Kingdom Under Fire: The Crusaders - Test, Taktik & Strategie, XBox, PC

Kingdom Under Fire: The Crusaders
23.10.2004, Mathias Oertel

Test: Kingdom Under Fire: The Crusaders

Das Ziel, das sich Phantagram mit Kingdom under Fire The Crusaders gesetzt hat, scheint utopisch zu sein: handfeste Action mit ausgefeilten Elementen der Echtzeit-Strategie zu verbinden. Doch nachdem die Disc in der Xbox lag, kamen wir nicht mehr von dem ungewöhnlichen Genre-Mix los, der die ähnlich gelagerten Spiele von Koei ziemlich alt aussehen lässt. Was uns begeistert hat, verraten wir im Test!

In der Fantasy-Welt Bersia herrscht das Chaos: Die Menschen und die dunkle Legion kämpfen nicht nur um die Vorherrschaft, sondern um das blanke Überleben. Und ihr seid mittendrin. Doch bei Kingdom Under Fire The Crusaders, das anfänglich stark an die Dynasty Warriors-Serie von Koei erinnert, geht es nicht nur um das Geschick an vorderster Front.

Action und Stratagie wurden noch nie so in Einklang gebracht wie hier.
Ihr müsst auch strategische Fähigkeiten beweisen, wenn es darum geht, eure Truppen in vier Kampagnen durch fast 60 Missionen zu führen.

Fantasy-Schlachtplatte

Moment mal! Echtzeit-Strategie auf Konsole? Das kann doch nicht funktionieren. Da muss ich wohl oder übel zustimmen. Nur wenige Spiele haben es bisher geschafft, das Strategie-Genre einigermaßen angemessen für Sofa-Spieler umzusetzen. Insofern war es von Phantagram ein wohl überlegter Geniestreich, die Strategie und die Action in etwa gleichgewichtig zu behandeln.

Zu Beginn der Kampagne werdet ihr mit kleineren, passend in das Szenario eingebundenen Tutorial-Missionen an die gut reagierende und clever belegte Steuerung sowie die taktischen Möglichkeiten eingeführt. Diese beschränken sich aber anfänglich auf ein Minimum, da ihr nur eine Truppe mit euch führt.

Die Action

Dementsprechend wirkt die erste zwangsläufige Konfrontation wie eine Reminiszenz an Dynasty Warriors. Ihr steuert im Action-Teil nur den Helden, dem mit zwei Schlagtasten, einer zum Blocken sowie speziellen Bewegungen auf den anderen Buttons ein breites, aber unkompliziert zu bedienendes Zerströrungs-Repertoire zur Verfügung steht.

Die Gegner werden in den fast 60 Missionen größer und gefährlicher. Wohl dem, der die richtigen Truppen dabei hat.
Doch da die Kämpfe deutlich intensiver geführt werden und sowohl die eigenen Mannen als auch die Gegner aktiver mitkämpfen, liegt KuF deutlich vor den Koei-Kriegern. Das Gefühl, an einer großen, bis zum letzten Blutstropfen geführten Schlacht teilzunehmen, ist fesselnd und erinnert an Filme wie Braveheart und nicht zuletzt bedingt durch das Fantasy-Szenario auch an den Herrn der Ringe.

Allerdings gibt es einiges zu beachten: Mit dem Erfolg eures Generals steigt und fällt die Moral die Truppe. Solltet ihr auf dem Schlachtfeld niedergestreckt werden, seid ihr kurzfristig kampfunfähig und eure Truppe in diesem Zeitraum extrem verwundbar. Doch auch andersherum gilt: Sollte euer Heer aufgerieben werden, seid ihr handlungsunfähig und die Mission ist gescheitert.

Gleiches gilt natürlich auch für die Gegner. Insofern solltet ihr möglichst schnell den Anführer ausfindig machen und erledigen, woraufhin sich die Feinde in alle Winde zerstreuen. Doch natürlich könnt ihr euch auch nur einfach durch die Gegner metzeln, bis keiner mehr übrig ist. Doch das Risiko, eigene Verluste einzugehen, ist dabei natürlich höher.

        

Als Action-Spiel bereits unheimlich motivierend, bekommt KuF durch den nahtlos integrierten Strategie-Teil eine neue Ebene. Sowohl in den großen Gebieten der Spielwelt als auch auf der übersichtlichen Mini-Karte könnt ihr allen Truppen, die mit euch marschieren, Befehle geben. Und durch die zahlreichen Typen ist es extrem wichtig, die Positionen so vorteilhaft wie möglich festzulegen.

Ein geschickt eingesetzter Feuer-Zauber wirkt Wunder, um die Gegner aufzureiben.
Ein Beispiel: Während ihr gerade gegnerische Infanterie in einen Kampf verwickelt habt, könnt ihr den Bogenschützen den Befehl geben (wenn nötig auch über geschickt und leicht einsetzbare Wegpunkte), sich durch einen Wald heranzuschleichen und den Gegner von hinten mit Pfeilen zu attackieren. Und dann hetzt ihr eure Kavallerie durch die feindlichen Bogenschützen, die euch aus sicherer Entfernung unter Beschuss nehmen, während ihr mit dem Scharmützel beschäftigt seid.

Die Strategie

Das Schöne: Selbst, wenn man gerade mit dem Kampf beschäftigt ist, kann man den alliierten Einheiten schnell und unkompliziert die entsprechenden Befehle geben. Verlässt man seinen General für diese Momente, um die Anordnungen zu geben, übernimmt die KI den Kampf. Allerdings muss man sagen, dass sie nicht immer optimal arbeitet. Ab und an kommt es vor, dass man in der Abwesenheitsphase ganz schön den Hintern versohlt bekommt, weswegen es in späteren Abschnitten durchaus mal hektisch werden kann.

Die Massenschlachten verströmen eine sehr intensive Atmosphäre.
Weiterhin müsst ihr beachten, dass alle Einheitentypen nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip Vor- und Nachteile gegen andere Truppen haben. Kavallerie z.B. ist anfällig gegen Speerträger, kann mit ihren Sturmattacken aber Infanterie aufreiben wie Nichts.

Was man jedoch auch ins taktische Kalkül einbeziehen muss, sind äußere Umstände. Wenn ihr die Bogenschützen z.B. auf einem Hügel platziert und diese womöglich noch die Sonne im Rücken haben, ist die Durchschlagskraft enorm.

Trotz all dieser Elemente erreicht man zwar nicht den strategischen Tiefgang wie es beispielsweise Rome – Total War auf dem PC bietet, da euch außer engen oder offenen Formationen keine spezifischen Anordnungen wie Keil usw. zur Verfügung stehen. Doch für Konsolenverhältnisse bekommt ihr enorm viel geboten – was nicht zuletzt auch an den RPG-Elementen liegt.

Während der strategisch angehauchten Action-Schlachten gewinnen sowohl die Truppen als auch der Anführer an Erfahrung – zusätzlich wird noch die Kriegskasse aufgefüllt. Die Erfahrung könnt ihr zwischen den Missionen in der Kaserne einsetzen, um die Eigenschaften des Generals oder der anderen Anführer zu verbessern oder sogar neue Fähigkeiten zu lernen. Das wiederum ist wichtig, um die Truppen aufzuwerten. Denn um z.B. die normale Infanterie zu schwerer Infanterie zu machen, muss der General bestimmte Fähigkeitswerte besitzen. Gleiches gilt natürlich für die Entwicklung zu Bogenschützen, Paladinen usw. Da der Entwicklungsbaum bei allen Fraktionen weit verzweigt ist und insgesamt 30 Typen anbietet, solltet ihr auch hier gut überlegen, welche Truppen ihr bei der nächsten Mission benötigt bzw. welche Einheiten eurer Art zu spielen entsprechen.

Die RPG-Anleihen

     

Von dem gewonnen Gold schließlich könnt ihr sowohl die Anführer als auch die Kämpfer mit neuer Ausrüstung bestücken. Da viele dieser Gegenstände auch besondere Eigenschaften haben können wie z.B. Schutz gegen bestimmte Elementzauber, müsst ihr auch hier überlegen, was in der jeweiligen Situation am sinnvollsten ist.

Trotz all dieser Features, die komplex ineinander verzahnt sind, hat es Phantagram geschafft, die Spielbarkeit nicht außen vor zu lassen.

Bis zu 150 Einheiten haben auf dem Bildschirm Platz - auf jede Karte passen über 1000!
Alles wirkt wie aus einem Guss und fordert euch sowohl in punkto Beherrschung der Kampfkombos als auch im Hinblick auf strategische Entscheidungen – und das alles, ohne euch mit einem Wust an Steuerungsoptionen zu überfordern.

Auch an Freunde gepflegter Online-Massenschlachten wurde gedacht: Der vollkommen vom Hauptspiel losgelöste Xbox Live-Modus bietet die Möglichkeit, ein Heer-Duell mit bis zu vier Truppen durchzuführen. Weitere Mehrspieler-Modi wie Capture the Flag oder King of the Hill sucht man allerdings vergebens. Und trotzdem haben die Schlachten ihren Reiz. Denn der Sieger erhält wie in der Kampagne Erfahrung, die er zur Verbesserung seiner Truppen einsetzen kann, um dann den nächsten Gegner mit seinem verbesserten Heer herauszufordern. So kann man sich nach und nach an die Spitze der Rangliste kämpfen, womit man einige Wochen beschäftigt sein dürfte. Doch die angesprochene Modi-Armut verkürzt die Langlebigkeit. Hier bleibt nur die Hoffnung, dass Phantagram per Content-Download Abhilfe schafft.

Xbox Live-Duelle

Lässt man mal die verwaschenen und häufig unansehnlichen Bodentexturen beiseite, trifft die restliche Optik voll ins verwöhnte Grafik-Herz: Die Charaktere wurden aufwändig gestaltet und bewegen sich (mit Ausnahme der etwas starren Gesichter) angenehm flüssig durch die Umgebungen. Dass die Grafikengine bei bis zu 150 gleichzeitig auf dem Bildschirm auftauchenden Kämpfern und schön anzusehenden Zaubern und Spezialeffekten nur selten in die Knie geht, ist den Entwicklern hoch anzurechnen. Und selbst dann wirkt es sich nie negativ aus.

Nicht auf den Boden schauen

Wer genügend Geld hat, kann sich auch mit magischen Waffen ausrüsten, wie sie von den Gegnern verwendet werden.
Einzig die Zwischensequenzen, die meist nur über statische Bildschirme erzählt werden, mindern den Grafikeindruck ein wenig.

Das Gefühl, sich inmitten einer gigantischen Schlacht zu befinden, die über das Schicksal der Welt entscheidet, wird grandios vermittelt – zumal bis über 1000 Einheiten auf einer Karte Platz finden können.

So ganz und gar nicht zum Fantasy-Genre zu passen scheint die Heavy-Metal-Musik, die die Kämpfe untermalt. Doch hat man sich erst einmal an die treibenden Beats und harten Riffs gewöhnt, passt die Musikuntermalung auf eine eigentümliche Art und Weise. Denn zum einen wird man dadurch gehörig aufgepeitscht, zum anderen werden die Melodien durch den sauber produzierten Kampflärm in den Hintergrund gerückt. Pfeile, die durch die Luft zischen, galoppierende Pferde, aufeinander treffende Klingen und natürlich das Schreien der Gefallenen sind eigentlich alles, was man wahrnimmt.

In Momenten hingegen, in denen die Spielgrafik verwendet wird, um die Story voran zu treiben, bekommt die Atmosphäre wieder einen Schub.

Die Lokalisierung ist ebenfalls gelungen: Die deutschen Sprecher wurden gut ausgewählt und nur in wenigen Momenten verpassen sie es, den Charakteren Glaubwürdigkeit zu verleihen. Selbst der kriegstypische Galgen-Humor, der in einigen Situationen durchstrahlt sowie die Beziehungen untereinander werden zumeist überzeugend vermittelt.

   

Fazit

Anfänglich noch ein wenig skeptisch, ob die Mischung aus Action und dem auf Konsole bislang nur selten gut gelösten Element Echtzeit-Strategie aufgehen kann, haben mich die Kreuzzügler schnell eines Besseren belehrt. In den ersten Missionen jeder Kampagne steht die gut in Szene gesetzte Action mit ihren imposanten Massenschlachten zwar im Mittelpunkt, doch sobald man erst einmal mit mehreren Truppen unterwegs ist, gewinnt der strategische Teil an Bedeutung. Und dank verschiedener Vor- und Nachteile wie z.B. im Rücken stehende Sonne, entzündbare Wälder oder Geländehöhe entstehen schnell taktische Reize. Zusammen mit der gelungenen Charakter- und Truppenentwicklung sowie der Spezialfähigkeiten kann sich Kingdom under Fire als etwas wirklich Einzigartiges präsentieren. Kleinere Mankos wie sporadische Ruckler bei extrem großen Schlachten oder die halbgaren Bodentexturen nimmt man angesichts der sauberen Animationen und schönen Effekte in Kauf. Der Xbox Live-Modus ist mit seinem vom Hauptspiel losgelösten Erfahrungsprinzip an sich gut gelungen, ich hätte mir hier aber mehr Spielmodi gewünscht. Fernab von CTF oder King of the Hill spielen die Deathmatch-Duelle nicht das ganze Potenzial aus, das möglich gewesen wäre. Doch sei es wie es ist: Einzelspieler, die sowohl grandios inszenierter Action als auch fordernder Strategie nicht abgeneigt sind, können blind zugreifen!

Pro

  • einzigartige Mischung aus Echtzeit-Strategie und Action
  • fast 60 Missionen
  • vier Kampagnen
  • Online-Duelle
  • gigantische Schlachten
  • Rollenspiel-Elemente
  • schöne Effekte
  • gute Lokalisierung
  • einfache Steuerung
  • schöne Grafik
  • gute Soundkulisse
  • bis über 1000 Einheiten pro Karte
  • 30 Truppentypen

Kontra

  • nur ein Mehrspieler-Modus
  • ab und an Kamera-Probleme
  • minimale Ruckler
  • magere Bodentexturen
  • mitunter hektisch
  • keine komplexen Formationen

Wertung

XBox

Optisch eindrucksvoller Mix aus Action und Strategie mit Tiefgang!