie in Teil 1 deutlich Richtung Arcade, lassen aber noch mehr Simulation einfließen als der Vorgänger – ohne allerdings in Colin McRae-Regionen vorzudringen. Grafisch ebenfalls mit einem Schritt nach vorne, erwartet euch saubere und pfeilschnelle Grafik mit Fahrzeugmodellen, die derzeit mit zum Besten gehören, was weit und breit auf Konsolen zu finden ist. Nicht vergessen sollte man die längst überfällige Xbox Live- und vor allem die XSN-Anbindung, die heiße Ranglistenrennen verspricht. Doch hier tritt gleichzeitig auch das größte Manko zu Tage: Eventuell hätte man sich überlegen sollen, die Gesamtspielerzahl zu reduzieren, anstatt Rennen gegen Gittermodelle und ohne Schaden einzubauen. Doch sowohl on- als auch offline ist RalliSport Challenge 2 ein Titel, an dem kein Fan spannender Arcade-Rasereien vorbei kommt.

Pro

  • über 90 Strecken
  • über 40 Fahrzeuge
  • langer Karrieremodus
  • Online-Spiel für bis zu 16 Spieler
  • famose Fahrzeug-Modelle
  • gute Soundkulisse
  • stimmige Beifahrer-Ansagen
  • schnelle Grafik mit gutem Geschwindigkeitsgefühl
  • optisch opulentes Schadensmodell
  • punktgenaue Steuerung
  • Tuning-Optionen
  • Ausgefeilte Physik zwischen Arcade und Realismus
  • eigene Soundtracks möglich

Kontra

  • Karriere-Modus etwas zu leicht
  • online mit über vier Spielern: Fahrzeuge als Gittermodelle
  • Schäden weitestgehend ohne Auswirkungen
  • kaum Bewegung an der Strecke

Wertung

XBox

Höllisch schnell, höllisch gut!