Holiday World - Test, Taktik & Strategie, PC

Holiday World
08.08.2004, Mathias Oertel

Test: Holiday World

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Doch auch alle Daheimgebliebenen müssen nicht auf karibische Inseln, Tierparks unter heißer Sonne und den Tauchgang verzichten: Holiday World (ab 15,95€ bei kaufen) bietet euch die Möglichkeit, das ultimative Feriendomizil aus dem Boden zu stampfen. Was man von der neuen Wirtschaftssimulation der Holiday Island-Macher erwarten kann, verrät euch der Test.

Dementsprechend groß war die Vorfreude auf die Urlaubswelt. Angeheizt von der Möglichkeit, mich in drei unterschiedlichen Themenbereichen (Strandwelt, Safariwelt, Tiefseewelt) auszutoben, habe ich nach Genuss des informativen, aber extrem langweiligen Tutorials daran gemacht, das gerade gelernte in der Kampagne in die Tat umzusetzen.

Wirtschaftssimulation light

Eigentlich sind die Voraussetzungen für Holiday World gar nicht so schlecht. Immerhin steckt das Team von Holiday Island hinter dem Titel. Das 1996 erschienene Spiel hat mich seinerzeit einige durchzockte Nächte gekostet.

Drei Themenbereiche (hier die Strandwelt) stehen zur Verfügung, um die Urlauber glücklich zu machen und euer Konto zu füllen.

Doch was muss ich feststellen? Bereits nach kurzer Zeit entwickelt Holiday World den Reiz eines Kinderkarussels im Rückwärtsgang. Hat man ein bestimmtes System, kann man sämtliche Szenarien binnen kürzester Zeit lösen, wodurch die Herausforderung für die Spieler rapide sinkt.

Dabei fängt alles recht viel versprechend an: Ihr habt in den übersichtlichen Menüs Zugriff auf eine passable Auswahl an Gebäuden, die alle für spezielle Touri-Typen zugeschnitten sind. Allerdings scheint es die zahlenden Gäste meist wenig zu kümmern, ob ihr Domizil und die zusätzlichen Betätigungsmöglichkeiten, Restaurants usw. weit auseinander liegen oder nicht. Sie kommen, lassen ihr Geld in eure Tasche fließen (oder auch nicht) und verschwinden wieder.

Von einem überschaubaren Wirtschaftssystem oder gar einem nachvollziehbaren Ursache-Wirkung-Prinzip keine Spur. Was allerdings auch daran liegt, dass ihr nur vier Mitarbeitertypen habt: Der Architekt baut alles. Und mit dem Manager und der Animateurin könnt ihr versuchen, gezielt auf das Verhalten der Besucher bzw. die Preisgestaltung der Attraktionen Einfluss zu nehmen. Die Möglichkeiten wiederum sind sehr eingeschränkt, so dass man sich zwei Mal überlegen sollte, die Dienste in Anspruch zu nehmen.

Gerade hier dürfte der Hauptreiz für Holiday World liegen. Denn wenn ihr im freien Modus alleine spielt, habt ihr nach etwa einer Stunde alle Gebäude aufgebaut, die es in der Urlaubswelt gibt – und dann beginnt die gähnende Langeweile, da es keinerlei Möglichkeit gibt, seine Etablissements weiterzuentwickeln.

Betriebsspionage

Anders sieht die Sache bei dem Spion aus, den ihr tunlichst engagieren solltet, wenn ihr gegen CPU-gesteuerte Spieler bzw. im Netzwerk gegen menschliche Kontrahenten antretet.

Die Unterwasserwelt ist der einzige Bereich, in dem so etwas wie Abwechslung im Gameplay auftaucht.

In direkter Konkurrenz zu mäßig clever agierenden Computerspielern oder Freunden kommt wenigstens hin und wieder Schadenfreude auf, wenn ihr es schaffen solltet, mit dem Spion dem Gegner ein Schnippchen zu schlagen.

Doch auch hier versandet der Spaß ziemlich schnell, so dass man letztlich nur argumentieren kann, dass Holiday World für gerade mal 30 Euro den Besitzer wechselt.

Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir uns über die Grafik von RollerCoaster Tycoon 2 aufgeregt haben. Doch im Vergleich zu Holiday World ist der Achterbahn-Manager ja geradezu up-to-date. Klötzchengrafik und Fitzelsprites mit einem Minimum an Animationsphasen sollen durch die verschiedenen Zoom-Stufen aufgewertet werden. Das würde vielleicht funktionieren, wenn die Texturen nicht im Allgemeinen aus der Billigschublade kommen würden. Und das Fehlen einer wenigstens in 90-Grad-Schritten drehbaren Kamera lässt vermuten, dass die Grafiker keine Lust hatten, die Häuser aus verschiedenen Perspektiven abzubilden.

Grafiker im Urlaub?

Grafisch kann Holiday World nicht einmal mit dem RollerCoaster Tycoon konkurrieren: lahme Texturen, kein Wuselfaktor und wenige Animationen wirken einschläfernd.

Die Menüs sind sauber strukturiert und logisch. Andererseits gibt es auch kaum komplexe Eingriffe ins Spiel und ein nur minimales Wirtschaftssystem.


Muss ich dazu noch sagen, dass man äußerst sparsam mit Umgebungsanimationen zu Werke geht und damit auch die letzte Möglichkeit verschenkt, wenigstens für etwas Atmosphäre zu sorgen?

Dass angesichts dieser Grafikarmut mindestens 1 GHz- im Rechenknecht schlummern sollte und selbst mit einem deutlich höheren System immer wieder Ruckler und Stotterer auftauchen, ist schlichtweg eine Frechheit!

Weck mich mal einer...

Wo andere Genre-Vertreter mit einer ausufernden Akustik auf sich aufmerksam machen, ist bei Holiday World Langeweile für die Ohren angesagt. Die Musiken gehen zwar anfänglich noch in die Ohren, nach kurzer Zeit aber unweigerlich auf die Nerven.

Aber das ist ja kein Problem: schnell im Optionsmenü die Lautstärke geregelt und dann können wir die Soundeffekte genießen. Verzeihung, habe ich genießen gesagt? Das führt etwas an der Wahrheit vorbei. Denn sollte beim Anklicken einer "Attraktion" tatsächlich mal etwas aus dem Lautsprecher schallen, das nicht binnen kürzester Zeit auf den Geist geht, habt ihr Glück gehabt. Der Großteil der Effekte macht nicht mehr her als ein Hupkonzert auf der Autobahn.

Den Vogel schießt jedoch der Sprecher in den Tutorials ab: Dermaßen uninspiriert und einschläfernd habe ich auf dem PC schon lange keine Sprachausgabe mehr gehört.

Fazit

Auch wenn Holiday World das ideale Spiel zur Ferienzeit zu sein scheint, können wir von dem Titel nur abraten. Abgesehen davon, dass die Grafik zwar schöne Zoomstufen, aber insgesamt einen Detailgrad hat, der weit hinter RollerCoaster Tycoon zurück liegt, tauchen noch einige andere Probleme und Fragen auf: Was nützen mir die drei optisch unterschiedlichen Welten, wenn die spielerischen Unterschiede minimal sind. Was bringt mir der Freibau-Modus, wenn ich nach etwa einer Stunde alles gesehen habe? Weshalb gibt es keine zufällig generierten Karten? Und wieso eigentlich schlage ich mir einige Stunden mit diesem Abklatsch einer Wirtschaftssimulation um die Ohren? Wer 30 Euro in ein motivierendes Spiel mit einem durchschaubaren Wirtschaftssystem und dazu akzeptablen Hardware-Anforderungen stecken will, sollte lieber zu den wieder aufgelegten RollerCoaster Tycoon 2 bzw. der Zoo Tycoon Complete Collection greifen. Technisch veraltet und spielerisch gerade noch erträglich, ist nur der Mehrspieler-Modus ansatzweise interessant und sorgt zumindest ein wenig für Spannung. Doch unter dem Strich ist Holiday World eine schlechte Entschuldigung, um den Genrefans das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Pro

  • drei Themenbereiche
  • einfache Steuerung
  • günstiger Preis
  • mehrere Zoomstufen
  • Mehrspieler-fähig
  • freies Spiel möglich
  • gute Tutorials

Kontra

  • grafisch völlig überholt
  • dröge Akustik
  • kein Technologiebaum
  • minimales Wirtschaftssystem
  • vergleichsweise hohe Hardware-Anforderungen
  • Missionen nach Schema F
  • keine Zufallswelten
  • lahme KI
  • Sprecher auf Valium

Wertung

PC