Breakdown - Test, Action-Adventure, XBox

Breakdown
08.07.2004, Mathias Oertel

Test: Breakdown

Ego-Action gibt es wie Sand am Meer. Doch nie zuvor hat es ein Entwickler gewagt, den Gedanken "First Person" bis zum exzessiven Ende zu spinnen. Und wie könnte es anders sein, kommt mit Namco ein japanischer Entwickler auf die Idee, euch mit Breakdown das absolute Ego-Abenteuer zu kredenzen. Doch ist es wirklich spielerisch interessant, mit anzusehen, wenn eine Figur, die Getränkedose in "Ich-Ansicht" zum Mund führt? Leidet die Action? Die Antworten findet ihr im Test!

Ihr wacht als Derrick Cole in einem mysteriösen Labor auf, das kurz nach eurem Erwachen von Soldaten überrannt wird, die nur ein Ziel kennen: euch auszuschalten. Doch bei eurer Flucht, unterstützt von der geheimnisvollen Alex Hendrickson, stellt ihr sehr schnell fest, dass mit den T´Lan-Kriegern (Resultate Gen verändernder Experimente) eine noch größere Gefahr auf euch wartet. Was es mit diesen T´Lans auf sich hat und wieso ihr in dem Labor festgehalten wurdet, sorgt für den Rest des Spieles für eine passende Grundstimmung und Neugier auf die gut und spannend erzählte Story. Die orientiert sich zwar hier und da an einschlägigen Science-Fiction-Filmklischees, kann mit ihren Wendungen und Überraschungen jedoch immer wieder für einen kleinen Motivationsschub sorgen – und den hat Breakdown auch bitter nötig, wie wir später noch feststellen werden.

Auf der Flucht!

Das Kämpfen in dieser Ansicht ist gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber erstaunlich gut - solange man nicht von mehreren Gegnern attackiert wird.

Mit Breakdown nutzt Namco das Thema "First-Person-Action" bis zum Exzess. Denn wo andere Ego-Titel sich damit begnügen, bei Interaktionen in die Third-Person-Ansicht zu schalten, bzw. sich durch eine eventuelle Reflektion im Spiegel mit dem Charakter zu identifizieren, seid ihr mit Derrick Coles Abenteuer mittendrin statt nur dabei, was sich nicht nur darin äußert, dass ihr jederzeit an eurem Alter Ego herabblicken könnt.

Ego pur!

Geht ihr z.B. an einen Getränkeautomaten, um eine Dose Cola zu kaufen, seht ihr wie Derrick das Geld einwirft, die Dose aufhebt, öffnet und an den Mund führt, um zu trinken. Bei einem kleinen Snack wie einem Schokoriegel oder einem Hamburger, bietet sich das gleiche Bild.

Ego bis zum Exzess: selbst das Verspeisen eines Hamburgers wird in First-Person-Ansicht zelebriert.

Allerdings wirft diese extreme Ego-Optik auch ihre Probleme auf, die sich vor allem im Kampf äußern: Anfänglich wirkt es zwar noch erfrischend neu, dass man die zahlreichen Kombos in purer Ich-Ansicht mit fliegenden Armen und Beinen genießen kann. Doch sobald man das erste Mal getroffen wird und einem urplötzlich durch einen Schlag an den Kopf das Sichtfeld logischerweise nach oben verschoben wird, beginnen erste Orientierungsschwierigkeiten.

Orientierungslosigkeit

Die gibt es im Übrigen auch, wenn man z.B. an Vorsprüngen nach oben springt, Leitern hinaufklettert (man hat keine Möglichkeit, seine Blickrichtung zu justieren) und vor allem, wenn man Ausweichmanöver startet: Ihr habt die Möglichkeit, den Gegner durch einen "Handstand-Überschlag" nach hinten zu entgehen. Die 360-Grad-Drehung der Umgebung dürfte zarte Gemüter hingegen mit einem leichten Übelkeitsgefühl erfüllen.

Auf der einen Seite könnte man dies als weiteres Beispiel für den Integrationsgrad des Spielers in die Breakdown-Welt anführen. Andererseits stellt sich nach wenigen Stunden das Gefühl ein, dass man dies mit etwas Feingefühl auch besser hätte lösen können.

Wieso wir so lange über den Ego-Faktor von Breakdown gesprochen haben? Ganz einfach: Spielerisch bietet Derrick auf seiner Flucht größtenteils biedere Kost. Die Rätsel sind zwar interessant, hin und wieder knackig und stets logisch, doch sowohl die Feuergefechte als auch die häufiger auftauchenden unbewaffneten Kämpfe verlieren mit zunehmender Spieldauer schnell an Reiz.

Doch trotz allem ist das Mittendrin-Gefühl, das Breakdown bietet, unerreicht und dürfte bei vielen neben der Story die Hautmotivation sein, sich dem insgesamt gut zehn Stunden langen Abenteuer zu stellen.

Denn überall blitzen kleine, gute Ideen durch, so z.B. wenn Derrick die getöteten Gegner durchsucht und statt der Waffen nur die Magazine mitnimmt.

Gameplay-Schwächen

Das Spiel mit der Hand: Selbst alltägliche Aktionen wie das Kartenschlösser aktivieren werden in der Ego-Ansicht gezeigt. Das Mittendrin-Gefühl ist fast unerreicht.

Nehmen wir z.B. die Schusswechsel: Trefft ihr auf einen Trupp Gegner, könnt ihr sicher sein, dass die Feinde euch unter Beschuss nehmen. Doch von Teamwork keine Spur: Jeder kämpft für sich alleine und Versuche, euch evtl. einzukesseln oder wie in Half-Life durch Granaten in Bedrängnis zu bringen, gibt es so gut wie nie.

Was größtenteils der nahezu fehlenden KI sowie deutlichen und teilweise unfairen Gameplay-Mängeln zuzuschreiben ist.

Und so clever inszeniert und spannend die Faustkämpfe auch sein mögen und so viele Kombos und Spezialfähigkeiten ihr im Laufe der Zeit lernen könnt, bleiben auch hier Wünsche offen: Sobald ihr mehreren Feinden gegenübersteht, passiert es unweigerlich, dass ihr auch von hinten Schläge und Tritte abbekommt.

Watch your back!

Der Kampf gegen das Ich: Im Tutorial könnt ihr vor einem Spiegel üben.

Allerdings solltet ihr zusätzlich noch viel Koordination mitbringen. Denn sobald der erste Schlag abgegeben wurde, setzt sich die (optionale) Zielhilfe auf einem Gegner fest und muss erst wieder gelöst werden, da ihr ansonsten auf den Feind fixiert bleibt - zumindest bis ihr das nächste Mal zu Boden geht.

Das Problem dabei ist allerdings, dass das Sichtfeld für ein Ego-Spiel insgesamt recht klein ausgefallen ist, ihr keine Anzeige habt, wo sich Gegner befinden und zudem keine Möglichkeit habt, nach hinten abzuwehren oder gar zu schlagen.

So bleibt euch entweder nur die Flucht oder die Hoffnung, die Gegner irgendwie voneinander zu trennen, um sie einzeln fertigzumachen.

Apropos Zielhilfe: Bei einem Titel, der dermaßen stark auf Authentizität baut, habe ich herzlich wenig Einfluss auf die Trefferzone. Es wird ein Bereich anvisiert, mit dem ich zufrieden sein muss – was sich vor allem bei den Schusswechseln als fatal herausstellt.

Effekte und Gegnerdesign sind ansprechend, bieten aber größtenteils trotzdem nur  guten Durchschnitt.


Denn wo ich unter Umständen in der Lage wäre, mit einem gezielten Schuss in obere Körperpartien den Gegner auszuschalten, muss ich nicht selten ein ganzes Magazin leeren, bis der Feind umfällt.

Und da Munition dünn gesät ist, kommt hier auch unnötigerweise Frust auf.

Zudem ist das Abenteuer streng linear, was sich nicht nur in blockierten Wegen äußert, sondern auch in limitierten Interaktionsmöglichkeiten zeigt. Ihr könnt bis auf sehr wenige Ausnahmen nur Sachen manipulieren, die für den Spielfortschritt relevant sind. Abseits davon habt ihr so gut wie keine Möglichkeiten, die Umgebung sinnvoll zu nutzen.

Und trotzdem kann ich mich nur wiederholen: Allen Designschwächen zum Trotz entwickelt Breakdown sehr schnell einen Reiz, dem man sich nur schwer entziehen kann. Doch zieht man die verschenkten Chancen im Gameplay-Design in Betracht, wird deutlich, um wie viel besser und innovativer das Ego-Abenteuer hätte werden können.

In den ersten Minuten möchte man fast ein Grafikgütesiegel geben: Der Ego-Ansatz wurde perfekt umgesetzt (bis hin zum Übergeben in eine Toilette), die geskripteten Cut-Scenes verfehlen ihre spannende Wirkung nicht und auch an Effekten wird nicht gespart.

Triste Bürowelten

Doch mit jeder Stunde, die das Spiel andauert, setzt sich Ernüchterung ein. Denn einen Großteil der Zeit seid ihr in ewig gleichen Bürogängen unterwegs, die schon bald an Faszination verlieren. Die Texturen nutzen sich merklich ab und auch die sporadisch eingestreuten Level-Variationen reichen nicht aus, um das Spiel in optischer Hinsicht retten zu können.

Dass man einen Großteil der Spielzeit durch dröge Gänge wie diesen läuft, drückt die Grafikwertung.


Die Animationen sind gut (wie man es von Namco auch nicht anders hätte erwarten können), bieten aber auf lange Sicht ebenfalls zu wenig Abwechslung, um von dieser Seite für Grafik-Rettung sorgen zu können.

Bleibt noch das Charakterdesign, das wirklich gelungen ist: Aufwändige Texturen zeigen deutlich, was die Designabteilung drauf hat und machen im Gegensatz dazu die Schwächen der Umgebung nur noch deutlicher.

Was die Grafik auf lange Sicht vermissen lässt –stimmige Atmosphäre- wird von der Sounduntermalung glücklicherweise einigermaßen aufgefangen. Mit einem Mix aus guter (allerdings englischer) Sprachausgabe, sparsam eingesetzten Geräuschen und Spannung fördernden Melodien wird eine passende Atmosphäre geschaffen.

Spannende Akustik

Fazit

Die Grundidee von Breakdown ist so einfach wie genial: viel näher kann man dem Begriff First-Person nicht kommen. Und genau dieses ungewöhnliche Feature wird die Fans neben der interessanten und spannend erzählten Story bei der Stange halten und über diverse Designfehler hinweg sehen lassen: Wieso kann ich keine Tritte nach hinten austeilen? Warum ist die KI einfach nur doof? Und weshalb zum Teufel muss ich einen Großteil der Spielzeit durch eintönige Bürogänge laufen, wenn in ein paar Lichtblicken gezeigt wird, was die Grafiker von Namco drauf haben? Doch so sehr ich Breakdown wegen seiner offensichtlichen Mängel hassen gelernt habe, so wenig konnte ich mich davon losreißen. Denn das Mittendrin-Gefühl (Orientierungsschwierigkeiten inklusive), das Breakdown mit seinem etwas zu kleinen Sichtfeld erzeugt, ist ein erfrischend neuer Ansatz. Wenn jetzt auch noch das Design ausgefeilter wäre, hätte sich Breakdown durchaus eine Wertung jenseit der 8X Prozent sichern können. So aber dürften nur Action-Fans mit Hang zum Außergewöhnlichen an Namcos First-Person-Spektakel Gefallen finden.

Pro

  • interessante Idee
  • gut geskriptete Events
  • schöne Lichteffekte
  • spannende Story
  • Speichern jederzeit möglich
  • viele Kampf-Kombos
  • diverse Waffen

Kontra

  • sehr enges Sichtfeld
  • stetes Nachladen von Gebieten
  • unfaire Kämpfe gegen mehrere Gegner
  • unzureichende Zielhilfe
  • lahmes Leveldesign
  • schwache KI
  • Interaktion nur mit bestimmten Objekten möglich

Wertung

XBox