Dynasty Warriors 4: Empires - Test, Action-Adventure, PlayStation2

Dynasty Warriors 4: Empires
15.10.2004, Jens Bischoff

Test: Dynasty Warriors 4: Empires

Eigentlich steht Koeis Dynasty Warriors-Reihe ja für kurzweiliges Dauergemetzel ohne allzu viel taktischen Tiefgang. Mit Dynasty Warriors 4: Empires (ab 8,25€ bei kaufen) ist neben exzessivem Tastenhämmern aber auch strategische Planung gefragt, um das antike China erfolgreich zu einen. Doch macht es überhaupt Spaß, sich neben dem Schlachtengetümmel um Koalitionsverhandlungen, Güterproduktion und Steuererlasse zu kümmern?

Keine Angst, Dynasty Warriors bleibt Dynasty Warriors und der neue Empire-Modus ist alles andere als eine ausgewachsene Kriegs- und Handelssimulation. Hier wird nicht einmal einem Dynasty Tactics

Heldenschwemme: wählt aus über 40 Spielfiguren.
oder Kessen Konkurrenz gemacht. Der neue Spielmodus erinnert viel mehr an das vergleichsweise simple Spielprinzip von Defender of the Crown oder Risiko. So wird das Reich der Mitte zu Spielbeginn je nach Szenariowahl fiktiv oder historisch korrekt in 24 Regionen zerstückelt und unter einer Schar machthungriger Feldherrn aufgeteilt.

Chinesisches Risiko

Natürlich seid auch ihr einer dieser Feldherren. Wer genau, dürft ihr aus einem Angebot an über 40 Charakteren selbst bestimmen, ebenso wie eure Heimatregion. Auf Wunsch könnt ihr euch auch wieder eine eigene Spielfigur kreieren bzw. eine bereits existierende aus Dynasty Warriors 4 oder Dynasty Warriors 4: Extreme Legends importieren. Der Charakter-Editor wurde bei Empires übrigens nochmals ausgebaut und bietet neben neuen Figurentypen, Moves, Outfits und Stimmen jetzt auch eine völlig ungebundene Waffenzuordnung.

Ich bastle mir 'nen Offizier

Habt ihr euch für einen Feldherrn entschieden, bekommt ihr noch zwei Generäle samt Truppen sowie etwas Startkapital zugewiesen und dann kann es auch schon losgehen. Fortan unterbreiten euch eure Generäle Runde für Runde Vorschläge wie das Eingehen von Bündnissen, das Produzieren von Kriegsmaterial, das Eintreiben von Steuergeldern, das Rekrutieren neuer Truppen oder das Vorbereiten besonderer Kampftaktiken. Sagt euch einer der Vorschläge zu, lasst ihr das Vorhaben finanzieren und ausführen, und wenn nicht, könnt ihr euer Gold auch für die nächste Runde aufsparen, um vielleicht noch attraktivere Vorschläge zu erhalten.

Irgendwelche Vorschläge?

Diplomatie: Bündnisse halten euch den Rücken frei.
An vorderster Front

Als Nächstes entscheidet ihr, ob ihr in eine fremde Region einfallen, einen gegnerischen Angriff abwehren oder überhaupt nichts tun wollt. Von Letzterem gehen wir jetzt mal nicht aus, denn sonst könntet ihr ja auch Dynasty Tactics spielen. Kommt es zu einem Aufeinandertreffen zweier Kriegsparteien präsentiert sich Empires nämlich durch und durch als Dynasty Warriors-typisches Actionfest. Da heißt ihr dirigiert nicht irgendwelche Truppen taktisch gewieft aus sicherer Entfernung über das Schlachtfeld, sondern ihr greift selbst zur Waffe und stürzt euch ohne Umschweife mitten ins Getümmel.

   

Dort angekommen habt ihr in der Regel eine viertel bzw. halbe Stunde Zeit, so facettenreiche Siegbedingungen wie die Besetzung des feindlichen Hauptlagers oder die Liquidation des gegnerischen Befehlshabers zu erfüllen. Da der Rest eurer Truppen selbstständig agiert, beschränkt sich die

Aufgespießt: jeder Charakter beherrscht andere Spezialangriffe.
taktische Schlachtplanung darauf, welche Items ihr vor Schlachtbeginn ausrüstet und welche Route ihr bei der Verfolgung eures Ziels einschlagt. Ganz unwichtig ist das übrigens nicht, denn unterwegs eingenommene Stützpunkte versorgen euch später mit Truppennachschub, heben die Moral der Mitstreiter und verhindern, dass ihr plötzlich hinter feindlichen Linien ohne Rückendeckung da steht.

Zum Routenplaner degradiert

Die KI ist je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad ganz ordentlich und die feindlichen Offiziere fordern euch zu Duellen auf, vereinen ihre Kräfte, ergreifen die Flucht oder locken euch in Hinterhalte. Seid ihr allerdings siegreich, bekommt ihr nicht nur die belagerte Region zugesprochen, sondern habt auch die Möglichkeit, gefangen genommene gegnerische Offiziere in die eigenen Reihen aufzunehmen. Darüber hinaus regnet es je nach Leistung für die eigenen Offiziere Erfahrungspunkte, die je nach Charakter zu Levelanstiegen führen können. Das ist bei jeder Spielfigur allerdings verschieden, denn während der eine durch reine Kampferfahrung stärker wird, sind Level-Ups bei anderen an Bedingungen wie bestimmte Mengen erwirtschafteten Golds, besetzter Gebiete oder in die Tat umgesetzter Taktikvorschläge gekoppelt, was auf originelle Weise motiviert und euren Truppenführern zusätzliche Persönlichkeit verleiht.

Erfahrung ist nicht alles

Verpasste Chance: der Zwei-Spieler-Modus ist eine Farce.
Regionale Spezialitäten

Neben der Truppenführung überwacht ihr natürlich auch die Warenproduktion eures Reiches. So stellt jede Region spezielle Items her, die man im Kampf ausrüsten kann. Jeder Gegenstand benötigt dabei eine gewisse Anzahl an Runden bis zur Herstellung. Durch spezielle Taktikvorschläge kann der Zyklus jedoch beschleunigt, die Produktionspalette erweitert oder die Leistungsfähigkeit der produzierten Ware verbessert werden. Teils kann man mit seinen Erzeugnissen sogar Handel betreiben oder Bestechungsversuche vornehmen, während besondere Produktionsstätten wie Schmieden dafür sorgen, dass eure Waffen aufgewertet werden.

Das alles sorgt trotz simplen Gameplays für Motivation. Unverständlich ist nur, warum man den Empire-Modus nur allein spielen kann, wo der Defender of the Crown-ähnliche Spielverlauf doch geradezu für zünftige Mehrspielergelage prädestiniert gewesen wäre. Zwar gibt es mit Besiegen (wer mehr Gegner tötet), Stehlen (wer mehr Schätze in Sicherheit bringt), Nahkampf (wer mehr Gegner von einer Brücke wirft) und Ausdauer (wer mehr Angriffswellen übersteht) auch ein paar zu zweit spielbare Wettbewerbe. Diese sind allerdings nicht mehr als eine nette Dreingabe und angesichts des Fehlens weiterer Spielmodi eher eine Farce als ein Trost.

Verschenktes Potential

Spielgrafik statt Render-Prunk: die Sequenzen enttäuschen.
Übersicht ade

Technisch basiert Empires auf derselben Engine wie Dynasty Warriors 4 und Extreme Legends. Bereitet euch also einmal mehr auf vernebelte Flimmeroptik mit Mager-Texturen, Hampelmann-Animationen und chaotischer Kameraführung vor. Gerade letztere werdet ihr des Öfteren verfluchen, da ein Rücksetzen der Kamera nur im Ruhezustand der eigenen Spielfigur und eine freie Justierung überhaupt nicht möglich ist. Ansonsten sind die fernöstlichen Massenschlachten wie immer routiniert inszeniert und geraten selbst im wildesten Effektgewitter nicht ins Stocken. Auch die Steuerung ist handlich wie eh und je und macht Kombos und Spezialattacken zum Kinderspiel, während sich die billigen Zwischensequenzen, die mitunter alberne deutsche Synchro und der unpassende Japano-Hardrock-Soundtrack leider als ziemliche Atmosphäre-Killer erweisen.

  

Fazit

Die Idee, das auf Dauer recht monotone Massengemetzel der Dynasty Warriors-Serie durch taktische Kriegsplanung und strategisches Ressourcen-Management aufzulockern, ist an sich ja ganz löblich. Allerdings sind die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten des neuen Empire-Modus viel zu beschränkt, um Action liebende Hobbygeneräle längere Zeit bei Laune zu halten. In geselliger Runde wäre das nicht weiter tragisch gewesen, hätte sich das an Risiko erinnernde Spielprinzip doch hervorragend dafür geeignet. Aber genau hier hat Koei gepennt und nur an Solisten gedacht, während Multiplayer-Fans mit ein paar öden Duellvarianten abgespeist werden. Weitere Modi gibt es nicht, während technisch und spielerisch gnadenlos recycelt wurde, was selbst dem reduzierten Verkaufspreis einen bitteren Beigeschmack verleiht. Zwar machen die unkomplizierten Massenschlachten immer noch kurzfristig Laune, aber Serienfans, die nur kämpfen wollen, sind mit Dynasty Warriors 4 oder den Extreme Legends weit besser beraten, während Koei-treue Strategen nach wie vor lieber zu Dynasty Tactics oder Kessen greifen.

Pro

  • reduzierter Preis
  • eingängige Steuerung
  • variabler Schwierigkeitsgrad
  • erweiterter Offiziersbaukasten
  • unkomplizierte Massenschlachten
  • jede Menge freispielbares Bonusmaterial
  • kurzweilige Strategie- und RPG-Elemente
  • Daten aus DW 4 & DW 4 XL importierbar

Kontra

  • geringer Spielumfang
  • miese Kameraführung
  • schwache Lokalisierung
  • vernebelte Flimmeroptik
  • durchwachsene Animationen
  • auf Dauer eintöniges Gameplay
  • verschenktes Multiplayer-Potential
  • unpassender Hardrock-Soundtrack

Wertung

PlayStation2

Unausgereifter Taktik-Action-Mix im antiken China.