NBA Live 2005 - Test, Sport, XBox, PlayStation2, PC, GameCube

NBA Live 2005
27.10.2004, Jörg Luibl

Test: NBA Live 2005

Letztes Jahr konnte EA mit NBA Live 2004 einen großen Schritt Richtung Simulation machen, was von Testern und Fans gleichermaßen begrüßt wurde. Dieses Jahr geht man zwar nur einen kleinen Schritt weiter, aber der reicht zusammen mit den coolen All-Star-Wettbewerben aus, um einen Award zu knacken. Die Frage lautet nur noch: Gold oder Platin?

Im virtuellen Basketball herrscht ein ähnlicher Zweikampf wie im Fußball: Hier Pro Evolution Soccer 4, da FIFA Football 2005; hier ESPN NBA 2K5, da NBA Live 2005 (ab 19,89€ bei kaufen). Und EA hat in beiden Disziplinen trotz

Dank offizieller Lizenz könnt ihr auf alle aktuellen Teams und Spieler zurückgreifen, um die Playoffs, eine Liga oder eine ganze Karriere zu spielen. (PC)
all seiner Lizenzen das traditionelle Problem, ein weniger realistisches und weniger befriedigendes Sporterlebnis zu entfachen als die Konkurrenten von Konami und Sega. Nur gibt es unter dem Korb einen Unterschied: EA hat in Sachen Spieltiefe kräftig aufgeholt und ist jetzt ganz nah dran an ESPN; viel näher als FIFA an PES.

EA macht Hausaufgaben

Schon NBA Live 2004 deutete mit der guten Doppeldeckung, den schwierigeren Pässen, den natürlichen Blocks, den realistisch abgefälschten Bällen und der sinnvollen Button-Zweiteilung von Schuss und Dunk eindeutig in eine Richtung: Simulation. Zwar kann man auch dieses Jahr über Dutzende Regler oder den Punkt "Arcade" alles nach Wunsch so anpassen, dass der Ball ohne störende Pfiffe leichter Richtung Korb flutscht, aber die Simulation samt aller Regeln bietet das komplettere NBA-Erlebnis.

Was hat sich also in diesem Bereich getan? Zwar gibt es auf den ersten Blick kaum optische oder spielerische Änderungen gegenüber dem Vorjahr, aber die wenigen, die man auf den zweiten Blick entdeckt, sind Gold wert: Da wären zum einen die Fastbreaks, die jetzt trotz einiger pomadiger Staus intuitiver ausgeführt werden können. Zwar vermisst man immer noch flüssige Pässe à la ESPN NBA

Klasse Grafik, klasse Kulisse - der NBA-Funke springt sofort über. (PC)
2K4 in den Lauf, ohne dass der Angespielte erst stoppen muss, aber der Aufbau ist jetzt dynamischer. Erstens stehen sich die eigenen Leute nicht mehr so oft wie Prellböcke im Weg, zweitens kann der vorderste Spieler selbst über den ganzen Court hinweg gezielt angespielt werden, um mit einem Dunk abzuschließen. Am besten macht ihr euch selbst ein Bild vom Spielfluss: 4P|Stream: Dallas vs. Kings (Laufzeit: 6:45 Min.).

Rädchen drehen für mehr Realismus

Hinzu kommen die Alley-Oops, die jetzt etwas schwerer einzuleiten sind und dem Match zwar Höhepunkte verleihen, aber nicht mehr so inflationär auftauchen wie im letzten Jahr. Das dürfte Realismusfans genau so freuen wie das bessere Verhalten unter dem Korb, das von einer Reihe neuer Animationen inszeniert wird: Dank der hinzugefügten Tip-Ins und Sprungkämpfe wirkt das Getümmel  jetzt viel authentischer. Und last but not least könnt ihr einem Block jetzt entgehen, wenn ihr kurz vor dem Dunk einen flinken Doppeldruck ausübt, um den Ball an den Händen des Verteidigers vorbei zu spielen - schöne Sache! Allerdings kommt man aufgrund einiger ruckartiger und automatisiert wirkender Bewegungen nicht an die natürlicher inszenierten Animationen von ESPN NBA 2K4 heran. Sowohl die Mimik als auch die Sprünge wirken noch einen Tick zu steif.

                       

Konnte man letztes Jahr noch mit jedem Profi dieselben Finten ausführen, muss man jetzt viel genauer darauf achten, ob ein Power-Forward oder Center am Ball ist. Denn das Dribbeln über den rechten Analogstick ist jetzt deutlich an die technischen Fähigkeiten der Spieler gekoppelt: Steife

Nowitzki legt zum Alley-Oop auf...ob Bradley das hinkriegt? (PC)
Hünen wie Bradley oder Shaq verlieren bei einer wilden Drehung samt Trick oft den Ball - peinlich, aber realistisch. Überhaupt hinterlassen die NBA-Stars jetzt einen individuelleren Eindruck, wenn sie sprinten, werfen oder dunken: Center stemmen sich beim Aufposten vorwärts, lassen leichte Verteidiger wie Nash schon mal umfallen und netzen häufig mit Tip-Ins ein. Aufbauspieler überzeugen mit neuen Passanimationen, die den Ball mal direkt, mal indirekt zum Mitspieler befördern und drehen sich wesentlich flinker um die eigene Achse. Auch die Schiedsrichter-KI wurde aufgepeppt: Schrittfolgen oder Dribblings in den Gegner ziehen jetzt öfter ein Offensiv-Foul nach sich. Und selbst in der Defense kann man das bisher nutzlose Stellen zur Ein-Mann-Mauer gezielt dazu einsetzen, um schnelle Angreifer auflaufen zu lassen und das Offensiv-Foul zu ergattern. Dadurch hat die Verteidigung abseits von Steals und Blocks an Qualität gewonnen.

Crossover mit dem Center?

Unser Hauptkritikpunkt ist jedoch immer noch die Kollisionsabfrage: Ab und zu passiert es, dass Bälle eindeutig hinter dem Brett gespielt werden und trotzdem im Korb landen - wie von Geisterhand wandern sie durch das Brett; das ist einfach unansehnlich und nervig. Diese Geisterbälle nagen kräftig an der Atmosphäre und zeugen von einer nicht ganz ausgereiften Physik. Und gerade die ist es, die weitere Motivationsbremsen nach sich zieht: Es ist viel zu leicht, Spieler ins Aus zu drängen oder selbst von der KI abgedrängt zu werden, so dass Dreierwürfe von der schmalen Außenlinie kaum möglich sind - die Verteidiger können einen einfach zur Seite schieben. Wie soll man da ein Flügelspiel aufbauen? Hier fehlt den Figuren einfach die natürliche Schwere, die auch Linienläufe und

Üben, üben, üben - wer im Dunk-Wettbewerb gegen große Stars glänzen will, muss das Pad perfekt beherrschen. (PC)
Distanzwürfe von außen möglich machen würde. Störend sind auch einige Inkonsequenzen beim Blocken: Da zischt eine Hand klar an Ball und Gegner vorbei und trotzdem wird gepfiffen. Das sind jedoch nur vereinzelte Fehler, die den packenden Spielfluss insgesamt nicht hemmen können.

Brett sucht Stabilität

Wer sich im Dynasty-Modus samt Talentsuche, Preispolitik, Transfers und Training über 25 Saisons austobt, darf sich auf eine generalüberholte Benutzeroberfläche im PDA-Stil freuen, die jetzt übersichtlicher über das Team und seine Fortschritte informiert. Stark verbessert wurde das Scouting: Ihr könnt eure Talentsucher mit Dynasty-Punkten aufwerten und in verschiedene Regionen schicken. Finden sie einen guten Nachwuchsspieler, kontaktieren sie euch sofort. Und ihr könnt sogar gegen potenzielle Neueinkäufe spielen, um sie im Vorfeld zu testen! Außerdem wirkt die Karriere dank der vielen E-Mails und Ereignisse im Umfeld lebendiger. Und natürlich hat EA die heißesten Transfers in den Teamlisten berücksichtigt: O`Neal blockt jetzt bei Miami Heat, Nash zaubert für die Phoenix Suns und Gary Payton sammelt bei den Boston Celtics Punkte.

Karriere mit Feintuning

              

Abgesehen vom wohltuenden spielerischen Feintuning bietet das spektakulär inszenierte All-Star Weekend die größte Neuerung (4P|Stream: All-Star-Weekend). Hier könnt ihr gegen die KI oder mit insgesamt vier menschlichen Teilnehmern all die Wettbewerbe nachspielen, die in Übersee regelmäßig für prall gefüllte Hallen

Die individuellen Fähigkeiten der Profis wirken sich dieses Jahr auch auf dem Court deutlich aus. (PC)
sorgen: All-Star-Spiel zwischen West und Ost, Dreier-Shootout und Dunk-Contest. Vier Schwierigkeitsgrade stehen zur Auswahl und ihr solltet hier ganz klein anfangen. Wer schon mal mit einem gut aufgelegten Predrag Stojakovic an der Linie stand, der 27 von 30 Dreiern einnetzte, kann ein Lied davon singen. Denn hier reicht der einfache Knopfdruck nicht aus - Richtung, Länge und Absprungpunkt müssen perfekt getroffen werden.

All-Star-Wochenende

Aber das ist gar nichts gegen den adrenalinhaltigen Dunkwettbewerb (4P|Stream: Dunk-Tutorial), der euren KI-Kontrahenten im Splitscreen zeigt. Das brachiale Stopfen ist eine Kunst für sich, die euch in Sachen Timing wirklich alles abverlangt. Nicht ohne Grund spendiert EA dieser Disziplin exzellente Einführungsvideos und ein dreigeteiltes Training in gut dosierten Stufen. Wer mit einbeinig eingeleiteten 360-Grad-Tomahawks oder zweibeinig inszenierten Tunnel-Alley-Oop-Windmills abschließen will, muss üben, üben und nochmals üben.

Euer Spieler muss hier beim Anlauf nicht nur die Distanz zum Korb als auch die Schrittfolge der gewählten Bewegung berücksichtigen, sondern auch die Zeit einteilen, die der Dunker mit Ball in der Luft verbringt: Wartet man zu lange, ist man schon wieder im Sinkflug; ist man zu schnell bei der Sache, kracht das Leder vielleicht nur auf den Ring. Und noch viel schwieriger wird das Ganze, wenn man einen Alley-Oop samt Drehung oder Brettknotakt einbauen will. Aber egal wie viel Schweiß man ins Training investiert: Wenn man erst mal vor jubelnder Menge und auf voll besetzter Couch mit Freunden die besten Noten von der Jury kassiert, hat sich das Üben schon gelohnt. Es gibt bisher kein Spiel, das die Komplexität und Finesse dieses Wettbewerbs so gut simuliert wie NBA Live 2005. Und nebenbei sorgt es für jede Menge Multiplayerspaß!

Bis auf ein paar hässliche Statisten im Hintergrund macht die Kulisse erneut einen sehr guten Eindruck, wobei PC und Xbox in Sachen Bildschärfe und Details vor GameCube und PS2 liegen. Leider können die Gesichter nicht mit den tollen Animationen mithalten: Nowitzki sieht seinem Vorbild z.B. gar nicht ähnlich und viele Stars zeigen überhaupt keine Mimik, sondern statische Gesichter mit teilweise seltsamen Frisurtexturen - hier bot schon ESPN NBA 2K4 die bessere Präsentation. Trotzdem bieten alle Versionen dieselben schönen Echtzeitschatten, Spiegelungen und Hochglanzböden, so dass

Steve Nash beim Dreier-Wettbewerb. Die Distanzwürfe haben es jedoch in sich - gutes Timing ist gefragt. (PC)
die Stimmung auf jeder Plattform überspringen dürfte. Und was die PS2 an optischer Brillanz verliert, holt sie mit ihrem intuitiveren Controller wieder heraus. Auf Xbox und GameCube flutscht es aufgrund der schlecht platzierten oder fehlenden Tasten nicht ganz so sauber. Die beste Kombination lautet also: PC plus Logitech Dual Action - dann hat man Top-Grafik und PS2-Steuerung in einem.

Grafik & Kommentare

Begleitet wird die Korbjagd vom glänzend aufgelegten Duo Marv Albert und Mike Fratello, die das Spiel mal fachmännisch, mal herrlich euphorisch kommentieren - allerdings im amerikanischen O-Ton. Das dürfte echte Fans nicht stören und fließt lediglich in unsere Lokalisierungsnote ein. Beim All-Star Weekend werdet ihr übrigens gnadenlos niedergemacht, wenn ihr im Distanzwurf versagt oder am Brett scheitert. Gerade diese herrlich bösen Kommentare verpassen dem Spektakel die nötige persönliche Würze. Umrahmt wird das Spiel mal wieder von einem fetten Soundtrack. In den Menüs könnt ihr ganz bequem zwischen MC Lyte, Brand New Heavies, Bump J, Dirtbag, Wylde Bunch & Co umschalten.

             

Fazit

ESPN NBA 2K5 wird zwar erst im Januar unser Testlabor erreichen, aber es muss ich warm anziehen: Im spielerischen Kern bietet NBA Live 2005 zwar nur Feintuning, aber das an den richtigen Stellen. Die Fastbreaks sind effizienter, unter dem Krob herrscht dank der Tip-Ins mehr Spannung, die Alley-Oop-Flut wurde eingedämmt und wilden Blocks kann man mit eleganten Korblegern begegnen. Insgesamt hat die Korbjagd damit erneut an Spieltiefe und Simulationscharakter gewonnen. Dass EA trotzdem kein Platin erobert und immer noch nicht an die Authentizität der ESPN-Konkurrenz herankommt, liegt vor allem an den bösen Aussetzern der Kollisionsabfrage und daran, dass den Spielern die physikalische Schwere zu fehlen scheint - sie lassen sich zu leicht ins Aus drängen und ziehen manchmal noch zu automatisiert Richtung Korb. Auch den Fastbreaks fehlt trotz besserer Dynamik die letzte flüssige Konsequenz. Aber EA hat dafür nicht nur den Dynasty-Modus aufgepeppt, sondern den kompletten All-Star-Wettbewerb integriert, der vor allem mit Freunden mächtig Spaß macht. Insbesondere die komplexen Dunk-Bewegungsabläufe verlangen eurem Timing wirklich alles ab und sorgen dafür, dass man sich ein hitziges Kräftemessen nach dem anderen liefert. Leider kann man dieses Jahr nur auf PC online antreten, die Xbox und PS2 bleiben ärgerlicher Weise nur in Europa offline und der GameCube wie immer weltweit. Fürs nächste Jahr sollte man sich allerdings um die Physik sowie die Mimik kümmern, denn manche Stars wirken gerade in den Wiederholungen zu maskenhaft. Und was haben sich die Porträt-Künstler bitte bei Nowitzki gedacht? Der Mann ist kaum zu erkennen! Dafür schlagen seine Dreier ganz gut ein…

Pro

  • <P>
  • aktuelle NBA-Kader
  • gutes Freiwurfsystem
  • sehr guter Soundtrack
  • gutes Deckungsverhalten&nbsp;
  • sehr gute Kommentatoren
  • Alley-Oops jetzt schwerer
  • schneller Zugriff auf Taktiken
  • klasse Soundtrack &amp; Fankulisse
  • viele Spielmodi, Videos &amp; Training
  • als Simulation &amp; Arcade spielbar
  • Online-Modus (PC)
  • schöne verzögerte Korbleger
  • Fastbreaks besser als im Vorjahr
  • neue Tip-Ins, verzögerte Korbleger
  • individuelle Fähigkeiten deutlicher
  • natürliches Aufposten &amp; Abdrängen
  • stark verbesserter Dynasty-Modus
  • spektakuläre All-Star-Wettbewerbefür bis zu vier Spieler</P>

Kontra

  • Gesichter zu statisch
  • Porträts nicht immer realistisch
  • einige ruckartige Animationen
  • kein Online-Modus (GameCube, Xbox, PS2)
  • Fehler in der Kollisionsabfrage
  • Spieler lassen sich zu einfach abdrängen
  • Spieler&nbsp;nehmen Ball&nbsp;nicht im Lauf mit

Wertung

XBox

PlayStation2

PC

Noch mehr Simulationsflair & das geniale All-Star-Weekend - Basketballer können blind zugreifen!

GameCube