Resident Evil: Outbreak - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Resident Evil: Outbreak
05.10.2004, Jens Bischoff

Test: Resident Evil: Outbreak

Lange mussten heimische Resi-Fans schmachten, bis Resident Evil: Outbreak (ab 99,75€ bei kaufen) endlich seinen Weg nach Europa fand. Nun, während in Japan bereits die Fortsetzung erhältlich ist, gibt's Teil 1 endlich auch bei uns. Das eigentliche Highlight des Titels, der kooperative Online-Modus, blieb unterwegs allerdings auf der Strecke. Ein schwerer Verlust, wie sich im Test herausstellen sollte.

In Resident Evil: Outbreak findet ihr euch, wie der Name schon vermuten lässt, in Raccoon City zum Zeitpunkt des verheerenden Ausbruchs des T-Virus wieder. Genauer gesagt hängt ihr gerade nichts ahnend in einer Bar ab, als sich das biogenetische Unheil über die Stadt ergießt und alle Einwohner in mordlüsterne Monster verwandelt. Auch ihr werdet infiziert und habt nur noch wenige Stunden Zeit, dem bevorstehenden Zombie-Dasein zu entrinnen. Dazu kämpft ihr euch mit einem Charakter eurer

Mist, der anhängliche Blutegel-Zombie hat Cindy erwischt!
Wahl durch insgesamt fünf in eine lose Rahmenhandlung eingebettete Szenarien, um so lange am Leben zu bleiben, bis ihr das begehrte Antiserum "Daylight" in den Händen haltet und einen Weg aus der vom Militär hermetisch abgeriegelten Stadt gefunden habt.

Eine Stadt voller Zombies

Allerdings mimt ihr dieses Mal keine bekannten Serienveteranen, sondern ganz gewöhnliche Einwohner wie Kellnerin Cindy Lennox, U-Bahn-Fahrer Jim Chapman, Mediziner George Hamilton oder Wachmann Mark Wilkins, die ihr für jedes Szenario frei wählen könnt. Die Entscheidung wird euch durch die individuellen Stärken der insgesamt acht Protagonisten jedoch nicht leicht gemacht. So verfügt Polizist Kevin Ryman z.B. von Beginn an über eine durchschlagskräftige Pistole. Reporterin Alyssa Ashcroft kann hingegen so ziemlich jedes Schloss knacken, während Klempner David King aus nutzlos erscheinenden Gegenständen originelle Waffen herstellt und Austauschstudentin Yoko Suzuki dank ihres Rucksacks über doppelt so viel Stauraum verfügt.

Ganz gewöhnliche Helden

Ansonsten hat jede Figur lediglich Platz für vier Gegenstände und dieser ist schnell belegt; schließlich braucht man ja allein schon drei Plätze für seine Waffe, etwas Munition und ein Heilspray... Erschwerend kommt hinzu, dass man nicht, wie früher üblich, darauf aufmerksam gemacht wird, ob man ein Schlüssel-Item nach Benutzung noch anderorts braucht oder nicht. So muss man vor allem beim ersten Durchspielen oft entweder auf wichtige Ausrüstungsgegenstände wie Munition und Arznei verzichten oder viel Hin- und Herlaufen in Kauf nehmen, was angesichts der ständigen Zombiebedrohung sowie der unaufhaltsam voranschreitenden Virusinfektion beides keine zufrieden stellende Lösung ist.      

Akuter Platzmangel

Doch zum Glück seid ihr in Outbreak nicht allein unterwegs. So werdet ihr in jedem Szenario von mindestens zwei weiteren Flüchtlingen begleitet, die mehr oder weniger bereitwillig ihr Hab und Gut mit euch teilen. Allerdings sind eure selbstständig agierenden Leidgenossen keine wandelnden Vorratstruhen und entscheiden selbst, welchen Gegenstand sie mit sich tragen wollen und welchen nicht. So kann es schon einmal vorkommen, dass einer eurer Partner einen wichtigen Schlüssel einfach irgendwo kommentarlos ablegt, um etwas anderes aufzunehmen, und ihr müsst ihn anschließend suchen... Auch anvertraute Munition oder Arznei wird von euren Kumpanen alles andere als konserviert, denn auch sie müssen sich hin und wieder zur Wehr setzen und verarzten.

Ihr seid nicht allein

Qual der Wahl: Jeder Charakter verfügt über einzigartige Fähigkeiten.
Wer nicht hören will, muss fühlen

Ärgerlich auch, dass eure KI-Kollegen selbst im Kampf nicht die hellsten sind und sich immer wieder unnötig in Gefahr bringen, wertvolle Munition verschwenden und völlig planlos oder eigensinnig umherirren bis ihr irgendwo über ihre Leichen stolpert. Oft bringt es auch nichts, wenn ihr Team-Ausreißer und Möchtegern-Rambos mit einer der zehn vorgefertigten Sprachanweisungen wie "Halt!", "Hierher!" oder "Da entlang!" zur Vernunft zu bringen versucht. Mag ja sein, dass jede Spielfigur ihre eigene Persönlichkeit besitzt und nicht jede Anweisung befolgt, aber viele Einzelaktionen oder Trotzreaktionen sind einfach nur dämlich. Doch leider müsst ihr damit leben, denn die Option online auch mit menschlichen Teamkameraden aus Raccoon City zu fliehen hat Capcom ja bekanntlich japanischen und amerikanischen Spielern vorbehalten...

Durch diesen gravierenden Wegfall sinkt natürlich auch der Wiederspielwert, denn während online neue Mitspieler immer wieder für neue Spielerfahrungen gesorgt hätten, ist der Ablauf offline fast immer derselbe. Dabei haben die Entwickler versucht, die für ein reines Offline-Abenteuer viel zu kurze Spielzeit durch sich verzweigende Spielverläufe, charakterspezifische Aufgaben, verschiedene Schwierigkeitsgrade, unterschiedliche Enden und jede Menge freispielbare Extras wie Artworks, Musikstücke, Videosequenzen oder alternative Outfits halbwegs aufzuwiegen. Allerdings ohne Erfolg,

Panik auf der Toilette: Zombies im Anmarsch.
denn die Motivationskurve sackt nach dem ersten Durchspielen trotzdem gewaltig ab.

Auf ein Neues?

Spielspaßeinbrüche und Abnutzungserscheinungen sind allerdings auch zuvor schon zu verzeichnen. So sorgt vor allem die antiquierte Steuerung für Kopfschütteln. Zwar habt ihr die Wahl zwischen charakter- und bildschirmbezogener Steuerung, aber die eine lässt sich nur mit dem Steuerkreuz und die andere nur mit dem Analogstick anwenden. Analog ist die Steuerung dadurch aber noch lange nicht, ganz im Gegenteil: egal wie fest ihr den Stick drückt, euer Charakter bewegt sich immer gleich lahm und zum Rennen müsst ihr nach wie vor eine Extrataste drücken, während schnelle 180°-Drehungen sogar nur mit dem Steuerkreuz zu bewerkstelligen sind - welcher Entwicklerzombie hat sich denn das einfallen lassen?! Des Weiteren sorgen abrupte Kameraumblendungen immer wieder für Orientierungsprobleme und gefährliche Schrittfehler, da sich bei jedem Perspektivenwechsel auch die bildschirmbezogene Steuerung neu ausrichtet. Negativ fällt auch die fehlende Nachladeautomatik bei Schusswaffen sowie das schwammige Zielsystem auf, das gerade bei kleinen oder am Boden liegenden Gegnern immer wieder für nervige Fehlschüsse sorgt.

Vorsintflutliche Steuerung

    

Wirklich fehlerhaft präsentiert sich hingegen die auch sonst verbesserungswürdige Automap, die nicht nur Speicherpunkte und unpassierbare Barrieren unterschlägt, sondern auch immer wieder Gegenstände auflistet, wo gar keine mehr sind... Zum Glück sind die Spielabschnitte aber recht überschaubar und teilweise sogar aus älteren Teilen der Serie bekannt. Auch die typischen Zahlen- und Objekträtsel kommen einem teils recht vertraut vor. Doch leider sind manche Lösungshinweise so abstrus, dass man mit Logik allein nicht weiterkommt. Schuld daran ist teilweise aber auch die mäßige deutsche Lokalisierung, die so manches Detail unterschlägt oder irreführend wiedergibt. Die englische Sprachausgabe ist hingegen so trashig wie eh und je.

Vertraute Umgebungen

Das Militär riegelt die Straßen ab.
Keine ruhige Minute

Gewöhnungsbedürftig dürfte hingegen die Tatsache sein, dass das Spielgeschehen aufgrund der ursprünglichen Online-Auslegung quasi nie stillsteht und selbst beim Stöbern im Inventar, Aufrufen der Kartenfunktion oder Lesen von schriftlichen Hinweisen die Virusinfektion stetig voranschreitet und jederzeit mit einem Zombieangriff zu rechnen ist. Die untote Brut kann inzwischen nämlich problemlos Treppen steigen, Türen öffnen und sogar durch Lüftungsschächte kriechen, wie ihr im Krankenhaus-Szenario leidlich feststellen werdet - auch wenn echte Schockmomente leider selten sind. Außerdem rücken mancherorts immer wieder neue Herscharen an Untoten nach. Als Ausgleich verfügt jeder Charakter über die ein oder andere Spezialfähigkeit. So können Alyssa und Kevin bei längerem Zielen beispielsweise besonders schwere Treffer landen, während Mark gegnerische Attacken blocken und George sogar kontern kann. Jim darf sogar eine Münze werfen, um seine Quote für kritische Treffer zu erhöhen und stellt sich in ausweglosen Situationen einfach tot. Die Möglichkeit, sich in Schränken oder unter Betten zu verstecken sowie Türen zuzuhalten haben hingegen alle Charaktere.

Verstecken oder Verbarrikadieren macht allerdings nur selten Sinn und ist ohnehin nur was für Feiglinge. Echte Kämpfernaturen bieten den Angreifern selbst mit so unorthodoxen Waffen wie Krückstöcken, Eisenrohren, Besen oder Tackern Paroli. Doch Vorsicht, einige Waffen nutzen sich mit der Zeit ab, verbiegen oder zerbrechen sogar. Ansonsten reicht das verfügbare Waffenarsenal von

Tod auf den Gleisen: Wo war noch mal der Schlüssel für die Lok?
einfachen Messern über diverse Pistolen und Gewehre bis hin zum legendären Raketenwerfer. Weniger legendär präsentieren sich hingegen die fast unzumutbaren Ladezeiten, die jede Zwischensequenz und jeden Raumwechsel zu einer Geduldsprobe machen. Von Spielfluss kann da natürlich keine Rede sein und dass man für sämtliche Charaktere und Szenarien nur einen Spielstand anlegen kann, ist auch nicht gerade komfortabel.

Auf Biegen und Brechen

Die grafische Aufmachung kann sich hingegen trotz massiver Clipping-Fehler, hölzerner Animationen und mäßiger Kantenglättung durchaus sehen lassen. Vor allem die abwechslungsreichen Texturen, detaillierten Charaktermodelle und stimmungsvollen Lichteffekte wissen zu gefallen. Zudem lässt der 60Hz-Modus die ansonsten ziemlich dicken PAL-Balken komplett verschwinden, während die teils vorgerenderten, teils in Spielgrafik präsentierten Zwischensequenzen wichtige Ereignisse gekonnt in Szene setzen. Akustisch gibt es bis auf die etwas angestaubten Effekte und durchwachsenen Sprachsamples auch nicht viel auszusetzen. Der dynamische Soundtrack untermalt den hektischen Überlebenskampf jedenfalls sehr gut und lässt einen nur selten eine Verschnaufpause.

Stimmungsvolle Präsentation

    

Fazit

Also bitte Capcom, was soll das denn? Wie kann man denn so dreist sein, ein fast ein Jahr altes Spiel, um den wichtigsten Bestandteil, nämlich den kooperativen Mehrspielermodus, beschnitten und nur halbherzig lokalisiert den hiesigen Resi-Fans zum Vollpreis vorzusetzen... Leider merkt man an allen Ecken und Enden, dass die Spielmechanik einfach nicht für Solo-Einsätze konzipiert wurde und begriffsstutzige KI-Partner einfach kein Ersatz für mitdenkende Teamkollegen aus Fleisch und Blut sind. Aber das Gameplay hat auch anderweitig so seine Macken: Angefangen von der fehlerhaften Auto-Map über das umständliche Item-Management und die unverschämten Ladezeiten bis hin zur vorsintflutlichen Digital-Steuerung kann von ausgereiftem oder zeitgemäßem Spieldesign einfach keine Rede sein. Wenigstens stimmen Setting, Atmosphäre und Präsentation der insgesamt fünf spielbaren Szenarien. Allerdings sind diese für ein reines Offline-Abenteuer wiederum viel zu kurz geraten, was auch unterschiedliche Charaktere und Spielverläufe sowie zahlreiche freispielbare Extras nicht kaschieren können...

Pro

  • 60Hz-Modus
  • dynamisches Leveldesign
  • atmosphärische Locations
  • acht individuelle Charaktere
  • freispielbares Bonusmaterial
  • stimmungsvolle Soundkulisse
  • interessante Team-Komponente

Kontra

  • starre Kamera
  • kein Online-Modus
  • geringer Spielumfang
  • halbherzige Lokalisierung
  • vorsintflutliche Steuerung
  • unverschämte Ladezeiten
  • fehlerhafte Kartenfunktion
  • umständliche Handhabung
  • unausgereifte Spielmechanik

Wertung

PlayStation2

Unausgereifter und hierzulande nur solo spielbarer Team-Survival-Horror.