Shadow Ops: Red Mercury - Test, Shooter, XBox, PC

Shadow Ops: Red Mercury
26.06.2004, Mathias Oertel

Test: Shadow Ops: Red Mercury

Die SpecOps-Entwickler der Zombie Studios haben wieder zugeschlagen und mit Shadow Ops: Red Mercury (ab 9,99€ bei kaufen) einen lupenreinen Militär-Shooter ohne taktische Sperenzchen abgeliefert. Unterstützt von der aktuellen Unreal-Engine und mit einer Akustik-Kulisse auf Hollywood-Niveau macht sich der Action-Titel auf, um das Genre aufzumischen. Im Test könnt ihr erfahren, ob das Spiel eine sinnvolle Ergänzung der Bibliothek ist.

Die Story in Shadow Ops könnte durchaus aus der Feder von Tom Clancy stammen: Irgendwo zwischen Rainbow Six und Der Anschlag (Sum of all Fears) geht es für euch als Agent einer Spezialeinheit darum, einen Wahnsinnigen zu stoppen, der mit "Red Mercury" eine gewaltige Atombombe kontrolliert. Angereichert mit den typischen Elementen wie Verrat, Ehre und Patriotismus ist die Geschichte zwar wie bei nahezu jedem Hollywood-Film vorhersehbar, hat aber dennoch die eine oder andere Überraschung parat. Zudem ist sie interessant genug, um eine Grundmotivation für die über 20 Missionen zu legen, die sich bei Normalspielern etwa zwölf bis 15 Stunden hinziehen dürften.

Hollywoodreif

Winter Wonderland: Die Grafik ist an sich größtenteils zwar stimmungsvoll, hat aber nur selten ruckelfreie Momente.

Was sich euch über die Einzelspielerkampgne hin eröffnet, ist Shooter-Action im klassischsten Sinn - oder Run-and-Gun-Gameplay, wie es neumodisch heißt. Fernab komplizierter Missionsziele, verschiedener Lösungswege oder gar offener Levelgestaltung kämpft ihr euch mit Waffengewalt von Wegpunkt zu Wegpunkt und macht alles nieder, was sich euch z.B. in Syrien, Russland oder auf dem Pariser Eiffelturm in den Weg stellt.

Klassisch

Allerdings lässt sich nicht ganz nachvollziehen, wieso ihr bei jeder Mission eine voreingestellte Auswahl von drei Waffen habt – immerhin sind mehr als 20 Waffen eingebaut. Eventuell wäre es ratsam gewesen, dem Spieler eine zumindest minimale Auswahl vorzugeben.

Das simple Spielprinzip lebt weniger von der KI als von einer hervorragenden Akustik.

Trotz einer Reduzierung auf die wesentlichen Spielelemente macht der Ausflug in der Haut des Spec-Ops-Agenten Frank Hayden Spaß. Man muss allerdings das Gehirn abschalten und vor allem die Akustikkulisse auf sich wirken lassen. In einem grandiosen Zusammenspiel von Musik, explosiven Soundeffekten und eingestreuten Funksprüchen eures Auftraggebers bzw. des mit euch kämpfenden Teams wird eine Soundatmosphäre geschaffen, wie man sie bislang nur aus der Medal of Honor-Serie bzw. von Call of Duty kannte. Wenn möglich, sollte man das Spiel allerdings in Englisch genießen. Denn obwohl die deutsche Sprachausgabe gut gelungen ist, sind die Original-Sprecher mit mehr Enthusiasmus bei der Sache und wirken deutlich dramatischer und zielsicherer, wenn es darum geht, den Ernst der Lage zu vermitteln.

KI-Probleme

Aber selbst bei aller Atmosphäre, die von der Akustik geschaffen wird, hat Shadow Ops Schwierigkeiten, sich weit vorne im Olymp der Xbox-Shooter zu platzieren. Dabei ist es nicht einmal das simple Gameplay, das stört.

In manchen Missionen seid ihr mit einem Sniper-Gewehr unterwegs. Allerdings könnt ihr die Bewaffnung nie selber wählen.


Doch um einfache Shooter-Action bis zum Spaß-Exzess zu betreiben, braucht man entweder Hundertschaften an Gegnern (siehe Painkiller bzw. Serious Sam) oder eine ausgefeilte KI wie seinerzeit bei Unreal.

Vor allem im letzten Punkt schneidet Shadow Ops nicht sehr gut ab. Haltet ihr euch an die von den Entwicklern vorgegebene Marschroute und nutzt möglichst jede Deckung, kann es zu Momenten kommen, in denen man an der KI schier verzweifelt, da sie ihrerseits gut aus der Deckung und sehr zielsicher arbeitet.

Überrascht man die Gegner jedoch mit unerwarteten Frontalangriffen, scheint sich die Denkleistung sehr schnell zu verabschieden: Sie werden unsicher, treffen bei weitem nicht mehr so genau und haben auch keine Hemmungen, ihre Granaten gegen eine Wand zu werfen, von der sie zielsicher abprallend vor ihren eigenen Füßen landet!

Das gleiche Schicksal ereilt übrigens auch die Mitglieder der in einigen Missionen mit euch kämpfenden Unterstützungstruppe. So kann es passieren, dass sich ein KI-gesteuerter Gegner und ein Kamerad mit etwa zwei Meter Abstand gegenüberstehen und aneinander vorbei schießen!

Doch selbst, wenn euer Waffenbruder getroffen wird, macht dies nichts: diese Supermänner sind unverwundbar, wodurch zum einen eine Chance der Identifikation mit den Nebenfiguren verpasst wird. Und zum anderen hätte man hier noch die Möglichkeit, einen variablen Schwierigkeitsgrad einzubauen: Verliert ihr den euch Anvertrauten, müsste es etwas schwerer werden, das Level zu beenden.

Red Mercury in Aktion: könnt ihr die Zündung verhindern?


Andererseits ist der Schwierigkeitsgrad so schon anspruchsvoll genug, was allerdings daran liegt, dass ein Scheitern der Mission einen Neustart des gesamten Levels (inkl. langer Ladezeit) nach sich zieht.

Schade, denn im Kern macht Shadow Ops wie erwähnt eine Menge unkomplizierten Spaß. Doch hält man sich die kleineren und größeren Gameplay-Defizite vor Augen, wird deutlich, um wie viel besser der Titel hätte sein können.

Natürlich darf bei einem Shooter der Mehrspieler-Part nicht fehlen. Neben den Xbox Live- und Link-kompatiblen Fragfesten (u.a. Deathmatch, CTF, VIP-Eskorte) für bis zu acht Spieler dürfte vor allem der kooperative Kampagnen-Modus interessant sein. Hier seid ihr mit einem Partner auf zehn Karten unterwegs, die allerdings inhaltlich nicht so gelungen verbunden werden wie die Einzelspieler-Story. Vollkommen ohne Ein- und Überleitungen werdet ihr ein ums andere Mal direkt ins Gefecht geschickt, ohne eigentlich direkt zu wissen, worum es geht.

Mehrspieler-Auswahl

Trotzdem eine nette Ergänzung für alle diejenigen, die Shadow Ops nach dem Durchspielen nicht verstauben lassen wollen.

Mit der Verwendung der letzten Unreal-Engine haben sich die Zombie Studios für ein schweres Geschütz entschieden. Doch leider scheint das Team den Grafikmotor nicht komplett im Griff zu haben oder aber sie haben es nicht geschafft, die Engine vollkommen Xbox-tauglich zu gestalten.

Unreal-Engine im Xbox-Einsatz

Anspielungen auf moderne Krisensituationen gibt es genauso wie Heldenfeeling im James-Bond-Stil!

Auch die Zwischensequenzen in Spielgrafik (mit einem kleinen Filter verfremdet) sind davon betroffen und zerstören die Filmatmosphäre etwas – und das, obwohl sie eigentlich gut gelungen sind und mit schnellen, interessanten Schnitten versehen wurden, was die Spannung deutlich nach oben schnellen lässt.

Denn auch wenn die Texturen in den abwechslungsreichen Abschnitten durchaus mit schönen Details glänzen können und für Stimmung sorgen sowie die Animationen weitestgehend in Ordnung gehen, stören die Ruckler das Gesamtbild erheblich.

Die Fehlzündungen im Grafikmotor tauchen einfach zu häufig und kontinuierlich auf, um den Spielspaß unangetastet zu lassen.

Zwar wird in den wenigsten Fällen das Gameplay beeinflusst, doch störend sind die Stotterer allemal.

Und bei den Explosionen lässt sich nicht nachvollziehen, was die Grafikabteilung geritten hat: Detailarm und mit grobpixeligen Partikeleffekten versehen, passen die akustisch pompösen Detonationen von Granaten optisch eher in die Kategorie "Comic-Vergnügen".

Aus der Deckung arbeiten ist sinnvoll - angesichts der platten KI aber nur selten notwendig.

Fazit

Was wäre wenn? Diese Frage zieht sich durch das gesamte Spielerlebnis. Was wäre, wenn die Entwickler die Unreal-Engine voll und ganz im Griff gehabt hätten und nicht an jeder Ecke Ruckler auftauchen würden? Was wäre, wenn die KI sich nicht manchmal dumm wie Brot verhalten würde und die eigenen Mannen nicht unbesiegbar wären? Was wäre, wenn das Leveldesign sich nicht auf streng limitierten, linearen Pfaden bewegen würde? Ganz einfach: Dann wäre Shadow Ops einer DER Vorzeigeshooter für die Xbox geworden. Doch trotz aller kleinen und großen Mankos kann man der Run-and-Gun-Action eines nicht absprechen: unkomplizierten Spielspaß! Das wiederum ist der grandiosen Soundkulisse zuzuschreiben, die euch mit passender Musik, guten Sprachsamples und feinen Effekten durch die Kampagne führt und mitten ins Geschehen versetzt. Kurzum: Shadow Ops wird nicht als Meilenstein in die Software-Geschichte eingehen, bietet Shooter-Fans, die über grafische Unzulänglichkeiten hinwegsehen können, aber gelungene Unterhaltung.

Pro

  • unkomplizierter Run-and-Gun-Shooter
  • separate Co-Op-Kampagne
  • grandiose Soundkulisse
  • abwechslungsreiche Umgebungen
  • faire Medi-Pack-Verteilung
  • online spielbar
  • diverse Mehrspieler-Modi
  • gute, eingängige Steuerung

Kontra

  • wechselhafte KI
  • Ruckler allerorten
  • unbesiegbare Team-Mitglieder
  • keine Checkpunkte
  • schwache Explosionenseffekte
  • scheinbar zufällige Waffenverteilung
  • etwas zu klein geratene Mehrspieler-Maps
  • Ladezeiten

Wertung

XBox

Spannende Atmosphäre und cleveres Leveldesign fordern bis zum Ende!